This page contains affiliate links. As Amazon Associates we earn from qualifying purchases.
Language:
Genre:
Published:
  • 1832
Edition:
Collection:
Buy it on Amazon Listen via Audible FREE Audible 30 days

FAUST:
Schon rauscht ein Bach zu B‰chen m‰chtig nieder, Aus Schluchten kehren sie gedoppelt wieder, Ein Strom nun wirft den Bogenstrahl;
Auf einmal legt er sich in flache Felsenbreite Und rauscht und sch‰umt nach der und jener Seite, Und stufenweise wirft er sich ins Tal.
Was hilft ein tapfres, heldenm‰fliges Stemmen? Die m‰chtige Woge strˆmt, sie wegzuschwemmen. Mir schaudert selbst vor solchem wilden Schwall.

MEPHISTOPHELES:
Ich sehe nichts von diesen Wasserl¸gen, Nur Menschenaugen lassen sich betr¸gen, Und mich ergetzt der wunderliche Fall.
Sie st¸rzen fort zu ganzen Haufen, Die Narren w‰hnen zu ersaufen,
Indem sie frei auf festem Lande schnaufen Und l‰cherlich mit Schwimmgeb‰rden laufen. Nun ist Verwirrung ¸berall.
Ich werd’ euch bei dem hohen Meister loben; Wollt ihr euch nun als Meister selbst erproben, So eilet zu der gl¸hnden Schmiede,
Wo das Gezwergvolk, nimmer m¸de,
Metall und Stein zu Funken schl‰gt. Verlangt, weitl‰ufig sie beschwatzend, Ein Feuer, leuchtend, blinkend, platzend, Wie man’s im hohen Sinne hegt.
Zwar Wetterleuchten in der weiten Ferne, Blickschnelles Fallen allerhˆchster Sterne Mag jede Sommernacht geschehn;
Doch Wetterleuchten in verworrnen B¸schen Und Sterne, die am feuchten Boden zischen, Das hat man nicht so leicht gesehn.
So m¸flt ihr, ohn’ euch viel zu qu‰len, Zuvˆrderst bitten, dann befehlen.

MEPHISTOPHELES:
Den Feinden dichte Finsternisse!
Und Tritt und Schritt ins Ungewisse! Irrfunkenblick an allen Enden,
Ein Leuchten, plˆtzlich zu verblenden! Das alles w‰re wunderschˆn,
Nun aber braucht’s noch Schreckgetˆn.

FAUST:
Die hohlen Waffen aus der S‰le Gr¸ften Empfinden sich erstarkt in freien L¸ften; Da droben klappert’s, rasselt’s lange schon, Ein wunderbarer falscher Ton.

MEPHISTOPHELES:
Ganz recht! Sie sind nicht mehr zu z¸geln; Schon schallt’s von ritterlichen Pr¸geln, Wie in der holden alten Zeit.
Armschienen wie der Beine Schienen, Als Guelfen und als Ghibellinen,
Erneuen rasch den ewigen Streit.
Fest, im ererbten Sinne wˆhnlich,
Erweisen sie sich unversˆhnlich;
Schon klingt das Tosen weit und breit. Zuletzt, bei allen Teufelsfesten,
Wirkt der Parteihafl doch zum besten, Bis in den allerletzten Graus;
Schallt wider-widerw‰rtig panisch, Mitunter grell und scharf satanisch,
Erschreckend in das Tal hinaus.

Des Gegenkaisers Zelt

EILEBEUTE:
So sind wir doch die ersten hier!

HABEBALD:
Kein Rabe fliegt so schnell als wir.

EILEBEUTE:
O! welch ein Schatz liegt hier zuhauf! Wo fang’ ich an? Wo hˆr’ ich auf?

HABEBALD:
Steht doch der ganze Raum so voll!
Weifl nicht, wozu ich greifen soll.

EILEBEUTE:
Der Teppich w‰r’ mir eben recht,
Mein Lager ist oft gar zu schlecht.

HABEBALD:
Hier h‰ngt von Stahl ein Morgenstern, Dergleichen h‰tt’ ich lange gern.

EILEBEUTE:
Den roten Mantel goldges‰umt,
So etwas hatt’ ich mir getr‰umt.

HABEBALD:
Damit ist es gar bald getan,
Man schl‰gt ihn tot und geht voran. Du hast so viel schon aufgepackt
Und doch nichts Rechtes eingesackt. Den Plunder lafl an seinem Ort,
Nehm’ eines dieser Kistchen fort!
Dies ist des Heers beschiedner Sold, In seinem Bauche lauter Gold.

EILEBEUTE:
Das hat ein mˆrderisch Gewicht!
Ich heb’ es nicht, ich trag’ es nicht.

HABEBALD:
Geschwinde duck’ dich! Muflt dich b¸cken! Ich hucke dir’s auf den starken R¸cken.

EILEBEUTE:
O weh! O weh, nun ist’s vorbei!
Die Last bricht mir das Kreuz entzwei.

HABEBALD:
Da liegt das rote Gold zuhauf–
Geschwinde zu und raff es auf!

EILEBEUTE:
Geschwinde nur zum Schofl hinein!
Noch immer wird’s zur Gn¸ge sein.

HABEBALD:
Und so genug! und eile doch!
O weh, die Sch¸rze hat ein Loch!
Wohin du gehst und wo du stehst,
Verschwenderisch die Sch‰tze s‰st.

TRABANTEN USERS KAISERS:
Was schafft ihr hier am heiligen Platz? Was kramt ihr in dem Kaiserschatz?

HABEBALD:
Wir trugen unsre Glieder feil
Und holen unser Beuteteil.
In Feindeszelten ist’s der Brauch,
Und wir, Soldaten sind wir auch.

TRABANTEN:
Das passet nicht in unsern Kreis:
Zugleich Soldat und Diebsgeschmeifl; Und wer sich unserm Kaiser naht,
Der sei ein redlicher Soldat.

HABEBALD:
Die Redlichkeit, die kennt man schon, Sie heiflet: Kontribution.
Ihr alle seid auf gleichem Fufl:
Gib her! das ist der Handwerksgrufl. Mach fort und schleppe, was du hast,
Hier sind wir nicht willkommner Gast.

ERSTER TRABANT:
Sag, warum gabst du nicht sogleich
Dem frechen Kerl einen Backenstreich?

ZWEITER:
Ich weifl nicht, mir verging die Kraft, Sie waren so gespensterhaft.

DRITTER:
Mir ward es vor den Augen schlecht, Da flimmert’ es, ich sah nicht recht.

VIERTER:
Wie ich es nicht zu sagen weifl:
Es war den ganzen Tag so heifl,
So b‰nglich, so beklommen schw¸l, Der eine stand, der andre fiel,
Man tappte hin und schlug zugleich, Der Gegner fiel vor jedem Streich,
Vor Augen schwebt’ es wie ein Flor, Dann summt’s und saust’s und zischt’ im Ohr; Das ging so fort, nun sind wir da
Und wissen selbst nicht, wie’s geschah.

KAISER:
Es sei nun, wie ihm sei! uns ist die Schlacht gewonnen, Des Feinds zerstreute Flucht im flachen Feld zerronnen. Hier steht der leere Thron, verr‰terischer Schatz, Von Teppichen umh¸llt, verengt umher den Platz. Wir, ehrenvoll gesch¸tzt von eigenen Trabanten, Erwarten KAISER:lich der Vˆlker Abgesandten; Von allen Seiten her kommt frohe Botschaft an: Beruhigt sei das Reich, uns freudig zugetan. Hat sich in unsern Kampf auch Gaukelei geflochten, Am Ende haben wir uns nur allein gefochten. Zuf‰lle kommen ja dem Streitenden zugut: Vom Himmel f‰llt ein Stein, dem Feinde regnet’s Blut, Aus Felsenhˆhlen tˆnt’s von m‰chtigen Wunderkl‰ngen, Die unsre Brust erhˆhn, des Feindes Brust verengen. Der ¸berwundne fiel, zu stets erneutem Spott, Der Sieger, wie er prangt, preist den gewognen Gott. Und alles stimmt mit ein, er braucht nicht zu befehlen, Herr Gott, dich loben wir! aus Millionen Kehlen. Jedoch zum hˆchsten Preis wend’ ich den frommen Blick, Das selten sonst geschah, zur eignen Brust zur¸ck. Ein junger, muntrer F¸rst mag seinen Tag vergeuden, Die Jahre lehren ihn des Augenblicks Bedeuten. Deshalb denn unges‰umt verbind’ ich mich sogleich Mit euch vier W¸rdigen, f¸r Haus und Hof und Reich. Dein war, o F¸rst! des Heers geordnet kluge Schichtung, Sodann im Hauptmoment heroisch k¸hne Richtung; Im Frieden wirke nun, wie es die Zeit begehrt, Erzmarschall nenn’ ich dich, verleihe dir das Schwert.

ERZMARSCHALL:
Dein treues Heer, bis jetzt im Inneren besch‰ftigt, Wenn’s an der Grenze dich und deinen Thron bekr‰ftigt, Dann sei es uns vergˆnnt, bei Festesdrang im Saal Ger‰umiger V‰terburg zu r¸sten dir das Mahl. Blank trag’ ich’s dir dann vor, blank halt’ ich dir’s zur Seite, Der hˆchsten Majest‰t zu ewigem Geleite.

KAISER:
Der sich als tapfrer Mann auch zart gef‰llig zeigt, Du! sei Erzk‰mmerer; der Auftrag ist nicht leicht. Du bist der Oberste von allem Hausgesinde, Bei deren innerm Streit ich schlechte Diener finde; Dein Beispiel sei fortan in Ehren aufgestellt, Wie man dem Herrn, dem Hof und allen wohlgef‰llt.

ERZKƒMMERER:
Des Herren groflen Sinn zu fˆrdern, bringt zu Gnaden: Den Besten h¸lfreich sein, den Schlechten selbst nicht schaden, Dann klar sein ohne List und ruhig ohne Trug! Wenn du mich, Herr, durchschaust, geschieht mir schon genug. Darf sich die Phantasie auf jenes Fest erstrecken? Wenn du zur Tafel gehst, reich’ ich das goldne Becken, Die Ringe halt’ ich dir, damit zur Wonnezeit Sich deine Hand erfrischt, wie mich dein Blick erfreut.

KAISER:
Zwar f¸hl’ ich mich zu ernst, auf Festlichkeit zu sinnen, Doch sei’s! Es fˆrdert auch frohm¸tiges Beginnen. Dich w‰hl’ ich zum Erztruchsefl! Also sei fortan Dir Jagd, Gefl¸gelhof und Vorwerk untertan; Der Lieblingsspeisen Wahl lafl mir zu allen Zeiten, Wie sie der Monat bringt, und sorgsam zubereiten.

ERZTRUCHSESS:
Streng Fasten sei f¸r mich die angenehmste Pflicht, Bis, vor dich hingestellt, dich freut ein Wohlgericht. Der K¸che Dienerschaft soll sich mit mir vereinigen, Das Ferne beizuziehn, die Jahrszeit zu beschleunigen. Dich reizt nicht Fern und Fr¸h, womit die Tafel prangt, Einfach und kr‰ftig ist’s, wornach dein Sinn verlangt.

KAISER:
Weil unausweichlich hier sich’s nur von Festen handelt, So sei mir, junger Held, zum Schenken umgewandelt. Erzschenke, sorge nun, dafl unsre Kellerei Aufs reichlichste versorgt mit gutem Weine sei. Du selbst sei m‰flig, lafl nicht ¸ber Heiterkeiten Durch der Gelegenheit Verlocken dich verleiten!

ERZSCHENK:
Mein F¸rst, die Jugend selbst, wenn man ihr nur vertraut, Steht, eh’ man sich’s versieht, zu M‰nnern auferbaut. Auch ich versetze mich zu jenem groflen Feste; Ein KAISER:lich B¸fett schm¸ck’ ich aufs allerbeste Mit Prachtgef‰flen, g¸lden, silbern allzumal, Doch w‰hl’ ich dir voraus den lieblichsten Pokal: Ein blank venedisch Glas, worin Behagen lauschet, Des Weins Geschmack sich st‰rkt und nimmermehr berauschet. Auf solchen Wunderschatz vertraut man oft zu sehr; Doch deine M‰fligkeit, du Hˆchster, sch¸tzt noch mehr.

KAISER:
Was ich euch zugedacht in dieser ernsten Stunde, Vernahmt ihr mit Vertraun aus zuverl‰ssigem Munde. Des Kaisers Wort ist grofl und sichert jede Gift, Doch zur Bekr‰ftigung bedarf’s der edlen Schrift, Bedarf’s der Signatur. Die fˆrmlich zu bereiten, Seh’ ich den rechten Mann zu rechter Stunde schreiten.

KAISER:
Wenn ein Gewˆlbe sich dem Schluflstein anvertraut, Dann ist’s mit Sicherheit f¸r ewige Zeit erbaut. Du siehst vier F¸rsten da! Wir haben erst erˆrtert, Was den Bestand zun‰chst von Haus und Hof befˆrdert. Nun aber, was das Reich in seinem Ganzen hegt, Sei, mit Gewicht und Kraft, der F¸nfzahl auferlegt. An L‰ndern sollen sie vor allen andern gl‰nzen; Deshalb erweitr’ ich gleich jetzt des Besitztums Grenzen Vom Erbteil jener, die sich von uns abgewandt. Euch Treuen sprech’ ich zu so manches schˆne Land, Zugleich das hohe Recht, euch nach Gelegenheiten Durch Anfall, Kauf und Tausch ins Weitre zu verbreiten; Dann sei bestimmt–vergˆnnt, zu ¸ben ungestˆrt–, Was von Gerechtsamen euch Landesherrn gehˆrt. Als Richter werdet ihr die Endurteile f‰llen, Berufung gelte nicht von euern hˆchsten Stellen. Dann Steuer, Zins und Beth’, Lehn und Geleit und Zoll, Berg-, Salz- und M¸nzregal euch angehˆren soll. Denn meine Dankbarkeit vollg¸ltig zu erproben, Hab ich euch ganz zun‰chst der Majest‰t erhoben.

ERZBISCHOF:
Im Namen aller sei dir tiefster Dank gebracht! Du machst uns stark und fest und st‰rkest deine Macht.

KAISER:
Euch f¸nfen will ich noch erhˆhtere W¸rde geben. Noch leb’ ich meinem Reich und habe Lust, zu leben; Doch hoher Ahnen Kette zieht bed‰chtigen Blick Aus rascher Strebsamkeit ins Drohende zur¸ck. Auch werd’ ich seinerzeit mich von den Teuren trennen, Dann sei es eure Pflicht, den Folger zu ernennen. Gekrˆnt erhebt ihn hoch auf heiligem Altar, Und friedlich ende dann, was jetzt so st¸rmisch war.

ERZKANZLER:
Mit Stolz in tiefster Brust, mit Demut an Geb‰rde, Stehn F¸rsten dir gebeugt, die ersten auf der Erde. Solang das treue Blut die vollen Adern regt, Sind wir der Kˆrper, den dein Wille leicht bewegt.

KAISER:
Und also sei, zum Schlufl, was wir bisher bet‰tigt, F¸r alle Folgezeit durch Schrift und Zug best‰tigt. Zwar habt ihr den Besitz als Herren vˆllig frei, Mit dem Beding jedoch, dafl er unteilbar sei. Und wie ihr auch vermehrt, was ihr von uns empfangen, Es soll’s der ‰ltste Sohn in gleichem Mafl erlangen.

ERZKANZLER:
Dem Pergament alsbald vertrau’ ich wohlgemut, Zum Gl¸ck dem Reich und uns, das wichtigste Statut; Reinschrift und Sieglung soll die Kanzelei besch‰ftigen, Mit heiliger Signatur wirst du’s, der Herr, bekr‰ftigen.

KAISER:
Und so entlass’ ich euch, damit den groflen Tag Gesammelt jedermann sich ¸berlegen mag.

DER GEISTLICHE:
Der Kanzler ging hinweg, der Bischof ist geblieben, Vom ernsten Warnegeist zu deinem Ohr getrieben! Sein v‰terliches Herz, von Sorge bangt’s um dich.

KAISER:
Was hast du B‰ngliches zur frohen Stunde? sprich!

ERZBISCHOF:
Mit welchem bittern Schmerz find’ ich, in dieser Stunde, Dein hochgeheiligt Haupt mit Satanas im Bunde! Zwar, wie es scheinen will, gesichert auf dem Thron, Doch leider! Gott dem Herrn, dem Vater Papst zum Hohn. Wenn dieser es erf‰hrt, schnell wird er str‰flich richten, Mit heiligem Strahl dein Reich, das s¸ndige, zu vernichten. Denn noch vergafl er nicht, wie du, zur hˆchsten Zeit, An deinem Krˆnungstag, den Zauberer befreit. Von deinem Diadem, der Christenheit zum Schaden, Traf das verfluchte Haupt der erste Strahl der Gnaden. Doch schlag an deine Brust und gib vom frevlen Gl¸ck Ein m‰flig Scherflein gleich dem Heiligtum zur¸ck: Den breiten H¸gelraum, da, wo dein Zelt gestanden, Wo bˆse Geister sich zu deinem Schutz verbanden, Dem L¸genf¸rsten du ein horchsam Ohr geliehn, Den stifte, fromm belehrt, zu heiligem Bem¸hn; Mit Berg und dichtem Wald, so weit sie sich erstrecken, Mit Hˆhen, die sich gr¸n zu fetter Weide decken, Fischreichen, klaren Seen, dann B‰chlein ohne Zahl, Wie sie sich, eilig schl‰ngelnd, st¸rzen ab zu Tal; Das breite Tal dann selbst, mit Wiesen, Gauen, Gr¸nden: Die Reue spricht sich aus, und du wirst Gnade finden.

KAISER:
Durch meinen schweren Fehl bin ich so tief erschreckt; Die Grenze sei von dir nach eignem Mafl gesteckt.

ERZBISCHOF:
Erst! der entweihte Raum, wo man sich so vers¸ndigt, Sei alsobald zum Dienst des Hˆchsten angek¸ndigt. Behende steigt im Geist Gem‰uer stark empor, Der Morgensonne Blick erleuchtet schon das Chor, Zum Kreuz erweitert sich das wachsende Geb‰ude, Das Schiff erl‰ngt, erhˆht sich zu der Gl‰ubigen Freude; Sie strˆmen br¸nstig schon durchs w¸rdige Portal, Der erste Glockenruf erscholl durch Berg und Tal, Von hohen T¸rmen tˆnt’s, wie sie zum Himmel streben, Der B¸fler kommt heran zu neugeschaffnem Leben. Dem hohen Weihetag–er trete bald herein!– Wird deine Gegenwart die hˆchste Zierde sein.

KAISER:
Mag ein so grofles Werk den frommen Sinn verk¸ndigen, Zu preisen Gott den Herrn, so wie mich zu ents¸ndigen. Genug! Ich f¸hle schon, wie sich mein Sinn erhˆht.

ERZBISCHOF:
Als Kanzler fˆrdr’ ich nun Schlufl und Formalit‰t.

KAISER:
Ein fˆrmlich Dokument, der Kirche das zu eignen, Du legst es vor, ich will’s mit Freuden unterzeichnen.

ERZBISCHOF:
Dann widmest du zugleich dem Werke, wie’s entsteht, Gesamte Landsgef‰lle: Zehnten, Zinsen, Beth’, F¸r ewig. Viel bedarf’s zu w¸rdiger Unterhaltung, Und schwere Kosten macht die sorgliche Verwaltung. Zum schnellen Aufbau selbst auf solchem w¸sten Platz Reichst du uns einiges Gold, aus deinem Beuteschatz. Daneben braucht man auch, ich kann es nicht verschweigen, Entferntes Holz und Kalk und Schiefer und dergleichen. Die Fuhren tut das Volk, vom Predigtstuhl belehrt, Die Kirche segnet den, der ihr zu Diensten f‰hrt.

KAISER:
Die S¸nd’ ist grofl und schwer, womit ich mich beladen; Das leidige Zaubervolk bringt mich in harten Schaden.

ERZBISCHOF:
Verzeih, o Herr! Es ward dem sehr verrufnen Mann Des Reiches Strand verliehn; doch diesen trifft der Bann, Verleihst du reuig nicht der hohen Kirchenstelle Auch dort den Zehnten, Zins und Gaben und Gef‰lle.

KAISER:
Das Land ist noch nicht da, im Meer liegt es breit.

ERZBISCHOF:
Wer ‘s Recht hat und Geduld, f¸r den kommt auch die Zeit. F¸r uns mˆg’ Euer Wort in seinen Kr‰ften bleiben!

KAISER:
So kˆnnt’ ich wohl zun‰chst das ganze Reich verschreiben.

5. Akt–Offene Gegend

WANDRER:
Ja! sie sind’s, die dunkeln Linden, Dort, in ihres Alters Kraft.
Und ich soll sie wiederfinden,
Nach so langer Wanderschaft!
Ist es doch die alte Stelle,
Jene H¸tte, die mich barg,
Als die sturmerregte Welle
Mich an jene D¸nen warf!
Meine Wirte mˆcht’ ich segnen,
Hilfsbereit, ein wackres Paar,
Das, um heut mir zu begegnen,
Alt schon jener Tage war.
Ach! das waren fromme Leute!
Poch’ ich? ruf’ ich?–Seid gegr¸flt, Wenn gastfreundlich auch noch heute
Ihr des Wohltuns Gl¸ck genieflt!

BAUCIS:
Lieber Kˆmmling! Leise! Leise!
Ruhe! lafl den Gatten ruhn!
Langer Schlaf verleiht dem Greise
Kurzen Wachens rasches Tun.

WANDRER:
Sage, Mutter: bist du’s eben,
Meinen Dank noch zu empfahn,
Was du f¸r des J¸nglings Leben
Mit dem Gatten einst getan?
Bist du Baucis, die gesch‰ftig
Halberstorbnen Mund erquickt?
Du Philemon, der so kr‰ftig
Meinen Schatz der Flut entr¸ckt?
Eure Flammen raschen Feuers,
Eures Glˆckchens Silberlaut,
Jenes grausen Abenteuers
Lˆsung war euch anvertraut.
Und nun laflt hervor mich treten,
Schaun das grenzenlose Meer;
Laflt mich knieen, laflt mich beten, Mich bedr‰ngt die Brust so sehr.

PHILEMON:
Eile nur, den Tisch zu decken,
Wo’s im G‰rtchen munter bl¸ht.
Lafl ihn rennen, ihn erschrecken,
Denn er glaubt nicht, was er sieht. Das Euch grimmig miflgehandelt,
Wog’ auf Woge, sch‰umend wild,
Seht als Garten Ihr behandelt,
Seht ein paradiesisch Bild.
‰lter, war ich nicht zuhanden,
H¸lfreich nicht wie sonst bereit;
Und wie meine Kr‰fte schwanden,
War auch schon die Woge weit.
Kluger Herren k¸hne Knechte
Gruben Gr‰ben, d‰mmten ein,
Schm‰lerten des Meeres Rechte,
Herrn an seiner Statt zu sein.
Schaue gr¸nend Wies’ an Wiese,
Anger, Garten, Dorf und Wald.–
Komm nun aber und geniefle,
Denn die Sonne scheidet bald.–
Dort im Fernsten ziehen Segel,
Suchen n‰chtlich sichern Port.
Kennen doch ihr Nest die Vˆgel;
Denn jetzt ist der Hafen dort.
So erblickst du in der Weite
Erst des Meeres blauen Saum,
Rechts und links, in aller Breite,
Dichtgedr‰ngt bewohnten Raum.

BAUCIS:
Bleibst du stumm? und keinen Bissen Bringst du zum verlechzten Mund?

PHILEMON:
Mˆcht’ er doch vom Wunder wissen;
Sprichst so gerne, tu’s ihm kund.

BAUCIS:
Wohl! ein Wunder ist’s gewesen!
L‰flt mich heut noch nicht in Ruh; Denn es ging das ganze Wesen
Nicht mit rechten Dingen zu.

PHILEMON:
Kann der Kaiser sich vers¸nd’gen,
Der das Ufer ihm verliehn?
T‰t’s ein Herold nicht verk¸nd’gen Schmetternd im Vor¸berziehn?
Nicht entfernt von unsern D¸nen
Ward der erste Fufl gefaflt,
Zelte, H¸tten!–Doch im Gr¸nen
Richtet bald sich ein Palast.

BAUCIS:
Tags umsonst die Knechte l‰rmten, Hack’ und Schaufel, Schlag um Schlag;
Wo die Fl‰mmchen n‰chtig schw‰rmten, Stand ein Damm den andern Tag.
Menschenopfer muflten bluten,
Nachts erscholl des Jammers Qual;
Meerab flossen Feuergluten,
Morgens war es ein Kanal.
Gottlos ist er, ihn gel¸stet
Unsre H¸tte, unser Hain;
Wie er sich als Nachbar br¸stet,
Soll man untert‰nig sein.

PHILEMON:
Hat er uns doch angeboten
Schˆnes Gut im neuen Land!

BAUCIS:
Traue nicht dem Wasserboden,
Halt auf deiner Hˆhe stand!

PHILEMON:
Laflt uns zur Kapelle treten,
Letzten Sonnenblick zu schaun!
Laflt uns l‰uten, knieen, beten
Und dem alten Gott vertraun!

Palast

LYNKEUS DER T‹RMER:
Die Sonne sinkt, die letzten Schiffe, Sie ziehen munter hafenein.
Ein grofler Kahn ist im Begriffe,
Auf dem Kanale hier zu sein.
Die bunten Wimpel wehen frˆhlich,
Die starren Masten stehn bereit;
In dir preist sich der Bootsmann selig, Dich gr¸flt das Gl¸ck zur hˆchsten Zeit.

FAUST:
Verdammtes L‰uten! Allzusch‰ndlich Verwundet’s, wie ein t¸ckischer Schufl; Vor Augen ist mein Reich unendlich,
Im R¸cken neckt mich der Verdrufl, Erinnert mich durch neidische Laute:
Mein Hochbesitz, er ist nicht rein, Der Lindenraum, die braune Baute,
Das morsche Kirchlein ist nicht mein. Und w¸nscht’ ich, dort mich zu erholen, Vor fremdem Schatten schaudert mir,
Ist Dorn den Augen, Dorn den Sohlen; O! w‰r’ ich weit hinweg von hier!

T‹RMER:
Wie segelt froh der bunte Kahn
Mit frischem Abendwind heran!
Wie t¸rmt sich sein behender Lauf
In Kisten, Kasten, S‰cken auf!

CHORUS:
Da landen wir,
Da sind wir schon.
Gl¸ckan dem Herren,
Dem Patron!

MEPHISTOPHELES:
So haben wir uns wohl erprobt,
Vergn¸gt, wenn der Patron es lobt. Nur mit zwei Schiffen ging es fort,
Mit zwanzig sind wir nun im Port.
Was grofle Dinge wir getan,
Das sieht man unsrer Ladung an.
Das freie Meer befreit den Geist,
Wer weifl da, was Besinnen heiflt! Da fˆrdert nur ein rascher Griff,
Man f‰ngt den Fisch, man f‰ngt ein Schiff, Und ist man erst der Herr zu drei,
Dann hakelt man das vierte bei;
Da geht es denn dem f¸nften schlecht, Man hat Gewalt, so hat man Recht.
Man fragt ums Was, und nicht ums Wie. Ich m¸flte keine Schiffahrt kennen:
Krieg, Handel und Piraterie,
Dreieinig sind sie, nicht zu trennen.

DIE DREI GEWALTIGEN GESELLEN:
Nicht Dank und Grufl!
Nicht Grufl und Dank!
Als br‰chten wir
Dem Herrn Gestank.
Er macht ein
Widerlich Gesicht;
Das Kˆnigsgut
Gef‰llt ihm nicht.

MEPHISTOPHELES:
Erwartet weiter
Keinen Lohn!
Nahmt ihr doch
Euren Teil davon.

DIE GESELLEN:
Das ist nur f¸r
Die Langeweil’;
Wir alle fordern
Gleichen Teil.

MEPHISTOPHELES:
Erst ordnet oben
Saal an Saal
Die Kostbarkeiten
Allzumal!
Und tritt er zu
Der reichen Schau,
Berechnet er alles
Mehr genau,
Er sich gewifl
Nicht lumpen l‰flt
Und gibt der Flotte
Fest nach Fest.
Die bunten Vˆgel kommen morgen,
F¸r die werd’ ich zum besten sorgen.

MEPHISTOPHELES:
Mit ernster Stirn, mit d¸strem Blick Vernimmst du dein erhaben Gl¸ck.
Die hohe Weisheit wird gekrˆnt,
Das Ufer ist dem Meer versˆhnt;
Vom Ufer nimmt, zu rascher Bahn,
Das Meer die Schiffe willig an;
So sprich, dafl hier, hier vom Palast Dein Arm die ganze Welt umfaflt.
Von dieser Stelle ging es aus,
Hier stand das erste Bretterhaus;
Ein Gr‰bchen ward hinabgeritzt,
Wo jetzt das Ruder emsig spritzt.
Dein hoher Sinn, der Deinen Fleifl Erwarb des Meers, der Erde Preis.
Von hier aus–+

FAUST:
Das verfluchte Hier!
Das eben, leidig lastet’s mir.
Dir Vielgewandtem mufl ich’s sagen, Mir gibt’s im Herzen Stich um Stich,
Mir ist’s unmˆglich zu ertragen!
Und wie ich’s sage, sch‰m’ ich mich. Die Alten droben sollten weichen,
Die Linden w¸nscht’ ich mir zum Sitz, Die wenig B‰ume, nicht mein eigen,
Verderben mir den Weltbesitz.
Dort wollt’ ich, weit umherzuschauen, Von Ast zu Ast Ger¸ste bauen,
Dem Blick erˆffnen weite Bahn,
Zu sehn, was alles ich getan,
Zu ¸berschaun mit einem Blick
Des Menschengeistes Meisterst¸ck,
Bet‰tigend mit klugem Sinn
Der Vˆlker breiten Wohngewinn.
So sind am h‰rtsten wir gequ‰lt, Im Reichtum f¸hlend, was uns fehlt.
Des Glˆckchens Klang, der Linden Duft Umf‰ngt mich wie in Kirch’ und Gruft.
Des allgewaltigen Willens K¸r
Bricht sich an diesem Sande hier.
Wie schaff’ ich mir es vom Gem¸te! Das Glˆcklein l‰utet, und ich w¸te.

MEPHISTOPHELES:
Nat¸rlich! dafl ein Hauptverdrufl Das Leben dir verg‰llen mufl.
Wer leugnet’s! Jedem edlen Ohr
Kommt das Geklingel widrig vor.
Und das verfluchte Bim-Baum-Bimmel, Umnebelnd heitern Abendhimmel,
Mischt sich in jegliches Begebnis,
Vom ersten Bad bis zum Begr‰bnis, Als w‰re zwischen Bim und Baum
Das Leben ein verschollner Traum.

FAUST:
Das Widerstehn, der Eigensinn
Verk¸mmern herrlichsten Gewinn,
Dafl man, zu tiefer, grimmiger Pein, Erm¸den mufl, gerecht zu sein.

MEPHISTOPHELES:
Was willst du dich denn hier genieren? Muflt du nicht l‰ngst kolonisieren?

FAUST:
So geht und schafft sie mir zur Seite!– Das schˆne G¸tchen kennst du ja,
Das ich den Alten ausersah.

MEPHISTOPHELES:
Man tr‰gt sie fort und setzt sie nieder, Eh’ man sich umsieht, stehn sie wieder;
Nach ¸berstandener Gewalt
Versˆhnt ein schˆner Aufenthalt.

MEPHISTOPHELES:
Kommt, wie der Herr gebieten l‰flt! Und morgen gibt’s ein Flottenfest.

DIE DREI:
Der alte Herr empfing uns schlecht, Ein flottes Fest ist uns zu Recht.

MEPHISTOPHELES:
Auch hier geschieht, was l‰ngst geschah, Denn Naboths Weinberg war schon da. ((regum i,21))

Tiefe Nacht

LYNKEUS DER T‹RMER:
Zum Sehen geboren,
Zum Schauen bestellt,
Dem Turme geschworen,
Gef‰llt mir die Welt.
Ich blick’ in die Ferne,
Ich seh’ in der N‰h’
Den Mond und die Sterne,
Den Wald und das Reh.
So seh’ ich in allen
Die ewige Zier,
Und wie mir’s gefallen,
Gefall’ ich auch mir.
Ihr gl¸cklichen Augen,
Was je ihr gesehn,
Es sei wie es wolle,
Es war doch so schˆn!
Nicht allein mich zu ergetzen,
Bin ich hier so hoch gestellt;
Welch ein greuliches Entsetzen
Droht mir aus der finstern Welt!
Funkenblicke seh’ ich spr¸hen
Durch der Linden Doppelnacht,
Immer st‰rker w¸hlt ein Gl¸hen, Von der Zugluft angefacht.
Ach! die innre H¸tte lodert,
Die bemoost und feucht gestanden;
Schnelle H¸lfe wird gefordert,
Keine Rettung ist vorhanden.
Ach! die guten alten Leute,
Sonst so sorglich um das Feuer,
Werden sie dem Qualm zur Beute!
Welch ein schrecklich Abenteuer!
Flamme flammet, rot in Gluten
Steht das schwarze Moosgestelle;
Retteten sich nur die Guten
Aus der wildentbrannten Hˆlle!
Z¸ngelnd lichte Blitze steigen
Zwischen Bl‰ttern, zwischen Zweigen; ‰ste d¸rr, die flackernd brennen,
Gl¸hen schnell und st¸rzen ein.
Sollt ihr Augen dies erkennen!
Mufl ich so weitsichtig sein!
Das Kapellchen bricht zusammen
Von der ‰ste Sturz und Last.
Schl‰ngelnd sind, mit spitzen Flammen, Schon die Gipfel angefaflt.
Bis zur Wurzel gl¸hn die hohlen
St‰mme, purpurrot im Gl¸hn.–
Was sich sonst dem Blick empfohlen, Mit Jahrhunderten ist hin.

FAUST:
Von oben welch ein singend Wimmern? Das Wort ist hier, der Ton zu spat.
Mein T¸rmer jammert; mich, im Innern, Verdrieflt die ungeduld’ge Tat.
Doch sei der Lindenwuchs vernichtet Zu halbverkohlter St‰mme Graun,
Ein Luginsland ist bald errichtet,
Um ins Unendliche zu schaun.
Da seh’ ich auch die neue Wohnung,
Die jenes alte Paar umschlieflt,
Das, im Gef¸hl groflm¸tiger Schonung, Der sp‰ten Tage froh genieflt.

MEPHISTOPHELES UND DIE DREIE:
Da kommen wir mit vollem Trab;
Verzeiht! es ging nicht g¸tlich ab. Wir klopften an, wir pochten an,
Und immer ward nicht aufgetan;
Wir r¸ttelten, wir pochten fort,
Da lag die morsche T¸re dort;
Wir riefen laut und drohten schwer, Allein wir fanden kein Gehˆr.
Und wie’s in solchem Fall geschicht, Sie hˆrten nicht, sie wollten nicht;
Wir aber haben nicht ges‰umt,
Behende dir sie wegger‰umt.
Das Paar hat sich nicht viel gequ‰lt, Vor Schrecken fielen sie entseelt.
Ein Fremder, der sich dort versteckt Und fechten wollte, ward gestreckt.
In wilden Kampfes kurzer Zeit
Von Kohlen, ringsumher gestreut,
Entflammte Stroh. Nun lodert’s frei, Als Scheiterhaufen dieser drei.

FAUST:
Ward ihr f¸r meine Worte taub?
Tausch wollt’ ich, wollte keinen Raub. Dem unbesonnenen wilden Streich,
Ihm fluch’ ich; teilt es unter euch!

CHORUS:
Das alte Wort, das Wort erschallt:
Gehorche willig der Gewalt!
Und bist du k¸hn und h‰lst du Stich, So wage Haus und Hof und–dich.

FAUST:
Die Sterne bergen Blick und Schein, Das Feuer sinkt und lodert klein;
Ein Schauerwindchen f‰chelt’s an, Bringt Rauch und Dunst zu mir heran.
Geboten schnell, zu schnell getan!– Was schwebet schattenhaft heran?

Mitternacht

ERSTE:
Ich heifle der Mangel. +

ZWEITE:
Ich heifle die Schuld.

DRITTE:
Ich heifle die Sorge. +

VIERTE:
Ich heifle die Not.

ZU DREI:
Die T¸r ist verschlossen, wir kˆnnen nicht ein; Drin wohnet ein Reicher, wir mˆgen nicht ‘nein.

MANGEL:
Da werd’ ich zum Schatten. +

SHULD:
Da werd’ ich zunicht.

NOT:
Man wendet von mir das verwˆhnte Gesicht.

SORGE:
Ihr Schwestern, ihr kˆnnt nicht und d¸rft nicht hinein. Die Sorge, sie schleicht sich durchs Schl¸sselloch ein.

MANGEL:
Ihr, graue Geschwister, entfernt euch von hier.

SHULD:
Ganz nah an der Seite verbind’ ich mich dir.

NOT:
Ganz nah an der Ferse begleitet die Not.

ZU DREI:
Es ziehen die Wolken, es schwinden die Sterne! Dahinten, dahinten! von ferne, von ferne, Da kommt er, der Bruder, da kommt er, der——Tod.

FAUST:
Vier sah ich kommen, drei nur gehn; Den Sinn der Rede konnt’ ich nicht verstehn. Es klang so nach, als hiefl’ es–Not,
Ein d¸stres Reimwort folgte–Tod.
Es tˆnte hohl, gespensterhaft ged‰mpft. Noch hab’ ich mich ins Freie nicht gek‰mpft. Kˆnnt’ ich Magie von meinem Pfad entfernen, Die Zauberspr¸che ganz und gar verlernen, St¸nd’ ich, Natur, vor dir ein Mann allein, Da w‰r’s der M¸he wert, ein Mensch zu sein. Das war ich sonst, eh’ ich’s im D¸stern suchte, Mit Frevelwort mich und die Welt verfluchte. Nun ist die Luft von solchem Spuk so voll, Dafl niemand weifl, wie er ihn meiden soll. Wenn auch ein Tag uns klar vern¸nftig lacht, In Traumgespinst verwickelt uns die Nacht; Wir kehren froh von junger Flur zur¸ck, Ein Vogel kr‰chzt; was kr‰chzt er? Miflgeschick. Von Aberglauben fr¸h und spat umgarnt:
Es eignet sich, es zeigt sich an, es warnt. Und so versch¸chtert, stehen wir allein. Die Pforte knarrt, und niemand kommt herein. Ist jemand hier? +

SORGE:
Die Frage fordert Ja!

FAUST:
Und du, wer bist denn du? +

SORGE:
Bin einmal da.

FAUST:
Entferne dich! +

SORGE:
Ich bin am rechten Ort.

FAUST:
Nimm dich in acht und sprich kein Zauberwort.

SORGE:
W¸rde mich kein Ohr vernehmen,
M¸flt’ es doch im Herzen drˆhnen; In verwandelter Gestalt
¸b’ ich grimmige Gewalt.
Auf den Pfaden, auf der Welle,
Ewig ‰ngstlicher Geselle,
Stets gefunden, nie gesucht,
So geschmeichelt wie verflucht.–
Hast du die Sorge nie gekannt?

FAUST:
Ich bin nur durch die Welt gerannt; Ein jed’ Gel¸st ergriff ich bei den Haaren, Was nicht gen¸gte, liefl ich fahren,
Was mir entwischte, liefl ich ziehn. Ich habe nur begehrt und nur vollbracht
Und abermals gew¸nscht und so mit Macht Mein Leben durchgest¸rmt; erst grofl und m‰chtig, Nun aber geht es weise, geht bed‰chtig. Der Erdenkreis ist mir genug bekannt,
Nach dr¸ben ist die Aussicht uns verrannt; Tor, wer dorthin die Augen blinzelnd richtet, Sich ¸ber Wolken seinesgleichen dichtet! Er stehe fest und sehe hier sich um;
Dem T¸chtigen ist diese Welt nicht stumm. Was braucht er in die Ewigkeit zu schweifen! Was er erkennt, l‰flt sich ergreifen. Er wandle so den Erdentag entlang;
Wenn Geister spuken, geh’ er seinen Gang, Im Weiterschreiten find’ er Qual und Gl¸ck, Er, unbefriedigt jeden Augenblick!

SORGE:
Wen ich einmal besitze,
Dem ist alle Welt nichts n¸tze;
Ewiges D¸stre steigt herunter,
Sonne geht nicht auf noch unter,
Bei vollkommnen ‰uflern Sinnen
Wohnen Finsternisse drinnen,
Und er weifl von allen Sch‰tzen
Sich nicht in Besitz zu setzen.
Gl¸ck und Ungl¸ck wird zur Grille, Er verhungert in der F¸lle;
Sei es Wonne, sei es Plage,
Schieb er’s zu dem andern Tage,
Ist der Zukunft nur gew‰rtig,
Und so wird er niemals fertig.

FAUST:
Hˆr auf! so kommst du mir nicht bei! Ich mag nicht solchen Unsinn hˆren.
Fahr hin! die schlechte Litanei,
Sie kˆnnte selbst den kl¸gsten Mann betˆren.

SORGE:
Soll er gehen, soll er kommen?
Der Entschlufl ist ihm genommen;
Auf gebahnten Weges Mitte
Wankt er tastend halbe Schritte.
Er verliert sich immer tiefer,
Siehet alle Dinge schiefer,
Sich und andre l‰stig dr¸ckend;
Atemholend und erstickend;
Nicht erstickt und ohne Leben,
Nicht verzweiflend, nicht ergeben.
So ein unaufhaltsam Rollen,
Schmerzlich Lassen, widrig Sollen,
Bald Befreien, bald Erdr¸cken,
Halber Schlaf und schlecht Erquicken Heftet ihn an seine Stelle
Und bereitet ihn zur Hˆlle.

FAUST:
Unselige Gespenster! so behandelt ihr Das menschliche Geschlecht zu tausend Malen; Gleichg¸ltige Tage selbst verwandelt ihr In garstigen Wirrwarr netzumstrickter Qualen. D‰monen, weifl ich, wird man schwerlich los, Das geistig-strenge Band ist nicht zu trennen; Doch deine Macht, Sorge, schleichend grofl, Ich werde sie nicht anerkennen.

SORGE:
Erfahre sie, wie ich geschwind
Mich mit Verw¸nschung von dir wende! Die Menschen sind im ganzen Leben blind, Nun, Fauste, werde du’s am Ende!

FAUST:
Die Nacht scheint tiefer tief hereinzudringen, Allein im Innern leuchtet helles Licht;
Was ich gedacht, ich eil’ es zu vollbringen; Des Herren Wort, es gibt allein Gewicht. Vom Lager auf, ihr Knechte! Mann f¸r Mann! Laflt gl¸cklich schauen, was ich k¸hn ersann. Ergreift das Werkzeug, Schaufel r¸hrt und Spaten! Das Abgesteckte mufl sogleich geraten.
Auf strenges Ordnen, raschen Fleifl Erfolgt der allerschˆnste Preis;
Dafl sich das grˆflte Werk vollende, Gen¸gt ein Geist f¸r tausend H‰nde.

Grosser Vorhof des Palasts

MEPHISTOPHELES:
Herbei, herbei! Herein, herein!
Ihr schlotternden Lemuren,
Aus B‰ndern, Sehnen und Gebein
Geflickte Halbnaturen.

LEMUREN:
Wir treten dir sogleich zur Hand,
Und wie wir halb vernommen,
Es gilt wohl gar ein weites Land,
Das sollen wir bekommen.
Gespitzte Pf‰hle, die sind da,
Die Kette lang zum Messen;
Warum an uns den Ruf geschah,
Das haben wir vergessen.

MEPHISTOPHELES:
Hier gilt kein k¸nstlerisch Bem¸hn; Verfahret nur nach eignen Maflen!
Der L‰ngste lege l‰ngelang sich hin, Ihr andern l¸ftet ringsumher den Rasen; Wie man’s f¸r unsre V‰ter tat,
Vertieft ein l‰ngliches Quadrat!
Aus dem Palast ins enge Haus,
So dumm l‰uft es am Ende doch hinaus.

LEMUREN:
Wie jung ich war und lebt’ und liebt’, Mich deucht, das war wohl s¸fle;
Wo’s frˆhlich klang und lustig ging, Da r¸hrten sich meine F¸fle.
Nun hat das t¸ckische Alter mich
Mit seiner Kr¸cke getroffen;
Ich stolpert’ ¸ber Grabes T¸r,
Warum stand sie just offen!

FAUST:
Wie das Geklirr der Spaten mich ergetzt! Es ist die Menge, die mir frˆnet,
Die Erde mit sich selbst versˆhnet, Den Wellen ihre Grenze setzt,
Das Meer mit strengem Band umzieht.

MEPHISTOPHELES:
Du bist doch nur f¸r uns bem¸ht
Mit deinen D‰mmen, deinen Buhnen; Denn du bereitest schon Neptunen,
Dem Wasserteufel, groflen Schmaus. In jeder Art seid ihr verloren;–
Die Elemente sind mit uns verschworen, Und auf Vernichtung l‰uft’s hinaus.

FAUST:
Aufseher! +

MEPHISTOPHELES:
Hier! +

FAUST:
Wie es auch mˆglich sei,
Arbeiter schaffe Meng’ auf Menge,
Ermuntere durch Genufl und Strenge, Bezahle, locke, presse bei!
Mit jedem Tage will ich Nachricht haben, Wie sich verl‰ngt der unternommene Graben.

MEPHISTOPHELES:
Man spricht, wie man mir Nachricht gab, Von keinem Graben, doch vom Grab.

FAUST:
Ein Sumpf zieht am Gebirge hin,
Verpestet alles schon Errungene;
Den faulen Pfuhl auch abzuziehn,
Das Letzte w‰r’ das Hˆchsterrungene. Erˆffn’ ich R‰ume vielen Millionen,
Nicht sicher zwar, doch t‰tig-frei zu wohnen. Gr¸n das Gefilde, fruchtbar; Mensch und Herde Sogleich behaglich auf der neusten Erde, Gleich angesiedelt an des H¸gels Kraft, Den aufgew‰lzt k¸hn-emsige Vˆlkerschaft. Im Innern hier ein paradiesisch Land,
Da rase drauflen Flut bis auf zum Rand, Und wie sie nascht, gewaltsam einzuschieflen, Gemeindrang eilt, die L¸cke zu verschlieflen. Ja! diesem Sinne bin ich ganz ergeben,
Das ist der Weisheit letzter Schlufl: Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, Der t‰glich sie erobern mufl.
Und so verbringt, umrungen von Gefahr, Hier Kindheit, Mann und Greis sein t¸chtig Jahr. Solch ein Gewimmel mˆcht’ ich sehn,
Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn. Zum Augenblicke d¸rft’ ich sagen:
Verweile doch, du bist so schˆn!
Es kann die Spur von meinen Erdetagen Nicht in ‰onen untergehn.–
Im Vorgef¸hl von solchem hohen Gl¸ck Geniefl’ ich jetzt den hˆchsten Augenblick.

MEPHISTOPHELES:
Ihn s‰ttigt keine Lust, ihm gn¸gt kein Gl¸ck, So buhlt er fort nach wechselnden Gestalten; Den letzten, schlechten, leeren Augenblick, Der Arme w¸nscht ihn festzuhalten.
Der mir so kr‰ftig widerstand,
Die Zeit wird Herr, der Greis hier liegt im Sand. Die Uhr steht still–+

CHOR:
Steht still! Sie schweigt wie Mitternacht. Der Zeiger f‰llt. +

MEPHISTOPHELES:
Er f‰llt, es ist vollbracht.

CHOR:
Es ist vorbei. +

MEPHISTOPHELES:
Vorbei! ein dummes Wort.
Warum vorbei?
Vorbei und reines Nicht, vollkommnes Einerlei! Was soll uns denn das ew’ge Schaffen!
Geschaffenes zu nichts hinwegzuraffen! “Da ist’s vorbei!” Was ist daran zu lesen? Es ist so gut, als w‰r’ es nicht gewesen, Und treibt sich doch im Kreis, als wenn es w‰re. Ich liebte mir daf¸r das Ewig-Leere.

Grablegung

LEMUR–SOLO:
Wer hat das Haus so schlecht gebaut, Mit Schaufeln und mit Spaten?

LEMUREN–CHOR:
Dir, dumpfer Gast im h‰nfnen Gewand, Ist’s viel zu gut geraten.

LEMUR–SOLO:
Wer hat den Saal so schlecht versorgt? Wo blieben Tisch und St¸hle?

LEMUREN–CHOR:
Es war auf kurze Zeit geborgt;
Der Gl‰ubiger sind so viele.

MEPHISTOPHELES:
Der Kˆrper liegt, und will der Geist entfliehn, Ich zeig’ ihm rasch den blutgeschriebnen Titel;– Doch leider hat man jetzt so viele Mittel, Dem Teufel Seelen zu entziehn.
Auf altem Wege stˆflt man an,
Auf neuem sind wir nicht empfohlen; Sonst h‰tt’ ich es allein getan,
Jetzt mufl ich Helfershelfer holen. Uns geht’s in allen Dingen schlecht!
Herkˆmmliche Gewohnheit, altes Recht, Man kann auf gar nichts mehr vertrauen.
Sonst mit dem letzten Atem fuhr sie aus, Ich paflt’ ihr auf und, wie die schnellste Maus, Schnapps! hielt ich sie in fest verschloflnen Klauen. Nun zaudert sie und will den d¸stern Ort, Des schlechten Leichnams ekles Haus nicht lassen; Die Elemente, die sich hassen,
Die treiben sie am Ende schm‰hlich fort. Und wenn ich Tag’ und Stunden mich zerplage, Wann? wie? und wo? das ist die leidige Frage; Der alte Tod verlor die rasche Kraft,
Das Ob? sogar ist lange zweifelhaft; Oft sah ich l¸stern auf die starren Glieder– Es war nur Schein, das r¸hrte, das regte sich wieder. Nur frisch heran! verdoppelt euren Schritt, Ihr Herrn vom graden, Herrn vom krummen Horne, Von altem Teufelsschrot und–korne,
Bringt ihr zugleich den Hˆllenrachen mit. Zwar hat die Hˆlle Rachen viele! viele! Nach Standsgeb¸hr und W¸rden schlingt sie ein; Doch wird man auch bei diesem letzten Spiele Ins k¸nftige nicht so bedenklich sein.
Eckz‰hne klaffen; dem Gewˆlb des Schlundes Entquillt der Feuerstrom in Wut,
Und in dem Siedequalm des Hintergrundes Seh’ ich die Flammenstadt in ewiger Glut. Die rote Brandung schl‰gt hervor bis an die Z‰hne, Verdammte, Rettung hoffend, schwimmen an; Doch kolossal zerknirscht sie die Hy‰ne, Und sie erneuen ‰ngstlich heifle Bahn. In Winkeln bleibt noch vieles zu entdecken, So viel Erschrecklichstes im engsten Raum! Ihr tut sehr wohl, die S¸nder zu erschrecken; Sie halten’s doch f¸r Lug und Trug und Traum. Nun, wanstige Schuften mit den Feuerbacken! Ihr gl¸ht so recht vom Hˆllenschwefel feist; Klotzartige, kurze, nie bewegte Nacken!
Hier unten lauert, ob’s wie Phosphor gleiflt: Das ist das Seelchen, Psyche mit den Fl¸geln, Die rupft ihr aus, so ist’s ein garstiger Wurm; Mit meinem Stempel will ich sie besiegeln, Dann fort mit ihr im Feuerwirbelsturm!
Paflt auf die niedern Regionen,
Ihr Schl‰uche, das ist eure Pflicht; Ob’s ihr beliebte, da zu wohnen,
So akkurat weifl man das nicht.
Im Nabel ist sie gern zu Haus–
Nehmt es in acht, sie wischt euch dort heraus. Ihr Firlefanze, fl¸gelm‰nnische Riesen, Greift in die Luft, versucht euch ohne Rast! Die Arme strack, die Klauen scharf gewiesen, Dafl ihr die Flatternde, die Fl¸chtige faflt. Es ist ihr sicher schlecht im alten Haus, Und das Genie, es will gleich obenaus.

HIMMLISCHE HEERSCHAR:
Folget, Gesandte,
Himmelsverwandte,
Gem‰chlichen Flugs:
S¸ndern vergeben,
Staub zu beleben;
Allen Naturen
Freundliche Spuren
Wirket im Schweben
Des weilenden Zugs!

MEPHISTOPHELES:
Mifltˆne hˆr’ ich, garstiges Geklimper, Von oben kommt’s mit unwillkommnem Tag;
Es ist das b¸bisch-m‰dchenhafte Gest¸mper, Wie frˆmmelnder Geschmack sich’s lieben mag. Ihr wiflt, wie wir in tiefverruchten Stunden Vernichtung sannen menschlichem Geschlecht; Das Sch‰ndlichste, was wir erfunden,
Ist ihrer Andacht eben recht.
Sie kommen gleisnerisch, die Laffen! So haben sie uns manchen weggeschnappt,
Bekriegen uns mit unsern eignen Waffen; Es sind auch Teufel, doch verkappt.
Hier zu verlieren, w‰r’ euch ew’ge Schande; Ans Grab heran und haltet fest am Rande!

CHOR DER ENGEL:
Rosen, ihr blendenden,
Balsam versendenden!
Flatternde, schwebende,
Heimlich belebende,
Zweigleinbefl¸gelte,
Knospenentsiegelte,
Eilet zu bl¸hn.
Fr¸hling entspriefle,
Purpur und Gr¸n!
Tragt Paradiese
Dem Ruhenden hin.

MEPHISTOPHELES:
Was duckt und zuckt ihr? ist das Hˆllenbrauch? So haltet stand und laflt sie streuen.
An seinen Platz ein jeder Gauch!
Sie denken wohl, mit solchen Bl¸meleien Die heiflen Teufel einzuschneien;
Das schmilzt und schrumpft vor eurem Hauch. Nun pustet, P¸striche!–Genug, genug!
Vor eurem Broden bleicht der ganze Flug.– Nicht so gewaltsam! schlieflet Maul und Nasen! F¸rwahr, ihr habt zu stark geblasen.
Dafl ihr doch nie die rechten Mafle kennt! Das schrumpft nicht nur, es br‰unt sich, dorrt, es brennt! Schon schwebt’s heran mit giftig klaren Flammen; Stemmt euch dagegen, dr‰ngt euch fest zusammen!– Die Kraft erlischt! dahin ist aller Mut! Die Teufel wittern fremde Schmeichelglut.

CHOR DER ENGEL:
Bl¸ten, die seligen,
Flammen, die frˆhlichen,
Liebe verbreiten sie,
Wonne bereiten sie,
Herz wie es mag.
Worte, die wahren,
‰ther im Klaren,
Ewigen Scharen
¸berall Tag!

MEPHISTOPHELES:
O Fluch! o Schande solchen Trˆpfen! Satane stehen auf den Kˆpfen,
Die Plumpen schlagen Rad auf Rad
Und st¸rzen ‰rschlings in die Hˆlle. Gesegn’ euch das verdiente heifle Bad!
Ich aber bleib’ auf meiner Stelle.– Irrlichter, fort! Du, leuchte noch so stark, Du bleibst, gehascht, ein ekler Gallert-Quark. Was flatterst du? Willst du dich packen!– Es klemmt wie Pech und Schwefel mir im Nacken.

CHOR DER ENGEL:
Was euch nicht angehˆrt,
M¸sset ihr meiden,
Was euch das Innre stˆrt,
D¸rft ihr nicht leiden.
Dringt es gewaltig ein,
M¸ssen wir t¸chtig sein.
Liebe nur Liebende
F¸hret herein!

MEPHISTOPHELES:
Mir brennt der Kopf, das Herz, die Leber brennt, Ein ¸berteuflisch Element!
Weit spitziger als Hˆllenfeuer!–
Drum jammert ihr so ungeheuer,
Ungl¸ckliche Verliebte! die, verschm‰ht, Verdrehten Halses nach der Liebsten sp‰ht. Auch mir! Was zieht den Kopf auf jene Seite? Bin ich mit ihr doch in geschwornem Streite! Der Anblick war mir sonst so feindlich scharf. Hat mich ein Fremdes durch und durch gedrungen? Ich mag sie gerne sehn, die allerliebsten Jungen; Was h‰lt mich ab, dafl ich nicht fluchen darf?– Und wenn ich mich betˆren lasse,
Wer heiflt denn k¸nftighin der Tor? Die Wetterbuben, die ich hasse,
Sie kommen mir doch gar zu lieblich vor!– Ihr schˆnen Kinder, laflt mich wissen: Seid ihr nicht auch von Luzifers Geschlecht? Ihr seid so h¸bsch, f¸rwahr ich mˆcht’ euch k¸ssen, Mir ist’s, als k‰mt ihr eben recht.
Es ist mir so behaglich, so nat¸rlich, Als h‰tt’ ich euch schon tausendmal gesehn; So heimlich-k‰tzchenhaft begierlich;
Mit jedem Blick aufs neue schˆner schˆn. O n‰hert euch, o gˆnnt mir einen Blick!

ENGEL:
Wir kommen schon, warum weichst du zur¸ck? Wir n‰hern uns, und wenn du kannst, so bleib!

MEPHISTOPHELES:
Ihr scheltet uns verdammte Geister
Und seid die wahren Hexenmeister;
Denn ihr verf¸hret Mann und Weib.– Welch ein verfluchtes Abenteuer!
Ist dies das Liebeselement?
Der ganze Kˆrper steht in Feuer,
Ich f¸hle kaum, dafl es im Nacken brennt.– Ihr schwanket hin und her, so senkt euch nieder, Ein biflchen weltlicher bewegt die holden Glieder; F¸rwahr, der Ernst steht euch recht schˆn; Doch mˆcht’ ich euch nur einmal l‰cheln sehn! Das w‰re mir ein ewiges Entz¸cken.
Ich meine so, wie wenn Verliebte blicken: Ein kleiner Zug am Mund, so ist’s getan. Dich, langer Bursche, dich mag ich am liebsten leiden, Die Pfaffenmiene will dich gar nicht kleiden, So sieh mich doch ein wenig l¸stern an! Auch kˆnntet ihr anst‰ndig-nackter gehen, Das lange Faltenhemd ist ¸bersittlich– Sie wenden sich–von hinten anzusehen!– Die Racker sind doch gar zu appetitlich!

CHOR DER ENGEL:
Wendet zur Klarheit
Euch, liebende Flammen!
Die sich verdammen,
Heile die Wahrheit;
Dafl sie vom Bˆsen
Froh sich erlˆsen,
Um in dem Allverein
Selig zu sein.

MEPHISTOPHELES:
Wie wird mir!–Hiobsartig, Beul’ an Beule Der ganze Kerl, dem’s vor sich selber graut, Und triumphiert zugleich, wenn er sich ganz durchschaut, Wenn er auf sich und seinen Stamm vertraut; Gerettet sind die edlen Teufelsteile,
Der Liebespuk, er wirft sich auf die Haut; Schon ausgebrannt sind die verruchten Flammen, Und wie es sich gehˆrt, fluch’ ich euch allzusammen!

CHOR DER ENGEL:
Heilige Gluten!
Wen sie umschweben,
F¸hlt sich im Leben
Selig mit Guten.
Alle vereinigt
Hebt euch und preist!
Luft ist gereinigt,
Atme der Geist!

MEPHISTOPHELES:
Doch wie?–wo sind sie hingezogen?
Unm¸ndiges Volk, du hast mich ¸berrascht, Sind mit der Beute himmelw‰rts entflogen; Drum haben sie an dieser Gruft genascht! Mir ist ein grofler, einziger Schatz entwendet: Die hohe Seele, die sich mir verpf‰ndet, Die haben sie mir pfiffig weggepascht.
Bei wem soll ich mich nun beklagen? Wer schafft mir mein erworbenes Recht?
Du bist get‰uscht in deinen alten Tagen, Du hast’s verdient, es geht dir grimmig schlecht. Ich habe schimpflich miflgehandelt,
Ein grofler Aufwand, schm‰hlich! ist vertan; Gemein Gel¸st, absurde Liebschaft wandelt Den ausgepichten Teufel an.
Und hat mit diesem kindisch-tollen Ding Der Klugerfahrne sich besch‰ftigt,
So ist f¸rwahr die Torheit nicht gering, Die seiner sich am Schlufl bem‰chtigt.

Bergschluchten

CHOR UN ECHO:
Waldung, sie schwankt heran,
Felsen, sie lasten dran,
Wurzeln, sie klammern an,
Stamm dicht an Stamm hinan,
Woge nach Woge spritzt,
Hˆhle, die tiefste, sch¸tzt.
Lˆwen, sie schleichen stumm-+
freundlich/ um uns herum,
Ehren geweihten Ort,
Heiligen Liebeshort.

PATER ECSTATICUS:
Ewiger Wonnebrand,
Gl¸hendes Liebeband,
Siedender Schmerz der Brust,
Sch‰umende Gotteslust.
Pfeile, durchdringet mich,
Lanzen, bezwinget mich,
Keulen, zerschmettert mich,
Blitze, durchwettert mich!
Dafl ja das Nichtige
Alles verfl¸chtige,
Gl‰nze der Dauerstern,
Ewiger Liebe Kern.

PATER PROFUNDUS:
Wie Felsenabgrund mir zu F¸flen
Auf tiefem Abgrund lastend ruht,
Wie tausend B‰che strahlend flieflen Zum grausen Sturz des Schaums der Flut,
Wie strack mit eignem kr‰ftigen Triebe Der Stamm sich in die L¸fte tr‰gt:
So ist es die allm‰chtige Liebe,
Die alles bildet, alles hegt.
Ist um mich her ein wildes Brausen, Als wogte Wald und Felsengrund,
Und doch st¸rzt, liebevoll im Sausen, Die Wasserf¸lle sich zum Schlund,
Berufen, gleich das Tal zu w‰ssern; Der Blitz, der flammend niederschlug,
Die Atmosph‰re zu verbessern,
Die Gift und Dunst im Busen trug–
Sind Liebesboten, sie verk¸nden,
Was ewig schaffend uns umwallt.
Mein Innres mˆg’ es auch entz¸nden, Wo sich der Geist, verworren, kalt,
Verqu‰lt in stumpfer Sinne Schranken, Scharfangeschloflnem Kettenschmerz.
O Gott! beschwichtige die Gedanken, Erleuchte mein bed¸rftig Herz!

PATER SERAPHICUS:
Welch ein Morgenwˆlkchen schwebet
Durch der Tannen schwankend Haar!
Ahn’ ich, was im Innern lebet?
Es ist junge Geisterschar.

CHOR SELIGER KNABEN:
Sag uns, Vater, wo wir wallen,
Sag uns, Guter, wer wir sind?
Gl¸cklich sind wir: allen, allen
Ist das Dasein so gelind.

PATER SERAPHICUS:
Knaben! Mitternachts-Geborne,
Halb erschlossen Geist und Sinn,
F¸r die Eltern gleich Verlorne,
F¸r die Engel zum Gewinn.
Dafl ein Liebender zugegen,
F¸hlt ihr wohl, so naht euch nur;
Doch von schroffen Erdewegen,
Gl¸ckliche! habt ihr keine Spur.
Steigt herab in meiner Augen
Welt- und erdgem‰fl Organ,
Kˆnnt sie als die euren brauchen,
Schaut euch diese Gegend an!
Das sind B‰ume, das sind Felsen,
Wasserstrom, der abest¸rzt
Und mit ungeheurem W‰lzen
Sich den steilen Weg verk¸rzt.

SELIGE KNABEN:
Das ist m‰chtig anzuschauen,
Doch zu d¸ster ist der Ort,
Sch¸ttelt uns mit Schreck und Grauen. Edler, Guter, lafl uns fort!

PATER SERAPHICUS:
Steigt hinan zu hˆherm Kreise,
Wachset immer unvermerkt,
Wie, nach ewig reiner Weise,
Gottes Gegenwart verst‰rkt.
Denn das ist der Geister Nahrung,
Die im freisten ‰ther waltet:
Ewigen Liebens Offenbarung,
Die zur Seligkeit entfaltet.

CHOR SELIGER KNABEN:
H‰nde verschlinget
Freudig zum Ringverein,
Regt euch und singet
Heil’ge Gef¸hle drein!
Gˆttlich belehret,
D¸rft ihr vertrauen;
Den ihr verehret,
Werdet ihr schauen.

ENGEL:
Gerettet ist das edle Glied
Der Geisterwelt vom Bˆsen,
Wer immer strebend sich bem¸ht,
Den kˆnnen wir erlˆsen.
Und hat an ihm die Liebe gar
Von oben teilgenommen,
Begegnet ihm die selige Schar
Mit herzlichem Willkommen.

DIE J‹NGEREN ENGEL:
Jene Rosen aus den H‰nden
Liebend-heiliger B¸flerinnen
Halfen uns den Sieg gewinnen,
Uns das hohe Werk vollenden,
Diesen Seelenschatz erbeuten.
Bˆse wichen, als wir streuten,
Teufel flohen, als wir trafen.
Statt gewohnter Hˆllenstrafen
F¸hlten Liebesqual die Geister;
Selbst der alte Satansmeister
War von spitzer Pein durchdrungen.
Jauchzet auf! es ist gelungen.

DIE VOLLENDETEREN ENGEL:
Uns bleibt ein Erdenrest
Zu tragen peinlich,
Und w‰r’ er von Asbest,
Er ist nicht reinlich.
Wenn starke Geisteskraft
Die Elemente
An sich herangerafft,
Kein Engel trennte
Geeinte Zwienatur
Der innigen beiden,
Die ewige Liebe nur
Vermag’s zu scheiden.

DIE J‹NGEREN ENGEL:
Nebelnd um Felsenhˆh’
Sp¸r’ ich soeben,
Regend sich in der N‰h’,
Ein Geisterleben.
Die Wˆlkchen werden klar,
Ich seh’ bewegte Schar
Seliger Knaben,
Los von der Erde Druck,
Im Kreis gesellt,
Die sich erlaben
Am neuen Lenz und Schmuck
Der obern Welt.
Sei er zum Anbeginn,
Steigendem Vollgewinn
Diesen gesellt!

DIE SELIGEN KNABEN:
Freudig empfangen wir
Diesen im Puppenstand;
Also erlangen wir
Englisches Unterpfand.
Lˆset die Flocken los,
Die ihn umgeben!
Schon ist er schˆn und grofl
Von heiligem Leben.

DOCTOR MARIANUS:
Hier ist die Aussicht frei,
Der Geist erhoben.
Dort ziehen Fraun vorbei,
Schwebend nach oben.
Die Herrliche mitteninn
Im Sternenkranze,
Die Himmelskˆnigin,
Ich seh’s am Glanze.
Hˆchste Herrscherin der Welt!
Lasse mich im blauen,
Ausgespannten Himmelszelt
Dein Geheimnis schauen.
Billige, was des Mannes Brust
Ernst und zart beweget
Und mit heiliger Liebeslust
Dir entgegentr‰get.
Unbezwinglich unser Mut,
Wenn du hehr gebietest;
Plˆtzlich mildert sich die Glut,
Wie du uns befriedest.
Jungfrau, rein im schˆnsten Sinn,
Mutter, Ehren w¸rdig,
Uns erw‰hlte Kˆnigin,
Gˆttern ebenb¸rtig.
Um sie verschlingen
Sich leichte Wˆlkchen,
Sind B¸flerinnen,
Ein zartes Vˆlkchen,
Um ihre Kniee
Den ‰ther schl¸rfend,
Gnade bed¸rfend.
Dir, der Unber¸hrbaren,
Ist es nicht benommen,
Dafl die leicht Verf¸hrbaren
Traulich zu dir kommen.
In die Schwachheit hingerafft,
Sind sie schwer zu retten;
Wer zerreiflt aus eigner Kraft
Der Gel¸ste Ketten?
Wie entgleitet schnell der Fufl
Schiefem, glattem Boden?
Wen betˆrt nicht Blick und Grufl, Schmeichelhafter Odem?

CHOR DER B‹SSERINNEN:
Du schwebst zu Hˆhen
Der ewigen Reiche,
Vernimm das Flehen,
Du Ohnegleiche,
Du Gnadenreiche!

MAGNA PECCATRIX:
Bei der Liebe, die den F¸flen
Deines gottverkl‰rten Sohnes
Tr‰nen liefl zum Balsam flieflen, Trotz des Pharis‰erhohnes;
Beim Gef‰fle, das so reichlich
Tropfte Wohlgeruch hernieder,
Bei den Locken, die so weichlich
Trockneten die heil’gen Glieder–

MULIER SAMARITANA:
Bei dem Bronn, zu dem schon weiland Abram liefl die Herde f¸hren,
Bei dem Eimer, der dem Heiland
K¸hl die Lippe durft’ ber¸hren;
Bei der reinen, reichen Quelle,
Die nun dorther sich ergieflet,
¸berfl¸ssig, ewig helle
Rings durch alle Welten flieflet–

MARIA AEGYPTIACA:
Bei dem hochgeweihten Orte,
Wo den Herrn man niederliefl,
Bei dem Arm, der von der Pforte
Warnend mich zur¸cke stiefl;
Bei der vierzigj‰hrigen Bufle,
Der ich treu in W¸sten blieb,
Bei dem seligen Scheidegrufle,
Den im Sand ich niederschrieb–

ZU DREI:
Die du groflen S¸nderinnen
Deine N‰he nicht verweigerst
Und ein b¸flendes Gewinnen
In die Ewigkeiten steigerst,
Gˆnn auch dieser guten Seele,
Die sich einmal nur vergessen,
Die nicht ahnte, dafl sie fehlte,
Dein Verzeihen angemessen!

UNA POENITENTIUM, SONST GRETCHEN GENANNT: Neige, neige,
Du Ohnegleiche,
Du Strahlenreiche,
Dein Antlitz gn‰dig meinem Gl¸ck! Der fr¸h Geliebte,
Nicht mehr Getr¸bte,
Er kommt zur¸ck.

SELIGE KNABEN:
Er ¸berw‰chst uns schon
An m‰chtigen Gliedern,
Wird treuer Pflege Lohn
Reichlich erwidern.
Wir wurden fr¸h entfernt
Von Lebechˆren;
Doch dieser hat gelernt,
Er wird uns lehren.

DIE EINE B‹SSERIN, SONST GRETCHEN GENANNT: Vom edlen Geisterchor umgeben,
Wird sich der Neue kaum gewahr,
Er ahnet kaum das frische Leben,
So gleicht er schon der heiligen Schar. Sieh, wie er jedem Erdenbande
Der alten H¸lle sich entrafft
Und aus ‰therischem Gewande
Hervortritt erste Jugendkraft.
Vergˆnne mir, ihn zu belehren,
Noch blendet ihn der neue Tag.

MATER GLORIOSA:
Komm! hebe dich zu hˆhern Sph‰ren! Wenn er dich ahnet, folgt er nach.

DOCTOR MARIANUS:
Blicket auf zum Retterblick,
Alle reuig Zarten,
Euch zu seligem Geschick
Dankend umzuarten.
Werde jeder beflre Sinn
Dir zum Dienst erbˆtig;
Jungfrau, Mutter, Kˆnigin,
Gˆttin, bleibe gn‰dig!

CHORUS MYSTICUS:
Alles Verg‰ngliche
Ist nur ein Gleichnis;
Das Unzul‰ngliche,
Hier wird’s Ereignis;
Das Unbeschreibliche,
Hier ist’s getan;
Das Ewig-Weibliche
Zieht uns hinan.