Und nun was jetzt? +
MEPHISTOPHELES:
Dein Wesen strebe nieder;
Versinke stampfend, stampfend steigst du wieder.
MEPHISTOPHELES:
Wenn ihm der Schl¸ssel nur zum besten frommt! Neugierig bin ich, ob er wiederkommt.
Hell erleuchtete Sâ°le
KÆMMERER:
Ihr seid uns noch die Geisterszene schuldig; Macht Euch daran! der Herr ist ungeduldig.
MARSCHALK:
Soeben fragt der Gnâ°digste darnach; Ihr! zaudert nicht der Majestâ°t zur Schmach.
MEPHISTOPHELES:
Ist mein Kumpan doch deshalb weggegangen; Er weiï¬ schon, wie es anzufangen,
Und laboriert verschlossen still,
Muï¬ ganz besonders sich befleiï¬en; Denn wer den Schatz, das SchËne, heben will, Bedarf der hËchsten Kunst, Magie der Weisen.
MARSCHALK:
Was ihr f¸r K¸nste braucht, ist einerlei: Der Kaiser will, daï¬ alles fertig sei.
BLONDINE:
Ein Wort, mein Herr! Ihr seht ein klar Gesicht, Jedoch so ist’s im leidigen Sommer nicht! Da sprossen hundert brâ°unlich rote Flecken, Die zum Verdruï¬ die weiï¬e Haut bedecken. Ein Mittel! +
MEPHISTOPHELES:
Schade! so ein leuchtend Schâ°tzchen Im Mai getupft wie eure Pantherkâ°tzchen. Nehmt Froschlaich, KrËtenzungen, kohobiert, Im vollsten Mondlicht sorglich distilliert Und, wenn er abnimmt, reinlich aufgestrichen, Der Fr¸hling kommt, die Tupfen sind entwichen.
BRAUNE:
Die Menge drâ°ngt heran, Euch zu umschranzen. Ich bitt’ um Mittel! Ein erfrorner Fuï¬ Verhindert mich am Wandeln wie am Tanzen, Selbst ungeschickt beweg’ ich mich zum Gruï¬.
MEPHISTOPHELES:
Erlaubet einen Tritt von meinem Fuï¬.
BRAUNE:
Nun, das geschieht wohl unter Liebesleuten.
MEPHISTOPHELES:
Mein Fuï¬tritt, Kind! hat GrËï¬res zu bedeuten. Zu Gleichem Gleiches, was auch einer litt; Fuï¬ heilet Fuï¬, so ist’s mit allen Gliedern. Heran! Gebt acht! Ihr sollt es nicht erwidern.
BRAUNE:
Weh! Weh! das brennt! das war ein harter Tritt, + Wie Pferdehuf.
MEPHISTOPHELES:
Die Heilung nehmt Ihr mit.
Du kannst nunmehr den Tanz nach Lust ver¸ben, Bei Tafel schwelgend f¸ï¬le mit dem Lieben.
DAME:
Laï¬t mich hindurch! Zu groï¬ sind meine Schmerzen, Sie w¸hlen siedend mir im tiefsten Herzen; Bis gestern sucht’ Er Heil in meinen Blicken, Er schwatzt mit ihr und wendet mir den R¸cken.
MEPHISTOPHELES:
Bedenklich ist es, aber hËre mich. An ihn heran muï¬t du dich leise dr¸chen; Nimm diese Kohle, streich ihm einen Strich Auf â°rmel, Mantel, Schulter, wie sich’s macht; Er f¸hlt im Herzen holden Reuestich.
Die Kohle doch muï¬t du sogleich verschlingen, Nicht Wein, nicht Wasser an die Lippen bringen; Er seufzt vor deiner T¸r noch heute nacht.
DAME:
Ist doch kein Gift? +
MEPHISTOPHELES:
Respekt, wo sich’s geb¸hrt!
Weit m¸ï¬tet Ihr nach solcher Kohle laufen; Sie kommt von einem Scheiterhaufen,
Den wir sonst emsiger angesch¸rt.
PAGE:
Ich bin verliebt, man hâ°lt mich nicht f¸r voll.
MEPHISTOPHELES:
Ich weiï¬ nicht mehr, wohin ich hËren soll. M¸ï¬t Euer Gl¸ck nicht auf die J¸ngste setzen. Die Angejahrten wissen Euch zu schâ°tzen.– Schon wieder Neue! Welch ein harter Strauï¬! Ich helfe mir zuletzt mit Wahrheit aus;
Der schlechteste Behelf! Die Not ist groï¬.– O M¸tter, M¸tter! Laï¬t nur Fausten los! Die Lichter brennen tr¸be schon im Saal, Der ganze Hof bewegt sich auf einmal.
Anstâ°ndig seh’ ich sie in Folge ziehn Durch lange Gâ°nge, ferne Galerien.
Nun! sie versammeln sich im weiten Raum Des alten Rittersaals, er faï¬t sie kaum. Auf breite Wâ°nde Teppiche spendiert,
Mit R¸stung Eck’ und Nischen ausgeziert. Hier braucht es, dâ°cht’ ich, keine Zauberworte; Die Geister finden sich von selbst zum Orte.
Rittersaal
HEROLD:
Mein alt Geschâ°ft, das Schauspiel anzuk¸nden, Verk¸mmert mir der Geister heimlich Walten; Vergebens wagt man, aus verstâ°ndigen Gr¸nden Sich zu erklâ°ren das verworrene Schalten. Die Sessel sind, die St¸hle schon zur Hand; Den Kaiser setzt man grade vor die Wand; Auf den Tapeten mag er da die Schlachten Der groï¬en Zeit bequemlichstens betrachten. Hier sitzt nun alles, Herr und Hof im Runde, Die Bâ°nke drâ°ngen sich im Hintergrunde; Auch Liebchen hat, in d¸stern Geisterstunden, Zur Seite Liebchens lieblich Raum gefunden. Und so, da alle schicklich Platz genommen, Sind wir bereit; die Geister mËgen kommen!
ASTROLOG:
Beginne gleich das Drama seinen Lauf, Der Herr befiehlt’s, ihr Wâ°nde tut euch auf! Nichts hindert mehr, hier ist Magie zur Hand: Die Teppiche schwinden, wie gerollt vom Brand; Die Mauer spaltet sich, sie kehrt sich um, Ein tief Theater scheint sich aufzustellen, Geheimnisvoll ein Schein uns zu erhellen, Und ich besteige das Proszenium.
MEPHISTOPHELES:
Von hier aus hoff’ ich allgemeine Gunst, Einblâ°sereien sind des Teufels Redekunst. Du kennst den Takt, in dem die Sterne gehn, Und wirst mein Fl¸stern meisterlich verstehn.
ASTROLOG:
Durch Wunderkraft erscheint allhier zur Schau, Massiv genug, ein alter Tempelbau.
Dem Atlas gleich, der einst den Himmel trug, Stehn reihenweis der Sâ°ulen hier genug; Sie mËgen wohl der Felsenlast gen¸gen, Da zweie schon ein groï¬ Gebâ°ude tr¸gen.
ARCHITEKT:
Das wâ°r’ antik! Ich w¸ï¬t’ es nicht zu preisen, Es sollte plump und ¸berlâ°stig heiï¬en. Roh nennt man edel, unbeh¸lflich groï¬. Schmalpfeiler lieb’ ich, strebend, grenzenlos; SpitzbËgiger Zenit erhebt den Geist;
Solch ein Gebâ°u erbaut uns allermeist.
ASTROLOG:
Empfangt mit Ehrfurcht sterngegËnnte Stunden; Durch magisch Wort sei die Vernunft gebunden; Dagegen weit heran bewege frei
Sich herrliche verwegne Phantasei.
Mit Augen schaut nun, was ihr k¸hn begehrt, UnmËglich ist’s, drum eben glaubenswert.
ASTROLOG:
Im Priesterkleid, bekrâ°nzt, ein Wundermann, Der nun vollbringt, was er getrost begann. Ein Dreifuï¬ steigt mit ihm aus hohler Gruft, Schon ahn’ ich aus der Schale Weihrauchduft. Er r¸stet sich, das hohe Werk zu segnen; Es kann fortan nur Gl¸ckliches begegnen.
FAUST:
In eurem Namen, M¸tter, die ihr thront Im Grenzenlosen, ewig einsam wohnt,
Und doch gesellig. Euer Haupt umschweben Des Lebens Bilder, regsam, ohne Leben.
Was einmal war, in allem Glanz und Schein, Es regt sich dort; denn es will ewig sein. Und ihr verteilt es, allgewaltige Mâ°chte, Zum Zelt des Tages, zum GewËlb der Nâ°chte. Die einen faï¬t des Lebens holder Lauf, Die andern sucht der k¸hne Magier auf;
In reicher Spende lâ°ï¬t er, voll Vertrauen, Was jeder w¸nscht, das Wunderw¸rdige schauen.
ASTROLOG:
Der gl¸hnde Schl¸ssel r¸hrt die Schale kaum, Ein dunstiger Nebel deckt sogleich den Raum; Er schleicht sich ein, er wogt nach Wolkenart, Gedehnt, geballt, verschrâ°nkt, geteilt, gepaart. Und nun erkennt ein Geister-Meisterst¸ck! So wie sie wandeln, machen sie Musik.
Aus luft’gen TËnen quillt ein Weiï¬nichtwie, Indem sie ziehn, wird alles Melodie.
Der Sâ°ulenschaft, auch die Triglyphe klingt, Ich glaube gar, der ganze Tempel singt.
Das Dunstige senkt sich; aus dem leichten Flor Ein schËner J¸ngling tritt im Takt hervor. Hier schweigt mein Amt, ich brauch’ ihn nicht zu nennen, Wer sollte nicht den holden Paris kennen!
DAME:
O! welch ein Glanz aufbl¸hender Jugendkraft!
ZWEITE:
Wie eine Pfirsche frisch und voller Saft!
DRITTE:
Die fein gezognen, sÂ¸ï¬ geschwollnen Lippen!
VIERTE:
Du mËchtest wohl an solchem Becher nippen?
Fâ¹NFTE:
Er ist gar h¸bsch, wenn auch nicht eben fein.
SECHSTE:
Ein biï¬chen kËnnt’ er doch gewandter sein.
RITTER:
Den Schâ°ferknecht glaub’ ich allhier zu sp¸ren, Vom Prinzen nichts und nichts von Hofmanieren.
ANDRER:
Eh nun! halb nackt ist wohl der Junge schËn, Doch m¸ï¬ten wir ihn erst im Harnisch sehn!
DAME:
Er setzt sich nieder, weichlich, angenehm.
ritter
Auf seinem Schoï¬e wâ°r’ Euch wohl bequem?
ANDRE:
Er lehnt den Arm so zierlich ¸bers Haupt.
KÆMMERER:
Die Flegelei! Das find’ ich unerlaubt!
DAME:
Ihr Herren wiï¬t an allem was zu mâ°keln.
DERSELBE:
In Kaisers Gegenwart sich hinzurâ°keln!
DAME:
Er stellt’s nur vor! Er glaubt sich ganz allein.
DERSELBE:
Das Schauspiel selbst, hier sollt’ es hËflich sein.
DAME:
Sanft hat der Schlaf den Holden ¸bernommen.
DERSELBE:
Er schnarcht nun gleich; nat¸rlich ist’s, vollkommen!
JUNGE DAME:
Zum Weihrauchsdampf was duftet so gemischt, Das mir das Herz zum innigsten erfrischt?
ÆLTERE:
F¸rwahr! Es dringt ein Hauch tief ins Gem¸te, Er kommt von ihm! +
ÆLTESTE:
Es ist des Wachstums Bl¸te,
Im J¸ngling als Ambrosia bereitet
Und atmosphâ°risch ringsumher verbreitet.
MEPHISTOPHELES:
Das wâ°r’ sie denn! Vor dieser hâ°tt’ ich Ruh’; H¸bsch ist sie wohl, doch sagt sie mir nicht zu.
ASTROLOG:
F¸r mich ist diesmal weiter nichts zu tun, Als Ehrenmann gesteh’, bekenn’ ich’s nun. Die SchËne kommt, und hâ°tt’ ich Feuerzungen!– Von SchËnheit ward von jeher viel gesungen– Wem sie erscheint, wird aus sich selbst entr¸ckt, Wem sie gehËrte, ward zu hoch begl¸ckt.
FAUST:
Hab’ ich noch Augen? Zeigt sich tief im Sinn Der SchËnheit Quelle reichlichstens ergossen? Mein Schreckensgang bringt seligsten Gewinn. Wie war die Welt mir nichtig, unerschlossen! Was ist sie nun seit meiner Priesterschaft? Erst w¸nschenswert, gegr¸ndet, dauerhaft! Verschwinde mir des Lebens Atemkraft,
Wenn ich mich je von dir zur¸ckgewËhne!– Die Wohlgestalt, die mich voreinst entz¸ckte, In Zauberspiegelung begl¸ckte,
War nur ein Schaumbild solcher SchËne!– Du bist’s, der ich die Regung aller Kraft, Den Inbegriff der Leidenschaft,
Dir Neigung, Lieb’, Anbetung, Wahnsinn zolle.
MEPHISTOPHELES:
So faï¬t Euch doch und fallt nicht aus der Rolle!
ÆLTERE DAME:
Groï¬, wohlgestaltet, nur der Kopf zu klein.
Jâ¹NGERE:
Seht nur den Fuï¬! Wie kËnnt’ er plumper sein!
DIPLOMAT:
F¸rstinnen hab’ ich dieser Art gesehn, Mich deucht, sie ist vom Kopf zum Fuï¬e schËn.
HOFMANN:
Sie nâ°hert sich dem Schlâ°fer listig mild.
DAME:
Wie hâ°ï¬lich neben jugendreinem Bild!
POET:
Von ihrer SchËnheit ist er angestrahlt.
DAME:
Endymion und Luna! wie gemalt!
DERSELBE:
Ganz recht! Die GËttin scheint herabzusinken, Sie neigt sich ¸ber, seinen Hauch zu trinken; Beneidenswert!–Ein Kuï¬!–Das Maï¬ ist voll.
DUENNA:
Vor allen Leuten! Das ist doch zu toll!
FAUST:
Furchtbare Gunst dem Knaben!–+
MEPHISTOPHELES:
Ruhig! still!
Laï¬ das Gespenst doch machen was es will.
HOFMANN:
Sie schleicht sich weg, leichtf¸ï¬ig; er erwacht.
DAME:
Sie sieht sich um! Das hab’ ich wohl gedacht.
HOFMANN:
Er staunt! Ein Wunder ist’s, was ihm geschieht.
DAME:
Ihr ist kein Wunder, was sie vor sich sieht.
HOFMANN:
Mit Anstand kehrt sie sich zu ihm herum.
DAME:
Ich merke schon, sie nimmt ihn in die Lehre; In solchem Fall sind alle Mâ°nner dumm, Er glaubt wohl auch, daï¬ er der erste wâ°re.
RITTER:
Laï¬t mir sie gelten! Majestâ°tisch fein!–
DAME:
Die Buhlerin! Das nenn’ ich doch gemein!
PAGE:
Ich mËchte wohl an seiner Stelle sein!
HOFMANN:
Wer w¸rde nicht in solchem Netz gefangen?
DAME:
Das Kleinod ist durch manche Hand gegangen, Auch die Verguldung ziemlich abgebraucht.
ANDRE:
Vom zehnten Jahr an hat sie nichts getaugt.
RITTER:
Gelegentlich nimmt jeder sich das Beste; Ich hielte mich an diese schËnen Reste.
GELAHRTER:
Ich seh’ sie deutlich, doch gesteh’ ich frei: Zu zweiflen ist, ob sie die rechte sei.
Die Gegenwart verf¸hrt ins ¸bertriebne, Ich halte mich vor allem ans Geschriebne. Da les’ ich denn, sie habe wirklich allen Graubâ°rten Trojas sonderlich gefallen; Und wie mich d¸nkt, vollkommen paï¬t das hier: Ich bin nicht jung, und doch gefâ°llt sie mir.
ASTROLOG:
Nicht Knabe mehr! Ein k¸hner Heldenmann, Umfaï¬t er sie, die kaum sich wehren kann. Gestâ°rkten Arms hebt er sie hoch empor, Entf¸hrt er sie wohl gar? +
FAUST:
Verwegner Tor!
Du wagst! Du hËrst nicht! halt! das ist zu viel!
EMPHISTOPHELES:
Machst du’s doch selbst, das Fratzengeisterspiel!
ASTROLOG:
Nur noch ein Wort! Nach allem, was geschah, Nenn’ ich das St¸ck den Raub der Helena.
FAUST:
Was Raub! Bin ich f¸r nichts an dieser Stelle! Ist dieser Schl¸ssel nicht in meiner Hand! Er f¸hrte mich, durch Graus und Wog’ und Welle Der Einsamkeiten, her zum festen Strand. Hier fass’ ich Fuï¬! Hier sind es Wirklichkeiten, Von hier aus darf der Geist mit Geistern streiten, Das Doppelreich, das groï¬e, sich bereiten. So fern sie war, wie kann sie nâ°her sein! Ich rette sie, und sie ist doppelt mein. Gewagt! Ihr M¸tter! M¸tter! m¸ï¬t’s gewâ°hren! Wer sie erkannt, der darf sie nicht entbehren.
ASTROLOG:
Was tust du, Fauste! Fauste!–Mit Gewalt Faï¬t er sie an, schon tr¸bt sich die Gestalt. Den Schl¸ssel kehrt er nach dem J¸ngling zu, Ber¸hrt ihn!–Weh uns, Wehe! Nu! im Nu!
MEPHISTOPHELES:
Da habt ihr’s nun! mit Narren sich beladen, Das kommt zuletzt dem Teufel selbst zu Schaden.
2. Akt–HochgewËlbtes enges gotisches Zimmer
MEPHISTOPHELES:
Hier lieg, Unseliger! verf¸hrt
Zu schwergelËstem Liebesbande!
Wen Helena paralysiert,
Der kommt so leicht nicht zu Verstande. Blick’ ich hinauf, hierher, hin¸ber,
Allunverâ°ndert ist es, unversehrt; Die bunten Scheiben sind, so d¸nkt mich, tr¸ber, Die Spinneweben haben sich vermehrt;
Die Tinte starrt, vergilbt ist das Papier; Doch alles ist am Platz geblieben;
Sogar die Feder liegt noch hier,
Mit welcher Faust dem Teufel sich verschrieben. Ja! tiefer in dem Rohre stockt
Ein TrËpflein Blut, wie ich’s ihm abgelockt. Zu einem solchen einzigen St¸ck
W¸nscht’ ich dem grËï¬ten Sammler Gl¸ck. Auch hâ°ngt der alte Pelz am alten Haken, Erinnert mich an jene Schnaken,
Wie ich den Knaben einst belehrt,
Woran er noch vielleicht als J¸ngling zehrt. Es kommt mir wahrlich das Gel¸sten,
Rauchwarme H¸lle, dir vereint
Mich als Dozent noch einmal zu erbr¸sten, Wie man so vËllig recht zu haben meint. Gelehrte wissen’s zu erlangen,
Dem Teufel ist es lâ°ngst vergangen.
CHOR DER INSEKTEN:
Willkommen! willkommen,
Du alter Patron!
Wir schweben und summen
Und kennen dich schon.
Nur einzeln im stillen
Du hast uns gepflanzt;
Zu Tausenden kommen wir,
Vater, getanzt.
Der Schalk in dem Busen
Verbirgt sich so sehr,
Vom Pelze die Lâ°uschen
Enth¸llen sich eh’r.
MEPHISTOPHELES:
Wie ¸berraschend mich die junge SchËpfung freut! Man sâ°e nur, man erntet mit der Zeit.
Ich sch¸ttle noch einmal den alten Flaus, Noch eines flattert hier und dort hinaus.– Hinauf! umher! in hunderttausend Ecken
Eilt euch, ihr Liebchen, zu verstecken. Dort, wo die alten Schachteln stehn,
Hier im bebrâ°unten Pergamen,
In staubigen Scherben alter TËpfe, Dem Hohlaug’ jener TotenkËpfe.
In solchem Wust und Moderleben
Muï¬ es f¸r ewig Grillen geben.
Komm, decke mir die Schultern noch einmal! Heut bin ich wieder Prinzipal.
Doch hilft es nichts, mich so zu nennen; Wo sind die Leute, die mich anerkennen?
FAMULUS:
Welch ein TËnen! welch ein Schauer! Treppe schwankt, es bebt die Mauer;
Durch der Fenster buntes Zittern
Seh’ ich wetterleuchtend Wittern.
Springt das Estrich, und von oben
Rieselt Kalk und Schutt verschoben. Und die T¸re, fest verriegelt,
Ist durch Wunderkraft entsiegelt.– Dort! Wie f¸rchterlich! Ein Riese
Steht in Faustens altem Vliese!
Seinen Blicken, seinem Winken
MËcht’ ich in die Kniee sinken.
Soll ich fliehen? Soll ich stehn?
Ach, wie wird es mir ergehn!
MEPHISTOPHELES:
Heran, mein Freund!–Ihr heiï¬et Nikodemus.
FAMULUS:
Hochw¸rdiger Herr! so ist mein Nam’–Oremus.
MEPHISTOPHELES:
Das lassen wir! +
FAMULUS:
Wie froh, daï¬ Ihr mich kennt!
MEPHISTOPHELES:
Ich weiï¬ es wohl, bejahrt und noch Student, Bemooster Herr! Auch ein gelehrter Mann
Studiert so fort, weil er nicht anders kann. So baut man sich ein mâ°ï¬ig Kartenhaus, Der grËï¬te Geist baut’s doch nicht vËllig aus. Doch Euer Meister, das ist ein Beschlagner: Wer kennt ihn nicht, den edlen Doktor Wagner, Den Ersten jetzt in der gelehrten Welt!
Er ist’s allein, der sie zusammenhâ°lt, Der Weisheit tâ°glicher Vermehrer.
Allwiï¬begierige Horcher, HËrer
Versammeln sich um ihn zuhauf.
Er leuchtet einzig vom Katheder;
Die Schl¸ssel ¸bt er wie Sankt Peter, Das Untre so das Obre schlieï¬t er auf. Wie er vor allen gl¸ht und funkelt,
Kein Ruf, kein Ruhm hâ°lt weiter stand; Selbst Faustus’ Name wird verdunkelt,
Er ist es, der allein erfand.
FAMULUS:
Verzeiht, hochw¸rdiger Herr! wenn ich Euch sage, Wenn ich zu widersprechen wage:
Von allem dem ist nicht die Frage;
Bescheidenheit ist sein beschieden Teil. Ins unbegreifliche Verschwinden
Des hohen Manns weiï¬ er sich nicht zu finden; Von dessen Wiederkunft erfleht er Trost und Heil. Das Zimmer, wie zu Doktor Faustus’ Tagen, Noch unber¸hrt seitdem er fern,
Erwartet seinen alten Herrn.
Kaum wag’ ich’s, mich hereinzuwagen. Was muï¬ die Sternenstunde sein?–
Gemâ°uer scheint mir zu erbangen;
T¸rpfosten bebten, Riegel sprangen, Sonst kamt Ihr selber nicht herein.
MEPHISTOPHELES:
Wo hat der Mann sich hingetan?
F¸hrt mich zu ihm, bringt ihn heran!
FAMULUS:
Ach! sein Verbot ist gar zu scharf, Ich weiï¬ nicht, ob ich’s wagen darf.
Monatelang, des groï¬en Werkes willen, Lebt’ er im allerstillsten Stillen.
Der zarteste gelehrter Mâ°nner,
Er sieht aus wie ein Kohlenbrenner, Geschwâ°rzt vom Ohre bis zur Nasen,
Die Augen rot vom Feuerblasen,
So lechzt er jedem Augenblick;
Geklirr der Zange gibt Musik.
MEPHISTOPHELES:
Sollt’ er den Zutritt mir verneinen? Ich bin der Mann, das Gl¸ck ihm zu beschleunen. Kaum hab’ ich Posto hier gefaï¬t,
Regt sich dort hinten, mir bekannt, ein Gast. Doch diesmal ist er von den Neusten,
Er wird sich grenzenlos erdreusten.
BACCALAUREUS:
Tor und T¸re find’ ich offen!
Nun, da lâ°ï¬t sich endlich hoffen, Daï¬ nicht, wie bisher, im Moder
Der Lebendige wie ein Toter
Sich verk¸mmere, sich verderbe
Und am Leben selber sterbe.
Diese Mauern, diese Wâ°nde
Neigen, senken sich zum Ende,
Und wenn wir nicht bald entweichen, Wird uns Fall und Sturz erreichen.
Bin verwegen, wie nicht einer,
Aber weiter bringt mich keiner.
Doch was soll ich heut erfahren!
War’s nicht hier, vor so viel Jahren, Wo ich, â°ngstlich und beklommen,
War als guter Fuchs gekommen?
Wo ich diesen Bâ°rtigen traute,
Mich an ihrem Schnack erbaute?
Aus den alten B¸cherkrusten
Logen sie mir, was sie wuï¬ten,
Was sie wuï¬ten, selbst nicht glaubten, Sich und mir das Leben raubten.
Wie?–Dort hinten in der Zelle
Sitzt noch einer dunkel-helle!
Nahend seh’ ich’s mit Erstaunen,
Sitzt er noch im Pelz, dem braunen, Wahrlich, wie ich ihn verlieï¬,
Noch geh¸llt im rauhen Vlies!
Damals schien er zwar gewandt,
Als ich ihn noch nicht verstand.
Heute wird es nichts verfangen,
Frisch an ihn herangegangen!
Wenn, alter Herr, nicht Lethes tr¸be Fluten Das schiefgesenkte, kahle Haupt durchschwommen, Seht anerkennend hier den Sch¸ler kommen, Entwachsen akademischen Ruten.
Ich find’ Euch noch, wie ich Euch sah; Ein anderer bin ich wieder da.
MEPHISTOPHELES:
Mich freut, daï¬ ich Euch hergelâ°utet. Ich schâ°tzt’ Euch damals nicht gering; Die Raupe schon, die Chrysalide deutet
Den k¸nftigen bunten Schmetterling. Am Lockenkopf und Spitzenkragen
Empfandet Ihr ein kindliches Behagen.– Ihr trugt wohl niemals einen Zopf?–
Heut schau’ ich Euch im Schwedenkopf. Ganz resolut und wacker seht Ihr aus;
Kommt nur nicht absolut nach Haus.
BACCALAUREUS:
Mein alter Herr! Wir sind am alten Orte; Bedenkt jedoch erneuter Zeiten Lauf
Und sparet doppelsinnige Worte;
Wir passen nun ganz anders auf.
Ihr hâ°nseltet den guten treuen Jungen; Das ist Euch ohne Kunst gelungen,
Was heutzutage niemand wagt.
MEPHISTOPHELES:
Wenn man der Jugend reine Wahrheit sagt, Die gelben Schnâ°beln keineswegs behagt, Sie aber hinterdrein nach Jahren
Das alles derb an eigner Haut erfahren, Dann d¸nkeln sie, es kâ°m’ aus eignem Schopf; Da heiï¬t es denn: der Meister war ein Tropf.
BACCALAUREUS:
Ein Schelm vielleicht!–denn welcher Lehrer spricht Die Wahrheit uns direkt ins Angesicht?
Ein jeder weiï¬ zu mehren wie zu mindern, Bald ernst, bald heiter klug zu frommen Kindern.
MEPHISTOPHELES:
Zum Lernen gibt es freilich eine Zeit; Zum Lehren seid Ihr, merk’ ich, selbst bereit. Seit manchen Monden, einigen Sonnen
Erfahrungsf¸lle habt Ihr wohl gewonnen.
BACCALAUREUS:
Erfahrungswesen! Schaum und Dust!
Und mit dem Geist nicht ebenb¸rtig. Gesteht! was man von je gewuï¬t,
Es ist durchaus nicht wissensw¸rdig.
MEPHISTOPHELES:
Mich deucht es lâ°ngst. Ich war ein Tor, Nun komm’ ich mir recht schal und albern vor.
BACC:
Das freut mich sehr! Da hËr’ ich doch Verstand; Der erste Greis, den ich vern¸nftig fand!
MEPHISTOPHELES:
Ich suchte nach verborgen-goldnem Schatze, Und schauerliche Kohlen trug ich fort.
BACCALAUREUS:
Gesteht nur, Euer Schâ°del, Eure Glatze Ist nicht mehr wert als jene hohlen dort?
MEPHISTOPHELES:
Du weiï¬t wohl nicht, mein Freund, wie grob du bist?
BACCALAUREUS:
Im Deutschen l¸gt man, wenn man hËflich ist.
MEPHISTOPHELES:
Hier oben wird mir Licht und Luft benommen; Ich finde wohl bei euch ein Unterkommen?
BACCALAUREUS:
Anmaï¬lich find’ ich, daï¬ zur schlechtsten Frist Man etwas sein will, wo man nichts mehr ist. Des Menschen Leben lebt im Blut, und wo
Bewegt das Blut sich wie im J¸ngling so? Das ist lebendig Blut in frischer Kraft, Das neues Leben sich aus Leben schafft.
Da regt sich alles, da wird was getan, Das Schwache fâ°llt, das T¸chtige tritt heran. Indessen wir die halbe Welt gewonnen,
Was habt Ihr denn getan? genickt, gesonnen, Getrâ°umt, erwogen, Plan und immer Plan. Gewiï¬! das Alter ist ein kaltes Fieber Im Frost von grillenhafter Not.
Hat einer dreiï¬ig Jahr vor¸ber,
So ist er schon so gut wie tot.
Am besten wâ°r’s, euch zeitig totzuschlagen.
MEPHISTOPHELES:
Der Teufel hat hier weiter nichts zu sagen.
BACC:
Wenn ich nicht will, so darf kein Teufel sein.
MEPHISTOPHELES:
Der Teufel stellt dir nâ°chstens doch ein Bein.
BACCALAUREUS:
Dies ist der Jugend edelster Beruf! Die Welt, sie war nicht, eh’ ich sie erschuf; Die Sonne f¸hrt’ ich aus dem Meer herauf; Mit mir begann der Mond des Wechsels Lauf; Da schm¸ckte sich der Tag auf meinen Wegen, Die Erde gr¸nte, bl¸hte mir entgegen.
Auf meinen Wink, in jener ersten Nacht, Entfaltete sich aller Sterne Pracht.
Wer, auï¬er mir, entband euch aller Schranken Philisterhaft einklemmender Gedanken?
Ich aber frei, wie mir’s im Geiste spricht, Verfolge froh mein innerliches Licht,
Und wandle rasch, im eigensten Entz¸cken, Das Helle vor mir, Finsternis im R¸cken.
MEPHISTOPHELES:
Original, fahr hin in deiner Pracht!– Wie w¸rde dich die Einsicht krâ°nken:
Wer kann was Dummes, wer was Kluges denken, Das nicht die Vorwelt schon gedacht?–
Doch sind wir auch mit diesem nicht gefâ°hrdet, In wenig Jahren wird es anders sein:
Wenn sich der Most auch ganz absurd gebâ°rdet, Es gibt zuletzt doch noch e’ Wein.
[Ihr bleibt bei meinem Worte kalt,
[Euch guten Kindern laï¬ ich’s gehen; Bedenkt: der Teufel, der ist alt,
So werdet alt, ihn zu verstehen!
Laboratorium
WAGNER:
Die Glocke tËnt, die f¸rchterliche, Durchschauert die beruï¬ten Mauern.
Nicht lâ°nger kann das Ungewisse
Der ernstesten Erwartung dauern.
Schon hellen sich die Finsternisse; Schon in der innersten Phiole
Ergl¸ht es wie lebendige Kohle,
Ja wie der herrlichste Karfunkel,
Verstrahlend Blitze durch das Dunkel. Ein helles weiï¬es Licht erscheint!
O daï¬ ich’s diesmal nicht verliere!– Ach Gott! was rasselt an der T¸re?
MEPHISTOPHELES:
Willkommen! es ist gut gemeint.
WAGNER:
Willkommen zu dem Stern der Stunde! Doch haltet Wort und Atem fest im Munde, Ein herrlich Werk ist gleich zustand gebracht.
MEPHISTOPHELES:
Was gibt es denn? +
WAGNER:
Es wird ein Mensch gemacht.
MEPHISTOPHELES:
Ein Mensch? Und welch verliebtes Paar Habt ihr ins Rauchloch eingeschlossen?
WAGNER:
Beh¸te Gott! wie sonst das Zeugen Mode war, Erklâ°ren wir f¸r eitel Possen.
Der zarte Punkt, aus dem das Leben sprang, Die holde Kraft, die aus dem Innern drang Und nahm und gab, bestimmt sich selbst zu zeichnen, Erst Nâ°chstes, dann sich Fremdes anzueignen, Die ist von ihrer W¸rde nun entsetzt;
Wenn sich das Tier noch weiter dran ergetzt, So muï¬ der Mensch mit seinen groï¬en Gaben Doch k¸nftig hËhern, hËhern Ursprung haben. Es leuchtet! seht!–Nun lâ°ï¬t sich wirklich hoffen, Daï¬, wenn wir aus viel hundert Stoffen Durch Mischung–denn auf Mischung kommt es an– Den Menschenstoff gemâ°chlich komponieren, In einen Kolben verlutieren
Und ihn gehËrig kohobieren,
So ist das Werk im stillen abgetan. Es wird! die Masse regt sich klarer!
Die ¸berzeugung wahrer, wahrer:
Was man an der Natur Geheimnisvolles pries, Das wagen wir verstâ°ndig zu probieren, Und was sie sonst organisieren lieï¬,
Das lassen wir kristallisieren.
MEPHISTOPHELES:
Wer lange lebt, hat viel erfahren,
[Nichts Neues kann f¸r ihn auf dieser Welt geschehn. Ich habe schon in meinen Wanderjahren
Kristallisiertes Menschenvolk gesehn.
WAGNER:
Es steigt, es blitzt, es hâ°uft sich an, Im Augenblick ist es getan.
Ein groï¬er Vorsatz scheint im Anfang toll; Doch wollen wir des Zufalls k¸nftig lachen, Und so ein Hirn, das trefflich denken soll, Wird k¸nftig auch ein Denker machen.
Das Glas erklingt von lieblicher Gewalt, Es tr¸bt, es klâ°rt sich; also muï¬ es werden! Ich seh’ in zierlicher Gestalt
Ein artig Mâ°nnlein sich gebâ°rden. Was wollen wir, was will die Welt nun mehr? Denn das Geheimnis liegt am Tage.
Gebt diesem Laute nur GehËr,
Er wird zur Stimme, wird zur Sprache.
HOMUNCULUS:
Nun Vâ°terchen! wie steht’s? es war kein Scherz. Komm, dr¸cke mich recht zâ°rtlich an dein Herz! Doch nicht zu fest, damit das Glas nicht springe. Das ist die Eigenschaft der Dinge:
Nat¸rlichem gen¸gt das Weltall kaum, Was k¸nstlich ist, verlangt geschloï¬nen Raum. Du aber, Schalk, Herr Vetter, bist du hier Im rechten Augenblick? ich danke dir.
Ein gut Geschick f¸hrt dich zu uns herein; Dieweil ich bin, muï¬ ich auch tâ°tig sein. Ich mËchte mich sogleich zur Arbeit sch¸rzen. Du bist gewandt, die Wege mir zu k¸rzen.
WAGNER:
Nur noch ein Wort! Bisher muï¬t’ ich mich schâ°men, Denn alt und jung best¸rmt mich mit Problemen. Zum Beispiel nur: noch niemand konnt’ es fassen, Wie Seel’ und Leib so schËn zusammenpassen, So fest sich halten, als um nie zu scheiden, Und doch den Tag sich immerfort verleiden. Sodann–+
MEPHISTOPHELES:
Halt ein! ich wollte lieber fragen: Warum sich Mann und Frau so schlecht vertragen? Du kommst, mein Freund, hier¸ber nie ins reine. Hier gibt’s zu tun, das eben will der Kleine.
HOMUNCULUS:
Was gibt’s zu tun? +
MEPHISTOPHELES:
Hier zeige deine Gabe!
WAGNER:
F¸rwahr, du bist ein allerliebster Knabe!
HOMUNCULUS:
Bedeutend!–+
SchËn umgeben!–Klar Gewâ°sser
Im dichten Haine! Fraun, die sich entkleiden, Die allerliebsten!–Das wird immer besser. Doch eine lâ°ï¬t sich glâ°nzend unterscheiden, Aus hËchstem Helden-, wohl aus GËtterstamme. Sie setzt den Fuï¬ in das durchsichtige Helle; Des edlen KËrpers holde Lebensflamme
K¸hlt sich im schmiegsamen Kristall der Welle.– Doch welch GetËse rasch bewegter Fl¸gel, Welch Sausen, Plâ°tschern w¸hlt im glatten Spiegel? Die Mâ°dchen fliehn versch¸chtert; doch allein Die KËnigin, sie blickt gelassen drein
Und sieht mit stolzem weiblichem Vergn¸gen Der Schwâ°ne F¸rsten ihrem Knie sich schmiegen, Zudringlich-zahm. Er scheint sich zu gewËhnen.– Auf einmal aber steigt ein Dunst empor
Und deckt mit dichtgewebtem Flor
Die lieblichste von allen Szenen.
MEPHISTOPHELES:
Was du nicht alles zu erzâ°hlen hast! So klein du bist, so groï¬ bist du Phantast. Ich sehe nichts–+
HOMUNCULUS:
Das glaub’ ich. Du aus Norden,
Im Nebelalter jung geworden,
Im Wust von Rittertum und Pfâ°fferei, Wo wâ°re da dein Auge frei!
Im D¸stern bist du nur zu Hause.
Verbrâ°unt Gestein, bemodert, widrig, SpitzbËgig, schnËrkelhaftest, niedrig!– Erwacht uns dieser, gibt es neue Not,
Er bleibt gleich auf der Stelle tot. Waldquellen, Schwâ°ne, nackte SchËnen, Das war sein ahnungsvoller Traum;
Wie wollt’ er sich hierher gewËhnen! Ich, der Bequemste, duld’ es kaum.
Nun fort mit ihm! +
MEPHISTOPHELES:
Der Ausweg soll mich freuen.
HOMUNCULUS:
Befiehl den Krieger in die Schlacht, Das Mâ°dchen f¸hre du zum Reihen,
So ist gleich alles abgemacht.
Jetzt eben, wie ich schnell bedacht, Ist klassische Walpurgisnacht;
Das Beste, was begegnen kËnnte.
Bringt ihn zu seinem Elemente!
MEPHISTOPHELES:
Dergleichen hab’ ich nie vernommen.
HOMUNCULUS:
Wie wollt’ es auch zu euren Ohren kommen? Romantische Gespenster kennt ihr nur allein; Ein echt Gespenst, auch klassisch hat’s zu sein.
MEPHISTOPHELES:
Wohin denn aber soll die Fahrt sich regen? Mich widern schon antikische Kollegen.
HOMUNCULUS:
Nordwestlich, Satan, ist dein Lustrevier, S¸dËstlich diesmal aber segeln wir–
An groï¬er Flâ°che flieï¬t Peneios frei, Umbuscht, umbaumt, in still–und feuchten Buchten; Die Ebne dehnt sich zu der Berge Schluchten, Und oben liegt Pharsalus, alt und neu.
MEPHISTOPHELES:
O weh! hinweg! und laï¬t mir jene Streite Von Tyrannei und Sklaverei beiseite.
Mich langeweilt’s; denn kaum ist’s abgetan, So fangen sie von vorne wieder an;
Und keiner merkt: er ist doch nur geneckt Vom Asmodeus, der dahinter steckt.
Sie streiten sich, so heiï¬t’s, um Freiheitsrechte; Genau besehn, sind’s Knechte gegen Knechte.
HOMUNCULUS:
Den Menschen laï¬ ihr widerspenstig Wesen, Ein jeder muï¬ sich wehren, wie er kann, Vom Knaben auf, so wird’s zuletzt ein Mann. Hier fragt sich’s nur, wie dieser kann genesen. Hast du ein Mittel, so erprob’ es hier,
Vermagst du’s nicht, so ¸berlaï¬ es mir.
MEPHISTOPHELES:
Manch Brockenst¸ckchen wâ°re durchzuproben, Doch Heidenriegel find’ ich vorgeschoben. Das Griechenvolk, es taugte nie recht viel! Doch blendet’s euch mit freiem Sinnenspiel, Verlockt des Menschen Brust zu heitern S¸nden; Die unsern wird man immer d¸ster finden. Und nun, was soll’s? +
HOMUNCULUS:
Du bist ja sonst nicht blËde;
Und wenn ich von thessalischen Hexen rede, So denk’ ich, hab’ ich was gesagt.
MEPHISTOPHELES:
Thessalische Hexen! Wohl! das sind Personen, Nach denen hab’ ich lang’ gefragt.
Mit ihnen Nacht f¸r Nacht zu wohnen, Ich glaube nicht, daï¬ es behagt;
Doch zum Besuch, Versuch–+
HOMUNCULUS:
Den Mantel her,
Und um den Ritter umgeschlagen!
Der Lappen wird euch, wie bisher,
Den einen mit dem andern tragen;
Ich leuchte vor. +
WAGNER:
Und ich? +
HOMUNCULUS:
Eh nun,
Du bleibst zu Hause, Wichtigstes zu tun. Entfalte du die alten Pergamente,
Nach Vorschrift sammle Lebenselemente Und f¸ge sie mit Vorsicht eins ans andre. Das Was bedenke, mehr bedenke Wie.
Indessen ich ein St¸ckchen Welt durchwandre, Entdeck’ ich wohl das T¸pfchen auf das i. Dann ist der groï¬e Zweck erreicht;
Solch einen Lohn verdient ein solches Streben: Gold, Ehre, Ruhm, gesundes langes Leben, Und Wissenschaft und Tugend–auch vielleicht. Leb wohl! +
WAGNER:
Leb wohl! Das dr¸ckt das Herz mir nieder. Ich f¸rchte schon, ich seh’ dich niemals wieder.
MEPHISTOPHELES:
Nun zum Peneios frisch hinab!
Herr Vetter ist nicht zu verachten. Am Ende hâ°ngen wir doch ab
Von Kreaturen, die wir machten.
Klassische Walpurgisnacht. Pharsalische Felder
ERICHTHO:
Zum Schauderfeste dieser Nacht, wie Ëfter schon, Tret’ ich einher, Erichtho, ich, die d¸stere; Nicht so abscheulich, wie die leidigen Dichter mich Im ¸bermaï¬ verlâ°stern… Endigen sie doch nie In Lob und Tadel… ¸berbleicht erscheint mir schon Von grauer Zelten Woge weit das Tal dahin, Als Nachgesicht der sorg- und grauenvollsten Nacht. Wie oft schon wiederholt’ sich’s! wird sich immerfort Ins Ewige wiederholen… Keiner gËnnt das Reich Dem andern; dem gËnnt’s keiner, der’s mit Kraft erwarb Und krâ°ftig herrscht. Denn jeder, der sein innres Selbst Nicht zu regieren weiï¬, regierte gar zu gern Des Nachbars Willen, eignem stolzem Sinn gemâ°ï¬… Hier aber ward ein groï¬es Beispiel durchgekâ°mpft: Wie sich Gewalt Gewaltigerem entgegenstellt, Der Freiheit holder, tausendblumiger Kranz zerreiï¬t, Der starre Lorbeer sich ums Haupt des Herrschers biegt. Hier trâ°umte Magnus fr¸her GrËï¬e Bl¸tentag, Dem schwanken Z¸nglein lauschend wachte Câ°sar dort! Das wird sich messen. Weiï¬ die Welt doch, wem’s gelang. Wachfeuer gl¸hen, rote Flammen spendende, Der Boden haucht vergoï¬nen Blutes Widerschein, Und angelockt von seltnem Wunderglanz der Nacht, Versammelt sich hellenischer Sage Legion. Um alle Feuer schwankt unsicher oder sitzt Behaglich alter Tage fabelhaft Gebild… Der Mond, zwar unvollkommen, aber leuchtend hell, Erhebt sich, milden Glanz verbreitend ¸berall; Der Zelten Trug verschwindet, Feuer brennen blau. Doch ¸ber mir! welch unerwartet Meteor? Es leuchtet und beleuchtet kËrperlichen Ball. Ich wittre Leben. Da geziemen will mir’s nicht, Lebendigem zu nahen, dem ich schâ°dlich bin; Das bringt mir bËsen Ruf und frommt mir nicht. Schon sinkt es nieder. Weich’ ich aus mit Wohlbedacht!
HOMUNCULUS:
Schwebe noch einmal die Runde
¸ber Flamm- und Schaudergrauen;
Ist es doch in Tal und Grunde
Gar gespenstisch anzuschauen.
MEPHISTOPHELES:
Seh’ ich, wie durchs alte Fenster
In des Nordens Wust und Graus,
Ganz abscheuliche Gespenster,
Bin ich hier wie dort zu Haus.
HOMUNCULUS:
Sieh! da schreitet eine Lange
Weiten Schrittes vor uns hin.
MEPHISTOPHELES:
Ist es doch, als wâ°r’ ihr bange;
Sah uns durch die L¸fte ziehn.
HOMUNCULUS:
Laï¬ sie schreiten! setz ihn nieder, Deinen Ritter, und sogleich
Kehret ihm das Leben wieder,
Denn er sucht’s im Fabelreich.
FAUST:
Wo ist sie?–+
HOMUNCULUS:
W¸ï¬ten’s nicht zu sagen,
Doch hier wahrscheinlich zu erfragen. In Eile magst du, eh’ es tagt,
Von Flamm’ zu Flamme sp¸rend gehen: Wer zu den M¸ttern sich gewagt,
Hat weiter nichts zu ¸berstehen.
MEPHISTOPHELES:
Auch ich bin hier an meinem Teil;
Doch w¸ï¬t’ ich Besseres nicht zu unserm Heil, Als: jeder mËge durch die Feuer
Versuchen sich sein eigen Abenteuer. Dann, um uns wieder zu vereinen,
Laï¬ deine Leuchte, Kleiner, tËnend scheinen.
HOMUNCULUS:
So soll es blitzen, soll es klingen. Nun frisch zu neuen Wunderdingen!
FAUST:
Wo ist sie?–Frage jetzt nicht weiter nach… Wâ°r’s nicht die Scholle, die sie trug, Die Welle nicht, die ihr entgegenschlug, So ist’s die Luft, die ihre Sprache sprach. Hier! durch ein Wunder, hier in Griechenland! Ich f¸hlte gleich den Boden, wo ich stand; Wie mich, den Schlâ°fer, frisch ein Geist durchgl¸hte, So steh’ ich, ein Antâ°us an Gem¸te.
Und find’ ich hier das Seltsamste beisammen, Durchforsch’ ich ernst dies Labyrinth der Flammen.
Am oberen Peneios
MEPHISTOPHELES:
Und wie ich diese Feuerchen durchschweife, So find’ ich mich doch ganz und gar entfremdet, Fast alles nackt, nur hie und da behemdet: Die Sphinxe schamlos, unverschâ°mt die Greife, Und was nicht alles, lockig und befl¸gelt, Von vorn und hinten sich im Auge spiegelt… Zwar sind auch wir von Herzen unanstâ°ndig, Doch das Antike find’ ich zu lebendig;
Das m¸ï¬te man mit neustem Sinn bemeistern Und mannigfaltig modisch ¸berkleistern… Ein widrig Volk! Doch darf mich’s nicht verdrieï¬en, Als neuer Gast anstâ°ndig sie zu gr¸ï¬en… Gl¸chzu den schËnen Fraun, den klugen Greisen!
GREIF:
Nicht Greisen! Greifen!–Niemand hËrt es gern, Daï¬ man ihn Greis nennt. Jedem Worte klingt Der Ursprung nach, wo es sich her bedingt: Grau, grâ°mlich, griesgram, greulich, Grâ°ber, grimmig, Etymologisch gleicherweise stimmig, +
Verstimmen uns.
MEPHISTOPHELES:
Und doch, nicht abzuschweifen,
Gefâ°allt das Grei im Ehrentitel Greifen.
GREIF:
Nat¸rlich! Die Verwandtschaft ist erprobt, Zwar oft gescholten, mehr jedoch gelobt; Man greife nun nach Mâ°dchen, Kronen, Gold, Dem Greifenden ist meist Fortuna hold.
AMEISEN:
Ihr sprecht von Gold, wir hatten viel gesammelt, In Fels- und HËhlen heimlich eingerammelt; Das Arimaspen-Volk hat’s ausgesp¸rt,
Sie lachen dort, wie weit sie’s weggef¸hrt.
GREIFE:
Wir wollen sie schon zum Gestâ°ndnis bringen.
ARIMASPEN:
Nur nicht zur freien Jubelnacht.
Bis morgen ist’s alles durchgebracht, Es wird uns diesmal wohl gelingen.
MEPHISTOPHELES:
Wie leicht und gern ich mich hierher gewËhne, Denn ich verstehe Mann f¸r Mann.
SPHINX:
Wir hauchen unsre GeistertËne,
Und ihr verkËrpert sie alsdann.
Jetzt nenne dich, bis wir dich weiter kennen.
MEPHISTOPHELES:
Mit vielen Namen glaubt man mich zu nennen– Sind Briten hier? Sie reisen sonst so viel, Schlachtfeldern nachzusp¸ren, Wasserfâ°llen, Gest¸rzten Mauern, klassisch dumpfen Stellen; Das wâ°re hier f¸r sie ein w¸rdig Ziel. Sie zeugten auch: Im alten B¸hnenspiel
Sah man mich dort als old Iniquity.
SPINX:
Wie kam man drauf? +
MEPHISTOPHELES:
Ich weiï¬ es selbst nicht wie.
SPINX:
Mag sein! Hast du von Sternen einige Kunde? Was sagst du zu der gegenwâ°rt’gen Stunde?
MEPHISTOPHELES:
Stern schieï¬t nach Stern, beschnittner Mond scheint helle, Und mir ist wohl an dieser trauten Stelle, Ich wâ°rme mich an deinem LËwenfelle.
Hinauf sich zu versteigen, wâ°r’ zum Schaden; Gib Râ°tsel auf, gib allenfalls Scharaden.
SPINX:
Sprich nur dich selbst aus, wird schon Râ°tsel sein. Versuch einmal, dich innigst aufzulËsen: “Dem frommen Manne nËtig wie dem bËsen, Dem ein Plastron, aszetisch zu rapieren, Kumpan dem andern, Tolles zu vollf¸hren, Und beides nur, um Zeus zu am¸sieren.”
ERSTER GREIF:
Den mag ich nicht! +
ZWEITER GREIF:
Was will uns der?
BEIDE:
Der Garstige gehËret nicht hierher!
MEPHISTOPHELES:
Du glaubst vielleicht, des Gastes Nâ°gel krauen Nicht auch so gut wie deine scharfen Klauen? Versuch’s einmal! +
SPINX:
Du magst nur immer bleiben,
Wird dich’s doch selbst aus unsrer Mitte treiben; In deinem Lande tust dir was zugute,
Doch, irr’ ich nicht, hier ist dir schlecht zumute.
MEPHISTOPHELES:
Du bist recht appetitlich oben anzuschauen, Doch unten hin die Bestie macht mir Grauen.
SPINX:
Du Falscher kommst zu deiner bittern Buï¬e, Denn unsre Tatzen sind gesund;
Dir mit verschrumpftem Pferdefuï¬e Behagt es nicht in unserem Bund.
MEPHISTOPHELES:
Wer sind die VËgel, in den â°sten Des Pappelstromes hingewiegt?
SPINX:
Gewahrt euch nur! Die Allerbesten
Hat solch ein Singsang schon besiegt.
SIRENEN:
Ach was wollt ihr euch verwËhnen
In dem Hâ°ï¬lich-Wunderbaren!
Horcht, wir kommen hier zu Scharen
Und in wohlgestimmten TËnen;
So geziemet es Sirenen.
SPINXE:
NËtigt sie, herabzusteigen!
Sie verbergen in den Zweigen
Ihre garstigen Habichtskrallen,
Euch verderblich anzufallen,
Wenn ihr euer Ohr verleiht.
SIRENEN:
Weg das Hassen! weg das Neiden!
Sammeln wir die klarsten Freuden,
Unterm Himmel ausgestreut!
Auf dem Wasser, auf der Erde
Sei’s die heiterste Gebâ°rde,
Die man dem Willkommnen beut.
MEPHISTOPHELES:
Das sind die saubern Neuigkeiten,
Wo aus der Kehle, von den Saiten
Ein Ton sich um den andern flicht.
Das Trallern ist bei mir verloren:
Es krabbelt wohl mir um die Ohren,
Allein zum Herzen dringt es nicht.
SPINXE:
Sprich nicht vom Herzen! das ist eitel; Ein lederner verschrumpfter Beutel,
Das paï¬t dir eher zu Gesicht.
FAUST:
Wie wunderbar! das Anschaun tut mir Gn¸ge, Im Widerwâ°rtigen groï¬e, t¸chtige Z¸ge. Ich ahne schon ein g¸nstiges Geschick;
Wohin versetzt mich dieser ernste Blick? Vor solchen hat einst Ëdipus gestanden; Vor solchen kr¸mmte sich Ulyï¬ in hâ°nfnen Banden; Von solchen ward der hËchste Schatz gespart, Von diesen treu und ohne Fehl bewahrt.
Vom frischen Geiste f¸hl’ ich mich durchdrungen; Gestalten groï¬, groï¬ die Erinnerungen.
MEPHISTOPHELES:
Sonst hâ°ttest du dergleichen weggeflucht, Doch jetzo scheint es dir zu frommen;
Denn wo man die Geliebte sucht,
Sind Ungeheuer selbst willkommen.
FAUST:
Ihr Frauenbilder m¸ï¬t mir Rede stehn: Hat eins der Euren Helena gesehn?
SPHINXE:
Wir reichen nicht hinauf zu ihren Tagen, Die letztesten hat Herkules erschlagen.
Von Chiron kËnntest du’s erfragen; Der sprengt herum in dieser Geisternacht; Wenn er dir steht, so hast du’s weit gebracht.
SIRENEN:
Sollte dir’s doch auch nicht fehlen!… Wie Ulyï¬ bei uns verweilte,
Schmâ°hend nicht vor¸bereilte,
Wuï¬t’ er vieles zu erzâ°hlen;
W¸rden alles dir vertrauen,
Wolltest du zu unsern Gauen
Dich ans gr¸ne Meer verf¸gen.
SPHINX:
Laï¬ dich, Elder, nicht betr¸gen. Statt daï¬ Ulyï¬ sich binden lieï¬,
Laï¬ unsern guten Rat dich binden; Kannst du den hohen Chiron finden,
Erfâ°hrst du, was ich dir verhieï¬.
MEPHISTOPHELES:
Was krâ°chzt vorbei mit Fl¸gelschlag? So schnell, daï¬ man’s nicht sehen mag, Und immer eins dem andern nach,
Den Jâ°ger w¸rden sie erm¸den.
SPHINX:
Dem Sturm des Winterwinds vergleichbar, Alcides’ Pfeilen kaum erreichbar;
Es sind die raschen Stymphaliden,
Und wohlgemeint ihr Krâ°chzegruï¬, Mit Geierschnabel und Gâ°nsefuï¬.
Sie mËchten gern in unsern Kreisen Als Stammverwandte sich erweisen.
MEPHISTOPHELES:
Noch andres Zeug zischt zwischen drein.
SPHINX:
Vor diesen sei Euch ja nicht bange! Es sind die KËpfe der lernâ°ischen Schlange, Vom Rumpf getrennt, und glauben was zu sein. Doch sagt, was soll nur aus Euch werden? Was f¸r unruhige Gebâ°rden?
Wo wollt Ihr hin? Begebt Euch fort!… Ich sehe, jener Chorus dort
Macht Euch zum Wendehals. Bezwingt Euch nicht, Geht hin! begr¸ï¬t manch reizendes Gesicht! Die Lamien sind’s, lustfeine Dirnen,
Mit Lâ°chelmund und frechen Stirnen, Wie sie dem Satyrvolk behagen;
Ein Bocksfuï¬ darf dort alles wagen.
MEPHISTOPHELES:
Ihr bleibt doch hier? daï¬ ich euch wiederfinde.
SPHINXE:
Ja! Mische dich zum luftigen Gesinde. Wir, von â°gypten her, sind lâ°ngst gewohnt, Daï¬ unsereins in tausend Jahre thront. Und respektiert nur unsre Lage,
So regeln wir die Mond- und Sonnentage. Sitzen vor den Pyramiden,
Zu der VËlker Hochgericht;
¸berschwemmung, Krieg und Frieden– Und verziehen kein Gesicht.
Am untern Peneios
PENEIOS:
Rege dich, du Schilfgefl¸ster!
Hauche leise, Rohregeschwister,
Sâ°uselt, leichte Weidenstrâ°uche, Lispelt, Pappelzitterzweige,
Unterbrochnen Trâ°umen zu!…
Weckt mich doch ein grauslich Wittern, Heimlich allbewegend Zittern
Aus dem Wallestrom und Ruh’.
FAUST:
HËr’ ich recht, so muï¬ ich glauben: Hinter den verschrâ°nkten Lauben
Dieser Zweige, dieser Stauden
TËnt ein menschenâ°hnlichs Lauten. Scheint die Welle doch ein Schwâ°tzen,
L¸ftein wie–ein Scherzergetzen.
NYMPHEN:
Am besten geschâ°h’ dir,
Du legtest dich nieder,
Erholtest im K¸hlen
Erm¸dete Glieder,
GenËssest der immer
Dich meidenden Ruh;
Wir sâ°useln, wir rieseln,
Wir fl¸stern dir zu.
FAUST:
Ich wache ja! O laï¬t sie walten,
Die unvergleichlichen Gestalten,
Wie sie dorthin mein Auge schickt.
So wunderbar bin ich durchdrungen!
Sind’d Trâ°ume? Sind’s Erinnerungen? Schon einmal warst du so begl¸ckt.
Gewâ°sser schleichen durch die Frische Der dichten, sanft bewegten B¸sche,
Nicht rauschen sie, sie rieseln kaum; Von allen Seiten hundert Quellen
Vereinen sich im reinlich hellen,
Zum Bade flach vertieften Raum.
Gesunde junge Frauenglieder,
Vom feuchten Spiegel doppelt wieder Ergetztem Auge zugebracht!
Gesellig dann und frËhlich badend, Erdreistet schwimmend, furchtsam watend; Geschrei zuletzt und Wasserschlacht.
Begn¸gen sollt’ ich mich an diesen, Mein Auge sollte hier genieï¬en,
Doch immer weiter strebt mein Sinn. Der Blick dringt scharf nach jener H¸lle, Das reiche Laub der gr¸nen F¸lle
Verbirgt die hohe KËnigin.
Wundersam! auch Schwâ°ne kommen
Aus den Buchten hergeschwommen,
Majestâ°tisch rein bewegt.
Ruhig schwebend, zart gesellig,
Aber stolz und selbstgefâ°llig,
Wie sich Haupt und Schnabel regt… Einer aber scheint vor allen
Br¸stend k¸hn sich zu gefallen,
Segelnd rasch durch alle fort;
Sein Gefieder blâ°ht sich schwellend, Welle selbst, auf Wogen wellend,
Dringt er zu dem heiligen Ort….
Die andern schwimmen hin und wider
Mit ruhig glâ°nzendem Gefieder,
Bald auch in regem prâ°chtigen Streit, Die scheuen Mâ°dchen abzulenken,
Daï¬ sie an ihren Dienst nicht denken, Nur an die eigne Sicherheit.
NYMPHEN:
Leget, Schwestern, euer Ohr
An des Ufers gr¸ne Stufe;
HËr’ ich recht, so kommt mir’s vor Als der Schall von Pferdes Hufe.
W¸ï¬t’ ich nur, wer dieser Nacht
Schnelle Botschaft zugebracht.
FAUST:
Ist mir doch, als drËhnt’ die Erde, Schallend unter eiligem Pferde.
Dorthin mein Blick!
Ein g¸nstiges Geschick,
Soll es mich schon erreichen?
O Wunder ohnegleichen!
Ein Reuter kommt herangetrabt,
Er scheint von Geist und Mut begabt, Von blendend-weiï¬em Pferd getragen…
Ich irre nicht, ich kenn’ ihn schon, Der Philyra ber¸hmter Sohn!–
Halt, Chiron! halt! Ich habe dir zu sagen…
CHIRON:
Was gibt’s? Was ist’s? +
FAUST:
Bezâ°hme deinen Schritt!
CHIRON:
Ich raste nicht. +
FAUST:
So bitte! nimm mich mit!
CHIRON:
Sitz auf! so kann ich nach Belieben fragen: Wohin des Wegs? Du stehst am Ufer hier,
Ich bin bereit, dich durch den Fluï¬ zu tragen.
FAUST:
Wohin du willst. F¸r ewig dank’ ich’s dir… Der groï¬e Mann, der edle Pâ°dagog,
Der, sich zum Ruhm, ein Heldenvolk erzog, Den schËnen Kreis der edlen Argonauten
Und alle, die des Dichters Welt erbauten.
CHIRON:
Das lassen wir an seinem Ort!
Selbst Pallas kommt als Mentor nicht zu Ehren; Am Ende treiben sie’s nach ihrer Weise fort, Als wenn sie nicht erzogen wâ°ren.
FAUST:
Den Arzt, der jede Pflanze nennt,
Die Wurzeln bis ins tiefste kennt,
Dem Kranken Heil, dem Wunden Linderung schafft, Umarm’ ich hier in Geist- und KËrperkraft!
CHIRON:
Ward neben mir ein Held verletzt,
Da wuï¬t’ ich H¸lf’ und Rat zu schaffen; Doch lieï¬ ich meine Kunst zuletzt
Den Wurzelweibern und den Pfaffen.
FAUST:
Du bist der wahre groï¬e Mann,
Der Lobeswort nicht hËren kann.
Er sucht bescheiden auszuweichen
Und tut, als gâ°b’ es seinesgleichen.
CHIRON:
Du scheinest mir geschickt zu heucheln, Dem F¸rsten wie dem Volk zu schmeicheln.
FAUST:
So wirst du mir denn doch gestehn:
Du hast die GrËï¬ten deiner Zeit gesehn, Dem Edelsten in Taten nachgestrebt,
HalbgËttlich ernst die Tage durchgelebt. Doch unter den heroischen Gestalten
Wen hast du f¸r den T¸chtigsten gehalten?
CHIRON:
Im hehren Argonautenkreise
War jeder brav nach seiner eignen Weise, Und nach der Kraft, die ihn beseelte,
Konnt’ er gen¸gen, wo’s den andern fehlte. Die Dioskuren haben stets gesiegt,
Wo Jugendf¸ll’ und SchËnheit ¸berwiegt. Entschluï¬ und schnelle Tat zu andrer Heil, Den Boreaden ward’s zum schËnsten Teil. Nachsinnend, krâ°ftig, klug, im Rat bequem, So herrschte Jason, Frauen angenehm.
Dann Orpheus: zart und immer still bedâ°chtig, Schlug er die Leier allen ¸bermâ°chtig. Scharfsichtig Lynceus, der bei Tag und Nacht Das heil’ge Schiff durch Klipp’ und Strand gebracht… Gesellig nur lâ°ï¬t sich Gefahr erproben: Wenn einer wirkt, die andern alle loben…
FAUST:
Von Herkules willst nichts erwâ°hnen?
CHIRON:
O weh! errege nicht mein Sehnen…
Ich hatte PhËbus nie gesehn,
Noch Ares, Hermes, wie sie heiï¬en; Da sah ich mir vor Augen stehn,
Was alle Menschen gËttlich preisen. So war er ein geborner KËnig,
Als J¸ngling herrlichst anzuschaun; Dem â°ltern Bruder untertâ°nig
Und auch den allerliebsten Fraun.
Den zweiten zeugt nicht Gâ°a wieder, Nicht f¸hrt ihn Hebe himmelein;
Vergebens m¸hen sich die Lieder,
Vergebens quâ°len sie den Stein.
FAUST:
So sehr auch Bildner auf ihn pochen, So herrlich kam er nie zur Schau.
Vom schËnsten Mann hast du gesprochen, Nun sprich auch von der schËnsten Frau!
CHIRON:
Was!… FrauenschËnheit will nichts heiï¬en, Ist gar zu oft ein starres Bild;
Nur solch ein Wesen kann ich preisen, Das froh und lebenslustig quillt.
Die SchËne bleibt sich selber selig; Die Anmut macht unwiderstehlich,
Wie Helena, da ich sie trug.
FAUST:
Du trugst sie? +
CHIRON:
Ja, auf diesem R¸cken.
FAUST:
Bin ich nicht schon verwirrt genug? Und solch ein Sitz muï¬ mich begl¸cken!
CHIRON:
Sie faï¬te so mich in das Haar,
Wie du es tust. +
FAUST:
O ganz und gar
Verlier’ ich mich! Erzâ°hle, wie?
Sie ist mein einziges Begehren!
Woher, wohin, ach, trugst du sie?
CHIRON:
Die Frage lâ°ï¬t sich leicht gewâ°hren. Die Dioskuren hatten jener Zeit
Das Schwesterchen aus Râ°uberfaust befreit. Doch diese, nicht gewohnt, besiegt zu sein, Ermannten sich urd st¸rmten hintendrein. Da hielten der Geschwister eiligen Lauf
Die S¸mpfe bei Eleusis auf;
Die Br¸der wateten, ich patschte, schwamm hin¸ber; Da sprang sie ab und streichelte
Die feuchte Mâ°hne, schmeichelte
Und dankte lieblich-klug und selbstbewuï¬t. Wie war sie reizend! jung, des Alten Lust!
FAUST:
Erst zehen Jahr!… +
CHIRON:
Ich seh’, die Philologen,
Sie haben dich so wie sich selbst betrogen. Ganz eigen ist’s mit mythologischer Frau, Der Dichter bringt sie, wie er’s braucht, zur Schau: Nie wird sie m¸ndig, wird nicht alt,
Stets appetitlicher Gestalt,
Wird jung entf¸hrt, im Alter noch umfreit; Gnug, den Poeten bindet keine Zeit.
FAUST:
So sei auch sie durch keine Zeit gebunden! Hat doch Achill auf Pherâ° sie gefunden, Selbst auï¬er aller Zeit. Welch seltnes Gl¸ck: Errungen Liebe gegen das Geschick!
Und sollt’ ich nicht, sehns¸chtigster Gewalt, Ins Leben ziehn die einzigste Gestalt?
Das ewige Wesen, GËttern ebenb¸rtig, So groï¬ als zart, so hehr als liebensw¸rdig? Du sahst sie einst; heut hab’ ich sie gesehn, So schËn wie reizend, wie ersehnt so schËn. Nun ist mein Sinn, mein Wesen streng umfangen; Ich lebe nicht, kann ich sie nicht erlangen.
CHIRON:
Mein fremder Mann! als Mensch bist du entz¸ckt; Doch unter Geistern scheinst du wohl verr¸ckt. Nun trifft sich’s hier zu deinem Gl¸cke; Denn alle Jahr, nur wenig Augenblicke,
Pfleg’ ich bei Manto vorzutreten,
Der Tochter â°skulaps; im stillen Beten Fleht sie zum Vater, daï¬, zu seiner Ehre, Er endlich doch der â°rzte Sinn verklâ°re Und vom verwegnen Totschlag sie bekehre… Die liebste mir aus der Sibyllengilde,
Nicht fratzenhaft bewegt, wohltâ°tig milde; Ihr gl¸ckt es wohl, bei einigem Verweilen, Mit Wurzelkrâ°ften dich von Grund zu heilen.
FAUST:
Geheilt will ich nicht sein, mein Sinn ist mâ°chtig; Da wâ°r’ ich ja wie andre niedertrâ°chtig.
CHIRON:
Versâ°ume nicht das Heil der edlen Quelle! Geschwind herab! Wir sind zur Stelle.
FAUST:
Sag an! Wohin hast du, in grauser Nacht, Durch Kiesgewâ°sser mich ans Land gebracht?
CHIRON:
Hier trotzten Rom und Griechenland im Streite, Peneios rechts, links den Olymp zur Seite, Das grËï¬te Reich, das sich im Sand verliert; Der KËnig flieht, der B¸rger triumphiert. Blick auf! hier steht, bedeutend nah,
Im Mondenschein der ewige Tempel da.
MANTO:
Von Pferdes Hufe
Erklingt die heilige Stufe,
HalbgËtter treten heran.
CHIRON:
Ganz recht!
Nur die Augen aufgetan!
MANTO:
Willkommen! ich seh’, du bleibst nicht aus.
CHIRON:
Steht dir doch auch dein Tempelhaus!
MANTO:
Streiftst du noch immer unerm¸det?
CHIRON:
Wohnst du doch immer still umfriedet, Indes zu kreisen mich erfreut.
MANTO:
Ich harre, mich umkreist die Zeit.
Und dieser? +
CHIRON:
Die verrufene Nacht
Hat strudelnd ihn hierher gebracht. Helenen, mit verr¸ckten Sinnen,
Helenen will er sich gewinnen
Und weiï¬ nicht, wie und wo beginnen; Asklepischer Kur vor andern wert.
MANTO:
Den lieb’ ich, der UnmËgliches begehrt.
MANTO:
Tritt ein, Verwegner, sollst dich freuen! Der dunkle Gang f¸hrt zu Persephoneien. In des Olympus hohlem Fuï¬
Lauscht sie geheim verbotnem Gruï¬. Hier hab’ ich einst den Orpheus eingeschwâ°rzt; Benutz es besser! frisch! beherzt!
Am obern Peneios
SIRENEN:
St¸rzt euch in Peneios’ Flut!
Plâ°tschernd ziemt es da zu schwimmen, Lied um Lieder anzustimmen,
Dem unseligen Volk zugut.
Ohne Wasser ist kein Heil!
F¸hren wir mit hellem Heere
Eilig zum â°gâ°ischen Meere,
W¸rd’ uns jede Lust zuteil.
SIRENEN:
Schâ°umend kehrt die Welle wieder, Flieï¬t nicht mehr im Bett darnieder;
Grund erbebt, das Wasser staucht,
Kies und Ufer berstend raucht.
Fl¸chten wir! Kommt alle, kommt!
Niemand, dem das Wunder frommt.
Fort! ihr edlen frohen Gâ°ste,
Zu dem seeisch heitern Feste,
Blinkend, wo die Zitterwellen,
Ufernetzend, leise schwellen;
Da, wo Luna doppelt leuchtet,
Uns mit heil’gem Tau befeuchtet.
Dort ein freibewegtes Leben,
Hier ein â°ngstlich Erdebeben;
Eile jeder Kluge fort!
Schauderhaft ist’s um den Ort.
SEISMOS:
Einmal noch mit Kraft geschoben,
Mit den Schultern brav gehoben!
So gelangen wir nach oben,
Wo uns alles weichen muï¬.
SPHINXE:
Welch ein widerwâ°rtig Zittern,
Hâ°ï¬lich grausenhaftes Wittern!
Welch ein Schwanken, welches Beben, Schaukelnd Hin- und Widerstreben!
Welch unleidlicher Verdruï¬!
Doch wir â°ndern nicht die Stelle, Brâ°che los die ganze HËlle.
Nun erhebt sich ein GewËlbe
Wundersam. Es ist derselbe,
Jener Alte, lâ°ngst Ergraute,
Der die Insel Delos baute,
Einer Kreiï¬enden zulieb’
Aus der Wog’ empor sie trieb.
Er, mit Streben, Drâ°ngen, Dr¸cken, Arme straff, gekr¸mmt den R¸cken,
Wie ein Atlas an Gebâ°rde,
Hebt er Boden, Rasen, Erde,
Kies und Grieï¬ und Sand und Letten, Unsres Ufers stille Betten.
So zerreiï¬t er eine Strecke
Quer des Tales ruhige Decke.
Angestrengtest, nimmer m¸de,
Kolossale Karyatide,
Trâ°gt ein furchtbar Steinger¸ste, Noch im Boden bis zur B¸ste;
Weiter aber soll’s nicht kommen,
Sphinxe haben Platz genommen.
SEISMOS:
Das hab’ ich ganz allein vermittelt, Man wird mir’s endlich zugestehn;
Und hâ°tt’ ich nicht gesch¸ttelt und ger¸ttelt, Wie wâ°re diese Welt so schËn?–
Wie stâ°nden eure Berge droben
In prâ°chtig-reinem â°therblau,
Hâ°tt’ ich sie nicht hervorgeschoben Zu malerisch-entz¸ckter Schau?
Als, angesichts der hËchsten Ahnen, Der Nacht, des Chaos, ich mich stark betrug Und, in Gesellschaft von Titanen,
Mit Pelion und Ossa als mit Ballen schlug, Wir tollten fort in jugendlicher Hitze,
Bis ¸berdr¸ssig noch zuletzt
Wir dem Parnaï¬, als eine Doppelm¸tze, Die beiden Berge frevelnd aufgesetzt…
Apollen hâ°lt ein froh Verweilen
Dort nun mit seliger Musen Chor.
Selbst Jupitern und seinen Donnerkeilen Hob ich den Sessel hoch empor.
Jetzt so, mit ungeheurem Streben,
Drang aus dem Abgrund ich herauf
Und fordre laut, zu neuem Leben,
Mir frËhliche Bewohner auf.
SPHINXE:
Uralt, m¸ï¬te man gestehen,
Sei das hier Emporgeb¸rgte,
Hâ°tten wir nicht selbst gesehen,
Wie sich’s aus dem Boden w¸rgte.
Bebuschter Wald verbreitet sich hinan, Noch drâ°ngt sich Fels auf Fels bewegt heran; Ein Sphinx wird sich daran nicht kehren: Wir lassen uns im heiligen Sitz nicht stËren.
GREIFE:
Gold in Blâ°ttchen, Gold in Flittern Durch die Ritzen seh ich zittern.
Laï¬t euch solchen Schatz nicht rauben, Imsen, auf! es auszuklauben.
CHOR DER AMEISEN:
Wie ihn die Riesigen
Emporgehoben,
Ihr Zappelf¸ï¬igen,
Geschwind nach oben!
Behendest aus und ein!
In solchen Ritzen
Ist jedes BrËselein
Wert zu besitzen.
Das Allermindeste
M¸ï¬t ihr entdecken
Auf das geschwindeste
In allen Ecken.
Allemsig m¸ï¬t ihr sein,
Ihr Wimmelscharen;
Nur mit dem Gold herein!
Den Berg laï¬t fahren.
GREIFE:
Herein! Herein! Nur Gold zu Hauf!
Wir legen unsre Klauen drauf;
Sind Riegel von der besten Art,
Der grËï¬te Schatz ist wohlverwahrt.
PYGMÆEN:
Haben wirklich Platz genommen,
Wissen nicht, wie es geschah.
Fraget nicht, woher wir kommen,
Denn wir sind nun einmal da!
Zu des Lebens lustigem Sitze
Eignet sich ein jedes Land;
Zeigt sich eine Felsenritze,
Ist auch schon der Zwerg zur Hand.
Zwerg und Zwergin, rasch zum Fleiï¬e, Musterhaft ein jedes Paar;
Weiï¬ nicht, ob es gleicher Weise
Schon im Paradiese war.
Doch wir finden’s hier zum besten,
Segnen dankbar unsern Stern;
Denn im Osten wie im Westen
Zeugt die Mutter Erde gern.
DAKTYLE:
Hat sie in einer Nacht
Die Kleinen hervorgebracht,
Sie wird die Kleinsten erzeugen;
Finden auch ihresgleichen.
PYGMÆEN-ÆLTESTE:
Eilet, bequemen
Sitz einzunehmen!
Eilig zum Werke!
Schnelle f¸r Stâ°rke!
Noch ist es Friede;
Baut euch die Schmiede,
Harnisch und Waffen
Dem Heer zu schaffen.
Ihr Imsen alle,
R¸hrige im Schwalle,
Schafft uns Metalle!
Und ihr Daktyle,
Kleinste, so viele,
Euch sei befohlen,
HËlzer zu holen!
Schlichtet zusammen
Heimliche Flammen,
Schaffet uns Kohlen.
GENERALISSIMUS:
Mit Pfeil und Bogen
Frisch ausgezogen!
An jenem Weiher
Schieï¬t mir die Reiher,
Unzâ°hlig nistende,
Hochm¸tig br¸stende,
Auf einen Ruck,
Alle wie einen!
Daï¬ wir erscheinen
Mit Helm und Schmuck.
IMSEN UND DAKTYLE:
Wer wird uns retten!
Wir schaffen ‘s Eisen,
Sie schmieden Ketten.
Uns loszureiï¬en,
Ist noch nicht zeitig,
Drum seid geschmeidig.
DIE KRANICHE DES IBYKUS:
Mordgeschrei und Sterbeklagen!
â°ngstlich Fl¸gelflatterschlagen! Welch ein â°chzen, welch GestËhn
Dringt herauf zu unsern HËhn!
Alle sind sie schon ertËtet,
See von ihrem Blut gerËtet,
Miï¬gestaltete Begierde
Raubt des Reihers edle Zierde.
Weht sie doch schon auf dem Helme
Dieser Fettbauch-Krummbein-Schelme. Ihr Genossen unsres Heeres,
Reihenwanderer des Meeres,
Euch berufen wir zur Rache
In so nahverwandter Sache.
Keiner spare Kraft und Blut!
Ewige Feindschaft dieser Brut!
MEPHISTOPHELES:
Die nordischen Hexen wuï¬t’ ich wohl zu meistern, Mir wird’s nicht just mit diesen fremden Geistern. Der Blocksberg bleibt ein gar bequem Lokal, Wo man auch sei, man findet sich zumal.
Frau Ilse wacht f¸r uns auf ihrem Stein, Auf seiner HËh’ wird Heinrich munter sein, Die Schnarcher schnauzen zwar das Elend an, Doch alles ist f¸r tausend Jahr getan.
Wer weiï¬ denn hier nur, wo er geht und steht, Ob unter ihm sich nicht der Boden blâ°ht?… Ich wandle lustig durch ein glattes Tal, Und hinter mir erhebt sich auf einmal
Ein Berg, zwar kaum ein Berg zu nennen, Von meinen Sphinxen mich jedoch zu trennen Schon hoch genug–hier zuckt noch manches Feuer Das Tal hinab und flammt ums Abenteuer… Noch tanzt und schwebt mir lockend, weichend vor, Spitzb¸bisch gaukelnd, der galante Chor. Nur sachte drauf! Allzugewohnt ans Naschen, Wo es auch sei, man sucht was zu erhaschen.
LAMIEN:
Geschwind, geschwinder!
Und immer weiter!
Dann wieder zaudernd,
Geschwâ°tzig plaudernd.
Es ist so heiter,
Den alten S¸nder