Faust: Der Tragödie zweiter Teil by Johann Wolfgang von Goethe

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  • 1832
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Faust: Der Tragˆdie zweiter Teil

von Johann Wolfgang von Goethe

1. Anmutige Gegend
2. Hochgewˆlbtes enges gotisches Zimmer 3. Vor dem Palaste des Menelas zu Sparta 4. Hochgebirg
5. Offene Gegend

1. Akt–Anmutige Gegend

MEPHISTOPHELES:
Was ist verw¸nscht und stets willkommen? Was ist ersehnt und stets verjagt?
Was immerfort in Schutz genommen?
Was hart gescholten und verklagt?
Wen darfst du nicht herbeiberufen?
Wen hˆret jeder gern genannt?
Was naht sich deines Thrones Stufen? Was hat sich selbst hinweggebannt?

KAISER:
F¸r diesmal spare deine Worte!
Hier sind die R‰tsel nicht am Orte, Das ist die Sache dieser Herrn.–
Da lˆse du! das hˆrt’ ich gern.
Mein alter Narr ging, f¸rcht’ ich, weit ins Weite; Nimm seinen Platz und komm an meine Seite.

GEMURMEL DER MENGE:
Ein neuer Narr–Zu neuer Pein–
Wo kommt er her?–Wie kam er ein?– Der alte fiel–Der hat vertan–
Es war ein Fafl–Nun ist’s ein Span–

KAISER:
Und also, ihr Getreuen, Lieben,
Willkommen aus der N‰h’ und Ferne! Ihr sammelt euch mit g¸nstigem Sterne,
Da droben ist uns Gl¸ck und Heil geschrieben. Doch sagt, warum in diesen Tagen,
Wo wir der Sorgen uns entschlagen,
Schˆnb‰rte mummensch‰nzlich tragen Und Heitres nur genieflen wollten,
Warum wir uns ratschlagend qu‰len sollten? Doch weil ihr meint, es ging’ nicht anders an, Geschehen ist’s, so sei’s getan.

KANZLER:
Die hˆchste Tugend, wie ein Heiligenschein, Umgibt des Kaisers Haupt; nur er allein
Vermag sie g¸ltig auszu¸ben:
Gerechtigkeit!–Was alle Menschen lieben, Was alle fordern, w¸nschen, schwer entbehren, Es liegt an ihm, dem Volk es zu gew‰hren. Doch ach! Was hilft dem Menschengeist Verstand, Dem Herzen G¸te, Willigkeit der Hand,
Wenn’s fieberhaft durchaus im Staate w¸tet Und ¸bel sich in ¸beln ¸berbr¸tet?
Wer schaut hinab von diesem hohen Raum Ins weite Reich, ihm scheint’s ein schwerer Traum, Wo Miflgestalt in Miflgestalten schaltet, Das Ungesetz gesetzlich ¸berwaltet
Und eine Welt des Irrtums sich entfaltet. Der raubt sich Herden, der ein Weib,
Kelch, Kreuz und Leuchter vom Altare, Ber¸hmt sich dessen manche Jahre
Mit heiler Haut, mit unverletztem Leib. Jetzt dr‰ngen Kl‰ger sich zur Halle, Der Richter prunkt auf hohem Pf¸hl,
Indessen wogt in grimmigem Schwalle Des Aufruhrs wachsendes Gew¸hl.
Der darf auf Schand’ und Frevel pochen, Der auf Mitschuldigste sich st¸tzt,
Und: Schuldig! hˆrst du ausgesprochen, Wo Unschuld nur sich selber sch¸tzt.
So will sich alle Welt zerst¸ckeln, Vernichtigen, was sich geb¸hrt;
Wie soll sich da der Sinn entwickeln, Der einzig uns zum Rechten f¸hrt?
Zuletzt ein wohlgesinnter Mann
Neigt sich dem Schmeichler, dem Bestecher, Ein Richter, der nicht strafen kann,
Gesellt sich endlich zum Verbrecher. Ich malte schwarz, doch dichtern Flor
Zˆg’ ich dem Bilde lieber vor.
Entschl¸sse sind nicht zu vermeiden; Wenn alle sch‰digen, alle leiden,
Geht selbst die Majest‰t zu Raub.

HEERMEISTER:
Wie tobt’s in diesen wilden Tagen!
Ein jeder schl‰gt und wird erschlagen, Und f¸rs Kommando bleibt man taub.
Der B¸rger hinter seinen Mauern,
Der Ritter auf dem Felsennest
Verschwuren sich, uns auszudauern,
Und halten ihre Kr‰fte fest.
Der Mietsoldat wird ungeduldig,
Mit Ungest¸m verlangt er seinen Lohn, Und w‰ren wir ihm nichts mehr schuldig, Er liefe ganz und gar davon.
Verbiete wer, was alle wollten,
Der hat ins Wespennest gestˆrt;
Das Reich, das sie besch¸tzen sollten, Es liegt gepl¸ndert und verheert.
Man l‰flt ihr Toben w¸tend hausen, Schon ist die halbe Welt vertan;
Es sind noch Kˆnige da drauflen,
Doch keiner denkt, es ging’ ihn irgend an.

SCHATZMEISTER:
Wer wird auf Bundsgenossen pochen!
Subsidien, die man uns versprochen, Wie Rˆhrenwasser bleiben aus.
Auch, Herr, in deinen weiten Staaten An wen ist der Besitz geraten?
Wohin man kommt, da h‰lt ein Neuer Haus, Und unabh‰ngig will er leben,
Zusehen mufl man, wie er’s treibt; Wir haben so viel Rechte hingegeben,
Dafl uns auf nichts ein Recht mehr ¸brigbleibt. Auch auf Parteien, wie sie heiflen,
Ist heutzutage kein Verlafl;
Sie mˆgen schelten oder preisen,
Gleichg¸ltig wurden Lieb’ und Hafl. Die Ghibellinen wie die Guelfen
Verbergen sich, um auszuruhn;
Wer jetzt will seinem Nachbar helfen? Ein jeder hat f¸r sich zu tun.
Die Goldespforten sind verrammelt,
Ein jeder kratzt und scharrt und sammelt, Und unsre Kassen bleiben leer.

MARSCHALK:
Welch Unheil mufl auch ich erfahren! Wir wollen alle Tage sparen
Und brauchen alle Tage mehr,
Und t‰glich w‰chst mir neue Pein. Den Kˆchen tut kein Mangel wehe;
Wildschweine, Hirsche, Hasen, Rehe, Welschh¸hner, H¸hner, G‰ns’ und Enten, Die Deputate, sichre Renten,
Sie gehen noch so ziemlich ein.
Jedoch am Ende fehlt’s an Wein.
Wenn sonst im Keller Fafl an Fafl sich h‰ufte, Der besten Berg’ und Jahresl‰ufte,
So schl¸rft unendliches Ges‰ufte Der edlen Herrn den letzten Tropfen aus. Der Stadtrat mufl sein Lager auch verzapfen, Man greift zu Humpen, greift zu Napfen,
Und unterm Tische liegt der Schmaus. Nun soll ich zahlen, alle lohnen;
Der Jude wird mich nicht verschonen, Der schafft Antizipationen,
Die speisen Jahr um Jahr voraus.
Die Schweine kommen nicht zu Fette, Verpf‰ndet ist der Pf¸hl im Bette,
Und auf den Tisch kommt vorgegessen Brot.

KAISER:
Sag, weiflt du Narr nicht auch noch eine Not?

MEPHISTOPHELES:
Ich? Keineswegs. Den Glanz umher zu schauen, Dich und die Deinen!–Mangelte Vertrauen, Wo Majest‰t unweigerlich gebeut,
Bereite Macht Feindseliges zerstreut? Wo guter Wille, kr‰ftig durch Verstand, Und T‰tigkeit, vielf‰ltige, zur Hand? Was kˆnnte da zum Unheil sich vereinen, Zur Finsternis, wo solche Sterne scheinen?

GEMURMEL:
Das ist ein Schalk–Der’s wohl versteht– Er l¸gt sich ein–So lang’ es geht–
Ich weifl schon–Was dahinter steckt– Und was denn weiter?–Ein Projekt–

MEPHISTOPHELES:
Wo fehlt’s nicht irgendwo auf dieser Welt? Dem dies, dem das, hier aber fehlt das Geld. Vom Estrich zwar ist es nicht aufzuraffen; Doch Weisheit weifl das Tiefste herzuschaffen. In Bergesadern, Mauergr¸nden
Ist Gold gem¸nzt und ungem¸nzt zu finden, Und fragt ihr mich, wer es zutage schafft: Begabten Manns Natur–und Geisteskraft.

KANZLER:
Natur und Geist–so spricht man nicht zu Christen. Deshalb verbrennt man Atheisten,
Weil solche Reden hˆchst gef‰hrlich sind. Natur ist S¸nde, Geist ist Teufel,
Sie hegen zwischen sich den Zweifel, Ihr miflgestaltet Zwitterkind.
Uns nicht so!–Kaisers alten Landen Sind zwei Geschlechter nur entstanden,
Sie st¸tzen w¸rdig seinen Thron:
Die Heiligen sind es und die Ritter; Sie stehen jedem Ungewitter
Und nehmen Kirch’ und Staat zum Lohn. Dem Pˆbelsinn verworrner Geister
Entwickelt sich ein Widerstand:
Die Ketzer sind’s! die Hexenmeister! Und sie verderben Stadt und Land.
Die willst du nun mit frechen Scherzen In diese hohen Kreise schw‰rzen;
Ihr hegt euch an verderbtem Herzen, Dem Narren sind sie nah verwandt.

MEPHISTOPHELES:
Daran erkenn’ ich den gelehrten Herrn! Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern, Was ihr nicht faflt, das fehlt euch ganz und gar, Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr, sei nicht wahr, Was ihr nicht w‰gt, hat f¸r euch kein Gewicht, Was ihr nicht m¸nzt, das, meint ihr, gelte nicht.

KAISER:
Dadurch sind unsre M‰ngel nicht erledigt, Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt? Ich habe satt das ewige Wie und Wenn;
Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff es denn.

MEPHISTOPHELES:
Ich schaffe, was ihr wollt, und schaffe mehr; Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer; Es liegt schon da, doch um es zu erlangen, Das ist die Kunst, wer weifl es anzufangen? Bedenkt doch nur: in jenen Schreckensl‰uften, Wo Menschenfluten Land und Volk ers‰uften, Wie der und der, so sehr es ihn erschreckte, Sein Liebstes da–und dortwohin versteckte. So war’s von je in m‰chtiger Rˆmer Zeit, Und so fortan, bis gestern, ja bis heut. Das alles liegt im Boden still begraben, Der Boden ist des Kaisers, der soll’s haben.

SCHATZMEISTER:
F¸r einen Narren spricht er gar nicht schlecht, Das ist f¸rwahr des alten Kaisers Recht.

KANZLER:
Der Satan legt euch goldgewirkte Schlingen: Es geht nicht zu mit frommen rechten Dingen.

MARSCHALK:
Schafft’ er uns nur zu Hof willkommne Gaben, Ich wollte gern ein biflchen Unrecht haben.

HEERMEISTER:
Der Narr ist klug, verspricht, was jedem frommt; Fragt der Soldat doch nicht, woher es kommt.

MEPHISTOPHELES:
Und glaubt ihr euch vielleicht durch mich betrogen, Hier steht ein Mann! da, fragt den Astrologen! In Kreis’ um Kreise kennt er Stund’ und Haus; So sage denn: wie sieht’s am Himmel aus?

GEMURMEL:
Zwei Schelme sind’s–Verstehn sich schon– Narr und Phantast–So nah dem Thron–
Ein mattgesungen–Alt Gedicht–
Der Tor bl‰st ein–Der Weise spricht–

ASTROLOG:
Die Sonne selbst, sie ist ein lautres Gold, Merkur, der Bote, dient um Gunst und Sold, Frau Venus hat’s euch allen angetan,
So fr¸h als spat blickt sie euch lieblich an; Die keusche Luna launet grillenhaft;
Mars, trifft er nicht, so dr‰ut euch seine Kraft. Und Jupiter bleibt doch der schˆnste Schein, Saturn ist grofl, dem Auge fern und klein. Ihn als Metall verehren wir nicht sehr,
An Wert gering, doch im Gewichte schwer. Ja! wenn zu Sol sich Luna fein gesellt,
Zum Silber Gold, dann ist es heitre Welt; Das ¸brige ist alles zu erlangen:
Pal‰ste, G‰rten, br¸stlein, rote Wangen, Das alles schafft der hochgelahrte Mann, Der das vermag, was unser keiner kann.

KAISER:
Ich hˆre doppelt, was er spricht,
Und dennoch ¸berzeugt’s mich nicht.

GEMURMEL:
Was soll uns das?–Gedroschner Spafl– Kalenderei–Chymisterei–
Das hˆrt’ ich oft–Und falsch gehofft– Und kommt er auch–So ist’s ein Gauch–

MEPHISTOPHELES:
Da stehen sie umher und staunen,
Vertrauen nicht dem hohen Fund,
Der eine faselt von Alraunen,
Der andre von dem schwarzen Hund.
Was soll es, dafl der eine witzelt, Ein andrer Zauberei verklagt,
Wenn ihm doch auch einmal die Sohle kitzelt, Wenn ihm der sichre Schritt versagt.
Ihr alle f¸hlt geheimes Wirken
Der ewig waltenden Natur,
Und aus den untersten Bezirken
Schmiegt sich herauf lebend’ge Spur. Wenn es in allen Gliedern zwackt,
Wenn es unheimlich wird am Platz,
Nur gleich entschlossen grabt und hackt, Da liegt der Spielmann, liegt der Schatz!

GEMURMEL:
Mir liegt’s im Fufl wie Bleigewicht– Mir krampft’s im Arme–Das ist Gicht–
Mir krabbelt’s an der groflen Zeh’– Mir tut der ganze R¸cken weh–
Nach solchen Zeichen w‰re hier
Das allerreichste Schatzrevier.

KAISER:
Nur eilig! du entschl¸pfst nicht wieder, Erprobe deine L¸gensch‰ume
Und zeig uns gleich die edlen R‰ume. Ich lege Schwert und Zepter nieder
Und will mit eignen hohen H‰nden, Wenn du nicht l¸gst, das Werk vollenden, Dich, wenn du l¸gst, zur Hˆlle senden!

MEPHISTOPHELES:
Den Weg dahin w¸flt’ allenfalls zu finden– Doch kann ich nicht genug verk¸nden,
Was ¸berall besitzlos harrend liegt. Der Bauer, der die Furche pfl¸gt,
Hebt einen Goldtopf mit der Scholle, Salpeter hofft er von der Leimenwand
Und findet golden-goldne Rolle
Erschreckt, erfreut in k¸mmerlicher Hand. Was f¸r Gewˆlbe sind zu sprengen,
In welchen Kl¸ften, welchen G‰ngen Mufl sich der Schatzbewuflte dr‰ngen, Zur Nachbarschaft der Unterwelt!
In weiten, altverwahrten Kellern
Von goldnen Humpen, Sch¸sseln, Tellern Sieht er sich Reihen aufgestellt;
Pokale stehen aus Rubinen,
Und will er deren sich bedienen,
Daneben liegt uraltes Nafl.
Doch–werdet ihr dem Kundigen glauben– Verfault ist l‰ngst das Holz der Dauben, Der Weinstein schuf dem Wein ein Fafl.
Essenzen solcher edlen Weine,
Gold und Juwelen nicht alleine
Umh¸llen sich mit Nacht und Graus. Der Weise forscht hier unverdrossen;
Am Tag erkennen, das sind Possen,
Im Finstern sind Mysterien zu Haus.

KAISER:
Die lass’ ich dir! Was will das D¸stre frommen? Hat etwas Wert, es mufl zu Tage kommen. Wer kennt den Schelm in tiefer Nacht genau? Schwarz sind die K¸he, so die Katzen grau. Die Tˆpfe drunten, voll von Goldgewicht– Zieh deinen Pflug und ackre sie ans Licht.

MEPHISTOPHELES:
Nimm Hack’ und Spaten, grabe selber, Die Bauernarbeit macht dich grofl,
Und eine Herde goldner K‰lber,
Sie reiflen sich vom Boden los.
Dann ohne Zaudern, mit Entz¸cken
Kannst du dich selbst, wirst die Geliebte schm¸cken; Ein leuchtend Farb–und Glanzgestein erhˆht Die Schˆnheit wie die Majest‰t.

KAISER:
Nur gleich, nur gleich! Wie lange soll es w‰hren!

ASTROLOG:
Herr, m‰flige solch dringendes Begehren, Lafl erst vorbei das bunte Freudenspiel; Zerstreutes Wesen f¸hrt uns nicht zum Ziel. Erst m¸ssen wir in Fassung uns vers¸hnen, Das Untre durch das Obere berdienen.
Wer Gutes will, der sei erst gut;
Wer Freude will, bes‰nftige sein Blut; Wer Wein verlangt, der keltre reife Trauben; Wer Wunder hofft, der st‰rke seinen Glauben.

KAISER:
So sei die Zeit in Frˆhlichkeit vertan! Und ganz erw¸nscht kommt Aschermittwoch an. Indessen feiern wir, auf jeden Fall,
Nur lustiger das wilde Karneval.

MEPHISTOPHELES:
Wie sich Verdienst und Gl¸ck verketten, Das f‰llt den Toren niemals ein;
Wenn sie den Stein der Weisen h‰tten, Der Weise mangelte dem Stein.

Weitl‰ufiger Saal mit Nebengem‰chern

HEROLD:
Denkt nicht, ihr seid in deutschen Grenzen Von Teufels-, Narren- und Totent‰nzen; Ein heitres Fest erwartet euch.
Der Herr, auf seinen Rˆmerz¸gen,
Hat, sich zu Nutz, euch zum Vergn¸gen, Die hohen Alpen ¸berstiegen,
Gewonnen sich ein heitres Reich.
Der Kaiser, er, an heiligen Sohlen
Erbat sich erst das Recht zur Macht, Und als er ging, die Krone sich zu holen, Hat er uns auch die Kappe mitgebracht.
Nun sind wir alle neugeboren;
Ein jeder weltgewandte Mann
Zieht sie behaglich ¸ber Kopf und Ohren; Sie ‰hnelt ihn verr¸ckten Toren,
Er ist darunter weise, wie er kann. Ich sehe schon, wie sie sich scharen,
Sich schwankend sondern, traulich paaren; Zudringlich schlieflt sich Chor an Chor. Herein, hinaus, nur unverdrossen;
Es bleibt doch endlich nach wie vor Mit ihren hunderttausend Possen
Die Welt ein einzig grofler Tor.

GƒRTNERINNEN:
Euren Beifall zu gewinnen,
Schm¸ckten wir uns diese Nacht,
Junge Florentinerinnen
Folgten deutschen Hofes Pracht;
Tragen wir in braunen Locken
Mancher heitern Blume Zier;
Seidenf‰den, Seidenflocken
Spielen ihre Rolle hier.
Denn wir halten es verdienstlich,
Lobensw¸rdig ganz und gar,
Unsere Blumen, gl‰nzend k¸nstlich, Bl¸hen fort das ganze Jahr.
Allerlei gef‰rbten Schnitzeln
Ward symmetrisch Recht getan;
Mˆgt ihr St¸ck f¸r St¸ck bewitzeln, Doch das Ganze zieht euch an.
Niedlich sind wir anzuschauen,
G‰rtnerinnen und galant;
Denn das Naturell der Frauen
Ist so nah mit Kunst verwandt.

HEROLD:
Laflt die reichen Kˆrbe sehen,
Die ihr auf den H‰upten traget,
Die sich bunt am Arme bl‰hen,
Jeder w‰hle, was behaget.
Eilig, dafl in Laub und G‰ngen
Sich ein Garten offenbare!
W¸rdig sind sie zu umdr‰ngen,
Kr‰merinnen wie die Ware.

GƒRTNERINNEN:
Feilschet nun am heitern Orte,
Doch kein Markten finde statt!
Und mit sinnig kurzem Worte
Wisse jeder, was er hat.

OLIVENZWEIG MIT FRUCHTEN:
Keinen Blumenflor beneid’ ich,
Allen Widerstreit vermeid’ ich;
Mir ist’s gegen die Natur:
Bin ich doch das Mark der Lande
Und, zum sichern Unterpfande,
Friedenszeichen jeder Flur.
Heute, hoff’ ich, soll mir’s gl¸cken, W¸rdig schˆnes Haupt zu schm¸cken.

ƒHRENKRANZ:
Ceres’ Gaben, euch zu putzen,
Werden hold und lieblich stehn:
Das Erw¸nschteste dem Nutzen
Sei als eure Zierde schˆn.

PHANTASIEKRANZ:
Bunte Blumen, Malven ‰hnlich,
Aus dem Moos ein Wunderflor!
Der Natur ist’s nicht gewˆhnlich,
Doch die Mode bringt’s hervor.

PHANTASIESTRAUSS:
Meinen Namen euch zu sagen,
W¸rde Theophrast nicht wagen;
Und doch hoff’ ich, wo nicht allen, Aber mancher zu gefallen,
Der ich mich wohl eignen mˆchte,
Wenn sie mich ins Haar verflˆchte, Wenn sie sich entschlieflen kˆnnte,
Mir am Herzen Platz vergˆnnte.

ROSENKNOSPEN:
Mˆgen bunte Phantasieen
F¸r des Tages Mode bl¸hen,
Wunderseltsam sein gestaltet,
Wie Natur sich nie entfaltet;
Gr¸ne Stiele, goldne Glocken,
Blickt hervor aus reichen Locken!– Doch wir–halten uns versteckt:
Gl¸cklich, wer uns frisch entdeckt. Wenn der Sommer sich verk¸ndet,
Rosenknospe sich entz¸ndet,
Wer mag solches Gl¸ck entbehren?
Das Versprechen, das Gew‰hren,
Das beherrscht in Florens Reich
Blick und Sinn und Herz zugleich.

GƒRTNER:
Blumen sehet ruhig sprieflen,
Reizend euer Haupt umzieren;
Fr¸chte wollen nicht verf¸hren,
Kostend mag man sie genieflen.
Bieten br‰unliche Gesichter
Kirschen, Pfirschen, Kˆnigspflaumen, Kauft! denn gegen Zung’ und Gaumen
H‰lt sich Auge schlecht als Richter. Kommt, von allerreifsten Fr¸chten
Mit Geschmack und Lust zu speisen!
¸ber Rosen l‰flt sich dichten,
In die ‰pfel mufl man beiflen.
Sei’s erlaubt, uns anzupaaren
Eurem reichen Jugendflor,
Und wir putzen reifer Waren
F¸lle nachbarlich empor.
Unter lustigen Gewinden,
In geschm¸ckter Lauben Bucht,
Alles ist zugleich zu finden:
Knospe, Bl‰tter, Blume, Frucht.

MUTTER:
M‰dchen, als du kamst ans Licht,
Schm¸ckt’ ich dich im H‰ubchen;
Warst so lieblich von Gesicht
Und so zart am Leibchen.
Dachte dich sogleich als Braut,
Gleich dem Reichsten angetraut,
Dachte dich als Weibchen.
Ach! Nun ist schon manches Jahr
Ungen¸tzt verflogen,
Der Sponsierer bunte Schar
Schnell vorbeigezogen;
Tanztest mit dem einen flink,
Gabst dem andern feinen Wink
Mit dem Ellenbogen.
Welches Fest man auch ersann,
Ward umsonst begangen,
Pf‰nderspiel und dritter Mann
Wollten nicht verfangen;
Heute sind die Narren los,
Liebchen, ˆffne deinen Schofl,
Bleibt wohl einer hangen.

HOLZHAUER:
Nur Platz! nur Blˆfle!
Wir brauchen R‰ume,
Wir f‰llen B‰ume,
Die krachen, schlagen;
Und wenn wir tragen,
Da gibt es Stˆfle.
Zu unserm Lobe
Bringt dies ins reine;
Denn wirkten Grobe
Nicht auch im Lande,
Wie k‰men Feine
F¸r sich zustande,
So sehr sie witzten?
Des seid belehret!
Denn ihr erfrˆret,
Wenn wir nicht schwitzten.

PULCINELLE:
Ihr seid die Toren,
Geb¸ckt geboren.
Wir sind die Klugen,
Die nie was trugen;
Denn unsre Kappen,
Jacken und Lappen
Sind leicht zu tragen;
Und mit Behagen
Wir immer m¸flig,
Pantoffelf¸flig,
Durch Markt und Haufen
Einherzulaufen,
Gaffend zu stehen,
Uns anzukr‰hen;
Auf solche Kl‰nge
Durch Drang und Menge
Aalgleich zu schl¸pfen,
Gesamt zu h¸pfen,
Vereint zu toben.
Ihr mˆgt uns loben,
Ihr mˆgt uns schelten,
Wir lassen’s gelten.

PARASITEN:
Ihr wackern Tr‰ger
Und eure Schw‰ger,
Die Kohlenbrenner,
Sind unsre M‰nner.
Denn alles B¸cken,
Bejahndes Nicken,
Gewundne Phrasen,
Das Doppelblasen,
Das w‰rmt und k¸hlet,
Wie’s einer f¸hlet,
Was kˆnnt’ es frommen?
Es mˆchte Feuer
Selbst ungeheuer
Vom Himmel kommen,
G‰b’ es nicht Scheite
Und Kohlentrachten,
Die Herdesbreite
Zur Glut entfachten.
Da br‰t’s und prudelt’s,
Da kocht’s und strudelt’s.
Der wahre Schmecker,
Der Tellerlecker,
Er riecht den Braten,
Er ahnet Fische;
Das regt zu Taten
An Gˆnners Tische.

TRUNKNER:
Sei mir heute nichts zuwider!
F¸hle mich so frank und frei;
Frische Lust und heitre Lieder,
Holt’ ich selbst sie doch herbei.
Und so trink’ ich! Trinke, trinke!
Stoflet an, ihr! Tinke, Tinke!
Du dorthinten, komm heran!
Stoflet an, so ist’s getan.
Schrie mein Weibchen doch entr¸stet, R¸mpfte diesem bunten Rock,
Und, wie sehr ich mich gebr¸stet,
Schalt mich einen Maskenstock.
Doch ich trinke! Trinke, trinke!
Angeklungen! Tinke, Tinke!
Maskenstˆcke, stoflet an!
Wenn es klingt, so ist’s getan.
Saget nicht, dafl ich verirrt bin, Bin ich doch, wo mir’s behagt.
Borgt der Wirt nicht, borgt die Wirtin, Und am Ende borgt die Magd.
Immer trink’ ich! Trinke, trinke!
Auf, ihr andern! Tinke, Tinke!
Jeder jedem! so fortan!
D¸nkt mich’s doch, es sei getan.
Wie und wo ich mich vergn¸ge,
Mag es immerhin geschehn;
Lafl mich liegen, wo ich liege,
Denn ich mag nicht l‰nger stehn.

CHOR:
Jeder Bruder trinke, trinke!
Toastet frisch ein Tinke, Tinke!
Sitzet fest auf Bank und Span!
Unterm Tisch dem ist’s getan.

SATIRIKER:
Wiflt ihr, was mich Poeten
Erst recht erfreuen sollte?
D¸rft’ ich singen und reden,
Was niemand hˆren wollte.

AGLAIA:
Anmut bringen wir ins Leben;
Leget Anmut in das Geben.

HEGEMONE:
Leget Anmut ins Empfangen,
Lieblich ist’s, den Wunsch erlangen.

EUPHRASYNE:
Und in stiller Tage Schranken
Hˆchst anmutig sei das Danken.

ATROPOS:
Mich, die ‰lteste, zum Spinnen
Hat man diesmal eingeladen;
Viel zu denken, viel zu sinnen
Gibt’s beim zarten Lebensfaden.
Dafl er euch gelenk und weich sei, Wuflt’ ich feinsten Flachs zu sichten;
Dafl er glatt und schlank und gleich sei, Wird der kluge Finger schlichten.
Wolltet ihr bei Lust und T‰nzen
Allzu ¸ppig euch erweisen,
Denkt an dieses Fadens Grenzen,
H¸tet euch! Er mˆchte reiflen.

KLOTHO:
Wiflt, in diesen letzten Tagen
Ward die Schere mir vertraut;
Denn man war von dem Betragen
Unsrer Alten nicht erbaut.
Zerrt unn¸tzeste Gespinste
Lange sie an Licht und Luft,
Hoffnung herrlichster Gewinste
Schleppt sie schneidend zu der Gruft. Doch auch ich im Jugendwalten
Irrte mich schon hundertmal;
Heute mich im Zaum zu halten,
Schere steckt im Futteral.
Und so bin ich gern gebunden,
Blicke freundlich diesem Ort;
Ihr in diesen freien Stunden
Schw‰rmt nur immer fort und fort.

LACHESIS:
Mir, die ich allein verst‰ndig,
Blieb das Ordnen zugeteilt;
Meine Weife, stets lebendig,
Hat noch nie sich ¸bereilt.
F‰den kommen, F‰den weifen,
Jeden lenk’ ich seine Bahn,
Keinen lass’ ich ¸berschweifen,
F¸g’ er sich im Kreis heran.
Kˆnnt’ ich einmal mich vergessen,
W‰r’ es um die Welt mir bang;
Stunden z‰hlen, Jahre messen,
Und der Weber nimmt den Strang.

HEROLD:
Die jetzo kommen, werdet ihr nicht kennen, W‰rt ihr noch so gelehrt in alten Schriften; Sie anzusehn, die so viel ¸bel stiften, Ihr w¸rdet sie willkommne G‰ste nennen. Die Furien sind es, niemand wird uns glauben, H¸bsch, wohlgestaltet, freundlich, jung von Jahren; Laflt euch mit ihnen ein, ihr sollt erfahren, Wie schlangenhaft verletzen solche Tauben. Zwar sind sie t¸ckisch, doch am heutigen Tage, Wo jeder Narr sich r¸hmet seiner M‰ngel, Auch sie verlangen nicht den Ruhm als Engel, Bekennen sich als Stadt- und Landesplage.

ALEKTO:
Was hilft es euch? ihr werdet uns vertrauen, Denn wir sind h¸bsch und jung und Schmeichelk‰tzchen; Hat einer unter euch ein Liebesch‰tzchen, Wir werden ihm so lang die Ohren krauen, Bis wir ihm sagen d¸rfen, Aug’ in Auge: Dafl sie zugleich auch dem und jenem winke, Im Kopfe dumm, im R¸cken krumm, und hinke Und, wenn sie seine Braut ist, gar nichts tauge. So wissen wir die Braut auch zu bedr‰ngen: Es hat sogar der Freund, vor wenig Wochen, Ver‰chtliches von ihr zu der gesprochen!– Versˆhnt man sich, so bleibt doch etwas h‰ngen.

MEGƒRA:
Das ist nur Spafl! denn, sind sie erst verbunden, Ich nehm’ es auf und weifl; in allen F‰llen, Das schˆnste Gl¸ck durch Grille zu verg‰llen; Der Mensch ist ungleich, ungleich sind die Stunden. Und niemand hat Erw¸nschtes fest in Armen, Der sich nicht nach Erw¸nschterem tˆrig sehnte, Vom hˆchsten Gl¸ck, woran er sich gewˆhnte; Die Sonne flieht er, will den Frost erwarmen. Mit diesem allen weifl ich zu gebaren
Und f¸hre her Asmodi, den Getreuen, Zu rechter Zeit Unseliges auszustreuen,
Verderbe so das Menschenvolk in Paaren.

TISIPHONE:
Gift und Dolch statt bˆser Zungen
Misch’ ich, sch‰rf’ ich dem Verr‰ter; Liebst du andre, fr¸her, sp‰ter
Hat Verderben dich durchdrungen.
Mufl der Augenblicke S¸fltes
Sich zu Gischt und Galle wandeln!
Hier kein Markten, hier kein Handeln– Wie er es beging’, er b¸flt es.
Singe keiner vom Vergeben!
Felsen klag’ ich meine Sache,
Echo! horch! erwidert: Rache!
Und wer wechselt, soll nicht leben.

HEROLD:
Belieb’ es euch, zur Seite wegzuweichen, Denn was jetzt kommt, ist nicht von euresgleichen. Ihr seht, wie sich ein Berg herangedr‰ngt, Mit bunten Teppichen die Weichen stolz beh‰ngt, Ein Haupt mit langen Z‰hnen, Schlangenr¸ssel, Geheimnisvoll, doch zeig’ ich euch den Schl¸ssel. Im Nacken sitzt ihm zierlich-zarte Frau, Mit feinem St‰bchen lenkt sie ihn genau; Die andre, droben stehend herrlich-hehr, Umgibt ein Glanz, der blendet mich zu sehr. Zur Seite gehn gekettet edle Frauen,
Die eine bang, die andre froh zu schauen; Die eine w¸nscht, die andre f¸hlt sich frei. Verk¸nde jede, wer sie sei.

FURCHT:
Dunstige Fackeln, Lampen, Lichter
D‰mmern durchs verworrne Fest;
Zwischen diese Truggesichter
Bannt mich, ach! die Kette fest.
Fort, ihr l‰cherlichen Lacher!
Euer Grinsen gibt Verdacht;
Alle meine Widersacher
Dr‰ngen mich in dieser Nacht.
Hier! ein Freund ist Feind geworden, Seine Maske kenn’ ich schon;
Jener wollte mich ermorden,
Nun entdeckt schleicht er davon.
Ach wie gern in jeder Richtung
Flˆh’ ich zu der Welt hinaus;
Doch von dr¸ben droht Vernichtung, H‰lt mich zwischen Dunst und Graus.

HOFFNUNG:
Seid gegr¸flt, ihr lieben Schwestern! Habt ihr euch schon heut’ und gestern
In Vermummungen gefallen,
Weifl ich doch gewifl von allen:
Morgen wollt ihr euch enth¸llen.
Und wenn wir bei Fackelscheine
Uns nicht sonderlich behagen,
Werden wir in heitern Tagen
Ganz nach unserm eignen Willen
Bald gesellig, bald alleine
Frei durch schˆne Fluren wandeln,
Nach Belieben ruhn und handeln
Und in sorgenfreiem Leben
Nie entbehren, stets erstreben;
¸berall willkommne G‰ste,
Treten wir getrost hinein:
Sicherlich, es mufl das Beste
Irgendwo zu finden sein.

KLUGHEIT:
Zwei der grˆflten Menschenfeinde, Furcht und Hoffnung, angekettet,
Halt’ ich ab von der Gemeinde;
Platz gemacht! ihr seid gerettet.
Den lebendigen Kolossen
F¸hr’ ich, seht ihr, turmbeladen,
Und er wandelt unverdrossen
Schritt vor Schritt auf steilen Pfaden. Droben aber auf der Zinne
Jene Gˆttin, mit behenden
Breiten Fl¸geln, zum Gewinne
Allerseits sich hinzuwenden.
Rings umgibt sie Glanz und Glorie,
Leuchtend fern nach allen Seiten;
Und sie nennet sich Viktorie,
Gˆttin aller T‰tigkeiten.

ZOILO-THERSITES:
Hu! Hu! da komm’ ich eben recht,
Ich schelt’ euch allzusammen schlecht! Doch was ich mir zum Ziel ersah,
Ist oben Frau Viktoria.
Mit ihrem weiflen Fl¸gelpaar
Sie d¸nkt sich wohl, sie sei ein Aar, Und wo sie sich nur hingewandt,
Gehˆr’ ihr alles Volk und Land;
Doch, wo was R¸hmliches gelingt,
Es mich sogleich in Harnisch bringt. Das Tiefe hoch, das Hohe tief,
Das Schiefe grad, das Grade schief, Das ganz allein macht mich gesund,
So will ich’s auf dem Erdenrund.

HEROLD:
So treffe dich, du Lumpenhund,
Des frommen Stabes Meisterstreich!
Da kr¸mm und winde dich sogleich!– Wie sich die Doppelzwerggestalt
So schnell zum eklen Klumpen ballt!– –Doch Wunder!–Klumpen wird zum Ei,
Das bl‰ht sich auf und platzt entzwei. Nun f‰llt ein Zwillingspaar heraus,
Die Otter und die Fledermaus;
Die eine fort im Staube kriecht,
Die andre schwarz zur Decke fliegt. Sie eilen drauflen zum Verein;
Da mˆcht’ ich nicht der dritte sein.

GEMURMEL:
Frisch! dahinten tanzt man schon–
Nein! Ich wollt’, ich w‰r’ davon– F¸hlst du, wie uns das umflicht,
Das gespenstische Gez¸cht?–
Saust es mir doch ¸bers Haar–
Ward ich’s doch am Fufl gewahr–
Keiner ist von uns verletzt–
Alle doch in Furcht gesetzt–
Ganz verdorben ist der Spafl–
Und die Bestien wollten das.

HEROLD:
Seit mir sind bei Maskeraden
Heroldspflichten aufgeladen,
Wach’ ich ernstlich an der Pforte,
Dafl euch hier am lustigen Orte
Nichts Verderbliches erschleiche,
Weder wanke, weder weiche.
Doch ich f¸rchte, durch die Fenster Ziehen luftige Gespenster,
Und von Spuk und Zaubereien
W¸flt’ ich euch nicht zu befreien. Machte sich der Zwerg verd‰chtig,
Nun! dort hinten strˆmt es m‰chtig. Die Bedeutung der Gestalten
Mˆcht’ ich amtsgem‰fl entfalten. Aber was nicht zu begreifen,
W¸flt’ ich auch nicht zu erkl‰ren; Helfet alle mich belehren!–
Seht ihr’s durch die Menge schweifen? Vierbespannt ein pr‰chtiger Wagen
Wird durch alles durchgetragen;
Doch er teilet nicht die Menge,
Nirgend seh’ ich ein Gedr‰nge.
Farbig glitzert’s in der Ferne,
Irrend leuchten bunte Sterne
Wie von magischer Laterne,
Schnaubt heran mit Sturmgewalt.
Platz gemacht! Mich schaudert’s! +

KNABE WAGENLENKER:
Halt!
Rosse, hemmet eure Fl¸gel,
F¸hlet den gewohnten Z¸gel,
Meistert euch, wie ich euch meistre, Rauschet hin, wenn ich begeistre–
Diese R‰ume laflt uns ehren!
Schaut umher, wie sie sich mehren,
Die Bewundrer, Kreis um Kreise.
Herold auf! nach deiner Weise,
Ehe wir von euch entfliehen,
Uns zu schildern, uns zu nennen;
Denn wir sind Allegorien,
Und so solltest du uns kennen.

HEROLD:
W¸flte nicht, dich zu benennen;
Eher kˆnnt’ ich dich beschreiben.

KNABE LENKER:
So probier’s! +

HEROLD:
Man mufl gestehn:
Erstlich bist du jung und schˆn.
Halbw¸chsiger Knabe bist du; doch die Frauen, Sie mˆchten dich ganz ausgewachsen schauen. Du scheinest mir ein k¸nftiger Sponsierer, Recht so von Haus aus ein Verf¸hrer.

KNABE LENKER:
Das l‰flt sich hˆren! fahre fort, Erfinde dir des R‰tsels heitres Wort.

HEROLD:
Der Augen schwarzer Blitz, die Nacht der Locken, Erheitert von juwelnem Band!
Und welch ein zierliches Gewand
Flieflt dir von Schultern zu den Socken, Mit Purpursaum und Glitzertand!
Man kˆnnte dich ein M‰dchen schelten; Doch w¸rdest du, zu Wohl und Weh,
Auch jetzo schon bei M‰dchen gelten, Sie lehrten dich das ABC.

KNABE LENKER:
Und dieser, der als Prachtgebilde
Hier auf dem Wagenthrone prangt?

HEROLD:
Er scheint ein Kˆnig reich und milde, Wohl dem, der seine Gunst erlangt!
Er hat nichts weiter zu erstreben,
Wo’s irgend fehlte, sp‰ht sein Blick, Und seine reine Lust zu geben
Ist grˆfler als Besitz und Gl¸ck.

KNABE LENKER:
Hiebei darfst du nicht stehen bleiben, Du muflt ihn recht genau beschreiben.

HEROLD:
Das W¸rdige beschreibt sich nicht. Doch das gesunde Mondgesicht,
Ein voller Mund, erbl¸hte Wangen,
Die unterm Schmuck des Turbans prangen; Im Faltenkleid ein reich Behagen!
Was soll ich von dem Anstand sagen? Als Herrscher scheint er mir bekannt.

KNABE LENKER:
Plutus, des Reichtums Gott genannt! Derselbe kommt in Prunk daher,
Der hohe Kaiser w¸nscht ihn sehr.

HEROLD:
Sag von dir selber auch das Was und Wie!

KNABE LENKER:
Bin die Verschwendung, bin die Poesie; Bin der Poet, der sich vollendet,
Wenn er sein eigenst Gut verschwendet. Auch ich bin unermefllich reich
Und sch‰tze mich dem Plutus gleich, Beleb’ und schm¸ck’ ihm Tanz und Schmaus, Das, was ihm fehlt, das teil’ ich aus.

HEROLD:
Das Prahlen steht dir gar zu schˆn, Doch lafl uns deine K¸nste sehn.

KNABE LENKER:
Hier seht mich nur ein Schnippchen schlagen, Schon gl‰nzt’s und glitzert’s um den Wagen. Da springt eine Perlenschnur hervor!
Nehmt goldne Spange f¸r Hals und Ohr; Auch Kamm und Krˆnchen ohne Fehl,
In Ringen kˆstlichstes Juwel;
Auch Fl‰mmchen spend’ ich dann und wann, Erwartend, wo es z¸nden kann.

HEROLD:
Wie greift und hascht die liebe Menge! Fast kommt der Geber ins Gedr‰nge.
Kleinode schnippt er wie ein Traum, Und alles hascht im weiten Raum.
Doch da erleb’ ich neue Pfiffe:
Was einer noch so emsig griffe,
Des hat er wirklich schlechten Lohn, Die Gabe flattert ihm davon.
Es lˆst sich auf das Perlenband,
Ihm krabbeln K‰fer in der Hand,
Er wirft sie weg, der arme Tropf,
Und sie umsummen ihm den Kopf.
Die andern statt solider Dinge
Erhaschen frevle Schmetterlinge.
Wie doch der Schelm so viel verheiflt Und nur verleiht, was golden gleiflt!

KNABE LENKER:
Zwar Masken, merk’ ich, weiflt du zu verk¸nden, Allein der Schale Wesen zu ergr¸nden,
Sind Herolds Hofgesch‰fte nicht;
Das fordert sch‰rferes Gesicht.
Doch h¸t’ ich mich vor jeder Fehde; An dich, Gebieter, wend’ ich Frag’ und Rede. Hast du mir nicht die Windesbraut
Des Viergespannes anvertraut?
Lenk’ ich nicht gl¸cklich, wie du leitest? Bin ich nicht da, wohin du deutest?
Und wuflt’ ich nicht auf k¸hnen Schwingen F¸r dich die Palme zu erringen?
Wie oft ich auch f¸r dich gefochten, Mir ist es jederzeit gegl¸ckt:
Wenn Lorbeer deine Stirne schm¸ckt, Hab’ ich ihn nicht mit Sinn und Hand geflochten?

PLUTUS:
Wenn’s nˆtig ist, dafl ich dir Zeugnis leiste, So sag’ ich gern: Bist Geist von meinem Geiste. Du handelst stets nach meinem Sinn,
Bist reicher, als ich selber bin.
Ich sch‰tze, deinen Dienst zu lohnen, Den gr¸nen Zweig vor allen meinen Kronen. Ein wahres Wort verk¸nd’ ich allen:
Mein lieber Sohn, an dir hab’ ich Gefallen.

KNABE LENKER:
Die grˆflten Gaben meiner Hand,
Seht! hab’ ich rings umher gesandt. Auf dem und jenem Kopfe gl¸ht
Ein Fl‰mmchen, das ich angespr¸ht; Von einem zu dem andern h¸pft’s,
An diesem h‰lt sich’s, dem entschl¸pft’s, Gar selten aber flammt’s empor,
Und leuchtet rasch in kurzem Flor;
Doch vielen, eh’ man’s noch erkannt, Verlischt es, traurig ausgebrannt.

WEIBERGEKLATSCH:
Da droben auf dem Viergespann
Das ist gewifl ein Scharlatan;
Gekauzt da hintendrauf Hanswurst,
Doch abgezehrt von Hunger und Durst, Wie man ihn niemals noch erblickt;
Er f¸hlt wohl nicht, wenn man ihn zwickt.

DER ABGEMAGERTE:
Vom Leibe mir, ekles Weibsgeschlecht! Ich weifl, dir komm’ ich niemals recht.– Wie noch die Frau den Herd versah,
Da hiefl ich Avaritia;
Da stand es gut um unser Haus:
Nur viel herein und nichts hinaus!
Ich eiferte f¸r Kist’ und Schrein; Das sollte wohl gar ein Laster sein.
Doch als in allerneusten Jahren
Das Weib nicht mehr gewohnt zu sparen, Und, wie ein jeder bˆser Zahler,
Weit mehr Begierden hat als Taler,
Da bleibt dem Manne viel zu dulden, Wo er nur hinsieht, da sind Schulden.
Sie wendet’s, kann sie was erspulen, An ihren Leib, an ihren Buhlen;
Auch speist sie besser, trinkt noch mehr Mit der Sponsierer leidigem Heer;
Das steigert mir des Goldes Reiz:
Bin m‰nnlichen Geschlechts, der Geiz!

HAUPTWEIB:
Mit Drachen mag der Drache geizen;
Ist’s doch am Ende Lug und Trug!
Er kommt, die M‰nner aufzureizen, Sie sind schon unbequem genug.

WEIBER IN MASSE:
Der Strohmann! Reich ihm eine Schlappe! Was will das Marterholz uns dr‰un?
Wir sollen seine Fratze scheun!
Die Drachen sind von Holz und Pappe, Frisch an und dringt auf ihn hinein!

HEROLD:
Bei meinem Stabe! Ruh gehalten!–
Doch braucht es meiner H¸lfe kaum; Seht, wie die grimmen Ungestalten,
Bewegt im rasch gewonnenen Raum,
Das Doppel-Fl¸gelpaar entfalten.
Entr¸stet sch¸tteln sich der Drachen Umschuppte, feuerspeiende Rachen;
Die Menge flieht, rein ist der Platz.

HEROLD:
Er tritt herab, wie kˆniglich!
Er winkt, die Drachen r¸hren sich, Die Kiste haben sie vom Wagen
Mit Gold und Geiz herangetragen,
Sie steht zu seinen F¸flen da:
Ein Wunder ist es, wie’s geschah.

PLUTUS:
Nun bist du los der allzul‰stigen Schwere, Bist frei und frank, nun frisch zu deiner Sph‰re! Hier ist sie nicht! Verworren, scheckig, wild Umdr‰ngt uns hier ein fratzenhaft Gebild. Nur wo du klar ins holde Klare schaust,
Dir angehˆrst und dir allein vertraust, Dorthin, wo Schˆnes, Gutes nur gef‰llt, Zur Einsamkeit!–Da schaffe deine Welt.

KNABE LENKER:
So acht’ ich mich als werten Abgesandten, So lieb’ ich dich als n‰chsten Anverwandten. Wo du verweilst, ist F¸lle; wo ich bin, F¸hlt jeder sich im herrlichsten Gewinn. Auch schwankt er oft im widersinnigen Leben: Soll er sich dir? soll er sich mir ergeben? Die Deinen freilich kˆnnen m¸flig ruhn, Doch wer mir folgt, hat immer was zu tun. Nicht insgeheim vollf¸hr’ ich meine Taten, Ich atme nur, und schon bin ich verraten. So lebe wohl! Du gˆnnst mir ja mein Gl¸ck; Doch lisple leis’, und gleich bin ich zur¸ck.

PLUTUS:
Nun ist es Zeit, die Sch‰tze zu entfesseln! Die Schlˆsser treff’ ich mit des Herolds Rute. Es tut sich auf! schaut her! in ehrnen Kesseln Entwickelt sich’s und wallt von goldnem Blute, Zun‰chst der Schmuck von Kronen, Ketten, Ringen; Es schwillt und droht, ihn schmelzend zu verschlingen.

WECHSELGESCHREI DER MENGE:
Seht hier, o hin! wie’s reichlich quillt, Die Kiste bis zum Rande f¸llt.–
Gef‰fle, goldne, schmelzen sich, Gem¸nzte Rollen w‰lzen sich.–
Dukaten h¸pfen wie gepr‰gt,
O wie mir das den Busen regt–
Wie schau’ ich alle mein Begehr!
Da kollern sie am Boden her.–
Man bietet’s euch, benutzt’s nur gleich Und b¸ckt euch nur und werdet reich.–
Wir andern, r¸stig wie der Blitz,
Wir nehmen den Koffer in Besitz.

HEROLD:
Was soll’s, ihr Toren? soll mir das? Es ist ja nur ein Maskenspafl.
Heut abend wird nicht mehr begehrt; Glaubt ihr, man geb’ euch Gold und Wert? Sind doch f¸r euch in diesem Spiel
Selbst Rechenpfennige zuviel.
Ihr T‰ppischen! ein artiger Schein Soll gleich die plumpe Wahrheit sein.
Was soll euch Wahrheit?–Dumpfen Wahn Packt ihr an allen Zipfeln an.–
Vermummter Plutus, Maskenheld,
Schlag dieses Volk mir aus dem Feld.

PLUTUS:
Dein Stab ist wohl dazu bereit,
Verleih ihn mir auf kurze Zeit.–
Ich tauch’ ihn rasch in Sud und Glut.– Nun, Masken, seid auf eurer Hut!
Wie’s blitzt und platzt, in Funken spr¸ht! Der Stab, schon ist er angegl¸ht.
Wer sich zu nah herangedr‰ngt,
Ist unbarmherzig gleich versengt.– Jetzt fang’ ich meinen Umgang an.

GESCHREI UND GEDRƒNG:
O weh! Es ist um uns getan.–
Entfliehe, wer entfliehen kann!–
Zur¸ck, zur¸ck, du Hintermann!–
Mir spr¸ht er heifl ins Angesicht.– Mich dr¸ckt des gl¸henden Stabs Gewicht– Verloren sind wir all’ und all’.–
Zur¸ck, zur¸ck, du Maskenschwall! Zur¸ck, zur¸ck, unsinniger Hauf’!–
O h‰tt’ ich Fl¸gel, flˆg’ ich auf.–

PLUTUS:
Schon ist der Kreis zur¸ckgedr‰ngt, Und niemand, glaub’ ich, ist versengt.
Die Menge weicht,
Sie ist verscheucht.–
Doch solcher Ordnung Unterpfand
Zieh’ ich ein unsichtbares Band.

HEROLD:
Du hast ein herrlich Werk vollbracht, Wie dank’ ich deiner klugen Macht!

PLUTUS:
Noch braucht es, edler Freund, Geduld: Es droht noch mancherlei Tumult.

GEIZ:
So kann man doch, wenn es beliebt,
Vergn¸glich diesen Kreis beschauen; Denn immerfort sind vornenan die Frauen, Wo’s was zu gaffen, was zu naschen gibt. Noch bin ich nicht so vˆllig eingerostet! Ein schˆnes Weib ist immer schˆn;
Und heute, weil es mich nichts kostet, So wollen wir getrost sponsieren gehn.
Doch weil am ¸berf¸llten Orte
Nicht jedem Ohr vernehmlich alle Worte, Versuch’ ich klug und hoff’, es soll mir gl¸cken, Mich pantomimisch deutlich auszudr¸cken. Hand, Fufl, Geb‰rde reicht mir da nicht hin, Da mufl ich mich um einen Schwank bem¸hn. Wie feuchten Ton will ich das Gold behandeln, Denn dies Metall l‰flt sich in alles wandeln.

HEROLD:
Was f‰ngt der an, der magre Tor!
Hat so ein Hungermann Humor?
Er knetet alles Gold zu Teig,
Ihm wird es untern H‰nden weich;
Wie er es dr¸ckt und wie es ballt, Bleibt’s immer doch nur ungestalt.
Er wendet sich zu den Weibern dort, Sie schreien alle, mˆchten fort,
Geb‰rden sich gar widerw‰rtig;
Der Schalk erweist sich ¸belfertig. Ich f¸rchte, dafl er sich ergetzt,
Wenn er die Sittlichkeit verletzt.
Dazu darf ich nicht schweigsam bleiben, Gib meinen Stab, ihn zu vertreiben.

PLUTUS:
Er ahnet nicht, was uns von auflen droht; Lafl ihn die Narrenteidung treiben!
Ihm wird kein Raum f¸r seine Possen bleiben; Gesetz ist m‰chtig, m‰chtiger ist die Not.

GET‹MMEL UND GESANG:
Das wilde Heer, es kommt zumal
Von Bergeshˆh’ und Waldestal,
Unwiderstehlich schreitet’s an:
Sie feiren ihren groflen Pan.
Sie wissen doch, was keiner weifl, Und dr‰ngen in den leeren Kreis.

PLUTUS:
Ich kenn’ euch wohl und euren groflen Pan! Zusammen habt ihr k¸hnen Schritt getan. Ich weifl recht gut, was nicht ein jeder weifl, Und ˆffne schuldig diesen engen Kreis.
Mag sie ein gut Geschick begleiten! Das Wunderlichste kann geschehn;
Sie wissen nicht, wohin sie schreiten, Sie haben sich nicht vorgesehn.

WILDGESANG:
Geputztes Volk du, Flitterschau!
Sie kommen roh, sie kommen rauh,
In hohem Sprung, in raschem Lauf,
Sie treten derb und t¸chtig auf.

FAUNEN:
Die Faunenschar
Im lustigen Tanz,
Den Eichenkranz
Im krausen Haar,
Ein feines zugespitztes Ohr
Dringt an dem Lockenkopf hervor,
Ein stumpfes N‰schen, ein breit Gesicht, Das schadet alles bei Frauen nicht:
Dem Faun, wenn er die Patsche reicht, Versagt die Schˆnste den Tanz nicht leicht.

SATYR:
Der Satyr h¸pft nun hinterdrein
Mit Ziegenfufl und d¸rrem Bein,
Ihm sollen sie mager und sehnig sein, Und gemsenartig auf Bergeshˆhn
Belustigt er sich, umherzusehn.
In Freiheitsluft erquickt alsdann,
Verhˆhnt er Kind und Weib und Mann, Die tief in Tales Dampf und Rauch
Behaglich meinen, sie lebten auch,
Da ihm doch rein und ungestˆrt
Die Welt dort oben allein gehˆrt.

GNOMEN:
Da trippelt ein die kleine Schar,
Sie h‰lt nicht gern sich Paar und Paar; Im moosigen Kleid mit L‰mplein hell
Bewegt sich’s durcheinander schnell, Wo jedes f¸r sich selber schafft,
Wie Leucht-Ameisen wimmelhaft;
Und wuselt emsig hin und her,
Besch‰ftigt in die Kreuz und Quer. Den frommen G¸tchen nah verwandt,
Als Felschirurgen wohlbekannt;
Die hohen Berge schrˆpfen wir,
Aus vollen Adern schˆpfen wir;
Metalle st¸rzen wir zuhauf,
Mit Grufl getrost: Gl¸ck auf! Gl¸ck auf! Das ist von Grund aus wohlgemeint:
Wir sind der guten Menschen Freund. Doch bringen wir das Gold zu Tag,
Damit man stehlen und kuppeln mag,
Nicht Eisen fehle dem stolzen Mann, Der allgemeinen Mord ersann.
Und wer die drei Gebot’ veracht’t,
Sich auch nichts aus den andern macht. Das alles ist nicht unsre Schuld;
Drum habt so fort, wie wir, Geduld.

RIESEN:
Die wilden M‰nner sind s’ genannt, Am Harzgebirge wohlbekannt;
Nat¸rlich nackt in aller Kraft,
Sie kommen s‰mtlich riesenhaft.
Den Fichtenstamm in rechter Hand
Und um den Leib ein wulstig Band,
Den derbsten Schurz von Zweig und Blatt, Leibwacht, wie der Papst nicht hat.

NYMPHEN IM CHOR:
Auch kommt er an!–
Das All der Welt
Wird vorgestellt
Im groflen Pan.
Ihr Heitersten, umgebet ihn,
Im Gaukeltanz umschwebet ihn:
Denn weil er ernst und gut dabei,
So will er, dafl man frˆhlich sei. Auch unterm blauen Wˆlbedach
Verhielt’ er sich best‰ndig wach; Doch rieseln ihm die B‰che zu,
Und L¸ftlein wiegen ihn mild in Ruh. Und wenn er zu Mittage schl‰ft,
Sich nicht das Blatt am Zweige regt; Gesunder Pflanzen Balsamduft
Erf¸llt die schweigsam stille Luft; Die Nymphe darf nicht munter sein,
Und wo sie stand, da schl‰ft sie ein. Wenn unerwartet mit Gewalt
Dann aber seine Stimm’ erschallt,
Wie Blitzes Knattern, Meergebraus,
Dann niemand weifl, wo ein noch aus, Zerstreut sich tapfres Heer im Feld,
Und im Get¸mmel bebt der Held.
So Ehre dem, dem Ehre geb¸hrt,
Und Heil ihm, der uns hergef¸hrt!

DEPUTATION DER GNOMEN:
Wenn das gl‰nzend reiche Gute
Fadenweis durch Kl¸fte streicht,
Nur der klugen W¸nschelrute
Seine Labyrinthe zeigt,
Wˆlben wir in dunklen Gr¸ften
Troglodytisch unser Haus,
Und an reinen Tagesl¸ften
Teilst du Sch‰tze gn‰dig aus.
Nun entdecken wir hieneben
Eine Quelle wunderbar,
Die bequem verspricht zu geben,
Was kaum zu erreichen war.
Dies vermagst du zu vollenden,
Nimm es, Herr, in deine Hut:
Jeder Schatz in deinen H‰nden
Kommt der ganzen Welt zugut.

PLUTUS:
Wir m¸ssen uns im hohen Sinne fassen Und, was geschieht, getrost geschehen lassen, Du bist ja sonst des st‰rksten Mutes voll. Nun wird sich gleich ein Greulichstes er‰ugnen, Hartn‰ckig wird es Welt und Nachwelt leugnen: Du schreib es treulich in dein Protokoll.

HEROLD:
Die Zwerge f¸hren den groflen Pan Zur Feuerquelle sacht heran;
Sie siedet auf vom tiefsten Schlund, Dann sinkt sie wieder hinab zum Grund,
Und finster steht der offne Mund;
Wallt wieder auf in Glut und Sud,
Der grofle Pan steht wohlgemut,
Freut sich des wundersamen Dings,
Und Perlenschaum spr¸ht rechts und links. Wie mag er solchem Wesen traun?
Er b¸ckt sich tief hineinzuschaun.– Nun aber f‰llt sein Bart hinein!–
Wer mag das glatte Kinn wohl sein?
Die Hand verbirgt es unserm Blick.– Nun folgt ein grofles Ungeschick:
Der Bart entflammt und fliegt zur¸ck, Entz¸ndet Kranz und Haupt und Brust,
Zu Leiden wandelt sich die Lust.–
Zu lˆschen l‰uft die Schar herbei, Doch keiner bleibt von Flammen frei,
Und wie es patscht und wie es schl‰gt, Wird neues Flammen aufgeregt;
Verflochten in das Element,
Ein ganzer Maskenklump verbrennt.
Was aber, hˆr’ ich wird uns kund
Von Ohr zu Ohr, von Mund zu Mund!
O ewig ungl¸cksel’ge Nacht,
Was hast du uns f¸r Leid gebracht! Verk¸nden wird der n‰chste Tag,
Was niemand willig hˆren mag;
Doch hˆr’ ich aller Orten schrein: “Der Kaiser leidet solche Pein.”
O w‰re doch ein andres wahr!
Der Kaiser brennt und seine Schar.
Sie sei verflucht, die ihn verf¸hrt, In harzig Reis sich eingeschn¸rt,
Zu toben her mit Br¸llgesang
Zu allerseitigem Untergang.
O Jugend, Jugend, wirst du nie
Der Freude reines Mafl bezirken?
O Hoheit, Hoheit, wirst du nie
Vern¸nftig wie allm‰chtig wirken? Schon geht der Wald in Flammen auf,
Sie z¸ngeln leckend spitz hinauf
Zum holzverschr‰nkten Deckenband; Uns droht ein allgemeiner Brand.
Des Jammers Mafl ist ¸bervoll,
Ich weifl nicht, wer uns retten soll. Ein Aschenhaufen einer Nacht
Liegt morgen reiche Kaiserpracht.

PLUTUS:
Schrecken ist genug verbreitet,
Hilfe sei nun eingeleitet!–
Schlage, heil’gen Stabs Gewalt,
Dafl der Boden bebt und schallt!
Du, ger‰umig weite Luft,
F¸lle dich mit k¸hlem Duft!
Zieht heran, umherzuschweifen,
Nebeld¸nste, schwangre Streifen,
Deckt ein flammendes Gew¸hl!
Rieselt, s‰uselt, Wˆlkchen kr‰uselt, Schl¸pfet wallend, leise d‰mpfet,
Lˆschend ¸berall bek‰mpfet,
Ihr, die lindernden, die feuchten,
Wandelt in ein Wetterleuchten
Solcher eitlen Flamme Spiel!–
Drohen Geister, uns zu sch‰digen, Soll sich die Magie bet‰tigen.

Lustgarten

FAUST:
Verzeihst du, Herr, das Flammengaukelspiel?

KAISER:
Ich w¸nsche mir dergleichen Scherze viel.– Auf einmal sah ich mich in gl¸hnder Sph‰re, Es schien mir fast, als ob ich Pluto w‰re. Aus Nacht und Kohlen lag ein Felsengrund, Von Fl‰mmchen gl¸hend. Dem und jenem Schlund Aufwirbelten viel tausend wilde Flammen
Und flackerten in ein Gewˆlb’ zusammen. Zum hˆchsten Dome z¸ngelt’ es empor,
Der immer ward und immer sich verlor. Durch fernen Raum gewundner Feuers‰ulen Sah ich bewegt der Vˆlker lange Zeilen, Sie dr‰ngten sich im weiten Kreis heran Und huldigten, wie sie es stets getan.
Vom meinem Hof erkannt’ ich ein und andern, Ich schien ein F¸rst von tausend Salamandern.

MEPHISTOPHELES:
Das bist du, Herr! weil jedes Element Die Majest‰t als unbedingt erkennt.
Gehorsam Feuer hast du nun erprobt; Wirf dich ins Meer, wo es am wildsten tobt, Und kaum betrittst du perlenreichen Grund, So bildet wallend sich ein herrlich Rund; Siehst auf und ab lichtgr¸ne schwanke Wellen, Mit Purpursaum, zur schˆnsten Wohnung schwellen Um dich, den Mittelpunkt. Bei jedem Schritt, Wohin du gehst, gehn die Pal‰ste mit.
Die W‰nde selbst erfreuen sich des Lebens, Pfeilschnellen Wimmlens, Hin- und Widerstrebens. Meerwunder dr‰ngen sich zum neuen milden Schein, Sie schieflen an, und keines darf herein. Da spielen farbig goldbeschuppte Drachen, Der Haifisch klafft, du lachst ihm in den Rachen. Wie sich auch jetzt der Hof um dich entz¸ckt, Hast du doch nie ein solch Gedr‰ng’ erblickt. Doch bleibst du nicht vom Lieblichsten geschieden: Es nahen sich neugierige Nereiden
Der pr‰cht’gen Wohnung in der ew’gen Frische, Die j¸ngsten scheu und l¸stern wie die Fische, Die sp‰tern klug. Schon wird es Thetis kund, Dem zweiten Peleus reicht sie Hand und Mund.– Den Sitz alsdann auf des Olymps Revier…

KAISER:
Die luft’gen R‰ume, die erlass’ ich dir: Noch fr¸h genug besteigt man jenen Thron.

MEPHISTOPHELES:
Und, hˆchster Herr! die Erde hast du schon.

KAISER:
Welch gut Geschick hat dich hieher gebracht, Unmittelbar aus Tausend Einer Nacht?
Gleichst du an Fruchtbarkeit Scheherazaden, Versichr’ ich dich der hˆchsten aller Gnaden. Sei stets bereit, wenn eure Tageswelt,
Wie’s oft geschieht, mir widerlichst miflf‰llt.

MARSCHALK:
Durchlauchtigster, ich dacht’ in meinem Leben Vom schˆnsten Gl¸ck Verk¸ndung nicht zu geben Als diese, die mich hoch begl¸ckt,
In deiner Gegenwart entz¸ckt:
Rechnung f¸r Rechnung ist berichtigt, Die Wucherklauen sind beschwichtigt,
Los bin ich solcher Hˆllenpein;
Im Himmel kann’s nicht heitrer sein.

HEERMEISTER:
Abschl‰glich ist der Sold entrichtet, Das ganze Heer aufs neu’ verpflichtet,
Der Landsknecht f¸hlt sich frisches Blut, Und Wirt und Dirnen haben’s gut.

KAISER:
Wie atmet eure Brust erweitert!
Das faltige Gesicht erheitert!
Wie eilig tretet ihr heran!

SCHATZMEISTER:
Befrage diese, die das Werk getan.

FAUST:
Dem Kanzler ziemt’s, die Sache vorzutragen.

KANZLER:
Begl¸ckt genug in meinen alten Tagen.– So hˆrt und schaut das schicksalschwere Blatt, Das alles Weh in Wohl verwandelt hat.
“Zu wissen sei es jedem, der’s begehrt: Der Zettel hier ist tausend Kronen wert. Ihm liegt gesichert, als gewisses Pfand, Unzahl vergrabnen Guts im Kaiserland.
Nun ist gesorgt, damit der reiche Schatz, Sogleich gehoben, diene zum Ersatz.”

KAISER:
Ich ahne Frevel, ungeheuren Trug!
Wer f‰lschte hier des Kaisers Namenszug? Ist solch Verbrechen ungestraft geblieben?

SCHATZMEISTER:
Erinnre dich! hast selbst es unterschrieben; Erst heute nacht. Du standst als grofler Pan, Der Kanzler sprach mit uns zu dir heran: “Gew‰hre dir das hohe Festvergn¸gen,
Des Volkes Heil, mit wenig Federz¸gen.” Du zogst sie rein, dann ward’s in dieser Nacht Durch Tausendk¸nstler schnell vertausendfacht. Damit die Wohltat allen gleich gedeihe,
So stempelten wir gleich die ganze Reihe, Zehn, Dreiflig, Funfzig, Hundert sind parat. Ihr denkt euch nicht, wie wohl’s dem Volke tat. Seht eure Stadt, sonst halb im Tod verschimmelt, Wie alles lebt und lustgenieflend wimmelt! Obschon dein Name l‰ngst die Welt begl¸ckt, Man hat ihn nie so freundlich angeblickt. Das Alphabet ist nun erst ¸berz‰hlig, In diesem Zeichen wird nun jeder selig.

KAISER:
Und meinen Leuten gilt’s f¸r gutes Gold? Dem Heer, dem Hofe gn¸gt’s zu vollem Sold? So sehr mich’s wundert, mufl ich’s gelten lassen.

MARSCHALK:
Unmˆglich w‰r’s, die Fl¸chtigen einzufassen; Mit Blitzeswink zerstreute sich’s im Lauf. Die Wechslerb‰nke stehen sperrig auf:
Man honoriert daselbst ein jedes Blatt Durch Gold und Silber, freilich mit Rabatt. Nun geht’s von da zum Fleischer, B‰cker, Schenken; Die halbe Welt scheint nur an Schmaus zu denken, Wenn sich die andre neu in Kleidern bl‰ht. Der Kr‰mer schneidet aus, der Schneider n‰ht. Bei “Hoch dem Kaiser!” sprudelt’s in den Kellern, Dort kocht’s und br‰t’s und klappert mit den Tellern.

MEPHISTOPHELES:
Wer die Terrassen einsam abspaziert, Gewahrt die Schˆnste, herrlich aufgeziert, Ein Aug’ verdeckt vom stolzen Pfauenwedel, Sie schmunzelt uns und blickt nach solcher Schedel; Und hurt’ger als durch Witz und Redekunst Vermittelt sich die reichste Liebesgunst. Man wird sich nicht mit Bˆrs’ und Beutel plagen, Ein Bl‰ttchen ist im Busen leicht zu tragen, Mit Liebesbrieflein paart’s bequem sich hier. Der Priester tr‰gt’s and‰chtig im Brevier, Und der Soldat, um rascher sich zu wenden, Erleichtert schnell den G¸rtel seiner Lenden. Die Majest‰t verzeihe, wenn ins Kleine Das hohe Werk ich zu erniedern scheine.

FAUST:
Das ¸bermafl der Sch‰tze, das, erstarrt, In deinen Landen tief im Boden harrt,
Liegt ungenutzt. Der weiteste Gedanke Ist solchen Reichtums k¸mmerlichste Schranke; Die Phantasie, in ihrem hˆchsten Flug,
Sie strengt sich an und tut sich nie genug. Doch fassen Geister, w¸rdig, tief zu schauen, Zum Grenzenlosen grenzenlos Vertrauen.

MEPHISTOPHELES:
Ein solch Papier, an Gold und Perlen Statt, Ist so bequem, man weifl doch, was man hat; Man braucht nicht erst zu markten, noch zu tauschen, Kann sich nach Lust in Lieb’ und Wein berauschen. Will man Metall, ein Wechsler ist bereit, Und fehlt es da, so gr‰bt man eine Zeit. Pokal und Kette wird verauktioniert,
Und das Papier, sogleich amortisiert, Besch‰mt den Zweifler, der uns frech verhˆhnt. Man will nichts anders, ist daran gewˆhnt. So bleibt von nun an allen Kaiserlanden
An Kleinod, Gold, Papier genug vorhanden.

KAISER:
Das hohe Wohl verdankt euch unser Reich; Wo mˆglich sei der Lohn dem Dienste gleich. Vertraut sei euch des Reiches innrer Boden, Ihr seid der Sch‰tze w¸rdigste Kustoden. Ihr kennt den weiten, wohlverwahrten Hort, Und wenn man gr‰bt, so sei’s auf euer Wort. Vereint euch nun, ihr Meister unsres Schatzes, Erf¸llt mit Lust die W¸rden eures Platzes, Wo mit der obern sich die Unterwelt,
In Einigkeit begl¸ckt, zusammenstellt.

SCHATZMEISTER:
Soll zwischen uns kein fernster Zwist sich regen, Ich liebe mir den Zaubrer zum Kollegen.

KAISER:
Beschenk’ ich nun bei Hofe Mann f¸r Mann, Gesteh’ er mir, wozu er’s brauchen kann.

PAGE:
Ich lebe lustig, heiter, guter Dinge.

EIN ANDRER:
Ich schaffe gleich dem Liebchen Kett’ und Ringe.

KƒMMERER:
Von nun an trink’ ich doppelt beflre Flasche.

EIN ANDRER:
Die W¸rfel jucken mich schon in der Tasche.

BANNERHERR:
Mein Schlofl und Feld, ich mach’ es schuldenfrei.

EIN ANDRER:
Es ist ein Schatz, den leg’ ich Sch‰tzen bei.

KAISER:
Ich hoffte Lust und Mut zu neuen Taten; Doch wer euch kennt, der wird euch leicht erraten. Ich merk’ es wohl: bei aller Sch‰tze Flor, Wie ihr gewesen, bleibt ihr nach wie vor.

NARR:
Ihr spendet Gnaden, gˆnnt auch mir davon!

KAISER:
Und lebst du wieder, du vertrinkst sie schon.

NARR:
Die Zauberbl‰tter! ich versteh’s nicht recht.

KAISER:
Das glaub’ ich wohl, denn du gebrauchst sie schlecht.

NARR:
Da fallen andere; weifl nicht, was ich tu’.

KAISER:
Nimm sie nur hin, sie fielen dir ja zu.

NARR:
F¸nftausend Kronen w‰ren mir zu Handen!

MEPHISTOPHELES:
Zweibeiniger Schlauch, bist wieder auferstanden?

NARR:
Geschieht mir oft, doch nicht so gut als jetzt.

MEPHISTOPHELES:
Du freust dich so, dafl dich’s in Schweifl versetzt.

NARR:
Da seht nur her, ist das wohl Geldes wert?

MEPHISTOPHELES:
Du hast daf¸r, was Schlund und Bauch begehrt.

NARR:
Und kaufen kann ich Acker, Haus und Vieh?

MEPHISTOPHELES:
Versteht sich! Biete nur, das fehlt dir nie.

NARR:
Und Schlofl, mit Wald und Jagd und Fischbach? +

MEPHISTOPHELES:
Traun!
Ich mˆchte dich gestrengen Herrn wohl schaun!

NARR:
Heut abend wieg’ ich mich im Grundbesitz!–

MEPHISTOPHELES:
Wer zweifelt noch an unsres Narren Witz!

Finstere Galerie

MEPHISTOPHELES:
Was ziehst du mich in diese d¸stern G‰nge? Ist nicht da drinnen Lust genug,
Im dichten, bunten Hofgedr‰nge
Gelegenheit zu Spafl und Trug?

FAUST:
Sag mir das nicht, du hast’s in alten Tagen L‰ngst an den Sohlen abgetragen;
Doch jetzt dein Hin- und Widergehn
Ist nur, um mir nicht Wort zu stehn. Ich aber bin gequ‰lt zu tun:
Der Marschalk und der K‰mmrer treibt mich nun. Der Kaiser will, es mufl sogleich geschehn, Will Helena und Paris vor sich sehn;
Das Musterbild der M‰nner so der Frauen In deutlichen Gestalten will er schauen. Geschwind ans Werk! ich darf mein Wort nicht brechen.

MEPHISTOPHELES:
Unsinnig war’s, leichtsinnig zu versprechen.

FAUST:
Du hast, Geselle, nicht bedacht,
Wohin uns deine K¸nste f¸hren;
Erst haben wir ihn reich gemacht,
Nun sollen wir ihn am¸sieren.

MEPHISTOPHELES:
Du w‰hnst, es f¸ge sich sogleich; Hier stehen wir vor steilern Stufen,
Greifst in ein fremdestes Bereich,
Machst frevelhaft am Ende neue Schulden, Denkst Helenen so leicht hervorzurufen
Wie das Papiergespenst der Gulden.– Mit Hexen-Fexen, mit Gespenst-Gespinsten, Kielkrˆpfigen Zwergen steh’ ich gleich zu Diensten; Doch Teufels-Liebchen, wenn auch nicht zu schelten, Sie kˆnnen nicht f¸r Heroinen gelten.

FAUST:
Da haben wir den alten Leierton!
Bei dir ger‰t man stets ins Ungewisse. Der Vater bist du aller Hindernisse,
F¸r jedes Mittel willst du neuen Lohn. Mit wenig Murmeln, weifl ich, ist’s getan; Wie man sich umschaut, bringst du sie zur Stelle.

MEPHISTOPHELES:
Das Heidenvolk geht mich nichts an, Es haust in seiner eignen Hˆlle;
Doch gibt’s ein Mittel. +

FAUST:
Sprich, und ohne S‰umnis!

MEPHISTOPHELES:
Ungern entdeck’ ich hˆheres Geheimnis. Gˆttinnen thronen hehr in Einsamkeit,
Um sie kein Ort, noch weniger eine Zeit; Von ihnen sprechen ist Verlegenheit.
Die M¸tter sind es! +

FAUST:
M¸tter! +

MEPHISTOPHELES:
Schaudert’s dich?

FAUST:
Die M¸tter! M¸tter!–‘s klingt so wunderlich!

MEPHISTOPHELES:
Das ist es auch. Gˆttinnen, ungekannt Euch Sterblichen, von uns nicht gern genannt. Nach ihrer Wohnung magst ins Tiefste sch¸rfen; Du selbst bist schuld, dafl ihrer wir bed¸rfen.

FAUST:
Wohin der Weg? +

MEPHISTOPHELES:
Kein Weg! Ins Unbetretene,
Nicht zu Betretende; ein Weg ans Unerbetene, Nicht zu Erbittende. Bist du bereit?–
Nicht Schlˆsser sind, nicht Riegel wegzuschieben, Von Einsamkeiten wirst umhergetrieben.
Hast du Begriff von ˆd’ und Einsamkeit?

FAUST:
Du spartest, d‰cht’ ich, solche Spr¸che; Hier wittert’s nach der Hexenk¸che,
Nach einer l‰ngst vergangnen Zeit. Muflt’ ich nicht mit der Welt verkehren? Das Leere lernen, Leeres lehren?–
Sprach ich vern¸nftig, wie ich’s angeschaut, Erklang der Widerspruch gedoppelt laut;
Muflt’ ich sogar vor widerw‰rtigen Streichen Zur Einsamkeit, zur Wildernis entweichen Und, um nicht ganz vers‰umt, allein zu leben, Mich doch zuletzt dem Teufel ¸bergeben.

MEPHISTOPHELES:
Und h‰ttest du den Ozean durchschwommen, Das Grenzenlose dort geschaut,
So s‰hst du dort doch Well’ auf Welle kommen, Selbst wenn es dir vorm Untergange graut. Du s‰hst doch etwas. S‰hst wohl in der Gr¸ne Gestillter Meere streichende Delphine;
S‰hst Wolken ziehen, Sonne, Mond und Sterne– Nichts wirst du sehn in ewig leerer Ferne, Den Schritt nicht hˆren, den du tust,
Nichts Festes finden, wo du ruhst.

FAUST:
Du sprichst als erster aller Mystagogen, Die treue Neophyten je betrogen;
Nur umgekehrt. Du sendest mich ins Leere, Damit ich dort so Kunst als Kraft vermehre; Behandelst mich, dafl ich, wie jene Katze, Dir die Kastanien aus den Gluten kratze. Nur immer zu! wir wollen es ergr¸nden,
In deinem Nichts hoff’ ich das All zu finden.

MEPHISTOPHELES:
Ich r¸hme dich, eh’ du dich von mir trennst, Und sehe wohl, dafl du den Teufel kennst; Hier diesen Schl¸ssel nimm. +

FAUST:
Das kleine Ding!

MEPHISTOPHELES:
Erst fafl ihn an und sch‰tz ihn nicht gering.

FAUST:
Er w‰chst in meiner Hand! er leuchtet, blitzt!

MEPHISTOPHELES:
Merkst du nun bald, was man an ihm besitzt? Der Schl¸ssel wird die rechte Stelle wittern, Folg ihm hinab, er f¸hrt dich zu den M¸ttern.

FAUST:
Den M¸ttern! Trifft’s mich immer wie ein Schlag! Was ist das Wort, das ich nicht hˆren mag?

MEPHISTOPHELES:
Bist du beschr‰nkt, dafl neues Wort dich stˆrt? Willst du nur hˆren, was du schon gehˆrt? Dich stˆre nichts, wie es auch weiter klinge, Schon l‰ngst gewohnt der wunderbarsten Dinge.

FAUST:
Doch im Erstarren such’ ich nicht mein Heil, Das Schaudern ist der Menschheit bestes Teil; Wie auch die Welt ihm das Gef¸hl verteure, Ergriffen, f¸hlt er tief das Ungeheure.

MEPHISTOPHELES:
Versinke denn! Ich kˆnnt’ auch sagen: steige! ‘s ist einerlei. Entfliehe dem Entstandnen In der Gebilde losgebundne Reiche!
Ergetze dich am l‰ngst nicht mehr Vorhandnen; Wie Wolkenz¸ge schlingt sich das Getreibe, Den Schl¸ssel schwinge, halte sie vom Leibe!

FAUST:
Wohl! fest ihn fassend f¸hl’ ich neue St‰rke, Die Brust erweitert, hin zum groflen Werke.

MEPHISTOPHELES:
Ein gl¸hnder Dreifufl tut dir endlich kund, Du seist im tiefsten, allertiefsten Grund. Bei seinem Schein wirst du die M¸tter sehn, Die einen sitzen, andre stehn und gehn,
Wie’s eben kommt. Gestaltung, Umgestaltung, Des ewigen Sinnes ewige Unterhaltung.
Umschwebt von Bildern aller Kreatur; Sie sehn dich nicht, denn Schemen sehn sie nur. Da fafl ein Herz, denn die Gefahr ist grofl, Und gehe grad’ auf jenen Dreifufl los,
Ber¸hr ihn mit dem Schl¸ssel! +

MEPHISTOPHELES:
So ist’s recht!
Er schlieflt sich an, er folgt als treuer Knecht; Gelassen steigst du, dich erhebt das Gl¸ck, Und eh’ sie’s merken, bist mit ihm zur¸ck. Und hast du ihn einmal hierher gebracht, So rufst du Held und Heldin aus der Nacht, Der erste, der sich jener Tat erdreistet; Sie ist getan, und du hast es geleistet. Dann mufl fortan, nach magischem Behandeln, Der Weihrauchsnebel sich in Gˆtter wandeln.

FAUST: