Der Schulmann, indem er Lateinisch zu schreiben und zu sprechen versucht, kommt sich hËher und vornehmer vor, als er sich in seinem Alltagsleben d¸nken darf.
Der f¸r dichterische und bildnerische SchËpfungen empfâ°ngliche Geist f¸hlt sich dem Altertum gegen¸ber in den anmutigst-ideellen Naturzustand versetzt; und noch auf den heutigen Tag haben die homerischen Gesâ°nge die Kraft, uns wenigstens f¸r Augenblicke von der furchtbaren Last zu befreien, welche die ¸berlieferung von mehrern tausend Jahren auf uns gewâ°lzt hat.
Wie Sokrates den sittlichen Menschen zu sich berief, damit dieser ganz einfach einigermaï¬en ¸ber sich selbst aufgeklâ°rt w¸rde, so traten Plato und Aristoteles gleichfalls als befugte Individuen vor die Natur; der eine mit Geist und Gem¸t, sich ihr anzueignen, der andere mit Forscherblick und Methode, sie f¸r sich zu gewinnen. Und so ist denn auch jede Annâ°herung, die sich uns im ganzen und einzelnen an diese dreie mËglich macht, das Ereignis, was wir am freudigsten empfinden und was unsere Bildung zu befËrdern sich jederzeit krâ°ftig erweist.
Um sich aus der grenzenlosen Vielfachheit, Zerst¸ckelung und Verwickelung der modernen Naturlehre wieder ins Einfache zu retten, muï¬ man sich immer die Frage vorlegen: Wie w¸rde sich Plato gegen die Natur, wie sie uns jetzt in ihrer grËï¬eren Mannigfaltigkeit, bei aller gr¸ndlichen Einheit, erscheinen mag, benommen haben?
Denn wir glauben ¸berzeugt zu sein, daï¬ wir auf demselben Wege bis zu den letzten Verzweigungen der Erkenntnis organisch gelangen und von diesem Grund aus die Gipfel eines jeden Wissens uns nach und nach aufbauen und befestigen kËnnen. Wie uns hiebei die Tâ°tigkeit des Zeitalters fËrdert und hindert, ist freilich eine Untersuchung, die wir jeden Tag anstellen m¸ssen, wenn wir nicht das N¸tzliche abweisen und das Schâ°dliche aufnehmen wollen.
Man r¸hmt das achtzehnte Jahrhundert, daï¬ es sich hauptsâ°chlich mit Analyse abgegeben; dem neunzehnten bleibt nun die Aufgabe: die falschen obwaltenden Synthesen zu entdecken und deren Inhalt aufs neue zu analysieren.
Es gibt nur zwei wahre Religionen, die eine, die das Heilige, das in und um uns wohnt, ganz formlos, die andere, die es in der schËnsten Form anerkennt und anbetet. Alles, was dazwischen liegt, ist GËtzendienst.
Es ist nicht zu leugnen, daï¬ der Geist sich durch die Reformation zu befreien suchte; die Aufklâ°rung ¸ber griechisches und rËmisches Altertum brachte den Wunsch, die Sehnsucht nach einem freieren, anstâ°ndigeren und geschmackvolleren Leben hervor.
Sie wurde aber nicht wenig dadurch beg¸nstigt, daï¬ das Herz in einen gewissen einfachen Naturstand zur¸ckzukehren und die Einbildungskraft sich zu konzentrieren trachtete.
Aus dem Himmel wurden auf einmal alle Heiligen vertrieben und von einer gËttlichen Mutter mit einem zarten Kinde Sinne, Gedanken, Gem¸t auf den Erwachsenen, sittlich Wirkenden, ungerecht Leidenden gerichtet, welcher spâ°ter als Halbgott verklâ°rt, als wirklicher Gott anerkannt und verehrt wurde.
Er stand vor einem Hintergrunde, wo der SchËpfer das Weltall ausgebreitet hatte; von ihm ging eine geistige Wirkung aus, seine Leiden eignete man sich als Beispiel zu, und seine Verklâ°rung war das Pfand f¸r eine ewige Dauer.
So wie der Weihrauch einer Kohle Leben erfrischst, so erfrischst das Gebet die Hoffnungen des Herzens.
Ich bin ¸berzeugt, daï¬ die Bibel immer schËner wird, je mehr man sie versteht, d. h. je mehr man einsieht und anschaut, daï¬ jedes Wort, das wir allgemein auffassen und im besondern auf uns anwenden, nach gewissen Umstâ°nden, nach Zeit–und Ortsverhâ°ltnissen einen eigenen, besondern, unmittelbar individuellen Bezug gehabt hat.
Genau besehen haben wir uns noch alle Tage zu reformieren und gegen andere zu protestieren, wenn auch nicht in religiËsem Sinne.
Wir haben das unabweichliche, tâ°glich zu erneuernde, grundernstliche Bestreben: das Wort mit dem Empfundenen, Geschauten, Gedachten, Erfahrenen, Imaginierten, Vern¸nftigen mËglichst unmittelbar zusammentreffend zu erfassen.
Jeder pr¸fe sich, und er wird finden, daï¬ dies viel schwerer sei, als man denken mËchte; denn leider sind dem Menschen die Worte gewËhnlich Surrogate; er denkt und weiï¬ es meistenteils besser, als er sich ausspricht.
Verharren wir aber in dem Bestreben: das Falsche, UngehËrige, Unzulâ°ngliche, was sich in uns und andern entwickeln oder einschleichen kËnnte, durch Klarheit und Redlichkeit auf das mËglichste zu beseitigen.
Mit den Jahren steigern sich die Pr¸fungen.
Wo ich aufhËren muï¬, sittlich zu sein, habe ich keine Gewalt mehr.
Zensur und Preï¬freiheit werden immerfort miteinander kâ°mpfen. Zensur fordert und ¸bt der Mâ°chtige, Preï¬freiheit verlangt der Mindere. Jener will weder in seinen Planen noch seiner Tâ°tigkeit durch vorlautes widersprechendes Wesen gehindert, sondern gehorcht sein; jene wollten ihre Gr¸nde aussprechen, den Ungehorsam zu legitimieren. Dieses wird man ¸berall geltend finden.
Doch muï¬ man auch hier bemerken, daï¬ der Schwâ°chere der leidende Teil, gleichfalls auf seine Weise die Preï¬freiheit zu unterdr¸cken sucht, und zwar in dem Falle, wenn er konspiriert und nicht verraten sein will.
Man wird nie betrogen, man betriegt sich selbst.
Wir brauchen in unserer Sprache ein Wort, das, wie Kindheit sich zu Kind verhâ°lt, so das Verhâ°ltnis Volkheit zum Volke ausdr¸ckt. Der Erzieher muï¬ die Kindheit hËren, nicht das Kind. Der Gesetzgeber und Regent die Volkheit, nicht das Volk. Jene spricht immer dasselbe aus, ist vern¸nftig, bestâ°ndig, rein und wahr. Dieses weiï¬ niemals f¸r lauter Wollen, was es will. Und in diesem Sinne soll und kann das Gesetz der allgemein ausgesprochene Wille der Volkheit sein, ein Wille, den die Menge niemals ausspricht, den aber der Verstâ°ndige vernimmt und den der Vern¸nftige zu befriedigen weiï¬ und der Gute gern befriedigt.
Welches Recht wir zum Regiment haben, darnach fragen wir nicht–wir regieren. Ob das Volk ein Recht habe, uns abzusetzen, darum bek¸mmern wir uns nicht–wir h¸ten uns nur, daï¬ es nicht in Versuchung komme, es zu tun.
Wenn man den Tod abschaffen kËnnte, dagegen hâ°tten wir nichts; die Todesstrafen abzuschaffen, wird schwerhalten. Geschieht es, so rufen wir sie gelegentlich wieder zur¸ck.
Wenn sich die Sozietâ°t des Rechtes begibt, die Todesstrafe zu verf¸gen, so tritt die Selbsth¸lfe unmittelbar wieder hervor, die Blutrache klopft an die T¸re.
Alle Gesetze sind von Alten und Mâ°nnern gemacht. Junge und Weiber wollen die Ausnahme, Alte die Regel.
Der Verstâ°ndige regiert nicht, aber der Verstand; nicht der Vern¸nftige, sondern die Vernunft.
Wen jemand lobt, dem stellt er sich gleich.
Es ist nicht genug, zu wissen, man muï¬ auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muï¬ auch tun.
Es gibt keine patriotische Kunst und keine patriotische Wissenschaft. Beide gehËren, wie alles hohe Gute, der ganzen Welt an und kËnnen nur durch allgemeine freie Wechselwirkung aller zugleich Lebenden, in steter R¸cksicht auf das, was uns vom Vergangenen ¸brig und bekannt ist, gefËrdert werden.
Wissenschaften entfernen sich im ganzen immer vom Leben und kehren nur durch einen Umweg wieder dahin zur¸ck.
Denn sie sind eigentlich Kompendien des Lebens; sie bringen die â°uï¬ern und innern Erfahrungen ins allgemeine, in einen Zusammenhang.
Das Interesse an ihnen wird im Grunde nur in einer besondern Welt, in der wissenschaftlichen, erregt, denn daï¬ man auch die ¸brige Welt dazu beruft und ihr davon Notiz gibt, wie es in der neuern Zeit geschieht, ist ein Miï¬brauch und bringt mehr Schaden als Nutzen.
Nur durch eine erhËhte Praxis sollten die Wissenschaften auf die â°uï¬ere Welt wirken: denn eigentlich sind sie alle esoterisch und kËnnen nur durch Verbessern irgendeines Tuns exoterisch werden. Alle ¸brige Teilnahme f¸hrt zu nichts.
Die Wissenschaften, auch in ihrem innern Kreise betrachtet, werden mit augenblicklichem, jedesmaligem Interesse behandelt. Ein starker Anstoï¬, besonders von etwas Neuem und UnerhËrtem oder wenigstens mâ°chtig GefËrdertem, erregt eine allgemeine Teilnahme, die jahrelang dauern kann und die besonders in den letzten Zeiten sehr fruchtbar geworden ist.
Ein bedeutendes Faktum, ein geniales Apercu beschâ°ftigt eine sehr groï¬e Anzahl Menschen, erst nur um es zu kennen, dann um es zu erkennen, dann es zu bearbeiten und weiterzuf¸hren.
Die Menge fragt bei einer jeden neuen bedeutenden Erscheinung, was sie nutze, und sie hat nicht unrecht; denn sie kann bloï¬ durch den Nutzen den Wert einer Sache gewahr werden.
Die wahren Weisen fragen, wie sich die Sache verhalte in sich selbst und zu andern Dingen, unbek¸mmert um den Nutzen, d. h. um die Anwendung auf das Bekannte und zum Leben Notwendige, welche ganz andere Geister, scharfsinnige, lebenslustige, technisch ge¸bte und gewandte, schon finden werden.
Die Afterweisen suchen von jeder neuen Entdeckung nur so geschwind als mËglich f¸r sich einigen Vorteil zu ziehen, indem sie einen eitlen Ruhm, bald in Fortpflanzung, bald in Vermehrung, bald in Verbesserung, geschwinder Besitznahme, vielleicht gar durch Prâ°okkupation, zu erwerben suchen und durch solche Unreifheiten die wahre Wissenschaft unsicher machen und verwirren, ja ihre schËnste Folge, die praktische Bl¸te derselben, offenbar verk¸mmern.
Das schâ°dlichste Vorurteil ist, daï¬ irgendeine Art Naturuntersuchung mit dem Bann belegt werden kËnne.
Jeder Forscher muï¬ sich durchaus ansehen als einer, der zu einer Jury berufen ist. Er hat nur darauf zu achten, inwiefern der Vortrag vollstâ°ndig sei und durch klare Belege auseinandergesetzt. Er faï¬t hiernach seine ¸berzeugung zusammen und gibt seine Stimme, es sei nun, daï¬ seine Meinung mit der des Referenten ¸bereintreffe oder nicht.
Dabei bleibt er ebenso beruhigt, wenn ihm die Majoritâ°t beistimmt, als wenn er sich in der Minoritâ°t befindet; denn er hat das Seinige getan, er hat seine ¸berzeugung ausgesprochen, er ist nicht Herr ¸ber die Geister noch ¸ber die Gem¸ter.
In der wissenschaftlichen Welt haben aber diese Gesinnungen niemals gelten wollen; durchaus ist es auf Herrschen und Beherrschen angesehen; und weil sehr wenige Menschen eigentlich selbststâ°ndig sind, so zieht die Menge den Einzelnen nach sich.
Die Geschichte der Philosophie, der Wissenschaften, der Religion, alles zeigt, daï¬ die Meinungen massenweis sich verbreiten, immer aber diejenige den Vorrang gewinnt, welche faï¬licher, d. h. dem menschlichen Geiste in seinem gemeinen Zustande gemâ°ï¬ und bequem ist. Ja derjenige, der sich in hËherem Sinne ausgebildet, kann immer voraussetzen, daï¬ er die Majoritâ°t gegen sich habe.
Wâ°re die Natur in ihren leblosen Anfâ°ngen nicht so gr¸ndlich stereometrisch, wie wollte sie zuletzt zum unberechenbaren und unermeï¬lichen Leben gelangen?
Der Mensch an sich selbst, insofern er sich seiner gesunden Sinne bedient, ist der grËï¬te und genaueste physikalische Apparat, den es geben kann; und das ist eben das grËï¬te Unheil der neuern Physik, daï¬ man die Experimente gleichsam vom Menschen abgesondert hat und bloï¬ in dem, was k¸nstliche Instrumente zeigen, die Natur erkennen, ja, was sie leisten kann, dadurch beschrâ°nken und beweisen will.
Ebenso ist es mit dem Berechnen.–Es ist vieles wahr, was sich nicht berechnen lâ°ï¬t, sowie sehr vieles, was sich nicht bis zum entschiedenen Experiment bringen lâ°ï¬t.
Daf¸r steht ja aber der Mensch so hoch, daï¬ sich das sonst Undarstellbare in ihm darstellt. Was ist denn eine Saite und alle mechanische Teilung derselben gegen das Ohr des Musikers? Ja man kann sagen: was sind die elementaren Erscheinungen der Natur selbst gegen den Menschen, der sie alle erst bâ°ndigen und modifizieren muï¬, um sie sich einigermaï¬en assimilieren zu kËnnen.
Es ist von einem Experiment zu viel gefordert, wenn es alles leisten soll. Konnte man doch die Elektrizitâ°t erst nur durch Reiben darstellen, deren hËchste Erscheinung jetzt durch bloï¬e Ber¸hrung hervorgebracht wird.
Wie man der franzËsischen Sprache niemals den Vorzug streitig machen wird, als ausgebildete Hof–und Weltsprache sich immer mehr aus–und fortbildend zu wirken, so wird es niemand einfallen, das Verdienst der Mathematiker gering zu schâ°tzen, welches sie, in ihrer Sprache, die wichtigsten Angelegenheiten verhandelnd, sich um die Welt erwerben, indem sie alles, was der Zahl und dem Maï¬ im hËchsten Sinne unterworfen ist, zu regeln, zu bestimmen und zu entscheiden wissen.
Jeder Denkende, der seinen Kalender ansieht, nach seiner Uhr blickt, wird sich erinnern, wem er diese Wohltaten schuldig ist. Wenn man sie aber auch auf ehrfurchtsvolle Weise in Zeit und Raum gewâ°hren lâ°ï¬t, so werden sie erkennen, daï¬ wir etwas gewahr werden, was weit dar¸ber hinausgeht, welches allen angehËrt und ohne welches sie selbst weder tun noch wirken kËnnten: Idee und Liebe.
Wer weiï¬ etwas von Elektrizitâ°t, sagte ein heiterer Naturforscher, als wenn er im Finstern eine Katze streichelt oder Blitz und Donner neben ihm niederleuchten und rasseln? Wie viel und wie wenig weiï¬ er alsdann davon?
Lichtenbergs Schriften kËnnen wir uns als der wunderbarsten W¸nschelrute bedienen; wo er einen Spaï¬ macht, liegt ein Problem verborgen.
In den groï¬en leeren Weltraum zwischen Mars und Jupiter legte er auch einen heitern Einfall. Als Kant sorgfâ°ltig bewiesen hatte, daï¬ die beiden genannten Planeten alles aufgezehrt und sich zugeeignet hâ°tten, was nur in diesen Râ°umen zu finden gewesen von Materie, sagte jener scherzhaft, nach seiner Art: Warum sollte es nicht auch unsichtbare Welten geben? Und hat er nicht vollkommen wahr gesprochen? Sind die neu entdeckten Planeten nicht der ganzen Welt unsichtbar, auï¬er den wenigen Astronomen, denen wir auf Wort und Rechnung glauben m¸ssen?
Einer neuen Wahrheit ist nichts schâ°dlicher als ein alter Irrtum.
Die Menschen sind durch die unendlichen Bedingungen des Erscheinens dergestalt obruiert, daï¬ sie das Eine Urbedingende nicht gewahren kËnnen.
“Wenn Reisende ein sehr groï¬es Ergetzen auf ihren Bergklettereien empfinden, so ist f¸r mich etwas Barbarisches, ja Gottloses in dieser Leidenschaft; Berge geben uns wohl den Begriff von Naturgewalt, nicht aber von Wohltâ°tigkeit der Vorsehung. Zu welchem Gebrauch sind sie wohl dem Menschen? Unternimmt er, dort zu wohnen, so wird im Winter eine Schneelawine, im Sommer ein Bergrutsch sein Haus begraben oder fortschieben; seine Herden schwemmt der Gieï¬bach weg, seine Kornscheuern die Windst¸rme. Macht er sich auf den Weg, so ist jeder Aufstieg die Qual des Sisyphus, jeder Niederstieg der Sturz Vulkans; sein Pfad ist tâ°glich von Steinen versch¸ttet, der Gieï¬bach unwegsam f¸r Schiffahrt; finden auch seine Zwergherden notd¸rftige Nahrung oder sammelt er sie ihnen kâ°rglich, entweder die Elemente entreiï¬en sie ihm oder wilde Bestien. Er f¸hrt ein einsam k¸mmerlich Pflanzenleben, wie das Moos auf einem Grabstein, ohne Bequemlichkeit und ohne Gesellschaft. Und diese Zickzackkâ°mme, diese widerwâ°rtigen Felsenwâ°nde, diese ungestalteten Granitpyramiden, welche die schËnsten Weltbreiten mit den Schrecknissen des Nordpols bedecken, wie sollte sich ein wohlwollender Mann daran gefallen und ein Menschenfreund sie preisen!”
Auf diese heitere Paradoxie eines w¸rdigen Mannes wâ°re zu sagen, daï¬, wenn es Gott und der Natur gefallen hâ°tte, den Urgebirgsknoten von Nubien durchaus nach Westen bis an das groï¬e Meer zu entwickeln und fortzusetzen, ferner die Gebirgsreihe einigemal von Norden nach S¸den zu durchschneiden, sodann Tâ°ler entstanden sein w¸rden, worin gar mancher Urvater Abraham ein Kanaan, mancher Albert Julius eine Felsenburg w¸rde gefunden haben, wo denn seine Nachkommen leicht mit den Sternen rivalisierend sich hâ°tten vermehren kËnnen.
Steine sind stumme Lehrer, sie machen den Beobachter stumm, und das Beste, was man von ihnen lernt, ist, nicht mitzuteilen.
Was ich recht weiï¬, weiï¬ ich nur mir selbst; ein ausgesprochenes Wort fËrdert selten, es erregt meistens Widerspruch, Stocken und Stillstehen.
Die Kristallographie als Wissenschaft betrachtet gibt zu ganz eigenen Ansichten Anlaï¬. Sie ist nicht produktiv, sie ist nur sie selbst und hat keine Folgen, besonders nunmehr, da man so manche isomorphische KËrper angetroffen hat, die sich ihrem Gehalte nach ganz verschieden erweisen. Da sie eigentlich nirgends anwendbar ist, so hat sie sich in dem hohen Grade in sich selbst ausgebildet. Sie gibt dem Geist eine gewisse beschrâ°nkte Befriedigung und ist in ihren Einzelheiten so mannigfaltig, daï¬ man sie unerschËpflich nennen kann, deswegen sie auch vorz¸gliche Menschen so entschieden und lange an sich festhâ°lt.
Etwas MËnchisch-Hagestolzenartiges hat die Kristallographie und ist daher sich selbst genug. Von praktischer Lebenseinwirkung ist sie nicht; denn die kËstlichsten Erzeugnisse ihres Gebiets, die kristallinischen Edelsteine, m¸ssen erst zugeschliffen werden, ehe wir unsere Frauen damit schm¸cken kËnnen.
Ganz das Entgegengesetzte ist von der Chemie zu sagen, welche von der ausgebreitetsten Anwendung und von dem grenzenlosesten Einfluï¬ aufs Leben sich erweist.
Der Begriff vom Entstehen ist uns ganz und gar versagt; daher wir, wenn wir etwas werden sehen, denken, daï¬ es schon dagewesen sei. Deshalb das System der Einschachtelung kommt uns begreiflich vor.
Wie manches Bedeutende sieht man aus Teilen zusammensetzen; man betrachte die Werke der Baukunst, man sieht manches sich regel–und unregelmâ°ï¬ig anhâ°ufen; daher ist uns der atomistische Begriff nah und bequem zur Hand, deshalb wir uns nicht scheuen, ihn auch in organischen Fâ°llen anzuwenden.
Wer den Unterschied des Phantastischen und Ideellen, des Gesetzlichen und Hypothetischen nicht zu fassen weiï¬, der ist als Naturforscher in einer ¸blen Lage.
Es gibt Hypothesen, wo Verstand und Einbildungskraft sich an die Stelle der Idee setzen.
Man tut nicht wohl, sich allzulange im Abstrakten aufzuhalten. Das Esoterische schadet nur, indem es exoterisch zu werden trachtet. Leben wird am besten durchs Lebendige belehrt.
F¸r die vorz¸glichste Frau wird diejenige gehalten, welche ihren Kindern den Vater, wenn er abgeht, zu ersetzen imstande wâ°re.
Der unschâ°tzbare Vorteil, welchen die Auslâ°nder gewinnen, indem sie unsere Literatur erst jetzt gr¸ndlich studieren, ist der, daï¬ sie ¸ber die Entwickelungskrankheiten, durch die wir nun schon beinahe wâ°hrend dem Laufe des Jahrhunderts durchgehen muï¬ten, auf einmal weggehoben werden und, wenn das Gl¸ck gut ist, ganz eigentlich daran sich auf das w¸nschenswerteste ausbilden.
Wo die Franzosen des achtzehnten Jahrhunderts zerstËrend sind, ist Wieland neckend.
Das poetische Talent ist dem Bauer so gut gegeben wie dem Ritter, es kommt nur darauf an, daï¬ jeder seinen Zustand ergreife und ihn nach W¸rden behandle.
“Was sind TragËdien anders als versifizierte Passionen solcher Leute, die sich aus den â°uï¬ern Dingen ich weiï¬ nicht was machen.”
Das Wort Schule, wie man es in der Geschichte der bildenden Kunst nimmt, wo man von einer florentinischen, rËmischen und venezianischen Schule spricht, wird sich k¸nftighin nicht mehr auf das deutsche Theater anwenden lassen. Es ist ein Ausdruck, dessen man sich vor dreiï¬ig, vierzig Jahren vielleicht noch bedienen konnte, wo unter beschrâ°nkteren Umstâ°nden sich eine natur–und kunstgemâ°ï¬e Ausbildung noch denken lieï¬; denn genau gesehen gilt auch in der bildenden Kunst das Wort Schule nur von den Anfâ°ngen; denn sobald sie treffliche Mâ°nner hervorgebracht hat, wirkt sie alsobald in die Weite. Florenz beweist seinen Einfluï¬ Â¸ber Frankreich und Spanien; Niederlâ°nder und Deutsche lernen von den Italienern und erwerben sich mehr Freiheit in Geist und Sinn, anstatt daï¬ die S¸dlâ°nder von ihnen eine gl¸cklichere Technik und die genaueste Ausf¸hrung von Norden her gewinnen.
Das deutsche Theater befindet sich in der Schluï¬epoche, wo eine allgemeine Bildung dergestalt verbreitet ist, daï¬ sie keinem einzelnen Orte mehr angehËren, von keinem besondern Punkte mehr ausgehen kann.
Der Grund aller theatralischen Kunst, wie einer jeder andern, ist das Wahre, das Naturgemâ°ï¬e. Je bedeutender dieses ist, auf je hËherem Punkte Dichter und Schauspieler es zu fassen verstehen, eines desto hËhern Ranges wird sich die B¸hne zu r¸hmen haben. Hiebei gereicht es Deutschland zu einem groï¬en Gewinn, daï¬ der Vortrag trefflicher Dichtung allgemeiner geworden ist und auch auï¬erhalb des Theaters sich verbreitet hat.
Auf der Rezitation ruht alle Deklamation und Mimik. Da nun beim Vorlesen jene ganz allein zu beachten und zu ¸ben ist, so bleibt offenbar, daï¬ Vorlesungen die Schule des Wahren und Nat¸rlichen bleiben m¸ssen, wenn Mâ°nner, die ein solches Geschâ°ft ¸bernehmen, von dem Wert, von der W¸rde ihres Berufs durchdrungen sind.
Shakespeare und Calderon haben solchen Vorlesungen einen glâ°nzenden Eingang gewâ°hrt; jedoch bedenke man immer dabei, ob nicht hier gerade das imposante Fremde, das bis zum Unwahren gesteigerte Talent der deutschen Ausbildung schâ°dlich werden m¸sse!
Eigent¸mlichkeit des Ausdruckes ist Anfang und Ende aller Kunst. Nun hat aber eine jede Nation eine von dem allgemeinen Eigent¸mlichen der Menschheit abweichende besondere Eigenheit, die uns zwar anfâ°nglich widerstreben mag, aber zuletzt, wenn wir’s uns gefallen lieï¬en, wenn wir uns derselben hingâ°ben, unsere eigene charakteristische Natur zu ¸berwâ°ltigen und zu erdr¸cken vermochte.
Wieviel Falsches Shakespeare und besonders Calderon ¸ber uns gebracht, wie diese zwei groï¬en Lichter des poetischen Himmels f¸r uns zu Irrlichtern geworden, mËgen die Literatoren der Folgezeit historisch bemerken.
Eine vËllige Gleichstellung mit dem spanischen Theater kann ich nirgends billigen. Der herrliche Calderon hat so viel Konventionelles, daï¬ einem redlichen Beobachter schwer wird, das groï¬e Talent des Dichters durch die Theateretikette durchzuerkennen. Und bringt man so etwas irgendeinem Publikum, so setzt man bei demselben immer guten Willen voraus, daï¬ es geneigt sei, auch das Weltfremde zuzugeben, sich an auslâ°ndischem Sinn, Ton und Rhythmus zu ergetzen und aus dem, was ihm eigentlich gemâ°ï¬ ist, eine Zeitlang herauszugeben.
Yorik-Sterne war der schËnste Geist, der je gewirkt hat; wer ihn liest, f¸hlt sich sogleich frei und schËn; sein Humor ist unnachahmlich, und nicht jeder Humor befreit die Seele.
“Mâ°ï¬igkeit und klarer Himmel sind Apollo und die Musen.”
Das Gesicht ist der edelste Sinn, die andern vier belehren uns nur durch die Organe des Takts, wir hËren, wir f¸hlen, riechen und betasten alles durch Ber¸hrung; das Gesicht aber steht unendlich hËher, verfeint sich ¸ber die Materie und nâ°hert sich den Fâ°higkeiten des Geistes.
Setzten wir uns an die Stelle anderer Personen, so w¸rden Eifersucht und Haï¬ wegfallen, die wir so oft gegen sie empfinden; und setzten wir andere an unsere Stelle, so w¸rde Stolz und Einbildung gar sehr abnehmen.
Nachdenken und Handeln verglich einer mit Rahel und Lea; die eine war anmutiger, die andere fruchtbarer.
Nichts im Leben auï¬er Gesundheit und Tugend ist schâ°tzenswerter als Kenntnis und Wissen; auch ist nichts so leicht zu erreichen und so wohlfeil zu erhandeln; die ganze Arbeit ist Ruhigsein und die Ausgabe Zeit, die wir nicht retten, ohne sie auszugeben.
KËnnte man Zeit wie bares Geld beiseitelegen, ohne sie zu benutzen, so wâ°re dies eine Art von Entschuldigung f¸r den M¸ï¬iggang der halben Welt; aber keine vËllige, denn es wâ°re ein Haushalt, wo man von dem Hauptstamm lebte, ohne sich um die Interessen zu bem¸hen.
Neuere Poeten tun viel Wasser in die Tinte.
Unter mancherlei wunderlichen Albernheiten der Schule kommt mir keine so vollkommen lâ°cherlich vor als der Streit ¸ber die Echtheit alter Schriften, alter Werke. Ist es denn der Autor oder die Schrift, die wir bewundern oder tadeln? es ist immer nur der Autor, den wir vor uns haben; was k¸mmern uns die Namen, wenn wir ein Geisteswerk auslegen?
Wer will behaupten, daï¬ wir Virgil oder Homer vor uns haben, indem wir die Worte lesen, die ihm zugeschrieben werden? Aber die Schreiber haben wir vor uns, und was haben wir weiter nËtig? Und ich denke f¸rwahr, die Gelehrten, die in dieser unwesentlichen Sache so genau zu Werke gehen, scheinen mir nicht weiser als ein sehr schËnes Frauenzimmer, das mich einmal mit mËglichst s¸ï¬em Lâ°cheln befragte: wer denn der Autor von Shakespeares Schauspielen gewesen sei?
Es ist besser, das geringste Ding von der Welt zu tun, als eine halbe Stunde f¸r gering halten.
Mut und Bescheidenheit sind die unzweideutigsten Tugenden; denn sie sind von der Art, daï¬ Heuchelei sie nicht nachahmen kann; auch haben sie die Eigenschaft gemein, sich beide durch dieselbe Farbe auszudr¸cken.
Unter allem Diebsgesindel sind die Narren die Schlimmsten: sie rauben euch beides, Zeit und Stimmung.
Uns selbst zu achten, leitet unsre Sittlichkeit; andere zu schâ°tzen, regiert unser Betragen.
Kunst und Wissenschaft sind Worte, die man so oft braucht und deren genauer Unterschied selten verstanden wird; man gebraucht oft eins f¸r das andere.
Auch gefallen mir die Definitionen nicht, die man davon gibt. Verglichen fand ich irgendwo Wissenschaft mit Witz, Kunst mit Humor. Hierin find’ ich mehr Einbildungskraft als Philosophie: es gibt uns wohl einen Begriff von dem Unterschied beider, aber keinen von dem Eigent¸mlichen einer jeden.
Ich denke, Wissenschaft kËnnte man die Kenntnis des Allgemeinen nennen, das abgezogene Wissen; Kunst dagegen wâ°re Wissenschaft zur Tat verwendet; Wissenschaft wâ°re Vernunft, und Kunst ihr Mechanismus, deshalb man sie auch praktische Wissenschaft nennen kËnnte. Und so wâ°re denn endlich Wissenschaft das Theorem, Kunst das Problem.
Vielleicht wird man mir einwenden: Man hâ°lt die Poesie f¸r Kunst, und doch ist sie nicht mechanisch; aber ich leugne, daï¬ sie eine Kunst sei; auch ist sie keine Wissenschaft. K¸nste und Wissenschaften erreicht man durch Denken, Poesie nicht, denn diese ist Eingebung; sie war in der Seele empfangen, als sie sich zuerst regte. Man sollte sie weder Kunst noch Wissenschaft nennen, sondern Genius.
Auch jetzt im Augenblick sollte jeder Gebildete Sternes Werke wieder zur Hand nehmen, damit auch das neunzehnte Jahrhundert erf¸hre, was wir ihm schuldig sind, und einsâ°he, was wir ihm schuldig werden kËnnen.
In dem Erfolg der Literaturen wird das fr¸here Wirksame verdunkelt und das daraus entsprungene Gewirkte nimmt ¸berhand, deswegen man wohltut, von Zeit zu Zeit wieder zur¸ckzublicken. Was an uns Original ist, wird am besten erhalten und belobt, wenn wir unsre Altvordern nicht aus den Augen verlieren.
MËge das Studium der griechischen und rËmischen Literatur immerfort die Basis der hËhern Bildung bleiben.
Chinesische, indische, â°gyptische Altert¸mer sind immer nur Kuriositâ°ten; es ist sehr wohlgetan, sich und die Welt damit bekannt zu machen; zu sittlicher und â°sthetischer Bildung aber werden sie uns wenig fruchten.
Der Deutsche lâ°uft keine grËï¬ere Gefahr, als sich mit und an seinen Nachbarn zu steigern; es ist vielleicht keine Nation geeigneter, sich aus sich selbst zu entwickeln, deswegen es ihr zum grËï¬ten Vorteil gereichte, daï¬ die Auï¬enwelt von ihr so spâ°t Notiz nahm.
Sehen wir unsre Literatur ¸ber ein halbes Jahrhundert zur¸ck, so finden wir, daï¬ nichts um der Fremden willen geschehen ist.
Daï¬ Friedrich der Groï¬e aber gar nichts von ihnen wissen wollte, das verdroï¬ die Deutschen doch, und sie taten das mËglichste, als Etwas vor ihm zu erscheinen.
Jetzt, da sich eine Weltliteratur einleitet, hat, genau besehen, der Deutsche am meisten zu verlieren; er wird wohl tun, dieser Warnung nachzudenken.
Auch einsichtige Menschen bemerken nicht, daï¬ sie dasjenige erklâ°ren wollen, was Grunderfahrungen sind, bei denen man sich beruhigen m¸ï¬te.
Doch mag dies auch vorteilhaft sein, sonst unterlieï¬e man das Forschen allzu fr¸h.
Wer sich von nun an nicht auf eine Kunst oder Handwerk legt, der wird ¸bel dran sein. Das Wissen fËrdert nicht mehr bei dem schnellen Umtriebe der Welt; bis man von allem Notiz genommen hat, verliert man sich selbst.
Eine allgemeine Ausbildung dringt uns jetzt die Welt ohnehin auf; wir brauchen uns deshalb darum nicht weiter zu bem¸hen, das Besondere m¸ssen wir uns zueignen.
Die grËï¬ten Schwierigkeiten liegen da, wo wir sie nicht suchen.
Lorenz Sterne war geboren 1713, starb 1768. Um ihn zu begreifen, darf man die sittliche und kirchliche Bildung seiner Zeit nicht unbeachtet lassen; dabei hat man wohl zu bedenken, daï¬ er Lebensgenosse Warburtons gewesen.
Eine freie Seele wie die seine kommt in Gefahr, frech zu werden, wenn nicht ein edles Wohlwollen das sittliche Gleichgewicht herstellt.
Bei leichter Ber¸hrbarkeit entwickelte sich alles von innen bei ihm heraus; durch bestâ°ndigen Konflikt unterschied er das Wahre vom Falschen, hielt am ersten fest und verhielt sich gegen das andere r¸cksichtslos.
Er f¸hlte einen entschiedenen Haï¬ gegen Ernst, weil er didaktisch und dogmatisch ist und gar leicht pedantisch wird, wogegen er den entschiedensten Abscheu hegte. Daher seine Abneigung gegen Terminologie.
Bei den vielfachsten Studien und Lekt¸re entdeckte er ¸berall das Unzulâ°ngliche und Lâ°cherliche.
Shandeism nennt er die UnmËglichkeit ¸ber einen ernsten Gegenstand zwei Minuten zu denken.
Dieser schnelle Wechsel von Ernst und Scherz, von Anteil und Gleichg¸ltigkeit, von Leid und Freude soll in dem irlâ°ndischen Charakter liegen.
Sagazitâ°t und Penetration sind bei ihm grenzenlos.
Seine Heiterkeit, Gen¸gsamkeit, Duldsamkeit auf der Reise, wo diese Eigenschaften am meisten gepr¸ft werden, finden nicht leicht ihresgleichen.
So sehr uns der Anblick einer freien Seele dieser Art ergetzt, ebensosehr werden wir gerade in diesem Fall erinnert, daï¬ wir von allem dem, wenigstens von dem meisten, was uns entz¸ckt, nichts in uns aufnehmen d¸rfen.
Das Element der L¸sternheit, in dem er sich so zierlich und sinnig benimmt, w¸rde vielen andern zum Verderben gereichen.
Das Verhâ°ltnis zu seiner Frau wie zur Welt ist betrachtenswert. “Ich habe mein Elend nicht wie ein weiser Mann benutzt”, sagt er irgendwo.
Er scherzt gar anmutig ¸ber die Widerspr¸che, die seinen Zustand zweideutig machen.
“Ich kann das Predigen nicht vertragen, ich glaube, ich habe in meiner Jugend mich daran ¸bergessen.”
Er ist in nichts ein Muster und in allem ein Andeuter und Erwecker.
“Unser Anteil an Ëffentlichen Angelegenheiten ist meist nur Philisterei.”
“Nichts ist hËher zu schâ°tzen als der Wert des Tages.”
“Pereant, qui, ante nos, nostra dixerunt!” So wunderlich kËnnte nur derjenige sprechen, der sich einbildete, ein Autochthon zu sein. Wer sich’s zur Ehre hâ°lt, von vern¸nftigen Vorfahren abzustammen, wird ihnen doch wenigstens ebensoviel Menschensinn zugestehn als sich selbst.
Die originalsten Autoren der neusten Zeit sind es nicht deswegen, weil sie etwas Neues hervorbringen, sondern allein weil sie fâ°hig sind, dergleichen Dinge zu sagen, als wenn sie vorher niemals wâ°ren gesagt gewesen.
Daher ist das schËnste Zeichen der Originalitâ°t, wenn man einen empfangenen Gedanken dergestalt fruchtbar zu entwickeln weiï¬, daï¬ niemand leicht, wie viel in ihm verborgen liege, gefunden hâ°tte.
Viele Gedanken heben sich erst aus der allgemeinen Kultur hervor wie die Bl¸ten aus den gr¸nen Zweigen. Zur Rosenzeit sieht man Rosen ¸berall bl¸hen.
Eigentlich kommt alles auf die Gesinnungen an; wo diese sind, treten auch die Gedanken hervor, und nachdem sie sind, sind auch die Gedanken.
“Nichts wird leicht ganz unparteiisch wieder dargestellt. Man kËnnte sagen: hievon mache der Spiegel eine Ausnahme, und doch sehen wir unser Angesicht niemals ganz richtig darin; ja der Spiegel kehrt unsre Gestalt um und macht unsre linke Hand zur rechten. Dies mag ein Bild sein f¸r alle Betrachtungen ¸ber uns selbst.”
Im Fr¸hling und Herbst denkt man nicht leicht ans Kaminfeuer, und doch geschieht es, daï¬, wenn wir zufâ°llig an einem vorbeigehen, wir das Gef¸hl, das es mitteilt, so angenehm finden, daï¬ wir ihm wohl nachhâ°ngen mËgen. Dies mËchte mit jeder Versuchung analog sein.
“Sei nicht ungeduldig, wenn man deine Argumente nicht gelten lâ°ï¬t.”
Wer lange in bedeutenden Verhâ°ltnissen lebt, dem begegnet freilich nicht alles, was dem Menschen begegnen kann; aber doch das Analoge und vielleicht einiges, was ohne Beispiel war.