Adelheid. Und mein Betragen?
Weislingen. Du bist ein Weib. Ihr haï¬t keinen, der euch hofiert.
Adelheid. Aber ihr?
Weislingen. Er friï¬t mir am Herzen, der f¸rchterliche Gedanke! Adelheid!
Adelheid. Kann ich deine Torheit kurieren?
Weislingen. Wenn du wolltest! Du kËnntest dich vom Hof entfernen.
Adelheid. Sage Mittel und Art. Bist du nicht bei Hofe? Soll ich dich lassen und meine Freunde, um auf meinem Schloï¬ mich mit den Uhus zu unterhalten? Nein, Weislingen, daraus wird nichts. Beruhige dich, du weiï¬t, wie ich dich liebe.
Weislingen. Der heilige Anker in diesem Sturm, solang der Strick nicht reiï¬t. (Ab.)
Adelheid. Fâ°ngst du’s so an! Das fehlte noch. Die Unternehmungen meines Busens sind zu groï¬, als daï¬ du ihnen im Wege stehen solltest. Karl! Groï¬er trefflicher Mann, und Kaiser dereinst! Und sollte er der einzige sein unter den Mâ°nnern, dem der Besitz meiner Gunst nicht schmeichelte? Weislingen, denke nicht mich zu hindern, sonst muï¬t du in den Boden, mein Weg geht ¸ber dich hin.
(Franz kommt mit einem Brief.)
Franz. Hier, gnâ°dige Frau.
Adelheid. Gab dir Karl ihn selbst?
Franz. Ja.
Adelheid. Was hast du? Du siehst so kummervoll.
Franz. Es ist Euer Wille, daï¬ ich mich totschmachten soll; in den Jahren der Hoffnung macht Ihr mich verzweifeln.
Adelheid. Er dauert mich–und wie wenig kostet’s mich, ihn gl¸cklich zu machen! Sei gutes Muts, Junge. Ich f¸hle deine Lieb und Treu, und werde nie unerkenntlich sein.
Franz (beklemmt). Wenn Ihr das fâ°hig wâ°rt, ich m¸ï¬te vergehn. Mein Gott, ich habe keinen Blutstropfen in mir, der nicht Euer wâ°re, keinen Sinn, als Euch zu lieben und zu tun, was Euch gefâ°llt!
Adelheid. Lieber Junge!
Franz. Ihr schmeichelt mir. (In Trâ°nen ausbrechend.) Wenn diese Ergebenheit nichts mehr verdient, als andere sich vorgezogen zu sehn, als Eure Gedanken alle nach dem Karl gerichtet zu sehn-Adelheid. Du weiï¬t nicht, was du willst, noch weniger, was du redst.
Franz (vor Verdruï¬ und Zorn mit dem Fuï¬ stampfend). Ich will auch nicht mehr. Will nicht mehr den Unterhâ°ndler abgeben.
Adelheid. Franz! Du vergiï¬t dich.
Franz. Mich aufzuopfern! Meinen lieben Herrn!
Adelheid. Geh mir aus dem Gesicht.
Franz. Gnâ°dige Frau!
Adelheid. Geh, entdecke deinem lieben Herrn mein Geheimnis. Ich war die Nâ°rrin, dich f¸r was zu halten, das du nicht bist.
Franz. Liebe gnâ°dige Frau, Ihr wiï¬t, daï¬ ich Euch liebe.
Adelheid. Und du warst mein Freund, meinem Herzen so nahe. Geh, verrat mich.
Franz. Eher wollt ich mir das Herz aus dem Leibe reiï¬en! Verzeiht mir, gnâ°dige Frau. Mein Herz ist zu voll, meine Sinnen halten’s nicht aus.
Adelheid. Lieber warmer Junge! (Faï¬t ihn bei den Hâ°nden, zieht ihn zu sich, und ihre K¸sse begegnen einander; er fâ°llt ihr weinend um den Hals.)
Adelheid. Laï¬ mich!
Franz (erstickend in Trâ°nen an ihrem Hals). Gott! Gott!
Adelheid. Laï¬ mich, die Mauern sind Verrâ°ter. Laï¬ mich. (Macht sich los.) Wanke nicht von deiner Lieb und Treu, und der schËnste Lohn soll dir werden. (Ab.)
Franz. Der schËnste Lohn! Nur bis dahin laï¬ mich leben! Ich wollte meinen Vater ermorden, der mir diesen Platz streitig machte.
Jagsthausen
GËtz an einem Tisch. Elisabeth bei ihm mit der Arbeit; es steht ein Licht auf dem Tisch und Schreibzeug.
GËtz. Der M¸ï¬iggang will mir gar nicht schmecken, und meine Beschrâ°nkung wird mir von Tag zu Tag enger; ich wollt, ich kËnnt schlafen, oder mir nur einbilden, die Ruhe sei was Angenehmes.
Elisabeth. So schreib doch deine Geschichte aus, die du angefangen hast. Gib deinen Freunden ein Zeugnis in die Hand, deine Feinde zu beschâ°men; verschaff einer edlen Nachkommenschaft die Freude, dich nicht zu verkennen.
GËtz. Ach! Schreiben ist geschâ°ftiger M¸ï¬iggang, es kommt mir sauer an. Indem ich schreibe, was ich getan, â°rger ich mich ¸ber den Verlust der Zeit, in der ich etwas tun kËnnte.
Elisabeth (nimmt die Schrift). Sei nicht wunderlich. Du bist eben an deiner ersten Gefangenschaft in Heilbronn.
GËtz. Das war mir von jeher ein fataler Ort.
Elisabeth (liest). “Da waren selbst einige von den B¸ndischen, die zu mir sagten: ich habe tËrig getan, mich meinen â°rgsten Feinden zu stellen, da ich doch vermuten konnte, sie w¸rden nicht glimpflich mit mir umgehn; da antwortet ich:” Nun, was antwortetest du? Schreibe weiter.
GËtz. Ich sagte: “Setz ich so oft meine Haut an anderer Gut und Geld, sollt ich sie nicht an mein Wort setzen?”
Elisabeth. Diesen Ruf hast, du.
GËtz. Den sollen sie mir nicht nehmen! Sie haben mir alles genommen, Gut, Freiheit-Elisabeth. Es fâ°llt in die Zeiten, wie ich die von Miltenberg und Singlingen in der Wirtsstube fand, die mich nicht kannten. Da hatt’ ich eine Freude, als wenn ich einen Sohn geboren hâ°tte. Sie r¸hmten dich untereinander und sagten: “Er ist das Muster eines Ritters, tapfer und edel in seiner Freiheit” und gelassen und treu im Ungl¸ck.”
GËtz. Sie sollen mir einen stellen, dem ich mein Wort gebrochen! Und Gott weiï¬, daï¬ ich mehr geschwitzt hab, meinem Nâ°chsten zu dienen, als mir, daï¬ ich um den Namen eines tapfern und treuen Ritters gearbeitet habe, nicht um hohe Reicht¸mer und Rang zu gewinnen. Und Gott sei Dank, worum ich warb, ist mir worden.
(Lerse. Georg mit Wildbret.)
GËtz. Gl¸ck zu, brave Jâ°ger!
Georg. Das sind wir aus braven Reitern geworden. Aus Stiefeln machen sich leicht Pantoffeln.
Lerse. Die Jagd ist doch immer was, und eine Art von Krieg.
Georg. Wenn man nur hierzulande nicht immer mit Reichsknechten zu tun hâ°tte. Wiï¬t Ihr, gnâ°diger Herr, wie Ihr uns prophezeitet: wenn sich die Welt umkehrte, w¸rden wir Jâ°ger werden. Da sind wir’s ohne das.
GËtz. Es kommt auf eins hinaus, wir sind aus unserm Kreise ger¸ckt.
Georg. Es sind bedenkliche Zeiten. Schon seit acht Tagen lâ°ï¬t sich ein f¸rchterlicher Komet sehen, und ganz Deutschland ist in Angst, es bedeute den Tod des Kaisers, der sehr krank ist.
GËtz. Sehr krank! Unsere Bahn geht zu Ende.
Lerse. Und hier in der Nâ°he gibt’s noch schrecklichere Verâ°nderungen. Die Bauern haben einen entsetzlichen Aufstand erregt.
GËtz. Wo?
Lerse. Im Herzen von Schwaben. Sie sengen, brennen und morden. Ich f¸rchte, sie verheeren das ganze Land.
Georg. Einen f¸rchterlichen Krieg gibt’s. Es sind schon an die hundert Ortschaften aufgestanden, und tâ°glich mehr. Der Sturmwind neulich hat ganze Wâ°lder ausgerissen, und kurz darauf hat man in der Gegend, wo der Aufstand begonnen, zwei feurige Schwerter kreuzweis in der Luft gesehn.
GËtz. Da leiden von meinen guten Herrn und Freunden gewiï¬ unschuldig mit!
Georg. Schade, daï¬ wir nicht reiten d¸rfen!
F¸nfter Akt
V. Akt, Szene 1
Bauernkrieg. Tumult in einem Dorf und Pl¸nderung
Weiber und Alte mit Kindern und Gepâ°cke. Flucht.
Alter. Fort! Fort! daï¬ wir den Mordhunden entgehen.
Weib. Heiliger Gott, wie blutrot der Himmel ist, die untergehende Sonne blutrot!
Mutter. Das bedeut Feuer.
Weib. Mein Mann! Mein Mann!
Alter. Fort! Fort! In Wald!
(Ziehen vorbei.–Link.)
Link. Was sich widersetzt, niedergestochen! Das Dorf ist unser. Daï¬ von Fr¸chten nichts umkommt, nichts zur¸ckbleibt. Pl¸ndert rein aus und schnell! Wir z¸nden gleich an.
(Metzler vom H¸gel heruntergelaufen.)
Metzler. Wie geht’s Euch, Link?
Link. Drunter und dr¸ber, siehst du, du kommst zum Kehraus. Woher?
Metzler. Von Weinsberg. Da war ein Fest.
Link. Wie?
Metzler. Wir haben sie zusammengestochen, daï¬ eine Lust war.
Link. Wen alles?
Metzler. Dietrich von Weiler tanzte vor. Der Fratz! Wir waren mit hellem w¸tigem Hauf herum, und er oben auf’m Kirchturn wollt g¸tlich mit uns handeln. Paff! Schoï¬ ihn einer vorn Kopf. Wir hinauf wie Wetter, und zum Fenster herunter mit dem Kerl.
Link. Ah!
Metzler (zu den Bauern). Ihr Hund’, soll ich euch Bein’ machen! Wie sie zaudern und trenteln, die Esel.
Link. Brennt an! sie mËgen drin braten! Fort! Fahrt zu, ihr Schlingel!
Metzler. Darnach f¸hrten wir heraus den Helfenstein, den Eltershofen, an die dreizehn von Adel, zusammen auf achtzig. Herausgef¸hrt auf die Ebne gegen Heilbronn. Das war ein Jubilieren und ein Tumultuieren von den Unsrigen, wie die lange Reih arme reiche S¸nder daherzog, einander anstarrten, und Erd und Himmel! Umringt waren sie, ehe sie sich’s versahen, und alle mit Spieï¬en niedergestochen.
Link. Daï¬ ich nicht dabei war!
Metzler. Hab mein Tag so kein Gaudium gehabt.
Link. Fahrt zu! Heraus!
Bauer. Alles ist leer.
Link. So brennt an allen Ecken.
Metzler. Wird ein h¸bsch Feuerchen geben. Siehst du, wie die Kerls ¸bereinanderpurzelten und quiekten wie die FrËsche! Es lief mir so warm ¸bers Herz wie ein Glas Branntwein! Da war ein Rixinger, wenn der Kerl sonst auf die Jagd ritt, mit dem Federbusch und weiten NaslËchern, und uns vor sich hertrieb mit den Hunden und wie die Hunde. Ich hatt’ ihn die Zeit nicht gesehen, sein Fratzengesicht fiel mir recht auf. Hasch! den Spieï¬ ihm zwischen die Rippen, da lag er, streckt’ alle vier ¸ber seine Gesellen. Wie die Hasen beim Treibjagen zuckten die Kerls ¸bereinander.
Link. Raucht schon brav.
Metzler. Dort hinten brennt’s. Laï¬ uns mit der Beute gelassen zu dem groï¬en Haufen ziehen.
Link. Wo hâ°lt er?
Metzler. Von Heilbronn hieher zu. Sie sind um einen Hauptmann verlegen, vor dem alles Volk Respekt hâ°tt’. Denn wir sind doch nur ihresgleichen, das f¸hlen sie und werden schw¸rig.
Link. Wen meinen sie?
Metzler. Max Stumpf oder GËtz von Berlichingen.
Link. Das wâ°r gut, gâ°b auch der Sache einen Schein, wenn’s der GËtz tâ°t; er hat immer f¸r einen rechtschaffnen Ritter gegolten. Auf! Auf! wir ziehen nach Heilbronn zu! Ruft’s herum.
Metzler. Das Feuer leucht uns noch eine gute Strecke. Hast du den groï¬en Kometen gesehen?
Link. Ja. Das ist ein grausam erschrecklich Zeichen! Wenn wir die Nacht durch ziehen, kËnnen wir ihn recht sehen. Er geht gegen eins auf.
Metzler. Und bleibt nur f¸nf Viertelstunden. Wie ein gebogner Arm mit einem Schwert sieht er aus, so blutgelbrot.
Link. Hast du die drei Stern gesehen an des Schwerts Spitze und Seite?
Metzler. Und der breite wolkenfâ°rbige Streif, mit tausend und tausend Striemen wie Spie﬒, und dazwischen wie kleine Schwerter.
Link. Mir hat’s gegraust. Wie das alles so bleichrot, und darunter viel feurige helle Flamme, und dazwischen die grausamen Gesichter mit rauchen Hâ°uptern und Bâ°rten!
Metzler. Hast du die auch gesehen? Und das zwitzert alles so durcheinander, als lâ°g’s in einem blutigen Meere, und arbeitet durcheinander, daï¬ einem die Sinne vergehn!
Link. Auf! Auf! (Ab.)
Feld
Man sieht in der Ferne zwei DËrfer brennen und ein Kloster.
Kohl. Wild. Max Stumpf. Haufen.
Max Stumpf. Ihr kËnnt nicht verlangen, daï¬ ich euer Hauptmann sein soll. F¸r mich und euch wâ°r’s nichts n¸tze. Ich bin Pfalzgrâ°fischer Diener; wie sollt ich gegen meinen Herrn f¸hren? Ihr w¸rdet immer wâ°hnen, ich râ°t nicht von Herzen.
Kohl. Wuï¬ten wohl, du w¸rdest Entschuldigung finden.
(GËtz, Lerse, Georg kommen.)
GËtz. Was wollt ihr mit mir?
Kohl. Ihr sollt unser Hauptmann sein.
GËtz. Soll ich mein ritterlich Wort dem Kaiser brechen und aus meinem Bann gehen?
Wild. Das ist keine Entschuldigung.
GËtz. Und wenn ich ganz frei wâ°re, und ihr wollt handeln wie bei Weinsberg an den Edeln und Herrn, und so forthausen, wie rings herum das Land brennt und blutet, und ich sollt euch beh¸lflich sein zu euerm schâ°ndlichen rasenden Wesen–eher sollt ihr mich totschlagen wie einen w¸tigen Hund, als daï¬ ich euer Haupt w¸rde!
Kohl. Wâ°re das nicht geschehen, es geschâ°he vielleicht nimmermehr.
Stumpf. Das war eben das Ungl¸ck, daï¬ sie keinen F¸hrer hatten, den sie geehrt, und der ihrer Wut Einhalt tun kËnnen. Nimm die Hauptmannschaft an, ich bitte dich, GËtz. Die F¸rsten werden dir Dank wissen, ganz Deutschland. Es wird zum Besten und Frommen aller sein. Menschen und Lâ°nder werden geschont werden.
GËtz. Warum ¸bernimmst du’s nicht?
Stumpf. Ich hab mich von ihnen losgesagt.
Kohl. Wir haben nicht Sattelhenkens Zeit, und langer unnËtiger Diskurse. Kurz und gut. GËtz, sei unser Hauptmann, oder sieh zu deinem Schloï¬ und deiner Haut. Und hiermit zwei Stunden Bedenkzeit. Bewacht ihn.
GËtz. Was braucht’s das! Ich bin so gut entschlossen–jetzt als darnach. Warum seid ihr ausgezogen? Eure Rechte und Freiheiten wiederzuerlangen? Was w¸tet ihr und verderbt das Land! Wollt ihr abstehen von allen ¸beltaten und handeln als wackre Leute, die wissen, was sie wollen, so will ich euch beh¸lflich sein zu euern Forderungen und auf acht Tag euer Hauptmann sein.
Wild. Was geschehen ist, ist in der ersten Hitz geschehen, und braucht’s deiner nicht, uns k¸nftig zu hindern.
Kohl. Auf ein Vierteljahr wenigstens muï¬t du uns zusagen.
Stumpf. Macht vier Wochen, damit kËnnt ihr beide zufrieden sein.
GËtz. Meinetwegen.
Kohl. Eure Hand!
GËtz. Und gelobt mir, den Vertrag, den ihr mit mir gemacht, schriftlich an alle Haufen zu senden, ihm bei Strafe streng nachzukommen.
Wild. Nun ja! Soll geschehen.
GËtz. So verbind ich mich euch auf vier Wochen.
Stumpf. Gl¸ck zu! Was du tust, schon unsern gnâ°digen Herrn den Pfalzgrafen.
Kohl (leise). Bewacht ihn. Daï¬ niemand mit ihm rede auï¬er eurer Gegenwart.
GËtz. Lerse! Kehr zu meiner Frau. Steh ihr bei. Sie soll bald Nachricht von mir haben.
(GËtz, Stumpf, Georg, Lerse, einige Bauern ab.–Metzler, Link kommen.)
Metzler. Was hËren wir von einem Vertrag? Was soll der Vertrag?
Link. Es ist schâ°ndlich, so einen Vertrag einzugehen.
Kohl. Wir wissen so gut, was wir wollen, als ihr, und haben zu tun und zu lassen.
Wild. Das Rasen und Brennen und Morden muï¬te doch einmal aufhËren, heut oder morgen! so haben wir noch einen braven Hauptmann dazu gewonnen.
Metzler. Was aufhËren! Du Verrâ°ter! Warum sind wir da? Uns an unsern Feinden zu râ°chen, uns emporzuhelfen!–Das hat euch ein F¸rstenknecht geraten.
Kohl. Komm, Wild, er ist wie ein Vieh. (Ab.)
Metzler. Geht nur! Wird euch kein Haufen zustehn. Die Schurken! Link, wir wollen die andern aufhetzen, Miltenberg dort dr¸ben anz¸nden, und wenn’s Hâ°ndel setzt wegen des Vertrags, schlagen wir den Vertrâ°gern zusammen die KËpf ab.
Link. Wir haben doch den groï¬en Haufen auf unsrer Seite.
Berg und Tal. Eine M¸hle in der Tiefe
Ein Trupp Reiter. Weislingen kommt aus der M¸hle mit Franzen und einem Boten.
Weislingen. Mein Pferd!–Ihr habt’s den andern Herrn auch angesagt?
Bote. Wenigstens sieben Fâ°hnlein werden mit Euch eintreffen, im Wald hinter Miltenberg. Die Bauern ziehen unten herum. â¹berall sind Boten ausgeschickt, der ganze Bund wird in kurzem zusammen sein. Fehlen kann’s nicht; man sagt, es sei Zwist unter ihnen.
Weislingen. Desto besser!–Franz!
Franz. Gnâ°diger Herr?
Weislingen. Richt es p¸nktlich aus. Ich bind es dir auf deine Seele. Gib ihr den Brief. Sie soll vom Hof auf mein Schloï¬! Sogleich! Du sollst sie abreisen sehn, und mir’s dann melden.
Franz. Soll geschehen, wie Ihr befehlt.
Weislingen. Sag ihr, sie soll wollen. (Zum Boten.) F¸hrt uns nun den nâ°chsten und besten Weg.
Bote. Wir m¸ssen umziehen. Die Wasser sind von den entsetzlichen Regen alle ausgetreten.
Jagsthausen
Elisabeth. Lerse.
Lerse. TrËstet Euch, gnâ°dige Frau!
Elisabeth. Ach, Lerse, die Trâ°nen stunden ihm in den Augen, wie er Abschied von mir nahm. Es ist grausam, grausam!
Lerse. Er wird zur¸ckkehren.
Elisabeth. Es ist nicht das. Wenn er auszog, r¸hmlichen Sieg zu erwerben, da war mir’s nicht weh ums Herz. Ich freute mich auf seine R¸ckkunft, vor der mir jetzt bang ist.
Lerse. Ein so edler Mann-Elisabeth. Nenn ihn nicht so, das macht neu Elend. Die BËsewichter! Sie drohten, ihn zu ermorden, und sein Schloï¬ anzuz¸nden.–Wenn er wiederkommen wird–ich seh ihn finster, finster. Seine Feinde werden l¸genhafte Klagartikel schmieden, und er wird nicht sagen kËnnen: Nein!
Lerse. Er wird und kann.
Elisabeth. Er hat seinen Bann gebrochen. Sag Nein!
Lerse. Nein! Er ward gezwungen; wo ist der Grund, ihn zu verdammen?
Elisabeth. Die Bosheit sucht keine Gr¸nde, nur Ursachen. Er hat sich zu Rebellen, Missetâ°tern, MËrdern gesellt, ist an ihrer Spitze gezogen. Sage Nein!
Lerse. Laï¬t ab, Euch zu quâ°len und mich. Haben sie ihm nicht feierlich zugesagt, keine Tathandlungen mehr zu unternehmen, wie die bei Weinsberg? HËrt ich sie nicht selbst halbreuig sagen: Wenn’s nicht geschehen wâ°r, geschâ°h’s vielleicht nie? M¸ï¬ten nicht F¸rsten und Herrn ihm Dank wissen, wenn er freiwillig F¸hrer eines unbâ°ndigen Volks geworden wâ°re, um ihrer Raserei Einhalt zu tun und so viel Menschen und Besitzt¸mer zu schonen?
Elisabeth. Du bist ein liebevoller Advokat.–Wenn sie ihn gefangennâ°hmen, als Rebell behandelten, und sein graues Haupt–Lerse, ich mËchte von Sinnen kommen.
Lerse. Sende ihrem KËrper Schlaf, lieber Vater der Menschen, wenn du ihrer Seele keinen Trost geben willst!
Elisabeth. Georg hat versprochen, Nachricht zu bringen. Er wird auch nicht d¸rfen, wie er will. Sie sind â°rger als gefangen. Ich weiï¬, man bewacht sie wie Feinde. Der gute Georg! Er wollte nicht von seinem Herrn weichen.
Lerse. Das Herz blutete mir, wie er mich von sich schickte. Wenn Ihr nicht meiner H¸lfe bed¸rftet, alle Gefahren des schmâ°hlichsten Todes sollten mich nicht von ihm getrennt haben.
Elisabeth. Ich weiï¬ nicht, wo Sickingen ist. Wenn ich nur Marien einen Boten schicken kËnnte.
Lerse. Schreibt nur, ich will daf¸r sorgen. (Ab.)
Bei einem Dorf
GËtz. Georg.
GËtz. Geschwind zu Pferde, Georg! Ich sehe Miltenberg brennen. Halten sie so den Vertrag? Reit hin, sag ihnen die Meinung. Die Mordbrenner! Ich sage mich von ihnen los. Sie sollen einen Zigeuner zum Hauptmann machen, nicht mich. Geschwind, Georg. (Georg ab.) Wollt, ich wâ°re tausend Meilen davon, und lâ°g im tiefsten Turn, der in der T¸rkei steht. KËnnt ich mit Ehren von ihnen kommen! Ich fahr ihnen alle Tag durch den Sinn, sag ihnen die bittersten Wahrheiten, daï¬ sie mein m¸de werden und mich erlassen sollen.
(Ein Unbekannter.)
Unbekannter. Gott grÂ¸ï¬ Euch, sehr edler Herr.
GËtz. Gott dank Euch. Was bringt Ihr? Euern Namen?
Unbekannter. Der tut nichts zur Sache. Ich komme, Euch zu sagen, daï¬ Euer Kopf in Gefahr ist. Die Anf¸hrer sind m¸de, sich von Euch so harte Worte geben zu lassen, haben beschlossen, Euch aus dem Weg zu râ°umen. Mâ°ï¬igt Euch oder seht zu entwischen, und Gott geleit Euch. (Ab.)
GËtz. Auf diese Art dein Leben zu lassen, GËtz, und so zu enden! Es sei drum! So ist mein Tod der Welt das sicherste Zeichen, daï¬ ich nichts Gemeines mit den Hunden gehabt habe.
(Einige Bauern.)
Erster Bauer. Herr, Herr! Sie sind geschlagen, sie sind gefangen.
GËtz. Wer?
Zweiter Bauer. Die Miltenberg verbrannt haben. Es zog sich ein B¸ndischer Trupp hinter dem Berg hervor und ¸berfiel sie auf einmal.
GËtz. Sie erwartet ihr Lohn.–O Georg! Georg!–Sie haben ihn mit den BËsewichtern gefangen–Mein Georg! Mein Georg!-(Anf¸hrer kommen.)
Link. Auf, Herr Hauptmann, auf! Es ist nicht Sâ°umens Zeit. Der Feind ist in der Nâ°he und mâ°chtig.
GËtz. Wer verbrannte Miltenberg?
Metzler. Wenn Ihr Umstâ°nde machen wollt, so wird man Euch weisen, wie man keine macht.
Kohl. Sorgt f¸r unsere Haut und Eure. Auf! Auf!
GËtz (zu Metzler). Drohst du mir! Du Nichtsw¸rdiger! Glaubst du, daï¬ du mir f¸rchterlicher bist, weil des Grafen von Helfenstein Blut an deinen Kleidern klebt?
Metzler. Berlichingen!
GËtz. Du darfst meinen Namen nennen, und meine Kinder werden sich dessen nicht schâ°men.
Metzler. Mit dir feigem Kerl! F¸rstendiener!
GËtz (haut ihn ¸ber den Kopf, daï¬ er st¸rzt. Die andern treten dazwischen).
Kohl. Ihr seid rasend. Der Feind bricht auf allen Seiten ‘rein, und ihr hadert!
Link. Auf! Auf!
(Tumult und Schlacht.–Weislingen. Reiter.)
Weislingen. Nach! Nach! Sie fliehen. Laï¬t euch Regen und Nacht nicht abhalten. GËtz ist unter ihnen, hËr ich. Wendet Fleiï¬ an, daï¬ ihr ihn erwischt. Er ist schwer verwundet, sagen die Unsrigen. (Die Reiter ab.) Und wenn ich dich habe!–Es ist noch Gnade, wenn wir heimlich im Gefâ°ngnis dein Todesurteil vollstrecken.–So verlischt er vor dem Andenken der Menschen, und du kannst freier atmen, tËrichtes Herz. (Ab.)
Nacht, im wilden Wald. Zigeunerlager
Zigeunermutter am Feuer.
Mutter. Flick das Strohdach ¸ber der Grube, Tochter, gibt hint nacht noch Regen genug.
(Knab kommt.)
Knab. Ein Hamster, Mutter. Da! Zwei Feldmâ°us.
Mutter. Will sie dir abziehen und braten, und sollst eine Kapp haben von den Fellchen.–Du blutst?
Knab. Hamster hat mich bissen.
Mutter. Hol mir d¸rr Holz, daï¬ das Feuer loh brennt wenn dein Vater kommt, wird naï¬ sein durch und durch.
(Andre Zigeunerin, ein Kind auf dem R¸cken.)
Erste Zigeunerin. Hast du brav geheischen?
Zweite Zigeunerin. Wenig genug. Das Land ist voll Tumult herum, daï¬ man seins Lebens nicht sicher ist. Brennen zwei DËrfer lichterloh.
Erste Zigeunerin. Ist das dort drunten Brand, der Schein? Seh ihm schon lang zu. Man ist die Feuerzeichen am Himmel zeither so gewohnt worden.
(Zigeunerhauptmann, drei Gesellen kommen.)
Hauptmann. HËrt ihr den wilden Jâ°ger?
Erster Zigeuner. Er zieht grad ¸ber uns hin.
Hauptmann. Wie die Hunde bellen! Wau! Wau!
Zweiter Zigeuner. Die Peitschen knallen.
Dritter Zigeuner. Die Jâ°ger jauchzen holla ho!
Mutter. Bringt ja des Teufels sein Gepâ°ck!
Hauptmann. Haben im Tr¸ben gefischt. Die Bauern rauben selbst, ist’s uns wohl vergËnnt.
Zweite Zigeunerin. Was hast du, Wolf?
Wolf. Einen Hasen, da, und einen Hahn; ein Bratspieï¬; ein B¸ndel Leinwand; drei KochlËffel und ein Pferdzaum.
Sticks. Ein wullen Deck hab ich, ein Paar Stiefeln, und Zunder und Schwefel.
Mutter. Ist alles pudelnaï¬, wollen’s trocknen, gebt her.
Hauptmann. Horch, ein Pferd! Geht! Seht, was ist. (GËtz zu Pferd.)
GËtz. Gott sei Dank! Dort seh ich Feuer, sind Zigeuner. Meine Wunden verbluten, die Feinde hinterher. Heiliger Gott, du endigst grâ°ï¬lich mit mir!
Hauptmann. Ist’s Friede daï¬ du kommst?
GËtz. Ich flehe H¸lfe von euch. Meine Wunden ermatten mich. Helft mir vom Pferd!
Hauptmann. Helf ihm! Ein edler Mann, an Gestalt und Wort.
Wolf (leise). Es ist GËtz von Berlichingen.
Hauptmann. Seid willkommen! Alles ist Euer, was wir haben.
GËtz. Dank Euch.
Hauptmann. Kommt in mein Zelt.
V. Akt, Szene 2
Hauptmanns Zelt
Hauptmann. GËtz.
Hauptmann. Ruft der Mutter, sie soll Blutwurzel bringen und Pflaster.
GËtz (legt den Harnisch ab).
Hauptmann. Hier ist mein Feiertagswams.
GËtz. Gott lohn’s.
(Mutter verbindt ihn.)
Hauptmann. Ist mir herzlich lieb, Euch zu haben.
GËtz. Kennt Ihr mich?
Hauptmann. Wer sollte Euch nicht kennen! GËtz, unser Leben und Blut lassen wir f¸r Euch.
(Schricks.)
Schricks. Kommen durch den Wald Reiter. Sind B¸ndische.
Hauptmann. Eure Verfolger! Sie sollen nit bis zu Euch kommen! Auf, Schricks! Biete den andern! Wir kennen die Schliche besser als sie, wir schieï¬en sie nieder, eh sie uns gewahr werden.
GËtz (allein). O Kaiser! Kaiser! Râ°uber besch¸tzen deine Kinder. (Man hËrt scharf schieï¬en.) Die wilden Kerls, starr und treu!
(Zigeunerin.)
Zigeunerin. Rettet Euch! Die Feinde ¸berwâ°ltigen.
GËtz. Wo ist mein Pferd?
Zigeunerin. Hierbei.
GËtz (g¸rtet sich und sitzt auf ohne Harnisch). Zum letztenmal sollen sie meinen Arm f¸hlen. Ich bin so schwach noch nicht. (Ab.)
Zigeunerin. Er sprengt zu den Unsrigen.
(Flucht.)
Wolf. Fort, fort! Alles verloren. Unser Hauptmann erschossen. GËtz gefangen.
(Geheul der Weiber und Flucht.)
Adelheidens Schlafzimmer
Adelheid mit einem Brief.
Adelheid. Er, oder ich! Der ¸berm¸tige! Mir drohen!–Wir wollen dir zuvorkommen. Was schleicht durch den Saal? (Es klopft.) Wer ist drauï¬en?
(Franz leise.)
Franz. Macht mir auf, gnâ°dige Frau.
Adelheid. Franz! Er verdient wohl, daï¬ ich ihm aufmache. (Lâ°ï¬t ihn ein.)
Franz (fâ°llt ihr um den Hals). Liebe gnâ°dige Frau.
Adelheid. Unverschâ°mter! Wenn dich jemand gehËrt hâ°tte.
Franz. O es schlâ°ft alles, alles!
Adelheid. Was willst du?
Franz. Mich lâ°ï¬t’s nicht ruhen. Die Drohungen meines Herrn, Euer Schicksal, mein Herz.
Adelheid. Er war sehr zornig, als du Abschied nahmst?
Franz. Als ich ihn nie gesehen. Auf ihre G¸ter soll sie, sagt’ er, sie soll wollen.
Adelheid. Und wir folgen?
Franz. Ich weiï¬ nichts, gnâ°dige Frau.
Adelheid. Betrogener tËrichter Junge, du siehst nicht, wo das hinaus will. Hier weiï¬ er mich in Sicherheit. Denn lange steht’s ihm schon nach meiner Freiheit. Er will mich auf seine G¸ter. Dort hat er Gewalt, mich zu behandeln, wie sein Haï¬ ihm eingibt.
Franz. Er soll nicht!
Adelheid. Wirst du ihn hindern?
Franz. Er soll nicht!
Adelheid. Ich seh mein ganzes Elend voraus. Von seinem Schloï¬ wird er mich mit Gewalt reiï¬en, wird mich in ein Kloster sperren.
Franz. HËlle und Tod!
Adelheid. Wirst du mich retten?
Franz. Eh alles! alles!
Adelheid (die weinend ihn umhalst). Franz, ach uns zu retten!
Franz. Er soll nieder, ich will ihm den Fuï¬ auf den Nacken setzen.
Adelheid. Keine Wut! Du sollst einen Brief an ihn haben, voll Demut, daï¬ ich gehorche. Und dieses Flâ°schchen gieï¬ ihm unter das Getrâ°nk.
Franz. Gebt. Ihr sollt frei sein!
Adelheid. Frei! Wenn du nicht mehr zitternd auf deinen Zehen zu mir schleichen wirst–nicht mehr ich â°ngstlich zu dir sage: “Brich auf, Franz, der Morgen kommt.”
Heilbronn, vorm Turn
Elisabeth. Lerse.
Lerse. Gott nehm das Elend von Euch, gnâ°dige Frau. Marie ist hier.
Elisabeth. Gott sei Dank! Lerse, wir sind in entsetzliches Elend versunken. Da ist’s nun, wie mir alles ahnete! Gefangen, als Meuter, Missetâ°ter in den tiefsten Turn geworfen
Lerse. Ich weiï¬ alles.
Elisabeth. Nichts, nichts weiï¬t du, der Jammer ist zu groï¬! Sein Alter, seine Wunden, ein schleichend Fieber und, mehr als alles das, die Finsternis seiner Seele, daï¬ es so mit ihm enden soll.
Lerse. Auch, und daï¬ der Weislingen Kommissar ist.
Elisabeth. Weislingen?
Lerse. Man hat mit unerhËrten Exekutionen verfahren. Metzler ist lebendig verbrannt, zu Hunderten gerâ°dert, gespieï¬t, gekËpft, geviertelt. Das Land umher gleicht einer Metzge, wo Menschenfleisch wohlfeil ist.
Elisabeth. Weislingen Kommissar! O Gott! Ein Strahl von Hoffnung. Marie soll mir zu ihm, er kann ihr nichts abschlagen. Er hatte immer ein weiches Herz, und wenn er sie sehen wird, die er so liebte, die so elend durch ihn ist–Wo ist sie?
Lerse. Noch im Wirtshaus.
Elisabeth. F¸hre mich zu ihr. Sie muï¬ gleich fort. Ich f¸rchte alles.
Weislingens Schloï¬
Weislingen.
Weislingen. Ich bin so krank, so schwach. Alle meine Gebeine sind hohl. Ein elendes Fieber hat das Mark ausgefressen. Keine Ruh und Rast, weder Tag noch Nacht. Im halben Schlummer giftige Trâ°ume. Die vorige Nacht begegnete ich GËtzen im Wald. Er zog sein Schwert und forderte mich heraus. Ich faï¬te nach meinem, die Hand versagte mir. Da stieï¬ er’s in die Scheide, sah mich verâ°chtlich an und ging hinter mich.–Er ist gefangen, und ich zittre vor ihm. Elender Mensch! Dein Wort hat ihn zum Tode verurteilt, und du bebst vor seiner Traumgestalt wie ein Missetâ°ter!–Und soll er sterben?–GËtz! GËtz!–Wir Menschen f¸hren uns nicht selbst; bËsen Geistern ist Macht ¸ber uns gelassen, daï¬ sie ihren hËllischen Mutwillen an unserm Verderben ¸ben. (Setzt sich.)–Matt! Matt! Wie sind meine Nâ°gel so blau!–Ein kalter, kalter, verzehrender Schweiï¬ lâ°hmt mir jedes Glied. Es dreht mir alles vorm Gesicht. KËnnt ich schlafen. Ach-(Maria tritt auf.)
Weislingen. Jesus Marie!–Laï¬ mir Ruh! Laï¬ mir Ruh!–Die Gestalt fehlte noch! Sie stirbt, Marie stirbt, und zeigt sich mir an.–Verlaï¬ mich, seliger Geist, ich bin elend genug.
Maria. Weislingen, ich bin kein Geist. Ich bin Marie.
Weislingen. Das ist ihre Stimme.
Maria. Ich komme, meines Bruders Leben von dir zu erflehen. Er ist unschuldig, so strafbar er scheint.
Weisling. Still, Marie! Du Engel des Himmels bringst die Qualen der HËlle mit dir. Rede nicht fort.
Maria. Und mein Bruder soll sterben? Weislingen, es ist entsetzlich, daï¬ ich dir zu sagen brauche: er ist unschuldig; daï¬ ich jammern muï¬, dich von dem abscheulichsten Morde zur¸ckzuhalten. Deine Seele ist bis in ihre innersten Tiefen von feindseligen Mâ°chten besessen. Das ist Adelbert!
Weislingen. Du siehst, der verzehrende Atem des Todes hat mich angehaucht, meine Kraft sinkt nach dem Grabe. Ich st¸rbe als ein Elender, und du kommst, mich in Verzweiflung zu st¸rzen. Wenn ich reden kËnnte, dein hËchster Haï¬ w¸rde in Mitleid und Jammer zerschmelzen. O Marie! Marie!
Maria. Weislingen, mein Bruder verkranket im Gefâ°ngnis. Seine schweren Wunden, sein Alter. Und wenn du fâ°hig wâ°rst, sein graues Haupt–Weislingen, wir w¸rden verzweifeln.
Weislingen. Genug. (Zieht die Schelle.)
(Franz in â°uï¬erster Bewegung.)
Franz. Gnâ°diger Herr.
Weislingen. Die Papiere dort, Franz!
Franz (bringt sie).
Weislingen (reiï¬t ein Paket auf und zeigt Marien ein Papier). Hier ist deines Bruders Todesurteil unterschrieben.
Maria. Gott im Himmel!
Weislingen. Und so zerreiï¬ ich’s! Er lebt. Aber kann ich wieder schaffen, was ich zerstËrt habe? Weine nicht so, Franz! Guter Junge, dir geht mein Elend tief zu Herzen.
Franz (wirft sich vor ihm nieder und faï¬t seine Knie).
Maria (vor sich). Er ist sehr krank. Sein Anblick zerreiï¬t mir das Herz. Wie liebt ich ihn! und nun ich ihm nahe, f¸hl ich, wie lebhaft.
Weislingen. Franz, steh auf und laï¬ das Weinen! Ich kann wieder aufkommen. Hoffnung ist bei den Lebenden.
Franz. Ihr werdet nicht. Ihr m¸ï¬t sterben.
Weislingen. Ich mu�
Franz (auï¬er sich). Gift! Gift! Von Euerm Weibe!–Ich! Ich! (Rennt davon.)
Weislingen. Marie, geh ihm nach. Er verzweifelt. (Maria ab.) Gift von meinem Weibe! Weh! Weh! Ich f¸hl’s. Marter und Tod!
Maria (inwendig). H¸lfe! H¸lfe!
Weislingen (will aufstehn). Gott, vermag ich das nicht!
Maria (kommt). Er ist hin. Zum Saalfenster hinaus st¸rzt’ er w¸tend in den Main hinunter.
Weislingen. Ihm ist wohl.–Dein Bruder ist auï¬er Gefahr. Die ¸brigen Kommissarien, Seckendorf besonders, sind seine Freunde. Ritterlich Gefâ°ngnis werden sie ihm auf sein Wort gleich gewâ°hren. Leb wohl, Maria, und geh.
Maria. Ich will bei dir bleiben, armer Verlaï¬ner.
Weislingen. Wohl verlassen und arm! Du bist ein furchtbarer Râ°cher, Gott!–Mein Weib-Maria. Entschlage dich dieser Gedanken. Kehre dein Herz zu dem Barmherzigen.
Weislingen. Geh, liebe Seele, ¸berlaï¬ mich meinem Elend.–Entsetzlich! Auch deine Gegenwart, Marie, der letzte Trost, ist Qual.
Maria (vor sich). Stâ°rke mich, o Gott! Meine Seele erliegt mit der seinigen.
Weislingen. Weh! Weh! Gift von meinem Weibe!–Mein Franz verf¸hrt durch die Abscheuliche! Wie sie wartet, horcht auf den Boten, der ihr die Nachricht bringe: er ist tot. Und du, Marie! Marie, warum bist du gekommen, daï¬ du jede schlafende Erinnerung meiner S¸nden wecktest! Verlaï¬ mich! Verlaï¬ mich, daï¬ ich sterbe.
Maria. Laï¬ mich bleiben. Du bist allein. Denk, ich sei deine Wâ°rterin. Vergiï¬ alles. Vergesse dir Gott so alles, wie ich dir alles vergesse.
Weislingen. Du Seele voll Liebe, bete f¸r mich, bete f¸r mich! Mein Herz ist verschlossen.
Maria. Er wird sich deiner erbarmen.–Du bist matt.
Weislingen. Ich sterbe, sterbe und kann nicht ersterben. Und in dem f¸rchterlichen Streit des Lebens und Todes sind die Qualen der HËlle.
Maria. Erbarmer, erbarme dich seiner! Nur einen Blick deiner Liebe an sein Herz, daï¬ es sich zum Trost Ëffne, und sein Geist Hoffnung, Lebenshoffnung in den Tod hin¸berbringe!
In einem finstern engen GewËlbe
Die Richter des heimlichen Gerichts. Alle vermummt.
â°ltester. Richter des heimlichen Gerichts, schwurt auf Strang und Schwert, unstrâ°flich zu sein, zu richten im Verborgnen, zu strafen im Verborgnen Gott gleich! Sind eure Herzen rein und eure Hâ°nde, hebt die Arme empor, ruft ¸ber die Missetâ°ter: “Wehe! Wehe!”
Alle. Wehe! Wehe!
â°ltester. Rufer, beginne das Gericht!
Rufer. Ich, Rufer, rufe die Klag gegen den Missetâ°ter. Des Herz rein ist, dessen Hâ°nd rein sind zu schwËren auf Strang und Schwert, der klage bei Strang und Schwert! klage! klage!
Klâ°ger (tritt vor). Mein Herz ist rein von Missetat, meine Hâ°nde von unschuldigem Blut. Verzeih mir Gott bËse Gedanken und hemme den Weg zum Willen! Ich hebe meine Hand auf und klage! klage! klage!
â°ltester. Wen klagst du an?
Klâ°ger. Klage an auf Strang und Schwert Adelheiden von Weislingen. Sie hat Ehebruchs sich schuldig gemacht, ihren Mann vergiftet durch ihren Knaben. Der Knab hat sich selbst gerichtet, der Mann ist tot.
â°ltester. SchwËrst du zu dem Gott der Wahrheit, daï¬ du Wahrheit klagst?
Klâ°ger. Ich schwËre.
â°ltester. W¸rd es falsch befunden, beutst du deinen Hals der Strafe des Mords und des Ehebruchs?
Klâ°ger. Ich biete.
â°ltester. Eure Stimmen.
(Sie reden heimlich zu ihm.)
Klâ°ger. Richter des heimlichen Gerichts, was ist euer Urteil ¸ber Adelheiden von Weislingen, bez¸chtigt des Ehebruchs und Mords?
â°ltester. Sterben soll sie! sterben des bittern doppelten Todes; mit Strang und Dolch b¸ï¬en doppelt doppelte Missetat. Streckt eure Hâ°nde empor, und rufet Weh ¸ber sie! Weh! Weh! In die Hâ°nde des Râ°chers.
Alle. Weh! Weh! Weh!
â°ltester. Râ°cher! Râ°cher, tritt auf.
Râ°cher (tritt vor).
â°ltester. Faï¬ hier Strang und Schwert, sie zu tilgen von dem Angesicht des Himmels, binnen acht Tage Zeit. Wo du sie findest, nieder mit ihr in Staub!–Richter, die ihr richtet im Verborgenen und strafet im Verborgenen Gott gleich, bewahrt euer Herz vor Missetat und eure Hâ°nde vor unschuldigem Blut.
Hof einer Herberge
Maria. Lerse.
Maria. Die Pferde haben genug gerastet. Wir wollen fort, Lerse.
Lerse. Ruht doch bis an Morgen. Die Nacht ist gar zu unfreundlich.
Maria. Lerse, ich habe keine Ruhe, bis ich meinen Bruder gesehen habe. Laï¬ uns fort. Das Wetter hellt sich aus, wir haben einen schËnen Tag zu gewarten.
Lerse. Wie Ihr befehlt.
Heilbronn, im Turn
GËtz. Elisabeth.
Elisabeth. Ich bitte dich, lieber Mann, rede mit mir. Dein Stillschweigen â°ngstet mich. Du vergl¸hst in dir selbst. Komm, laï¬ uns nach deinen Wunden sehen; sie bessern sich um vieles. In der mutlosen Finsternis erkenn ich dich nicht mehr.
GËtz. Suchtest du den GËtz? Der ist lang hin. Sie haben mich nach und nach verst¸mmelt, meine Hand, meine Freiheit, G¸ter und guten Namen. Mein Kopf, was ist an dem?–Was hËrt Ihr von Georgen? Ist Lerse nach Georgen?
Elisabeth. Ja, Lieber! Richtet Euch auf, es kann sich vieles wenden.
GËtz. Wen Gott niederschlâ°gt, der richtet sich selbst nicht auf. Ich weiï¬ am besten, was auf meinen Schultern liegt. Ungl¸ck bin ich gewohnt zu dulden. Und jetzt ist’s nicht Weislingen allein, nicht die Bauern allein, nicht der Tod des Kaisers und meine Wunden–Es ist alles zusammen. Meine Stunde ist kommen. Ich hoffte, sie sollte sein wie mein Leben. Sein Wille geschehe.
Elisabeth. Willt du nicht was essen?
GËtz. Nichts, meine Frau. Sieh, wie die Sonne drauï¬en scheint.
Elisabeth. Ein schËner Fr¸hlingstag.
GËtz. Meine Liebe, wenn du den Wâ°chter bereden kËnntest, mich in sein klein Gâ°rtchen zu lassen auf eine halbe Stunde, daï¬ ich der lieben Sonne genËsse, des heitern Himmels und der reinen Luft.
Elisabeth. Gleich! und er wird’s wohl tun.
Gâ°rtchen am Turn
Maria. Lerse.
Maria. Geh hinein und sieh, wie’s steht.
(Lerse ab.–Elisabeth. Wâ°chter.)
Elisabeth. Gott vergelt Euch die Lieb und Treu an meinem Herrn. (Wâ°chter ab.) Maria, was bringst du?
Maria. Meines Bruders Sicherheit. Ach, aber mein Herz ist zerrissen. Weislingen ist tot, vergiftet von seinem Weibe. Mein Mann ist in Gefahr. Die F¸rsten werden ihm zu mâ°chtig, man sagt, er sei eingeschlossen und belagert.
Elisabeth. Glaubt dem Ger¸chte nicht. Und laï¬t GËtzen nichts merken.
Maria. Wie steht’s um ihn?
Elisabeth. Ich f¸rchtete, er w¸rde deine R¸ckkunft nicht erleben. Die Hand des Herrn liegt schwer auf ihm. Und Georg ist tot.
Maria. Georg! der goldne Junge!
Elisabeth. Als die Nichtsw¸rdigen Miltenberg verbrannten, sandte ihn sein Herr, ihnen Einhalt zu tun. Da fiel ein Trupp B¸ndischer auf sie los.–Georg! hâ°tten sie sich alle gehalten wie er, sie hâ°tten alle das gute Gewissen haben m¸ssen. Viel wurden erstochen, und Georg mit: er starb einen Reiterstod.
Maria. Weiï¬ es GËtz?
Elisabeth. Wir verbergen’s vor ihm. Er fragt mich zehnmal des Tags, und schickt mich zehnmal des Tags zu forschen, was Georg macht. Ich f¸rchte seinem Herzen diesen letzten Stoï¬ zu geben.
Maria. O Gott, was sind die Hoffnungen dieser Erden!
(GËtz. Lerse. Wâ°chter.)
GËtz. Allmâ°chtiger Gott! Wie wohl ist’s einem unter deinem Himmel! Wie frei!–Die Bâ°ume treiben Knospen, und alle Welt hofft. Lebt wohl, meine Lieben; meine Wurzeln sind abgehauen, meine Kraft sinkt nach dem Grabe.
Elisabeth. Darf ich Lersen nach deinem Sohn ins Kloster schicken, daï¬ du ihn noch einmal siehst und segnest?
GËtz. Laï¬ ihn, er ist heiliger als ich, er braucht meinen Segen nicht. –An unsrem Hochzeittag, Elisabeth, ahnte mir’s nicht, daï¬ ich so sterben w¸rde.–Mein alter Vater segnete uns, und eine Nachkommenschaft von edeln tapfern SËhnen quoll aus seinem Gebet.–Du hast ihn nicht erhËrt, und ich bin der Letzte.–Lerse, dein Angesicht freut mich in der Stunde des Todes mehr als im mutigsten Gefecht. Damals f¸hrte mein Geist den eurigen; jetzt hâ°ltst du mich aufrecht. Ach daï¬ ich Georgen noch einmal sâ°he, mich an seinem Blick wâ°rmte! –Ihr seht zur Erden und weint–Er ist tot–Georg ist tot.–Stirb, GËtz–Du hast dich selbst ¸berlebt, die Edeln ¸berlebt.–Wie starb er?–Ach fingen sie ihn unter den Mordbrennern, und er ist hingerichtet?
Elisabeth. Nein, er wurde bei Miltenberg erstochen. Er wehrte sich wie ein LËw um seine Freiheit.
GËtz. Gott sei Dank!–Er war der beste Junge unter der Sonne und tapfer.–LËse meine Seele nun!–Arme Frau! Ich lasse dich in einer verderbten Welt. Lerse, verlaï¬ sie nicht.–Schlieï¬t eure Herzen sorgfâ°ltiger als eure Tore. Es kommen die Zeiten des Betrugs, es ist ihm Freiheit gegeben. Die Nichtsw¸rdigen werden regieren mit List, und der Edle wird in ihre Netze fallen. Maria, gebe dir Gott deinen Mann wieder. MËge er nicht so tief fallen, als er hoch gestiegen ist! Selbitz starb, und der gute Kaiser, und mein Georg.–Gebt mir einen Trunk Wasser.–Himmlische Luft–Freiheit! Freiheit! (Er stirbt.)
Elisabeth. Nur droben, droben bei dir. Die Welt ist ein Gefâ°ngnis.
Maria. Edler Mann! Edler Mann! Wehe dem Jahrhundert, das dich von sich stieï¬!
Lerse. Wehe der Nachkommenschaft, die dich verkennt!