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Weislingen. Soll das Euer letzter Blick sein?

Adelheid. Geht, ich bin krank, sehr zur ungelegnen Zeit.

Weislingen. Seht mich nicht so an.

Adelheid. Willst du unser Feind sein, und wir sollen dir l‰cheln? Geh!

Weislingen. Adelheid!

Adelheid. Ich hasse Euch!

(Franz kommt.)

Franz. Gn‰diger Herr! Der Bischof l‰flt Euch rufen.

Adelheid. Geht! Geht!

Franz. Er bittet Euch, eilend zu kommen.

Adelheid. Geht! Geht!

Weislingen. Ich nehme nicht Abschied, ich sehe Euch wieder! (Ab.)

Adelheid. Mich wieder? Wir wollen daf¸r sein. Margarete, wenn er kommt, weis ihn ab. Ich bin krank, habe Kopfweh, ich schlafe–Weis ihn ab. Wenn er noch zu gewinnen ist, so ist’s auf diesem Wege. (Ab. )

Vorzimmer

Weislingen. Franz.

Weislingen. Sie will mich nicht sehn?

Franz. Es wird Nacht, soll ich die Pferde satteln?

Weislingen. Sie will mich nicht sehn?

Franz. Wann befehlen Ihro Gnaden die Pferde?

Weislingen. Es ist zu sp‰t! Wir bleiben hier.

Franz. Gott sei Dank! (Ab.)

Weislingen. Du bleibst! Sei auf, deiner Hut, die Versuchung ist grofl. Mein Pferd scheute, wie ich zum Schlofltor herein wollte, mein guter Geist stellte sich ihm entgegen, er kannte die Gefahren, die mein hier warteten.–Doch ist’s nicht recht, die vielen Gesch‰fte, die ich dem Bischof unvollendet liegen liefl, nicht wenigstens so zu ordnen, dafl ein Nachfolger da anfangen kann, wo ich’s gelassen habe. Das kann ich doch alles tun, unbeschadet Berlichingen und unserer Verbindung. Denn halten sollen sie mich hier nicht.–W‰re doch besser gewesen, wenn ich nicht gekommen w‰re. Aber ich will fort–morgen oder ¸bermorgen. (Geht ab.)

Im Spessart

Gˆtz. Selbitz. Georg.

Selbitz. Ihr seht, es ist gegangen, wie ich gesagt habe.

Gˆtz. Nein! Nein! Nein!

Georg. Glaubt, ich berichte Euch mit der Wahrheit. Ich tat, wie Ihr befahlt, nahm den Kittel des Bambergischen und sein Zeichen, und damit ich doch mein Essen und Trinken verdiente, geleitete ich Reineckische Bauern hinauf nach Bamberg.

Selbitz. In der Verkappung? Das h‰tte dir ¸bel geraten kˆnnen.

Georg. So denk ich auch hintendrein. Ein Reitersmann, der das voraus denkt, wird keine weiten Spr¸nge machen. Ich kam nach Bamberg, und gleich im Wirtshaus hˆrte ich erz‰hlen: Weislingen und der Bischof seien ausgesˆhnt, und man redte viel von einer Heirat mit der Witwe des von Walldorf.

Gˆtz. Gespr‰che.

Georg. Ich sah ihn, wie er sie zur Tafel f¸hrte. Sie ist schˆn, bei meinem Eid, sie ist schˆn. Wir b¸ckten uns alle, sie dankte uns allen, er nickte mit dem Kopf, sah sehr vergn¸gt, sie gingen vorbei, und das Volk murmelte: “Ein schˆnes Paar!”

Gˆtz. Das kann sein.

Georg. Hˆrt weiter. Da er des andern Tags in die Messe ging, paflt ich meine Zeit ab. Er war allein mit einem Knaben. Ich stund unten an der Treppe und sagte leise zu ihm: “Ein paar Worte von Euerm Berlichingen.” Er ward best¸rzt; ich sahe das Gest‰ndnis seines Lasters in seinem Gesicht, er hatte kaum das Herz, mich anzusehen, mich, einen schlechten Reitersjungen.

Selbitz. Das macht, sein Gewissen war schlechter als dein Stand.

Georg. “Du bist Bambergisch?” sagt’ er.–“Ich bring einen Grufl vom Ritter Berlichingen”, sagt ich, “und soll fragen–“–“Komm morgen fr¸h”, sagt’ er, “an mein Zimmer, wir wollen weiterreden.”

Gˆtz. Kamst du?

Georg. Wohl kam ich, und muflt im Vorsaal stehn, lang, lang. Und die seidnen Buben beguckten mich von vorn und hinten. Ich dachte, guckt ihr–Endlich f¸hrte man mich hinein, er schien bˆse, mir war’s einerlei. Ich trat zu ihm und legte meine Kommission ab. Er tat feindlich bˆse, wie einer, der kein Herz hat und ‘s nit will merken lassen. Er verwunderte sich, dafl Ihr ihn durch einen Reitersjungen zur Rede setzen lieflt. Das verdrofl mich. Ich sagte, es g‰be nur zweierlei Leut, brave und Schurken, und ich diente Gˆtzen von Berlichingen. Nun fing er an, schwatzte allerlei verkehrtes Zeug, das darauf hinausging: Ihr h‰ttet ihn ¸bereilt, er sei Euch keine Pflicht schuldig und wolle nichts mit Euch zu tun haben.

Gˆtz. Hast du das aus seinem Munde?

Georg. Das und noch mehr–Er drohte mir-Gˆtz. Es ist genug! Der w‰re nun auch verloren! Treu und Glaube, du hast mich wieder betrogen. Arme Marie! Wie werd ich dir’s beibringen!

Selbitz. Ich wollte lieber mein ander Bein dazu verlieren, als so ein Hundsfott sein. (Ab.)

Bamberg

Adelheid. Weislingen.

Adelheid. Die Zeit f‰ngt mir an unertr‰glich lang zu werden; reden mag ich nicht, und ich sch‰me mich, mit Euch zu spielen. Langeweile, du bist ‰rger als ein kaltes Fieber.

Weislingen. Seid Ihr mich schon m¸de?

Adelheid. Euch nicht sowohl als Euern Umgang. Ich wollte, Ihr w‰rt, wo Ihr hinwolltet, und wir h‰tten Euch nicht gehalten.

Weislingen. Das ist Weibergunst! Erst br¸tet sie, mit Mutterw‰rme, unsere liebsten Hoffnungen an; dann, gleich einer unbest‰ndigen Henne, verl‰flt sie das Nest und ¸bergibt ihre schon keimende Nachkommenschaft dem Tode und der Verwesung.

Adelheid. Scheltet die Weiber! Der unbesonnene Spieler zerbeiflt und zerstampft die Karten, die ihn unschuldigerweise verlieren machten. Aber laflt mich Euch was von Mannsleuten erz‰hlen. Was seid denn ihr, um von Wankelmut zu sprechen? Ihr, die ihr selten seid, was ihr sein wollt, niemals, was ihr sein solltet. Kˆnige im Festtagsornat, vom Pˆbel beneidet. Was g‰b eine Schneidersfrau drum, eine Schnur Perlen um ihren Hals zu haben, von dem Saum eures Kleids, den eure Abs‰tze ver‰chtlich zur¸ckstoflen!

Weislingen. Ihr seid bitter.

Adelheid. Es ist die Antistrophe von Eurem Gesang. Eh ich Euch kannte, Weislingen, ging mir’s wie der Schneidersfrau. Der Ruf, hundertz¸ngig, ohne Metapher gesprochen, hatte Euch so zahnarztm‰flig herausgestrichen, dafl ich mich ¸berreden liefl zu w¸nschen: mˆchtest du doch diese Quintessenz des m‰nnlichen Geschlechts, den Phˆnix Weislingen zu Gesicht kriegen! Ich ward meines Wunsches gew‰hrt.

Weislingen. Und der Phˆnix pr‰sentierte sich als ein ordin‰rer Haushahn.

Adelheid. Nein, Weislingen, ich nahm Anteil an Euch.

Weislingen. Es schien so-Adelheid. Und war. Denn wirklich, ihr ¸bertraft Euern Ruf. Die Menge sch‰tzt nur den Widerschein des Verdienstes. Wie mir’s denn nun geht, dafl ich ¸ber die Leute nicht denken mag, denen ich wohlwill; so lebten wir eine Zeitlang nebeneinander, es fehlte mir was, und ich wuflte nicht, was ich an Euch vermiflte. Endlich gingen mir die Augen auf. Ich sah statt des aktiven Mannes, der die Gesch‰fte eines F¸rstentums belebte, der sich und seinen Ruhm dabei nicht vergafl, der auf hundert groflen Unternehmungen, wie auf ¸bereinander gew‰lzten Bergen, zu den Wolken hinaufgestiegen war: den sah ich auf einmal, jammernd wie einen kranken Poeten, melancholisch wie ein gesundes M‰dchen und m¸fliger als einen alten Junggesellen. Anfangs schrieb ich’s Euerm Unfall zu, der Euch noch neu auf dem Herzen lag, und entschuldigte Euch, so gut ich konnte. Jetzt, da es von Tag zu Tage schlimmer mit Euch zu werden scheint, m¸flt Ihr mir verzeihen, wenn ich Euch meine Gunst entreifle. Ihr besitzt sie ohne Recht, ich schenkte sie einem andern auf Lebenslang, der sie Euch nicht ¸bertragen konnte.

Weislingen. So laflt mich los.

Adelheid. Nicht, bis alle Hoffnung verloren ist. Die Einsamkeit ist in diesen Umst‰nden gef‰hrlich.–Armer Mensch! Ihr seid so miflm¸tig, wie einer, dem sein erstes M‰dchen untreu wird, und eben darum geb ich Euch nicht auf. Gebt mir die Hand, verzeiht mir, was ich aus Liebe gesagt habe.

Weislingen. Kˆnntest du mich lieben, kˆnntest du meiner heiflen Leidenschaft einen Tropfen Linderung gew‰hren! Adelheid! deine Vorw¸rfe sind hˆchst ungerecht. Kˆnntest du den hundertsten Teil ahnen von dem, was die Zeit her in mir arbeitet, du w¸rdest mich nicht mit Gef‰lligkeit, Gleichg¸ltigkeit und Verachtung so unbarmherzig hin und her zerrissen haben–Du l‰chelst!–Nach dem ¸bereilten Schritt wieder mit mir selbst einig zu werden, kostete mehr als einen Tag. Wider den Menschen zu arbeiten, dessen Andenken so lebhaft neu in Liebe bei mir ist.

Adelheid. Wunderlicher Mann, der du den lieben kannst, den du beneidest! Das ist, als wenn ich meinem Feinde Proviant zuf¸hrte.

Weislingen. Ich f¸hl’s wohl, es gilt hier, kein S‰umen. Er ist berichtet, dafl ich wieder Weislingen bin, und er wird sich seines Vorteils ¸ber uns ersehen. Auch, Adelheid, sind wir nicht so tr‰g, als du meinst. Unsere Reiter sind verst‰rkt und wachsam, unsere Unterhandlungen gehen fort, und der Reichstag zu Augsburg soll hoffentlich unsere Projekte zur Reife bringen.

Adelheid. Ihr geht hin?

Weislingen. Wenn ich eine Hoffnung mitnehmen kˆnnte! (K¸flt ihre Hand. )

Adelheid. O ihr Ungl‰ubigen! Immer Zeichen und Wunder! Geh, Weislingen, und vollende das Werk. Der Vorteil des Bischofs, der deinige, der meinige, sie sind so verwebt, dafl, w‰re es auch nur der Politik wegen-Weislingen. Du kannst scherzen.

Adelheid. Ich scherze nicht. Meine G¸ter hat der stolze Herzog inne, die deinigen wird Gˆtz nicht lange ungeneckt lassen; und wenn wir nicht zusammenhalten wie unsere Feinde und den Kaiser auf unsere Seite lenken, sind wir verloren.

Weislingen. Mir ist’s nicht bange. Der grˆflte Teil der F¸rsten ist unserer Gesinnung. Der Kaiser verlangt H¸lfe gegen die T¸rken, und daf¸r ist’s billig, dafl er uns wieder beisteht. Welche Wollust wird mir’s sein, deine G¸ter von ¸berm¸tigen Feinden zu befreien, die unruhigen Kˆpfe in Schwaben aufs Kissen zu bringen, die Ruhe des Bistums, unser aller herzustellen. Und dann–?

Adelheid. Ein Tag bringt den andern, und beim Schicksal steht das Zuk¸nftige.

Weislingen. Aber wir m¸ssen wollen.

Adelheid. Wir wollen ja.

Weislingen. Gewifl?

Adelheid. Nun ja. Geht.

Weislingen. Zauberin!

Herberge Bauernhochzeit. Musik und Tanz drauflen

Der Brautvater, Gˆtz, Selbitz am Tische. Br‰utigam tritt zu ihnen.

Gˆtz. Das Gescheitste war, dafl ihr euern Zwist so gl¸cklich und frˆhlich durch eine Heirat endigt.

Brautvater. Besser, als ich mir’s h‰tte tr‰umen lassen. In Ruh und Fried mit meinem Nachbar, und eine Tochter wohl versorgt dazu!

Br‰utigam. Und ich im Besitz des strittigen St¸cks, und dr¸ber den h¸bschten Backfisch im ganzen Dorf. Wollte Gott, Ihr h‰ttet Euch eher drein geben.

Selbitz. Wie lange habt ihr prozessiert?

Brautvater. An die acht Jahre. Ich wollte lieber noch einmal so lang das Frieren haben, als von vorn anfangen. Das ist ein Gezerre, Ihr glaubt’s nicht, bis man den Per¸cken ein Urteil vom Herzen reiflt; und was hat man darnach? Der Teufel hol den Assessor Sapupi! ‘s is ein verfluchter schwarzer Italiener.

Br‰utigam. Ja, das ist ein toller Kerl. Zweimal war ich dort.

Brautvater. Und ich dreimal. Und seht, ihr Herrn: kriegen wir ein Urteil endlich, wo ich so viel Recht hab als er, und er so viel als ich, und wir eben stunden wie die Maulaffen, bis mir unser Herrgott eingab, ihm meine Tochter zu geben und das Zeug dazu.

Gˆtz (trinkt). Gut Vernehmen k¸nftig.

Brautvater. Geb’s Gott! Geh aber, wie’s will, prozessieren tu ich mein Tag nit mehr. Was das ein Geldspiel kost! Jeden Reverenz, den euch ein Prokurator macht, m¸flt ihr bezahlen.

Selbitz. Sind ja j‰hrlich Kaiserliche Visitationen da.

Brautvater. Hab nichts davon gehˆrt. Ist mir mancher schˆne Taler nebenaus gangen. Das unerhˆrte Blechen!

Gˆtz. Wie meint Ihr?

Brautvater. Ach, da macht alles hohle Pfˆtchen. Der Assessor allein, Gott verzeih’s ihm, hat mir achtzehn Goldgulden abgenommen.

Br‰utigam. Wer?

Brautvater. Wer anders als der Sapupi?

Gˆtz. Das ist sch‰ndlich.

Brautvater. Wohl, ich muflt ihm zwanzig erlegen. Und da ich sie ihm hingezahlt hatte, in seinem Gartenhaus, das pr‰chtig ist, im groflen Saal, wollt mir vor Wehmut fast das Herz brechen. Denn seht, eines Haus und Hof steht gut, aber wo soll bar Geld herkommen? Ich stund da, Gott weifl, wie mir’s war. Ich hatte keinen roten Heller Reisegeld im Sack. Endlich nahm ich mir ‘s Herz und stellt’s ihm vor. Nun er sah, dafl mir ‘s Wasser an die Seele ging, da warf er mir zwei davon zur¸ck und schickt’ mich fort.

Br‰utigam. Es ist nicht mˆglich! Der Sapupi?

Brautvater. Wie stellst du dich! Freilich! Kein andrer!

Br‰utigam. Den soll der Teufel holen, er hat mir auch funfzehn Goldg¸lden abgenommen.

Brautvater. Verflucht!

Selbitz. Gˆtz! Wir sind R‰uber!

Brautvater. Drum fiel das Urteil so scheel aus. Du Hund!

Gˆtz. Das m¸flt ihr nicht unger¸gt lassen.

Brautvater. Was sollen wir tun?

Gˆtz. Macht euch auf nach Speier, es ist eben Visitationszeit, zeigt’s an, sie m¸ssen’s untersuchen und euch zu dem Eurigen helfen.

Br‰utigam. Denkt Ihr, wir treiben’s durch?

Gˆtz. Wenn ich ihm ¸ber die Ohren d¸rfte, wollt ich’s euch versprechen.

Selbitz. Die Summe ist wohl einen Versuch wert.

Gˆtz. Bin ich wohl eher um des vierten Teils willen ausgeritten.

Brautvater. Wie meinst du?

Br‰utigam. Wir wollen, geh’s wie’s geh.

(Georg kommt.)

Georg. Die N¸rnberger sind im Anzug.

Gˆtz. Wo?

Georg. Wenn wir ganz sachte reiten, packen wir sie zwischen Beerheim und M¸hlbach im Wald.

Selbitz. Trefflich!

Gˆtz. Kommt, Kinder. Gott gr¸fl euch! Helf uns allen zum Unsrigen!

Bauer. Groflen Dank! Ihr wollt nicht zum Nacht-Ims bleiben?

Gˆtz. Kˆnnen nicht. Adies.

Dritter Akt

III. Akt, Szene 1

Augsburg. Ein Garten

Zwei N¸rnberger Kaufleute.

Erster Kaufmann. Hier wollen wir stehn, denn da mufl der Kaiser vorbei. Er kommt eben den langen Gang herauf.

Zweiter Kaufmann. Wer ist bei ihm?

Erster Kaufmann. Adelbert von Weislingen!

Zweiter Kaufmann. Bambergs Freund! Das ist gut.

Erster Kaufmann. Wir wollen einen Fuflfall tun, und ich will reden.

Zweiter Kaufmann. Wohl, da kommen sie.

(Kaiser. Weislingen.)

Erster Kaufmann. Er sieht verdriefllich aus.

Kaiser. Ich bin unmutig, Weislingen, und wenn ich auf mein vergangenes Leben zur¸cksehe, mˆcht ich verzagt werden; so viel halbe, so viel verungl¸ckte Unternehmungen! und das alles, weil kein F¸rst im Reich so klein ist, dem nicht mehr an seinen Grillen gelegen w‰re als an meinen Gedanken.

(Die Kaufleute werfen sich ihm zu F¸flen.)

Kaufmann. Allerdurchlauchtigster! Groflm‰chtigster!

Kaiser. Wer seid ihr? Was gibt’s?

Kaufmann. Arme Kaufleute von N¸rnberg, Eurer Majest‰t Knechte, und flehen um H¸lfe. Gˆtz von Berlichingen und Hans von Selbitz haben unser dreiflig, die von der Frankfurter Messe kamen, im Bambergischen Geleite niedergeworfen und beraubt; wir bitten Eure Kaiserliche Majest‰t um H¸lfe, um Beistand, sonst sind wir alle verdorbene Leute, genˆtigt, unser Brot zu betteln.

Kaiser. Heiliger Gott! Heiliger Gott! Was ist das? Der eine hat nur eine Hand, der andere nur ein Bein; wenn sie denn erst zwei H‰nde h‰tten, und zwei Beine, was wolltet ihr dann tun?

Kaufmann. Wir bitten Eure Majest‰t untert‰nigst, auf unsere bedr‰ngten Umst‰nde ein mitleidiges Auge zu werfen.

Kaiser. Wie geht’s zu! Wenn ein Kaufmann einen Pfeffersack verliert, soll man das ganze Reich aufmahnen; und wenn H‰ndel vorhanden sind, daran Kaiserlicher Majest‰t und dem Reich viel gelegen ist, dafl es Kˆnigreich, F¸rstentum, Herzogtum und anders betrifft, so kann euch kein Mensch zusammenbringen.

Weislingen. Ihr kommt zur ungelegnen Zeit. Geht und verweilt einige Tage hier.

Kaufleute. Wir empfehlen uns zu Gnaden. (Ab.)

Kaiser. Wieder neue H‰ndel. Sie wachsen nach wie die Kˆpfe der Hydra.

Weislingen. Und sind nicht auszurotten als mit Feuer und Schwert und einer mutigen Unternehmung.

Kaiser. Glaubt Ihr?

Weislingen. Ich halte nichts f¸r tunlicher, wenn Eure Majest‰t und die F¸rsten sich ¸ber andern unbedeutenden Zwist vereinigen kˆnnten. Es ist mit nichten ganz Deutschland, das ¸ber Beunruhigung klagt. Franken und Schwaben allein glimmt noch von den Resten des innerlichen verderblichen B¸rgerkriegs. Und auch da sind viele der Edeln und Freien, die sich nach Ruhe sehnen. H‰tten wir einmal diesen Sickingen, Selbitz–Berlichingen auf die Seite geschafft, das ¸brige w¸rde bald von sich selbst zerfallen. Denn sie sind’s, deren Geist die aufr¸hrische Menge belebt.

Kaiser. Ich mˆchte die Leute gerne schonen, sie sind tapfer und edel. Wenn ich Krieg f¸hrte, m¸flten sie mit mir zu Felde.

Weislingen. Es w‰re zu w¸nschen, dafl sie von jeher gelernt h‰tten, ihrer Pflicht zu gehorchen. Und dann w‰r es hˆchst gef‰hrlich, ihre aufr¸hrischen Unternehmungen durch Ehrenstellen zu belohnen. Denn eben diese kaiserliche Mild und Gnade ist’s, die sie bisher so ungeheuer miflbrauchten, und ihr Anhang, der sein Vertrauen und Hoffnung darauf setzt, wird nicht ehe zu b‰ndigen sein, bis wir sie ganz vor den Augen der Welt zunichte gemacht und ihnen alle Hoffnung, jemals wieder emporzukommen, vˆllig abgeschnitten haben.

Kaiser. Ihr ratet also zur Strenge?

Weislingen. Ich sehe kein ander Mittel, den Schwindelgeist, der ganze Landschaften ergreift, zu bannen. Hˆren wir nicht schon hier und da die bittersten Klagen der Edeln, dafl ihre Untertanen, ihre Leibeignen sich gegen sie auflehnen und mit ihnen rechten, ihnen die hergebrachte Oberherrschaft zu schm‰lern drohen, so dafl die gef‰hrlichsten Folgen zu f¸rchten sind?

Kaiser. Jetzt w‰r eine schˆne Gelegenheit wider den Berlichingen und Selbitz; nur wollt ich nicht, dafl ihnen was zuleid geschehe. Gefangen mˆcht ich sie haben, und dann m¸flten sie Urfehde schwˆren, auf ihren Schlˆssern ruhig zu bleiben und nicht aus ihrem Bann zu gehen. Bei der n‰chsten Session will ich’s vortragen.

Weislingen. Ein freudiger beistimmender Zuruf wird Eurer Majest‰t das Ende der Rede ersparen. (Ab.)

Jagsthausen

Sickingen. Berlichingen.

Sickingen. Ja, ich komme, Eure edle Schwester um ihr Herz und ihre Hand zu bitten.

Gˆtz. So wollt ich, Ihr w‰rt eher kommen. Ich mufl Euch sagen: Weislingen hat w‰hrend seiner Gefangenschaft ihre Liebe gewonnen, um sie angehalten, und ich sagt sie ihm zu. Ich hab ihn losgelassen, den Vogel, und er verachtet die g¸tige Hand, die ihm in der Not Futter reichte. Er schwirrt herum, weifl Gott auf welcher Hecke seine Nahrung zu suchen.

Sickingen. Ist das so?

Gˆtz. Wie ich sage.

Sickingen. Er hat ein doppeltes Band zerrissen. Wohl Euch, dafl Ihr mit dem Verr‰ter nicht n‰her verwandt worden.

Gˆtz. Sie sitzt, das arme M‰dchen, verjammert und verbetet ihr Leben.

Sickingen. Wir wollen sie singen machen.

Gˆtz. Wie! Entschlieflet Ihr Euch, eine Verlaflne zu heiraten?

Sickingen. Es macht euch beiden Ehre, von ihm betrogen worden zu sein. Soll darum das arme M‰dchen in ein Kloster gehn, weil der erste Mann, den sie kannte, ein Nichtsw¸rdiger war? Nein doch! ich bleibe darauf, sie soll Kˆnigin von meinen Schlˆssern werden.

Gˆtz. Ich sage Euch, sie war nicht gleichg¸ltig gegen ihn.

Sickingen. Traust du mir nicht zu, dafl ich den Schatten eines Elenden sollte verjagen kˆnnen? Lafl uns zu ihr! (Ab.)

Lager der Reichsexekution

Hauptmann. Offiziere.

Hauptmann. Wir m¸ssen behutsam gehn und unsere Leute so viel mˆglich schonen. Auch ist unsere gemessene Order, ihn in die Enge zu treiben und lebendig gefangenzunehmen. Es wird schwerhalten, denn wer mag sich an ihn machen?

Erster Offizier. Freilich! Und er wird sich wehren wie ein wildes Schwein. ‹berhaupt hat er uns sein Lebelang nichts zuleid getan, und jeder wird’s von sich schieben, Kaiser und Reich zu Gefallen Arm und Bein daranzusetzen.

Zweiter Offizier. Es w‰re eine Schande, wenn wir ihn nicht kriegten. Wenn ich ihn nur einmal beim Lappen habe, er soll nicht loskommen.

Erster Offizier. Faflt ihn nur nicht mit Z‰hnen, er mˆchte Euch die Kinnbacken ausziehen. Guter junger Herr, dergleichen Leut packen sich nicht wie ein fl¸chtiger Dieb.

Zweiter Offizier. Wollen sehn.

Hauptmann. Unsern Brief mufl er nun haben. Wir wollen nicht s‰umen und einen Trupp ausschicken, der ihn beobachten soll.

Zweiter Offizier. Laflt mich ihn f¸hren.

Hauptmann. Ihr seid der Gegend unkundig.

Zweiter Offizier. Ich hab einen Knecht, der hier geboren und erzogen ist.

Hauptmann. Ich bin’s zufrieden. (Ab.)

Jagsthausen

Sickingen.

Sickingen. Es geht alles nach Wunsch; sie war etwas best¸rzt ¸ber meinen Antrag und sah mich vom Kopf bis auf die F¸fle an; ich wette, sie verglich mich mit ihrem Weiflfisch. Gott sei Dank, dafl ich mich stellen darf. Sie antwortete wenig und durcheinander; desto besser! Es mag eine Zeit kochen. Bei M‰dchen, die durch Liebesungl¸ck gebeizt sind, wird ein Heiratsvorschlag bald gar.

(Gˆtz kommt.)

Sickingen. Was bringt Ihr, Schwager?

Gˆtz. In die Acht erkl‰rt!

Sickingen. Was?

Gˆtz. Da lest den erbaulichen Brief. Der Kaiser hat Exekution gegen mich verordnet, die mein Fleisch den Vˆgeln unter dem Himmel und den Tieren auf dem Felde zu fressen vorschneiden soll.

Sickingen. Erst sollen sie dran. Just zur gelegenen Zeit bin ich hier.

Gˆtz. Nein, Sickingen, Ihr sollt fort. Eure groflen Anschl‰ge kˆnnten dar¸ber zugrunde gehn, wenn Ihr zu so ungelegner Zeit des Reichs Feind werden wolltet. Auch mir werdet Ihr weit mehr nutzen, wenn Ihr neutral zu sein scheint. Der Kaiser liebt Euch, und das Schlimmste, das mir begegnen kann, ist, gefangen zu werden; dann braucht Euer Vorwort und reiflt mich aus einem Elend, in das unzeitige H¸lfe uns beide st¸rzen kˆnnte. Denn was w‰r’s? Jetzo geht der Zug gegen mich; erfahren sie, du bist bei mir, so schicken sie mehr, und wir sind um nichts gebessert. Der Kaiser sitzt an der Quelle, und ich w‰r schon jetzt unwiederbringlich verloren, wenn man Tapferkeit so geschwind einblasen kˆnnte, als man einen Haufen zusammenblasen kann.

Sickingen. Doch kann ich heimlich ein zwanzig Reiter zu Euch stoflen lassen.

Gˆtz. Gut. Ich hab schon Georgen nach dem Selbitz geschickt, und meine Knechte in der Nachbarschaft herum. Lieber Schwager, wenn meine Leute beisammen sind, es wird ein H‰ufchen sein, dergleichen wenig F¸rsten beisammen gesehen haben.

Sickingen. Ihr werdet gegen die Menge wenig sein.

Gˆtz. Ein Wolf ist einer ganzen Herde Schafe zu viel.

Sickingen. Wenn sie aber einen guten Hirten haben?

Gˆtz. Sorg du. Es sind lauter Mietlinge. Und dann kann der beste Ritter nichts machen, wenn er nicht Herr von seinen Handlungen ist. So kamen sie mir auch einmal, wie ich dem Pfalzgrafen zugesagt hatte, gegen Konrad Schotten zu dienen; da legt’ er mir einen Zettel aus der Kanzlei vor, wie ich reiten und mich halten sollt; da warf ich den R‰ten das Papier wieder dar und sagt: ich w¸flt nicht darnach zu handlen, ich weifl nicht, was mir begegnen mag, das steht nicht im Zettel, ich mufl die Augen selbst auftun und sehn, was ich zu schaffen hab.

Sickingen. Gl¸ck zu, Bruder! Ich will gleich fort und dir schicken, was ich in der Eil zusammentreiben kann.

Gˆtz. Komm noch zu den Frauen, ich liefl sie beisammen. Ich wollte, dafl du ihr Wort h‰ttest, ehe du gingst. Dann schick mir die Reiter, und komm heimlich wieder, Marien abzuholen, denn mein Schlofl, f¸rcht ich, wird bald kein Aufenthalt f¸r Weiber mehr sein.

Sickingen. Wollen das Beste hoffen. (Ab.)

Bamberg. Adelheidens Zimmer

Adelheid. Franz.

Adelheid. So sind die beiden Exekutionen schon aufgebrochen?

Franz. Ja, und mein Herr hat die Freude, gegen Eure Feinde zu ziehen. Ich wollte gleich mit, so gern ich zu Euch gehe. Auch will ich jetzt wieder fort, um bald mit frˆhlicher Botschaft wiederzukehren. Mein Herr hat mir’s erlaubt.

Adelheid. Wie steht’s mit ihm?

Franz. Er ist munter. Mir befahl er, Eure Hand zu k¸ssen.

Adelheid. Da–deine Lippen sind warm.

Franz (vor sich, auf die Brust deutend). Hier ist’s noch w‰rmer! (Laut.) Gn‰dige Frau, Eure Diener sind die gl¸cklichsten Menschen unter der Sonne.

Adelheid. Wer f¸hrt gegen Berlichingen?

Franz. Der von Sirau. Lebt wohl, beste gn‰dige Frau! Ich will wieder fort. Vergeflt mich nicht.

Adelheid. Du muflt was essen, trinken, und rasten.

Franz. Wozu das? Ich hab Euch ja gesehen. Ich bin nicht m¸d noch hungrig.

Adelheid. Ich kenne deine Treu.

Franz. Ach, gn‰dige Frau!

Adelheid. Du h‰ltst’s nicht aus, beruhige dich, und nimm was zu dir.

Franz. Eure Sorgfalt f¸r einen armen Jungen! (Ab.)

Adelheid. Die Tr‰nen stehn ihm in den Augen. Ich lieb ihn von Herzen. So wahr und warm hat noch niemand an mir gehangen. (Ab.)

Jagsthausen

Gˆtz. Georg.

Georg. Er will selbst mit Euch sprechen. Ich kenn ihn nicht; es ist ein stattlicher Mann, mit schwarzen feurigen Augen.

Gˆtz. Bring ihn herein.

(Lerse kommt.)

Gˆtz. Gott gr¸fl Euch! Was bringt Ihr?

Lerse. Mich selbst, das ist nicht viel, doch alles, was es ist, biet ich Euch an.

Gˆtz. Ihr seid mir willkommen, doppelt willkommen, ein braver Mann, und zu dieser Zeit, da ich nicht hoffte, neue Freunde zu gewinnen, eher den Verlust der alten st¸ndlich f¸rchtete. Gebt mir Euern Namen.

Lerse. Franz Lerse.

Gˆtz. Ich danke Euch, Franz, dafl Ihr mich mit einem braven Mann bekannt macht.

Lerse. Ich machte Euch schon einmal mit mir bekannt, aber damals danktet Ihr mir nicht daf¸r.

Gˆtz. Ich erinnere mich Eurer nicht.

Lerse. Es w‰re mir leid. Wiflt Ihr noch, wie Ihr um des Pfalzgrafen willen Konrad Schotten feind wart und nach Haflfurt auf die Fastnacht reiten wolltet?

Gˆtz. Wohl weifl ich es.

Lerse. Wiflt Ihr, wie Ihr unterwegs bei einem Dorf f¸nfundzwanzig Reitern entgegenkamt?

Gˆtz. Richtig. Ich hielt sie anfangs nur f¸r zwˆlfe und teilt meinen Haufen, waren unser sechzehn, und hielt am Dorf hinter der Scheuer, in willens, sie sollten bei mir vorbeiziehen. Dann wollt ich ihnen nachrucken, wie ich’s mit dem andern Haufen abgeredt hatte.

Lerse. Aber wir sahn Euch und zogen auf eine Hˆhe am Dorf. Ihr zogt herbei und hieltet unten. Wie wir sahn, Ihr wolltet nicht heraufkommen, ritten wir herab.

Gˆtz. Da sah ich erst, dafl ich mit der Hand in die Kohlen geschlagen hatte. F¸nfundzwanzig gegen acht! Da galt’s kein Feiern. Erhard Truchsefl durchstach mir einen Knecht, daf¸r rannt ich ihn vom Pferde. H‰tten sie sich alle gehalten wie er und ein Knecht, es w‰re mein und meines kleinen H‰ufchens ¸bel gewahrt gewesen.

Lerse. Der Knecht, wovon Ihr sagtet-Gˆtz. Es war der bravste, den ich gesehen habe. Er setzte mir heifl zu. Wenn ich dachte, ich h‰tt ihn von mir gebracht, wollte mit andern zu schaffen haben, war er wieder an mir und schlug feindlich zu. Er hieb mir auch durch den Panzer‰rmel hindurch, dafl es ein wenig gefleischt hatte.

Lerse. Habt Ihr’s ihm verziehen?

Gˆtz. Er gefiel mir mehr als zu wohl.

Lerse. Nun, so hoff ich, dafl Ihr mit mir zufrieden sein werdet; ich hab mein Probst¸ck an Euch selbst abgelegt.

Gˆtz. Bist du’s? O willkommen, willkommen! Kannst du sagen, Maximilian, du hast unter deinen Dienern einen so geworben!

Lerse. Mich wundert, dafl Ihr nicht eh auf mich gefallen seid.

Gˆtz. Wie sollte mir einkommen, dafl der mir seine Dienste anbieten w¸rde, der auf das feindseligste mich zu ¸berw‰ltigen trachtete?

Lerse. Eben das, Herr! Von Jugend auf dien ich als Reitersknecht, und hab’s mit manchem Ritter aufgenommen. Da wir auf Euch stieflen, freut ich mich. Ich kannte Euern Namen, und da lernt ich Euch kennen. Ihr wiflt, ich hielt nicht stand; Ihr saht, es war nicht Furcht, denn ich kam wieder. Kurz, ich lernt Euch kennen, und von Stund an beschlofl ich, Euch zu dienen.

Gˆtz. Wie lange wollt Ihr bei mir aushalten?

Lerse. Auf ein Jahr. Ohne Entgelt.

Gˆtz. Nein, Ihr sollt gehalten werden wie ein anderer, und dr¸ber, wie der, der mir bei Remlin zu schaffen machte.

(Georg kommt.)

Georg. Hans von Selbitz l‰flt Euch gr¸flen. Morgen ist er hier mit funfzig Mann.

Gˆtz. Wohl.

Georg. Es zieht am Kocher ein Trupp Reichsvˆlker herunter; ohne Zweifel, Euch zu beobachten.

Gˆtz. Wieviel?

Georg. Ihrer funfzig.

Gˆtz. Nicht mehr! Komm, Lerse, wir wollen sie zusammenschmeiflen, wenn Selbitz kommt, dafl er schon ein St¸ck Arbeit getan findet.

Lerse. Das soll eine reichliche Vorlese werden.

Gˆtz. Zu Pferde! (Ab.)

III. Akt, Szene 2

Wald an einem Morast

Zwei Reichsknechte begegnen einander.

Erster Knecht. Was machst du hier?

Zweiter Knecht. Ich hab Urlaub gebeten, meine Notdurft zu verrichten. Seit dem blinden L‰rmen gestern abends ist mir’s in die Ged‰rme geschlagen, dafl ich alle Augenblicke vom Pferd mufl.

Erster Knecht. H‰lt der Trupp hier in der N‰he?

Zweiter Knecht. Wohl eine Stunde den Wald hinauf.

Erster Knecht. Wie verl‰ufst du dich denn hieher?

Zweiter Knecht. Ich bitte dich, verrat mich nicht. Ich will aufs n‰chste Dorf und sehn, ob ich nit mit warmen ¸berschl‰gen meinem ¸bel abhelfen kann. Wo kommst du her?

Erster Knecht. Vom n‰chsten Dorf. Ich hab unserm Offizier Wein und Brot geholt.

Zweiter Knecht. So, er tut sich was zugut vor unserm Angesicht, und wir sollen fasten! Schˆn Exempel!

Erster Knecht. Komm mit zur¸ck, Schurke.

Zweiter Knecht. W‰r ich ein Narr! Es sind noch viele unterm Haufen, die gern fasteten, wenn sie so weit davon w‰ren als ich.

Erster Knecht. Hˆrst du! Pferde!

Zweiter Knecht. O weh!

Erster Knecht. Ich klettere auf den Baum.

Zweiter Knecht. Ich steck mich ins Rohr.

(Gˆtz, Lerse, Georg, Knechte zu Pferde.)

Gˆtz. Hier am Teich weg und linker Hand in den Wald, so kommen wir ihnen in R¸cken.

(Sie ziehen vorbei.)

Erster Knecht (steigt vom Baum). Da ist nicht gut sein. Michel! Er antwortet nicht? Michel, sie sind fort! (Er geht nach dem Sumpf.) Michel! O weh, er ist versunken. Michel! Er hˆrt mich nicht, er ist erstickt. Bist doch krepiert, du Memme.–Wir sind geschlagen. Feinde, ¸berall Feinde!

(Gˆtz, Georg zu Pferde.)

Gˆtz. Halt, Kerl, oder du bist des Todes!

Knecht. Schont meines Lebens!

Gˆtz. Dein Schwert! Georg, f¸hr ihn zu den andern Gefangenen, die Lerse dort unten am Wald hat. Ich mufl ihren fl¸chtigen F¸hrer erreichen. (Ab.)

Knecht. Was ist aus unserm Ritter geworden, der uns f¸hrte?

Georg. Unterst zu oberst st¸rzt’ ihn mein Herr vom Pferd, dafl der Federbusch im Kot stak. Seine Reiter huben ihn aufs Pferd und fort, wie besessen. (Ab.)

Lager

Hauptmann. Erster Ritter.

Erster Ritter. Sie fliehen von weitem dem Lager zu.

Hauptmann. Er wird ihnen an den Fersen sein. Laflt ein funfzig ausr¸cken bis an die M¸hle; wenn er sich zu weit verliert, erwischt Ihr ihn vielleicht.

(Ritter ab.–Zweiter Ritter gef¸hrt.)

Hauptmann. Wie geht’s, junger Herr? Habt Ihr ein paar Zinken abgerennt?

Ritter. Dafl dich die Pest! Das st‰rkste Geweih w‰re gesplittert wie Glas. Du Teufel! Er rannt auf mich los, es war mir, als wenn mich der Donner in die Erd hineinschl¸g.

Hauptmann. Dankt Gott, dafl Ihr noch davongekommen seid.

Ritter. Es ist nichts zu danken, ein paar Rippen sind entzwei. Wo ist der Feldscher? (Ab.)

Jagsthausen

Gˆtz. Selbitz.

Gˆtz. Was sagst du zu der Achtserkl‰rung, Selbitz?

Selbitz. Es ist ein Streich von Weislingen.

Gˆtz. Meinst du?

Selbitz. Ich meine nicht, ich weifl.

Gˆtz. Woher?

Selbitz. Er war auf dem Reichstag, sag ich dir, er war um den Kaiser.

Gˆtz. Wohl, so machen wir ihm wieder einen Anschlag zunichte.

Selbitz. Hoff’s.

Gˆtz. Wir wollen fort! und soll die Hasenjagd angehn.

Lager

Hauptmann. Ritter.

Hauptmann. Dabei kommt nichts heraus, ihr Herrn. Er schl‰gt uns einen Haufen nach dem andern, und was nicht umkommt und gefangen wird, das l‰uft in Gottes Namen lieber nach der T¸rkei als ins Lager zur¸ck. So werden wir alle Tag schw‰cher. Wir m¸ssen einmal f¸r allemal ihm zu Leib gehen, und das mit Ernst; ich will selbst dabei sein, und er soll sehn, mit wem er zu tun hat.

Ritter. Wir sind’s all zufrieden; nur ist er der Landsart so kundig, weifl alle G‰nge und Schliche im Gebirg, dafl er so wenig zu fangen ist wie eine Maus auf dem Kornboden.

Hauptmann. Wollen ihn schon kriegen. Erst auf Jagsthausen zu. Mag er wollen oder nicht, er mufl herbei, sein Schlofl zu verteidigen.

Ritter. Soll unser ganzer Hauf marschieren?

Hauptmann. Freilich! Wiflt Ihr, dafl wir schon um hundert geschmolzen sind?

Ritter. Drum geschwind, eh der ganze Eisklumpen auftaut; es macht warm in der N‰he, und wir stehn da wie Butter an der Sonne. (Ab.)

Gebirg und Wald

Gˆtz. Selbitz. Trupp.

Gˆtz. Sie kommen mit hellem Hauf. Es war hohe Zeit, dafl Sickingens Reiter zu uns stieflen.

Selbitz. Wir wollen uns teilen. Ich will linker Hand um die Hˆhe ziehen.

Gˆtz. Gut. Und du, Franz, f¸hre mir die funfzig rechts durch den Wald hinauf; sie kommen ¸ber die Heide, ich will gegen ihnen halten. Georg, du bleibst um mich. Und wenn Ihr seht, dafl sie mich angreifen, so fallt unges‰umt in die Seiten. Wir wollen sie patschen. Sie denken nicht, dafl wir ihnen die Spitze bieten kˆnnen. (Ab.)

Heide

Auf der einen Seite eine Hˆhe, auf der andern Wald.

Hauptmann. Exekutionszug.

Hauptmann. Er h‰lt auf der Heide! Das ist impertinent. Er soll’s b¸flen. Was! Den Strom nicht zu f¸rchten, der auf ihn losbraust?

Ritter. Ich wollt nicht, dafl Ihr an der Spitze rittet; er hat das Ansehn, als ob er den ersten, der ihn anstoflen mˆchte, umgekehrt in die Erde pflanzen wollte. Reitet hinterdrein.

Hauptmann. Nicht gern.

Ritter. Ich bitt Euch. Ihr seid noch der Knoten von diesem B¸ndel Haselruten; lˆst ihn auf, so knickt er sie Euch einzeln wie Riedgras.

Hauptmann. Trompeter, blas! Und ihr blast ihn weg! (Ab.)

(Selbitz hinter der Hˆhe hervor im Galopp.)

Selbitz. Mir nach! Sie sollen zu ihren H‰nden rufen: “Multipliziert euch!” (Ab.)

(Lerse aus dem Wald.)

Lerse. Gˆtzen zu H¸lf! Er ist fast umringt. Braver Selbitz, du hast schon Luft gemacht. Wir wollen die Heide mit ihren Distelkˆpfen bes‰en. (Vorbei.)

(Get¸mmel.)

Eine Hˆhe mit einem Wartturn

Selbitz verwundet. Knechte.

Selbitz. Legt mich hieher und kehrt zu Gˆtzen.

Erster Knecht. Laflt uns bleiben, Herr, Ihr braucht unser.

Selbitz. Steig einer auf die Warte und seh, wie’s geht.

Erster Knecht. Wie will ich hinaufkommen?

Zweiter Knecht. Steig auf meine Schultern, da kannst du die L¸cke reichen und dir bis zur ˆffnung hinaufhelfen.

Erster Knecht (steigt hinauf). Ach, Herr!

Selbitz. Was siehest du?

Erster Knecht. Eure Reiter fliehen der Hˆhe zu.

Selbitz. Hˆllische Schurken! Ich wollt, sie st¸nden und ich h‰tt eine Kugel vorm Kopf. Reit einer hin! und fluch und wetter sie zur¸ck. (Knecht ab.) Siehest du Gˆtzen?

Knecht. Die drei schwarzen Federn seh ich mitten im Get¸mmel.

Selbitz. Schwimm, braver Schwimmer. Ich liege hier!

Knecht. Ein weifler Federbusch, wer ist das?

Selbitz. Der Hauptmann.

Knecht. Gˆtz dr‰ngt sich an ihn–Bauz! Er st¸rzt.

Selbitz. Der Hauptmann?

Knecht. Ja, Herr.

Selbitz. Wohl! Wohl!

Knecht. Weh! Weh! Gˆtzen seh ich nicht mehr.

Selbitz. So stirb, Selbitz!

Knecht. Ein f¸rchterlich Gedr‰ng, wo er stund. Georgs blauer Busch verschwindt auch.

Selbitz. Komm herunter. Siehst du Lersen nicht?

Knecht. Nichts. Es geht alles drunter und dr¸ber.

Selbitz. Nichts mehr. Komm! Wie halten sich Sickingens Reiter?

Knecht. Gut.–Da flieht einer nach dem Wald. Noch einer! Ein ganzer Trupp! Gˆtz ist hin.

Selbitz. Komm herab.

Knecht. Ich kann nicht.–Wohl! Wohl! Ich sehe Gˆtzen! Ich sehe Georgen!

Selbitz. Zu Pferd?

Knecht. Hoch zu Pferd! Sieg! Sieg! Sie fliehn.

Selbitz. Die Reichstruppen?

Knecht. Die Fahne mittendrin, Gˆtz hintendrein. Sie zerstreuen sich. Gˆtz erreicht den F‰hndrich–Er hat die Fahn–Er h‰lt. Eine Handvoll Menschen um ihn herum. Mein Kamerad erreicht ihn–Sie ziehn herauf.

(Gˆtz. Georg. Lerse. Ein Trupp.)

Selbitz. Gl¸ck zu, Gˆtz! Sieg! Sieg!

Gˆtz (steigt vom Pferd). Teuer! Teuer! Du bist verwundt, Selbitz?

Selbitz. Du lebst und siegst! Ich habe wenig getan. Und meine Hunde von Reitern! Wie bist du davongekommen?

Gˆtz. Diesmal galt’s! Und hier Georgen dank ich das Leben, und hier Lersen dank ich’s. Ich warf den Hauptmann vom Gaul. Sie stachen mein Pferd nieder und drangen auf mich ein. Georg hieb sich zu mir und sprang ab, ich wie der Blitz auf seinen Gaul, wie der Donner safl er auch wieder. Wie kamst du zum Pferd?

Georg. Einem, der nach Euch hieb, stiefl ich meinen Dolch in die Ged‰rme, wie sich sein Harnisch in die Hˆhe zog. Er st¸rzt’, und ich half Euch von einem Feind und mir zu einem Pferde.

Gˆtz. Nun staken wir, bis sich Franz zu uns hereinschlug, und da m‰hten wir von innen heraus.

Lerse. Die Hunde, die ich f¸hrte, sollten von auflen hineinm‰hen, bis sich unsere Sensen begegnet h‰tten; aber sie flohen wie Reichsknechte.

Gˆtz. Es flohe Freund und Feind. Nur du kleiner Hauf hieltest mir den R¸cken frei; ich hatte mit den Kerls vor mir genug zu tun. Der Fall ihres Hauptmanns half mir sie sch¸tteln, und sie flohen. Ich habe ihre Fahne und wenig Gefangene.

Selbitz. Der Hauptmann ist Euch entwischt?

Gˆtz. Sie hatten ihn inzwischen gerettet. Kommt, Kinder! kommt, Selbitz!–Macht eine Bahre von ‰sten;–du kannst nicht aufs Pferd. Kommt in mein Schlofl. Sie sind zerstreut. Aber unser sind wenig, und ich weifl nicht, ob sie Truppen nachzuschicken haben. Ich will euch bewirten, meine Freunde. Ein Glas Wein schmeckt auf so einen Straufl.

Lager

Hauptmann.

Hauptmann. Ich mˆcht euch alle mit eigner Hand umbringen! Was, fortlaufen! Er hatte keine Handvoll Leute mehr! Fortzulaufen, vor einem Mann! Es wird’s niemand glauben, als wer ¸ber uns zu lachen Lust hat.–Reit herum, Ihr, und Ihr, und Ihr. Wo ihr von unsern zerstreuten Knechten findt, bringt sie zur¸ck oder stecht sie nieder. Wir m¸ssen diese Scharten auswetzen, und wenn die Klingen dr¸ber zugrunde gehen sollten.

Jagsthausen

Gˆtz. Lerse. Georg.

Gˆtz. Wir d¸rfen keinen Augenblick s‰umen! Arme Jungen, ich darf euch keine Rast gˆnnen. Jagt geschwind herum und sucht noch Reiter aufzutreiben. Bestellt sie alle nach Weilern, da sind sie am sichersten. Wenn wir zˆgern, so ziehen sie mir vors Schlofl. (Die zwei ab.) Ich mufl einen auf Kundschaft ausjagen. Es f‰ngt an heifl zu werden. Und wenn es nur noch brave Kerls w‰ren! Aber so ist’s die Menge. (Ab.)

(Sickingen. Maria.)

Maria. Ich bitte Euch, lieber Sickingen, geht nicht von meinem Bruder! Seine Reiter, Selbitzens, Eure sind zerstreut; er ist allein, Selbitz ist verwundet auf sein Schlofl gebracht, und ich f¸rchte alles.

Sickingen. Seid ruhig, ich gehe nicht weg.

(Gˆtz kommt.)

Gˆtz. Kommt in die Kirch, der Pater wartet. Ihr sollt mir in einer Viertelstund ein Paar sein.

Sickingen. Laflt mich hier.

Gˆtz. In die Kirch sollt Ihr jetzt.

Sickingen. Gern–und darnach?

Gˆtz. Darnach sollt Ihr Eurer Wege gehn.

Sickingen. Gˆtz!

Gˆtz. Wollt Ihr nicht in die Kirche?

Sickingen. Kommt, kommt!

Lager

Hauptmann. Ritter.

Hauptmann. Wie viel sind’s in allem?

Ritter. Hundertundfunfzig.

Hauptmann. Von vierhunderten! Das ist arg. Jetzt gleich auf und grad gegen Jagsthausen zu, eh er sich erholt und sich uns wieder in Weg stellt.

III. Akt, Szene 3

Jagsthausen

Gˆtz. Elisabeth. Maria. Sickingen.

Gˆtz. Gott segne euch, geb euch gl¸ckliche Tage, und behalte die, die er euch abzieht, f¸r eure Kinder.

Elisabeth. Und die lafl er sein, wie ihr seid: rechtschaffen! Und dann laflt sie werden, was sie wollen.

Sickingen. Ich dank euch. Und dank Euch, Maria. Ich f¸hrte Euch an den Altar, und Ihr sollt mich zur Gl¸ckseligkeit f¸hren.

Maria. Wir wollen zusammen eine Pilgrimschaft nach diesem fremden gelobten Lande antreten.

Gˆtz. Gl¸ck auf die Reise!

Maria. So ist’s nicht gemeint, wir verlassen Euch nicht.

Gˆtz. Ihr sollt, Schwester.

Maria. Du bist sehr unbarmherzig, Bruder!

Gˆtz. Und Ihr z‰rtlicher als vorsehend.

(Georg kommt.)

Georg (heimlich). Ich kann niemand auftreiben. Ein einziger war geneigt; darnach ver‰nderte er sich und wollte nicht.

Gˆtz. Gut, Georg. Das Gl¸ck f‰ngt mir an wetterwendisch zu werden. Ich ahnt’s aber. (Laut.) Sickingen, ich bitt Euch, geht noch diesen Abend. Beredet Marie. Sie ist Eure Frau. Laflt sie’s f¸hlen. Wenn Weiber quer in unsere Unternehmung treten, ist unser Feind im freien Feld sichrer als sonst in der Burg.

(Knecht kommt.)

Knecht (leise). Herr, das Reichsf‰hnlein ist auf dem Marsch, grad hieher, sehr schnell.

Gˆtz. Ich hab sie mit Rutenstreichen geweckt! Wieviel sind ihrer?

Knecht. Ungef‰hr zweihundert. Sie kˆnnen nicht zwei Stunden mehr von hier sein.

Gˆtz. Noch ¸berm Flufl?

Knecht. Ja, Herr.

Gˆtz. Wenn ich nur funfzig Mann h‰tte, sie sollten mir nicht her¸ber. Hast du Lersen nicht gesehen?

Knecht. Nein, Herr.

Gˆtz. Biet allen, sie sollen sich bereit halten.–Es mufl geschieden sein, meine Lieben. Weine, meine gute Marie, es werden Augenblicke kommen, wo du dich freuen wirst. Es ist besser, du weinst an deinem Hochzeittag, als dafl ¸bergrofle Freude der Vorbote k¸nftigen Elends w‰re. Lebt wohl, Marie. Lebt wohl, Bruder.

Maria. Ich kann nicht von Euch, Schwester. Lieber Bruder, lafl uns. Achtest du meinen Mann so wenig, dafl du in dieser Extremit‰t seine H¸lfe verschm‰hst?

Gˆtz. Ja, es ist weit mit mir gekommen. Vielleicht bin ich meinem Sturz nahe. Ihr beginnt zu leben, und ihr sollt euch von meinem Schicksal trennen. Ich hab eure Pferde zu satteln befohlen. Ihr m¸flt gleich fort.

Maria. Bruder! Bruder!

Elisabeth (zu Sickingen). Gebt ihm nach! Geht!

Sickingen. Liebe Marie, laflt uns gehen.

Maria. Du auch? Mein Herz wird brechen.

Gˆtz. So bleib denn. In wenigen Stunden wird meine Burg umringt sein.

Maria. Weh! Weh!

Gˆtz. Wir werden uns verteidigen, so gut wir kˆnnen.

Maria. Mutter Gottes, hab Erbarmen mit uns!

Gˆtz. Und am Ende werden wir sterben, oder uns ergeben.–Du wirst deinen edeln Mann mit mir in ein Schicksal geweint haben.

Maria. Du marterst mich.

Gˆtz. Bleib! Bleib! Wir werden zusammen gefangen werden. Sickingen, du wirst mit mir in die Grube fallen! Ich hoffte, du solltest mir heraushelfen.

Maria. Wir wollen fort. Schwester, Schwester!

Gˆtz. Bringt sie in Sicherheit, und dann erinnert Euch meiner.

Sickingen. Ich will ihr Bette nicht besteigen, bis ich Euch aufler Gefahr weifl.

Gˆtz. Schwester–liebe Schwester! (K¸flt sie.)

Sickingen. Fort, fort!

Gˆtz. Noch einen Augenblick–Ich seh Euch wieder. Trˆstet Euch. Wir sehn uns wieder.

(Sickingen, Maria ab.)

Gˆtz. Ich trieb sie, und da sie geht, mˆcht ich sie halten. Elisabeth, du bleibst bei mir!

Elisabeth. Bis in den Tod. (Ab.)

Gˆtz. Wen Gott lieb hat, dem geb er so eine Frau!

(Georg kommt.)

Georg. Sie sind in der N‰he, ich habe sie vom Turn gesehen. Die Sonne ging auf, und ich sah ihre Piken blinken. Wie ich sie sah, wollt mir’s nicht b‰nger werden, als einer Katze vor einer Armee M‰use. Zwar wir spielen die Ratten.

Gˆtz. Seht nach den Torriegeln. Verrammelt’s inwendig mit Balken und Steinen. (Georg ab.) Wir wollen ihre Geduld f¸r’n Narren halten, und ihre Tapferkeit sollen sie mir an ihren eigenen N‰geln verk‰uen. (Trompeter von auflen.) Aha! ein rotrˆckiger Schurke, der uns die Frage vorlegen wird, ob wir Hundsfˆtter sein wollen. (Er geht ans Fenster.) Was soll’s?

(Man hˆrt in der Ferne reden.)

Gˆtz (in seinen Bart). Einen Strick um deinen Hals.

(Trompeter redet fort.)

Gˆtz. “Beleidiger der Majest‰t!”–Die Aufforderung hat ein Pfaff gemacht.

(Trompeter endet.)

Gˆtz (antwortet). Mich ergeben! Auf Gnad und Ungnad! Mit wem redet Ihr! Bin ich ein R‰uber! Sag deinem Hauptmann: Vor Ihro Kaiserliche Majest‰t hab ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag’s ihm, er kann mich–(Schmeiflt das Fenster zu.)

Belagerung. K¸che

Elisabeth. Gˆtz zu ihr.

Gˆtz. Du hast viel Arbeit, arme Frau.

Elisabeth. Ich wollt, ich h‰tte sie lang. Wir werden schwerlich lang aushalten kˆnnen.

Gˆtz. Wir hatten nicht Zeit, uns zu versehen.

Elisabeth. Und die vielen Leute, die Ihr zeither gespeist habt. Mit dem Wein sind wir auch schon auf der Neige.

Gˆtz. Wenn wir nur auf einen gewissen Punkt halten, dafl sie Kapitulation vorschlagen. Wir tun ihnen brav Abbruch. Sie schieflen den ganzen Tag und verwunden unsere Mauern und knicken unsere Scheiben. Lerse ist ein braver Kerl; er schleicht mit seiner B¸chse herum; wo sich einer zu nahe wagt, blaff, liegt er.

Knecht. Kohlen, gn‰dige Frau.

Gˆtz. Was gibt’s?

Knecht. Die Kugeln sind alle, wir wollen neue gieflen.

Gˆtz. Wie steht’s Pulver?

Knecht. So ziemlich. Wir sparen unsere Sch¸sse wohl aus.

Saal

Lerse mit einer Kugelform. Knecht mit Kohlen.

Lerse. Stell sie daher, und seht, wo ihr im Hause Blei kriegt. Inzwischen will ich hier zugreifen. (Hebt ein Fenster aus und schl‰gt die Scheiben ein.) Alle Vorteile gelten.–So geht’s in der Welt, weifl kein Mensch, was aus den Dingen werden kann. Der Glaser, der die Scheiben faflte, dachte gewifl nicht, dafl das Blei einem seiner Urenkel garstiges Kopfweh machen kˆnnte! Und da mich mein Vater zeugte, dachte er nicht, welcher Vogel unter dem Himmel, welcher Wurm auf der Erde mich fressen mˆchte.

(Georg kommt mit einer Dachrinne.)

Georg. Da hast du Blei. Wenn du nur mit der H‰lfte triffst, so entgeht keiner, der Ihro Majest‰t ansagen kann: “Herr, wir haben schlecht bestanden.”

Lerse (haut davon). Ein brav St¸ck.

Georg. Der Regen mag sich einen andern Weg suchen! Ich bin nicht bang davor; ein braver Reiter und ein rechter Regen kommen ¸berall durch.

Lerse. (Er gieflt.) Halt den Lˆffel. (Geht ans Fenster.) Da zieht so ein Reichsknappe mit der B¸chse herum; sie denken, wir haben uns verschossen. Er soll die Kugel versuchen, warm wie sie aus der Pfanne kommt. (L‰dt.)

Georg (lehnt den Lˆffel an). Lafl mich sehn.

Lerse (schieflt). Da liegt der Spatz.

Georg. Der schofl vorhin nach mir (sie gieflen), wie ich zum Dachfenster hinausstieg und die Rinne holen wollte. Er traf eine Taube, die nicht weit von mir safl, sie st¸rzt’ in die Rinne; ich dankt ihm f¸r den Braten und stieg mit der doppelten Beute wieder herein.

Lerse. Nun wollen wir wohl laden und im ganzen Schlofl herumgehen, unser Mittagessen verdienen.

(Gˆtz kommt.)

Gˆtz. Bleib, Lerse! Ich habe mit dir zu reden! Dich, Georg, will ich nicht von der Jagd abhalten.

(Georg ab.)

Gˆtz. Sie entbieten mir einen Vertrag.

Lerse. Ich will zu ihnen hinaus und hˆren, was es soll.

Gˆtz. Es wird sein: ich soll mich auf Bedingungen in ritterlich Gef‰ngnis stellen.

Lerse. Das ist nichts. Wie w‰r’s, wenn sie uns freien Abzug eingest¸nden, da Ihr doch von Sickingen keinen Entsatz erwartet? Wir vergr¸ben Geld und Silber, wo sie’s mit keiner W¸nschelrute finden sollten, ¸berlieflen ihnen das Schlofl, und k‰men mit Manier davon.

Gˆtz. Sie lassen uns nicht.

Lerse. Es kommt auf eine Prob an. Wir wollen um sicher Geleit rufen, und ich will hinaus. (Ab.)

Saal

Gˆtz, Elisabeth, Georg, Knechte bei Tische.

Gˆtz. So bringt uns die Gefahr zusammen. Laflt’s euch schmecken, meine Freunde! Vergeflt das Trinken nicht. Die Flasche ist leer. Noch eine, liebe Frau. (Elisabeth zuckt die Achsel.) Ist keine mehr da?

Elisabeth (leise). Noch eine; ich hab sie f¸r dich beiseite gesetzt.

Gˆtz. Nicht doch, Liebe! Gib sie heraus. Sie brauchen St‰rkung, nicht ich; es ist ja meine Sache.

Elisabeth. Holt sie drauflen im Schrank!

Gˆtz. Es ist die letzte. Und mir ist’s, als ob wir nicht zu sparen Ursach h‰tten. Ich bin lange nicht so vergn¸gt gewesen. (Schenkt ein. ) Es lebe der Kaiser!

Alle. Er lebe!

Gˆtz. Das soll unser vorletztes Wort sein, wenn wir sterben! Ich lieb ihn, denn wir haben einerlei Schicksal. Und ich bin noch gl¸cklicher als er. Er mufl den Reichsst‰nden die M‰use fangen, inzwischen die Ratten seine Besitzt¸mer annagen. Ich weifl, er w¸nscht sich manchmal lieber tot, als l‰nger die Seele eines so kr¸ppligen Kˆrpers zu sein. (Schenkt ein.) Es geht just noch ein mal herum. Und wenn unser Blut anf‰ngt, auf die Neige zu gehen, wie der Wein in dieser Flasche erst schwach, dann tropfenweise rinnt (trˆpfelt das Letzte in sein Glas), was soll unser letztes Wort sein?

Georg. Es lebe die Freiheit!

Gˆtz. Es lebe die Freiheit!

Alle. Es lebe die Freiheit!

Gˆtz. Und wenn die uns ¸berlebt, kˆnnen wir ruhig sterben. Denn wir sehen im Geist unsere Enkel gl¸cklich und die Kaiser unsrer Enkel gl¸cklich. Wenn die Diener der F¸rsten so edel und frei dienen wie ihr mir, wenn die F¸rsten dem Kaiser dienen, wie ich ihm dienen mˆchte-Georg. Da m¸flt’s viel anders werden.

Gˆtz. So viel nicht, als es scheinen mˆchte. Hab ich nicht unter den F¸rsten treffliche Menschen gekannt, und sollte das Geschlecht ausgestorben sein? Gute Menschen, die in sich und ihren Untertanen gl¸cklich waren; die einen edeln freien Nachbar neben sich leiden konnten und ihn weder f¸rchteten noch beneideten; denen das Herz aufging, wenn sie viel ihresgleichen bei sich zu Tisch sahen und nicht erst die Ritter zu Hofschranzen umzuschaffen brauchten, um mit ihnen zu leben.

Georg. Habt Ihr solche Herrn gekannt?,

Gˆtz. Wohl. Ich erinnere mich zeitlebens, wie der Landgraf von Hanau eine Jagd gab und die F¸rsten und Herrn, die zugegen waren, unter freiem Himmel speisten und das Landvolk all herbeilief, sie zu sehen. Das war keine Maskerade, die er sich selbst zu Ehren angestellt hatte. Aber die vollen runden Kˆpfe der Bursche und M‰del, die roten Backen alle, und die wohlh‰bigen M‰nner und stattlichen Greise, und alles frˆhliche Gesichter, und wie sie teilnahmen an der Herrlichkeit ihres Herrn, der auf Gottes Boden unter ihnen sich ergetzte!

Georg. Das war ein Herr, vollkommen wie Ihr.

Gˆtz. Sollten wir nicht hoffen, dafl mehr solcher F¸rsten auf einmal herrschen kˆnnen? Dafl Verehrung des Kaisers, Fried und Freundschaft der Nachbarn und Lieb der Untertanen der kostbarste Familienschatz sein wird, der auf Enkel und Urenkel erbt? Jeder w¸rde das Seinige erhalten und in sich selbst vermehren, statt dafl sie jetzo nicht zuzunehmen glauben, wenn sie nicht andere verderben.

Georg. W¸rden wir hernach auch reiten?

Gˆtz. Wollte Gott, es g‰be keine unruhige Kˆpfe in ganz Deutschland! Wir w¸rden noch immer zu tun genug finden. Wir wollten die Gebirge von Wˆlfen s‰ubern, wollten unserm ruhig ackernden Nachbar einen Braten aus dem Wald holen und daf¸r die Suppe mit ihm essen. W‰r uns das nicht genug, wir wollten uns mit unsern Br¸dern, wie Cherubim mit flammenden Schwertern, vor die Grenzen des Reichs gegen die Wˆlfe die T¸rken, gegen die F¸chse die Franzosen lagern und zugleich unsers teuern Kaisers sehr ausgesetzte L‰nder und die Ruhe des Reichs besch¸tzen. Das w‰re ein Leben! Georg! wenn man seine Haut f¸r die allgemeine Gl¸ckseligkeit dransetzte. (Georg springt auf.) Wo willst du hin?

Georg. Ach ich vergafl, dafl wir eingesperrt sind–und der Kaiser hat uns eingesperrt–und unsere Haut davonzubringen, setzen wir unsere Haut dran?

Gˆtz. Sei gutes Muts.

(Lerse kommt.)

Lerse. Freiheit! Freiheit! Das sind schlechte Menschen, unschl¸ssige bed‰chtige Esel. Ihr sollt abziehen mit Gewehr, Pferden und R¸stung. Proviant sollt Ihr dahintenlassen.

Gˆtz. Sie werden sich kein Zahnweh dran kauen.

Lerse (heimlich). Habt Ihr das Silber versteckt?

Gˆtz. Nein! Frau, geh mit Franzen, er hat dir was zu sagen.

(Alle ab.)

Schloflhof

Georg (im Stall, singt).

Es fing ein Knab ein Vˆgelein,

Hm! Hm! Da lacht’ er in den K‰fig ‘nein,

Hm! Hm!

So! So!

Hm! Hm!

Der freut’ sich traun so l‰ppisch,

Hm! Hm! Und griff hinein so t‰ppisch,

Hm! Hm!

So! So!

Hm! Hm!

Da flog das Meislein auf ein Haus,

Hm! Hm! Und lacht’ den dummen Buben aus,

Hm! Hm!

So! So!

Hm! Hm!

Gˆtz. Wie steht’s?

Georg (f¸hrt sein Pferd heraus). Sie sind gesattelt.

Gˆtz. Du bist fix.

Georg. Wie der Vogel aus dem K‰fig.

(Alle die Belagerten.)

Gˆtz. Ihr habt eure B¸chsen? Nicht doch! Geht hinauf und nehmt die besten aus dem R¸stschrank, es geht in einem hin. Wir wollen vorausreiten.

Georg.

Hm! Hm!

So! So!

Hm! Hm! (Ab.)

Saal

Zwei Knechte am R¸stschrank.

Erster Knecht. Ich nehm die.

Zweiter Knecht. Ich die. Da ist noch eine schˆnere.

Erster Knecht. Nicht doch! Mach, dafl du fortkommst.

Zweiter Knecht. Horch!

Erster Knecht (springt ans Fenster). Hilf, heiliger Gott! sie ermorden unsern Herrn. Er liegt vom Pferd! Georg st¸rzt!

Zweiter Knecht. Wo retten wir uns! An der Mauer den Nuflbaum hinunter ins Feld. (Ab.)

Erster Knecht. Franz h‰lt sich noch, ich will zu ihm. Wenn sie sterben, mag ich nicht leben. (Ab.)

Vierter Akt

IV. Akt

Wirtshaus zu Heilbronn

Gˆtz.

Gˆtz. Ich komme mir vor wie der bˆse Geist, den der Kapuziner in einen Sack beschwur. Ich arbeite mich ab und fruchte mir nichts. Die Meineidigen!

(Elisabeth kommt.)

Gˆtz. Was f¸r Nachrichten, Elisabeth, von meinen lieben Getreuen?

Elisabeth. Nichts Gewisses. Einige sind erstochen, einige liegen im Turn. Es konnte oder wollte niemand mir sie n‰her bezeichnen.

Gˆtz. Ist das Belohnung der Treue? des kindlichen Gehorsams?–Auf dafl dir’s wohl gehe und du lange lebest auf Erden!

Elisabeth. Lieber Mann, schilt unsern himmlischen Vater nicht. Sie haben ihren Lohn, er ward mit ihnen geboren, ein freies edles Herz. Lafl sie gefangen sein, sie sind frei! Gib auf die deputierten R‰te acht, die groflen goldnen Ketten stehen ihnen zu Gesicht-Gˆtz. Wie dem Schwein das Halsband. Ich mˆchte Georgen und Franzen geschlossen sehn!

Elisabeth. Es w‰re ein Anblick, um Engel weinen zu machen.

Gˆtz. Ich wollt nicht weinen. Ich wollte die Z‰hne zusammenbeiflen und an meinem Grimm kauen. In Ketten meine Aug‰pfel! Ihr lieben Jungen, h‰ttet ihr mich nicht geliebt!–Ich w¸rde mich nicht satt an ihnen sehen kˆnnen.–Im Namen des Kaisers ihr Wort nicht zu halten!

Elisabeth. Entschlagt Euch dieser Gedanken. Bedenkt, dafl Ihr vor den R‰ten erscheinen sollt. Ihr seid nicht gestellt, ihnen wohl zu begegnen, und ich f¸rchte alles.

Gˆtz. Was wollen sie mir anhaben?

Elisabeth. Der Gerichtsbote!

Gˆtz. Esel der Gerechtigkeit! Schleppt ihre S‰cke zur M¸hle, und ihren Kehrig aufs Feld. Was gibt’s?

(Gerichtsdiener kommt.)

Gerichtsdiener. Die Herren Kommissarii sind auf dem Rathause versammelt und schicken nach Euch.

Gˆtz. Ich komme.

Gerichtsdiener. Ich werde Euch begleiten.

Gˆtz. Viel Ehre.

Elisabeth. M‰fligt Euch.

Gˆtz. Sei aufler Sorgen. (Ab.)

Rathaus

Kaiserliche R‰te. Hauptmann. Ratsherren von Heilbronn.

Ratsherr. Wir haben auf Euern Befehl die st‰rksten und tapfersten B¸rger versammelt; sie warten hier in der N‰he auf Euern Wink, um sich Berlichingens zu bemeistern.

Erster Rat. Wir werden Ihro Kaiserlichen Majest‰t Eure Bereitwilligkeit, Ihrem hˆchsten Befehl zu gehorchen, mit vielem Vergn¸gen zu r¸hmen wissen.–Es sind Handwerker?

Ratsherr. Schmiede, Weinschrˆter, Zimmerleute, M‰nner mit ge¸bten F‰usten und hier wohl beschlagen (auf die Brust deutend).

Rat. Wohl.

(Gerichtsdiener kommt.)

Gerichtsdiener. Gˆtz von Berlichingen wartet vor der T¸r.

Rat. Laflt ihn herein.

(Gˆtz kommt.)

Gˆtz. Gott gr¸fl euch, ihr Herrn, was wollt ihr mit mir?

Rat. Zuerst, dafl Ihr bedenkt: wo Ihr seid? und vor wem?

Gˆtz. Bei meinem Eid, ich verkenn euch nicht, meine Herrn.

Rat. Ihr tut Eure Schuldigkeit.

Gˆtz. Von ganzem Herzen.

Rat. Setzt Euch.

Gˆtz. Da unten hin? Ich kann stehn. Das St¸hlchen riecht so nach armen S¸ndern, wie ¸berhaupt die ganze Stube.

Rat. So steht!

Gˆtz. Zur Sache, wenn’s gef‰llig ist.

Rat. Wir werden in der Ordnung verfahren.

Gˆtz. Bin’s wohl zufrieden, wollt, es w‰r von jeher geschehen.

Rat. Ihr wiflt, wie Ihr auf Gnad und Ungnad in unsere H‰nde kamt.

Gˆtz. Was gebt Ihr mir, wenn ich’s vergesse?

Rat. Wenn ich Euch Bescheidenheit geben kˆnnte, w¸rd ich Eure Sache gut machen.

Gˆtz. Gut machen! Wenn Ihr das kˆnntet! Dazu gehˆrt freilich mehr als zum Verderben.

Schreiber. Soll ich das alles protokollieren?

Rat. Was zur Handlung gehˆrt.

Gˆtz. Meinetwegen d¸rft Ihr’s drucken lassen.

Rat. Ihr wart in der Gewalt des Kaisers, dessen v‰terliche Gnade an den Platz der majest‰tischen Gerechtigkeit trat, Euch anstatt eines Kerkers Heilbronn, eine seiner geliebten St‰dte, zum Aufenthalt anwies. Ihr verspracht mit einem Eid, Euch, wie es einem Ritter geziemt, zu stellen und das Weitere dem¸tig zu erwarten.

Gˆtz. Wohl, und ich bin hier und warte.

Rat. Und wir sind hier, Euch Ihro Kaiserlichen Majest‰t Gnade und Huld zu verk¸ndigen. Sie verzeiht Euch Eure ¸bertretungen, spricht Euch von der Acht und aller wohlverdienten Strafe los, welches Ihr mit untert‰nigem Dank erkennen und dagegen die Urfehde abschwˆren werdet, welche Euch hiermit vorgelesen werden soll.

Gˆtz. Ich bin Ihro Majest‰t treuer Knecht wie immer. Noch ein Wort, eh Ihr weitergeht: Meine Leute, wo sind die? Was soll mit ihnen werden?

Rat. Das geht Euch nichts an.

Gˆtz. So wende der Kaiser sein Angesicht von Euch, wenn Ihr in Not steckt! Sie waren meine Gesellen, und sind’s. Wo habt Ihr sie hingebracht?

Rat. Wir sind Euch davon keine Rechnung schuldig.

Gˆtz. Ah! Ich dachte nicht, dafl Ihr nicht einmal zu dem verbunden seid, was Ihr versprecht, geschweige-Rat. Unsere Kommission ist, Euch die Urfehde vorzulegen. Unterwerft Euch dem Kaiser, und Ihr werdet einen Weg finden, um Eurer Gesellen Leben und Freiheit zu flehen.

Gˆtz. Euern Zettel.

Rat. Schreiber, leset!

Schreiber. “Ich Gˆtz von Berlichingen bekenne ˆffentlich durch diesen Brief: Dafl, da ich mich neulich gegen Kaiser und Reich rebellischerweise aufgelehnt”-Gˆtz. Das ist nicht wahr. Ich bin kein Rebell, habe gegen Ihro Kaiserliche Majest‰t nichts verbrochen, und das Reich geht mich nichts an.

Rat. M‰fligt Euch und hˆrt weiter.

Gˆtz. Ich will nichts weiter hˆren. Tret einer auf und zeuge! Hab ich wider den Kaiser, wider das Haus ˆsterreich nur einen Schritt getan? Hab ich nicht von jeher durch alle Handlungen bewiesen, dafl ich besser als einer f¸hle, was Deutschland seinen Regenten schuldig ist? und besonders was die Kleinen, die Ritter und Freien, ihrem Kaiser schuldig sind? Ich m¸flte ein Schurke sein, wenn ich mich kˆnnte bereden lassen, das zu unterschreiben.

Rat. Und doch haben wir gemessene Ordre, Euch in der G¸te zu ¸berreden, oder im Entstehungsfall Euch in den Turn zu werfen.

Gˆtz. In Turn? mich?

Rat. Und daselbst kˆnnt Ihr Euer Schicksal von der Gerechtigkeit erwarten, wenn Ihr es nicht aus den H‰nden der Gnade empfangen wollt.

Gˆtz. In Turn! Ihr miflbraucht die Kaiserliche Gewalt. In Turn! Das ist sein Befehl nicht. Was! mir erst, die Verr‰ter! eine Falle zu stellen, und ihren Eid, ihr ritterlich Wort zum Speck drin aufzuh‰ngen! Mir dann ritterlich Gef‰ngnis zusagen, und die Zusage wieder brechen.

Rat. Einem R‰uber sind wir keine Treue schuldig.

Gˆtz. Tr¸gst du nicht das Ebenbild des Kaisers, das ich in dem gesudeltsten Konterfei verehre, du solltest mir den R‰uber fressen oder dran erw¸rgen! Ich bin in einer ehrlichen Fehd begriffen. Du kˆnntest Gott danken und dich vor der Welt grofl machen, wenn du in deinem Leben eine so edle Tat getan h‰ttest, wie die ist, um welcher willen ich gefangen sitze.

Rat (winkt dem Ratsherrn, der zieht die Schelle).

Gˆtz. Nicht um des leidigen Gewinsts willen, nicht um Land und Leute unbewehrten Kleinen wegzukapern, bin ich ausgezogen. Meinen Jungen zu befreien, und mich meiner Haut zu wehren! Seht Ihr was Unrechts dran? Kaiser und Reich h‰tten unsere Not nicht in ihrem Kopfkissen gef¸hlt. Ich habe Gott sei Dank noch eine Hand, und habe wohl getan, sie zu brauchen.

(B¸rger treten herein, Stangen in der Hand, Wehren an der Seite.)

Gˆtz. Was soll das?

Rat. Ihr wollt nicht hˆren. Fangt ihn!

Gˆtz. Ist das die Meinung? Wer kein ungrischer Ochs ist, komm mir nicht zu nah! Er soll von dieser meiner rechten eisernen Hand eine solche Ohrfeige kriegen, die ihm Kopfweh, Zahnweh und alles Weh der Erden aus dem Grund kurieren soll. (Sie machen sich an ihn, er schl‰gt den einen zu Boden, und reiflt einem andern die Wehre von der Seite, sie weichen.) Kommt! Kommt! Es w‰re mir angenehm, den Tapfersten unter euch kennenzulernen.

Rat. Gebt Euch.

Gˆtz. Mit dem Schwert in der Hand! Wiflt Ihr, dafl es jetzt nur an mir l‰ge, mich durch alle diese Hasenj‰ger durchzuschlagen und das weite Feld zu gewinnen? Aber ich will Euch lehren, wie man Wort h‰lt. Versprecht mir ritterlich Gef‰ngnis, und ich gebe mein Schwert weg und bin wie vorher Euer Gefangener.

Rat. Mit dem Schwert in der Hand wollt Ihr mit dem Kaiser rechten?

Gˆtz. Beh¸te Gott! Nur mit Euch und Eurer edlen Kompanie.–Ihr kˆnnt nach Hause gehn, gute Leute. F¸r die Vers‰umnis kriegt ihr nichts, und zu holen ist hier nichts als Beulen.

Rat. Greift ihn. Gibt euch eure Liebe zu euerm Kaiser nicht mehr Mut?

Gˆtz. Nicht mehr, als ihnen der Kaiser Pflaster gibt, die Wunden zu heilen, die sich ihr Mut holen kˆnnte.

(Gerichtsdiener kommt.)

Gerichtsdiener. Eben ruft der T¸rner: es zieht ein Trupp von mehr als zweihunderten nach der Stadt zu. Unversehens sind sie hinter der Weinhˆhe hervorgedrungen und drohen unsern Mauern.

Ratsherr. Weh uns! was ist das?

(Wache kommt.)

Wache. Franz von Sickingen h‰lt vor dem Schlag und l‰flt euch sagen: Er habe gehˆrt, wie unw¸rdig man an seinem Schwager bundbr¸chig geworden sei, wie die Herrn von Heilbronn allen Vorschub t‰ten. Er verlange Rechenschaft, sonst wolle er binnen einer Stunde die Stadt an vier Ecken anz¸nden und sie der Pl¸nderung preisgeben.

Gˆtz. Braver Schwager!

Rat. Tretet ab, Gˆtz!–Was ist zu tun?

Ratsherr. Habt Mitleiden mit uns und unserer B¸rgerschaft! Sickingen ist unb‰ndig in seinem Zorn, er ist Mann, es zu halten.

Rat. Sollen wir uns und dem Kaiser die Gerechtsame vergeben?

Hauptmann. Wenn wir nur Leute h‰tten, sie zu behaupten. So aber kˆnnten wir umkommen, und die Sache w‰re nur desto schlimmer. Wir gewinnen im Nachgeben.

Ratsherr. Wir wollen Gˆtzen ansprechen, f¸r uns ein gut Wort einzulegen. Mir ist’s, als wenn ich die Stadt schon in Flammen s‰he.

Rat. Laflt Gˆtzen herein.

Gˆtz. Was soll’s?

Rat. Du w¸rdest wohl tun, deinen Schwager von seinem rebellischen Vorhaben abzumahnen. Anstatt dich vom Verderben zu retten, st¸rzt er dich tiefer hinein, indem er sich zu deinem Falle gesellt.

Gˆtz (sieht Elisabeth an der T¸r, heimlich zu ihr). Geh hin! Sag ihm: er soll unverz¸glich hereinbrechen, soll hieher kommen, nur der Stadt kein Leids tun. Wenn sich die Schurken hier widersetzen, soll er Gewalt brauchen. Es liegt mir nichts dran umzukommen, wenn sie nur alle mit erstochen werden.

Ein grofler Saal auf dem Rathaus

Sickingen. Gˆtz. Das ganze Rathaus ist mit Sickingens Reitern besetzt.

Gˆtz. Das war H¸lfe vom Himmel! Wie kommst du so erw¸nscht und unvermutet, Schwager?

Sickingen. Ohne Zauberei. Ich hatte zwei, drei Boten ausgeschickt, zu hˆren, wie dir’s ginge? Auf die Nachricht von ihrem Meineid macht ich mich auf den Weg. Nun haben wir sie.

Gˆtz. Ich verlange nichts als ritterliche Haft.

Sickingen. Du bist zu ehrlich. Dich nicht einmal des Vorteils zu bedienen, den der Rechtschaffene ¸ber den Meineidigen hat! Sie sitzen im Unrecht, wir wollen ihnen keine Kissen unterlegen. Sie haben die Befehle des Kaisers sch‰ndlich miflbraucht. Und wie ich Ihro Majest‰t kenne, darfst du sicher auf mehr dringen. Es ist zu wenig.

Gˆtz. Ich bin von jeher mit wenigem zufrieden gewesen.

Sickingen. Und bist von jeher zu kurz gekommen. Meine Meinung ist: sie sollen deine Knechte aus dem Gef‰ngnis und dich zusamt ihnen auf deinen Eid nach deiner Burg ziehen lassen. Du magst versprechen, nicht aus deiner Terminei zu gehen, und wirst immer besser sein als hier.

Gˆtz. Sie werden sagen: Meine G¸ter seien dem Kaiser heimgefallen.

Sickingen. So sagen wir: Du wolltest zur Miete drin wohnen, bis sie dir der Kaiser wieder zu Lehn g‰be. Lafl sie sich wenden wie Aale in der Reuse, sie sollen uns nicht entschl¸pfen. Sie werden von Kaiserlicher Majest‰t reden, von ihrem Auftrag. Das kann uns einerlei sein. Ich kenne den Kaiser auch und gelte was bei ihm. Er hat immer gew¸nscht, dich unter seinem Heer zu haben. Du wirst nicht lang auf deinem Schlosse sitzen, so wirst du aufgerufen werden.

Gˆtz. Wollte Gott bald, eh ich ‘s Fechten verlerne.

Sickingen. Der Mut verlernt sich nicht, wie er sich nicht lernt. Sorge f¸r nichts! Wenn deine Sachen in der Ordnung sind, geh ich nach Hof, denn meine Unternehmung f‰ngt an reif zu werden. G¸nstige Aspekten deuten mir: “Brich auf!” Es ist mir nichts ¸brig, als die Gesinnung des Kaisers zu sondieren. Trier und Pfalz vermuten eher des Himmels Einfall, als dafl ich ihnen ¸bern Kopf kommen werde. Und ich will kommen wie ein Hagelwetter! Und wenn wir unser Schicksal machen kˆnnen, so sollst du bald der Schwager eines Kurf¸rsten sein. Ich hoffte auf deine Faust bei dieser Unternehmung.

Gˆtz (besieht seine Hand). Oh! das deutete der Traum, den ich hatte, als ich tags darauf Marien an Weislingen versprach. Er sagte mir Treu zu, und hielt meine rechte Hand so fest, dafl sie aus den Armschienen ging, wie abgebrochen. Ach! Ich bin in diesem Augenblick wehrloser, als ich war, da sie mir abgeschossen wurde. Weislingen! Weislingen!

Sickingen. Vergifl einen Verr‰ter. Wir wollen seine Anschl‰ge vernichten, sein Ansehn untergraben, und Gewissen und Schande sollen ihn zu Tode fressen. Ich seh, ich seh im Geist meine Feinde, deine Feinde niedergest¸rzt. Gˆtz, nur noch ein halb Jahr!

Gˆtz. Deine Seele fliegt hoch. Ich weifl nicht; seit einiger Zeit wollen sich in der meinigen keine frˆhlichen Aussichten erˆffnen.–Ich war schon mehr im Ungl¸ck, schon einmal gefangen, und so, wie mir’s jetzt ist, war mir’s niemals.

Sickingen. Gl¸ck macht Mut. Kommt zu den Per¸cken! Sie haben lang genug den Vortrag gehabt, lafl uns einmal die M¸h ¸bernehmen. (Ab.)

Adelheidens Schlofl

Adelheid. Weislingen.

Adelheid. Das ist verhaflt!

Weislingen. Ich hab die Z‰hne zusammengebissen. Ein so schˆner Anschlag, so gl¸cklich vollf¸hrt, und am Ende ihn auf sein Schlofl zu lassen! Der verdammte Sickingen!

Adelheid. Sie h‰tten’s nicht tun sollen.

Weislingen. Sie saflen fest. Was konnten sie machen? Sickingen drohte mit Feuer und Schwert, der hochm¸tige j‰hzornige Mann! Ich hafl ihn. Sein Ansehn nimmt zu wie ein Strom, der nur einmal ein paar B‰che gefressen hat, die ¸brigen folgen von selbst.

Adelheid. Hatten sie keinen Kaiser?

Weislingen. Liebe Frau! Er ist nur der Schatten davon, er wird alt und miflmutig. Wie er hˆrte, was geschehen war, und ich nebst den ¸brigen Regimentsr‰ten eiferte, sagte er: “Laflt ihnen Ruh! Ich kann dem alten Gˆtz wohl das Pl‰tzchen gˆnnen, und wenn er da still ist, was habt ihr ¸ber ihn zu klagen?” Wir redeten vom Wohl des Staats. “Oh!” sagt’ er, “h‰tt’ ich von jeher R‰te gehabt, die meinen unruhigen Geist mehr auf das Gl¸ck einzelner Menschen gewiesen h‰tten!”

Adelheid. Er verliert den Geist eines Regenten.

Weislingen. Wir zogen auf Sickingen los.–“Er ist mein treuer Diener”, sagt’ er; “hat er’s nicht auf meinen Befehl getan, so tat er doch besser meinen Willen als meine Bevollm‰chtigten, und ich kann’s gutheiflen, vor oder nach.”

Adelheid. Man mˆchte sich zerreiflen.

Weislingen. Ich habe deswegen noch nicht alle Hoffnung aufgegeben. Er ist auf sein ritterlich Wort auf sein Schlofl gelassen, sich da still zu halten. Das ist ihm unmˆglich; wir wollen bald eine Ursach wider ihn haben.

Adelheid. Und desto eher, da wir hoffen kˆnnen, der Kaiser werde bald aus der Welt gehn, und Karl, sein trefflicher Nachfolger, majest‰tischere Gesinnungen verspricht.

Weislingen. Karl? Er ist noch weder gew‰hlt noch gekrˆnt.

Adelheid. Wer w¸nscht und hofft es nicht?

Weislingen. Du hast einen groflen Begriff von seinen Eigenschaften; fast sollte man denken, du s‰hest sie mit andern Augen.

Adelheid. Du beleidigst mich, Weislingen. Kennst du mich f¸r das?

Weislingen. Ich sagte nichts dich zu beleidigen. Aber schweigen kann ich nicht dazu. Karls ungewˆhnliche Aufmerksamkeit f¸r dich beunruhigt mich.