Aber ich saï¬ im Brunnen bek¸mmert und muï¬te den Tag lang Harren und Schlâ°ge genug am selbigen Abend erdulden, Eh ich entkam. Es traten zum Brunnen einige Bauern, Sie bemerkten mich da. Von grimmigem Hunger gepeinigt, Saï¬ ich in Trauer und Angst, erbâ°rmlich war mir zumute. Untereinander sprachen die Bauern: Da sieh nur, im Eimer Sitzt da unten der Feind, der unsre Schafe vermindert. Hol ihn herauf, versetzte der eine: ich halte mich fertig Und empfang ihn am Rand, er soll uns die Lâ°mmer bezahlen! Wie er mich aber empfing, das war ein Jammer! Es fielen Schlâ°g auf Schlâ°ge mir ¸ber den Pelz, ich hatte mein Leben Keinen traurigern Tag, und kaum entrann ich dem Tode.
Reineke sagte darauf. Bedenkt genauer die Folgen, Und Ihr findet gewiï¬, wie heilsam die Schlâ°ge gewesen. Ich f¸r meine Person mag lieber dergleichen entbehren, Und wie die Sache stand, so muï¬te wohl eines von beiden Sich mit den Schlâ°gen beladen, wir konnten zugleich nicht entgehen. Wenn Ihrs Euch merkt, so nutzt es Euch wohl, und k¸nftig vertraut Ihr Keinem so leicht in â°hnlichen Fâ°llen. Die Welt ist voll Schalkheit.
Ja, versetzte der Wolf: was braucht es weiter Beweise! Niemand verletzte mich mehr, als dieser bËse Verrâ°ter. Eines erzâ°hlt ich noch nicht, wie er in Sachsen mich einmal Unter das Affengeschlecht zu Schand und Schaden gef¸hret. Er beredete mich, in eine HËhle zu kriechen, Und er wuï¬te voraus, es w¸rde mir ¸bels begegnen. Wâ°r ich nicht eilig entflohn, ich wâ°r um Augen und Ohren Dort gekommen. Er sagte vorher mit gleisenden Worten: Seine Frau Muhme find ich daselbst, er meinte die â°ffin; Doch es verdroï¬ ihn, daï¬ ich entkam. Er schickte mich t¸ckisch In das abscheuliche Nest, ich dacht, es wâ°re die HËlle.
Reineke sagte darauf vor allen Herren des Hofes: Isegrim redet verwirrt, er scheint nicht vËllig bei Sinnen. Von der â°ffin will er erzâ°hlen, so sag er es deutlich. Drittehalb Jahr sinds her, als nach dem Lande zu Sachsen Er mit groï¬em Prassen gezogen, wohin ich ihm folgte. Das ist wahr, das ¸brige l¸gt er. Es waren nicht Affen, Meerkatzen warens, von welchen er redet; und nimmermehr werd ich Diese f¸r meine Muhmen erkennen. Martin, der Affe, Und Frau R¸ckenau sind mir verwandt; sie ehr ich als Muhme, Ihn als Vetter, und r¸hme mich des. Notarius ist er Und versteht sich aufs Recht. Doch was von jenen GeschËpfen Isegrim sagt, geschieht mir zum Hohn, ich habe mit ihnen Nichts zu tun, und nie sinds meine Verwandten gewesen; Denn sie gleichen dem hËllischen Teufel. Und daï¬ ich die Alte Damals Muhme geheiï¬en, das tat ich mit gutem Bedachte. Nichts verlor ich dabei, das will ich gerne gestehen: Gut gastierte sie mich, sonst hâ°tte sie mËgen ersticken.
Seht, Ihr Herren! wir hatten den Weg zur Seite gelassen, Gingen hinter dem Berg, und eine d¸stere HËhle, Tief und lang, bemerkten wir da. Es f¸hlte sich aber Isegrim krank, wie gewËhnlich, vor Hunger. Wann hâ°tt ihn auch jemals Einer so satt gesehen, daï¬ er zufrieden gewesen? Und ich sagte zu ihm: In dieser HËhle befindet Speise f¸rwahr sich genug, ich zweifle nicht, ihre Bewohner Teilen gerne mit uns, was sie haben, wir kommen gelegen. Isegrim aber versetzte darauf: Ich werde, mein Oheim, Unter dem Baume hier warten, Ihr seid in allem geschickter, Neue Bekannte zu machen, und wenn Euch Essen gereicht wird, Tut mirs zu wissen! So dachte der Schalk, auf meine Gefahr erst Abzuwarten, was sich ergâ°be; ich aber begab mich In die HËhle hinein. Nicht ohne Schauer durchwandert Ich den langen und krummen Gang, er wollte nicht enden. Aber was ich dann fand–den Schrecken wollt ich um vieles Rotes Gold nicht zweimal in meinem Leben erfahren! Welch ein Nest voll hâ°ï¬licher Tiere, groï¬er und kleiner! Und die Mutter dabei, ich dacht, es wâ°re der Teufel. Weit und groï¬ ihr Maul mit langen hâ°ï¬lichen Zâ°hnen, Lange Nâ°gel an Hâ°nden und F¸ï¬en und hinten ein langer Schwanz an den R¸cken gesetzt; so was Abscheuliches hab ich Nicht im Leben gesehn! Die schwarzen leidigen Kinder Waren seltsam gebildet, wie lauter junge Gespenster. Greulich sah sie mich an. Ich dachte: wâ°r ich von dannen! GrËï¬er war sie als Isegrim selbst, und einige Kinder Fast von gleicher Statur. Im faulen Heue gebettet Fand ich die garstige Brut und ¸ber und ¸ber beschlabbert Bis an die Ohren mit Kot, es stank in ihrem Reviere Ærger als hËllisches Pech. Die reine Wahrheit zu sagen: Wenig gefiel es mir da, denn ihrer waren so viele, Und ich stand nur allein. Sie zogen greuliche Fratzen. Da besann ich mich denn, und einen Ausweg versucht ich, Gr¸ï¬te sie schËn–ich meint es nicht so–und wuï¬te so freundlich Und bekannt mich zu stellen. Frau Muhme! sagt ich zur Alten, Vettern hieï¬ ich die Kinder und lieï¬ es an Worten nicht fehlen. Spar Euch der gnâ°dige Gott auf lange gl¸ckliche Zeiten! Sind das Eure Kinder? F¸rwahr! ich sollte nicht fragen; Wie behagen sie mir! Hilf Himmel! wie sie so lustig, Wie sie so schËn sind! Man nâ°hme sie alle f¸r SËhne des KËnigs. Seid mir vielmal gelobt, daï¬ Ihr mit w¸rdigen Sprossen Mehret unser Geschlecht, ich freue mich ¸ber die Maï¬en. Gl¸cklich find ich mich nun, von solchen Ëhmen zu wissen; Denn zu Zeiten der Not bedarf man seiner Verwandten.
Als ich ihr soviel Ehre geboten, wiewohl ich es anders Meinte, bezeigte sie mir von ihrer Seite desgleichen, Hieï¬ mich Oheim und tat so bekannt, so wenig die Nâ°rrin Auch zu meinem Geschlechte gehËrt. Doch konnte f¸r diesmal Gar nicht schaden, sie Muhme zu heiï¬en. Ich schwitzte dazwischen â¹ber und ¸ber vor Angst; allein sie redete freundlich: Reineke, werter Verwandter, ich heiï¬ Euch schËnstens willkommen! Seid Ihr auch wohl? Ich bin Euch mein ganzes Leben verbunden, Daï¬ Ihr zu mir gekommen. Ihr lehret kluge Gedanken Meine Kinder fortan, daï¬ sie zu Ehren gelangen. Also hËrt ich sie reden; das hatt ich mit wenigen Worten, Daï¬ ich sie Muhme genannt und daï¬ ich die Wahrheit geschonet, Reichlich verdient. Doch wâ°r ich so gern im Freien gewesen. Aber sie lieï¬ mich nicht fort und sprach: Ihr d¸rfet, mein Oheim, Unbewirtet nicht weg! Verweilet, laï¬t Euch bedienen. Und sie brachte mir Speise genug, ich w¸ï¬te sie wahrlich Jetzt nicht alle zu nennen; verwundert war ich zum hËchsten, Wie sie zu allem gekommen. Von Fischen, Rehen und anderm Guten Wildbret, ich speiste davon, es schmeckte mir herrlich. Als ich zur Gn¸ge gegessen, belud sie mich ¸ber das alles, Bracht ein St¸ck vom Hirsche getragen, ich sollt es nach Hause Zu den Meinigen bringen, und ich empfahl mich zum besten. Reineke, sagte sie noch: besucht mich Ëfters. Ich hâ°tte, Was sie wollte, versprochen; ich machte, daï¬ ich herauskam. Lieblich war es nicht da f¸r Augen und Nase, ich hâ°tte Mir den Tod beinahe geholt; ich suchte zu fliehen, Lief behende den Gang bis zu der Ëffnung am Baume. Isegrim lag und stËhnte daselbst; ich sagte: Wie gehts Euch, Oheim? Er sprach: Nicht wohl! ich muï¬ vor Hunger verderben. Ich erbarmte mich seiner und gab ihm den kËstlichen Braten, Den ich mit mir gebracht. Er aï¬ mit groï¬er Begierde, Vielen Dank erzeigt’ er mir da; nun hat ers vergessen! Als er nun fertig geworden, begann er: Laï¬t mich erfahren, Wer die HËhle bewohnt? Wie habt Ihrs drinne gefunden? Gut oder schlecht? Ich sagt ihm darauf die lauterste Wahrheit, Unterrichtet ihn wohl. Das Nest sei bËse, dagegen Finde sich drin viel kËstliche Speise. Sobald er begehre, Seinen Teil zu erhalten, so mËg er kecklich hineingehn, Nur vor allem sich h¸ten, die grade Wahrheit zu sagen. Soll es Euch nach W¸nschen ergehn, so spart mir die Wahrheit! Wiederholt ich ihm noch: denn f¸hrt sie jemand bestâ°ndig Unklug im Munde, der leidet Verfolgung, wohin er sich wendet; â¹berall steht er zur¸ck, die andern werden geladen. Also hieï¬ ich ihn gehn; ich lehrt ihn: was er auch fâ°nde, Sollt er reden, was jeglicher gerne zu hËren begehret, Und man werd ihn freundlich empfangen. Das waren die Worte, Gnâ°diger KËnig und Herr, nach meinem besten Gewissen. Aber das Gegenteil tat er hernach, und kriegt’ er dar¸ber Etwas ab, so hab er es auch; er sollte mir folgen. Grau sind seine Zotteln f¸rwahr, doch sucht man die Weisheit Nur vergebens dahinter. Es achten solche Gesellen Weder Klugheit noch feine Gedanken; es bleibet dem groben TËlpischen Volke der Wert von aller Weisheit verborgen. Treulich schâ°rft ich ihm ein, die Wahrheit diesmal zu sparen; Weiï¬ ich doch selbst, was sich ziemt! versetzt’ er trotzig dagegen, Und so trabt’ er die HËhle hinein, da hat ers getroffen. Hinten saï¬ das abscheuliche Weib, er glaubte, den Teufel Vor sich zu sehn! die Kinder dazu! da rief er betroffen: Hilfe! Was f¸r abscheuliche Tiere! Sind diese GeschËpfe Eure Kinder? Sie scheinen f¸rwahr ein HËllengesindel. Geht, ertrâ°nkt sie, das wâ°re das beste, damit sich die Brut nicht â¹ber die Erde verbreite! Wenn es die meinigen wâ°ren, Ich erdrosselte sie. Man finge wahrlich mit ihnen Junge Teufel, man brauchte sie nur in einem Moraste Auf das Schilf zu binden, die garstigen, schmutzigen Rangen! Ja, Mooraffen sollten sie heiï¬en, da paï¬te der Name!
Eilig versetzte die Mutter und sprach mit zornigen Worten: Welcher Teufel schickt uns den Boten? Wer hat Euch gerufen, Hier uns grob zu begegnen? Und meine Kinder! Was habt Ihr, SchËn oder hâ°ï¬lich, mit ihnen zu tun? Soeben verlâ°ï¬t uns Reineke Fuchs, der erfahrene Mann, der muï¬ es verstehen; Meine Kinder, beteuert’ er hoch, er finde sie sâ°mtlich’ SchËn und sittig, von guter Manier; er mochte mit Freuden Sie f¸r seine Verwandten erkennen. Das hat er uns alles Hier an diesem Platz vor einer Stunde versichert. Wenn sie Euch nicht wie ihm gefallen, so hat Euch wahrhaftig Niemand zu kommen gebeten. Das mËgt Ihr, Isegrim, wissen.
Und er forderte gleich von ihr zu essen und sagte: Holt herbei, sonst helf ich Euch suchen! Was wollen die Reden Weiter helfen? Er machte sich dran und wollte gewaltsam Ihren Vorrat betasten; das war ihm ¸bel geraten! Denn sie warf sich ¸ber ihn her, zerbiï¬ und zerkratzt’ ihm Mit den Nâ°geln das Fell und klaut’ und zerrt’ ihn gewaltig; Ihre Kinder taten das gleiche, sie bissen und krammten Greulich auf ihn; da heult’ er und schrie mit blutigen Wangen, Wehrte sich nicht und lief mit hastigen Schritten zur Ëffnung. â¹bel zerrissen sah ich ihn kommen, zerkratzt, und die Fetzen Hingen herum, ein Ohr war gespalten und blutig die Nase, Manche Wunde kneipten sie ihm und hatten das Fell ihm Garstig zusammengeruckt. Ich fragt ihn, wie er heraustrat: Habt Ihr die Wahrheit gesagt? Er aber sagte dagegen: Wie ichs gefunden, so hab ich gesprochen. Die leidige Hexe Hat mich ¸bel geschâ°ndet, ich wollte, sie wâ°re hier auï¬en, Teuer bezahlte sie mirs! Was d¸nkt Euch, Reineke? habt Ihr Jemals solche Kinder gesehn? so garstig, so bËse? Da ichs ihr sagte, da war es geschehn, da fand ich nicht weiter Gnade vor ihr und habe mich ¸bel im Loche befunden.
Seid Ihr verr¸ckt? versetzt ich ihm drauf. ich hab es Euch anders Weislich geheiï¬en. Ich grÂ¸ï¬ Euch zum schËnsten (so solltet Ihr sagen), Liebe Muhme, wie geht es mit Euch? Wie geht es den lieben Artigen Kindern? Ich freue mich sehr, die groï¬en und kleinen Neffen wiederzusehn. Doch Isegrim sagte dagegen: Muhme das Weib zu begr¸ï¬en? und Neffen die hâ°ï¬lichen Kinder? Nehm sie der Teufel zu sich! Mir graut vor solcher Verwandtschaft. Pfui! ein ganz abscheuliches Pack! ich seh sie nicht wieder. Darum ward er so ¸bel bezahlt. Nun richtet, Herr KËnig! Sagt er mit Recht, ich hab ihn verraten? Er mag es gestehen, Hat die Sache sich nicht, wie ich erzâ°hle, begeben?
Isegrim sprach entschlossen dagegen: Wir machen wahrhaftig Diesen Streit mit Worten nicht aus. Was sollen wir keifen? Recht bleibt Recht, und wer es auch hat, es zeigt sich am Ende. Trotzig, Reineke, tretet Ihr auf, so mËgt Ihr es haben! Kâ°mpfen wollen wir gegeneinander, da wird es sich finden. Vieles wiï¬t Ihr zu sagen, wie vor der Affen Behausung Ich so groï¬en Hunger gelitten, und wie Ihr mich damals Treulich genâ°hrt. Ich w¸ï¬te nicht, wie! Es war nur ein Knochen, Den Ihr brachtet, das Fleisch vermutlich speistet Ihr selber. Wo Ihr stehet, spottet Ihr mein und redet verwegen, Meiner Ehre zu nah. Ihr habt mit schâ°ndlichen L¸gen Mich verdâ°chtig gemacht, als hâ°tt ich bËse VerschwËrung Gegen den KËnig im Sinne gehabt und hâ°tte sein Leben Ihm zu rauben gew¸nscht; Ihr aber prahltet dagegen Ihm von Schâ°tzen was vor; er mËchte schwerlich sie finden! Schmâ°hlich behandeltet Ihr mein Weib und sollt es mir b¸ï¬en. Dieser Sachen klag ich Euch an! ich denke zu kâ°mpfen â¹ber Altes und Neues und wiederhol es: ein MËrder, Ein Verrâ°ter seid Ihr, ein Dieb; und Leben um Leben Wollen wir kâ°mpfen, es endige nun das Keifen und Schelten. Einen Handschuh biet ich Euch an, so wie ihn zu Rechte Jeder Fordernde reicht, Ihr mËgt ihn zum Pfande behalten, Und wir finden uns bald. Der KËnig hat es vernommen, Alle die Herren habens gehËrt! ich hoffe, sie werden Zeugen sein des rechtlichen Kampfs. Ihr sollt nicht entweichen, Bis die Sache sich endlich entscheidet; dann wollen wir sehen.
Reineke dachte bei sich: Das geht um VermËgen und Leben! Groï¬ ist er, ich aber bin klein, und kËnnt es mir diesmal Etwa miï¬lingen, so hâ°tten mir alle die listigen Streiche Wenig geholfen. Doch warten wirs ab. Denn, wenn ichs bedenke, Bin ich im Vorteil: verlor er ja schon die vordersten Klauen! Ist der Tor nicht k¸hler geworden, so soll er am Ende Seinen Willen nicht haben, es koste, was es auch wolle.
Reineke sagte zum Wolfe darauf: Ihr mËgt mir wohl selber Ein Verrâ°ter, Isegrim, sein, und alle Beschwerden, Die Ihr auf mich zu bringen gedenket, sind alle gelogen. Wollt Ihr kâ°mpfen? ich wag es mit Euch und werde nicht wanken. Lange w¸nscht ich mir das! hier ist mein Handschuh dagegen.
So empfing der KËnig die Pfâ°nder, es reichten sie beide K¸hnlich. Er sagte darauf: Ihr sollt mir B¸rgen bestellen, Daï¬ Ihr morgen zum Kampfe nicht fehlt; denn beide Parteien Find ich verworren, wer mag die Reden alle verstehen?
Isegrims B¸rgen wurden sogleich der Bâ°r und der Kater, Braun und Hinze; f¸r Reineken aber verb¸rgten sich gleichfalls Vetter Moneke, Sohn von Mâ°rtenaffe, mit Grimbart.
Reineke, sagte Frau R¸ckenau drauf: nun bleibet gelassen, Klug von Sinnen! Es lehrte mein Mann, der jetzo nach Rom ist, Euer Oheim, mich einst ein Gebet; es hatte dasselbe Abt von Schluckauf gesetzt und gab es meinem Gemahle, Dem er sich g¸nstig erwies, auf einen Zettel geschrieben. Dieses Gebet, so sagte der Abt, ist heilsam den Mâ°nnern, Die ins Gefecht sich begeben; man muï¬ es n¸chtern des Morgens â¹berlesen, so bleibt man des Tags von Not und Gefahren VËllig befreit, vorm Tode gesch¸tzt, vor Schmerzen und Wunden. TrËstet Euch, Neffe, damit, ich will es morgen beizeiten â¹ber Euch lesen, so geht Ihr getrost und ohne Besorgnis. Liebe Muhme, versetzte der Fuchs: ich danke von Herzen, Ich gedenk es Euch wieder. Doch muï¬ mir immer am meisten Meiner Sache Gerechtigkeit helfen und meine Gewandtheit.
Reinekens Freunde blieben beisammen die Nacht durch und scheuchten Seine Grillen durch muntre Gesprâ°che. Frau R¸ckenau aber War vor allen besorgt und geschâ°ftig, sie lieï¬ ihn behende Zwischen Kopf und Schwanz und Brust und Bauche bescheren Und mit Fett und Ële bestreichen; es zeigte sich aber Reineke fett und rund und wohl zu Fuï¬e. Daneben Sprach sie: HËret mich an, bedenket, was Ihr zu tun habt, HËret den Rat verstâ°ndiger Freunde, das hilft Euch am besten. Trinket nur brav und haltet das Wasser, und kommt Ihr des Morgens In den Kreis, so macht es gescheit, benetzet den rauhen Wedel ¸ber und ¸ber und sucht den Gegner zu treffen; KËnnt Ihr die Augen ihm salben, so ists am besten geraten, Sein Gesicht verdunkelt sich gleich; es kommt Euch zustatten, Und ihn hindert es sehr. Auch m¸ï¬t Ihr anfangs Euch furchtsam Stellen und gegen den Wind mit fl¸chtigen F¸ï¬en entweichen. Wenn er Euch folget, erregt nur den Staub, auf daï¬ Ihr die Augen Ihm mit Unrat und Sande verschlieï¬t. Dann springet zur Seite, Paï¬t auf jede Bewegung, und wenn er die Augen sich auswischt, Nehmt des Vorteils gewahr und salbt ihm aufs neue die Augen Mit dem â°tzenden Wasser, damit er vËllig erblinde, Nicht mehr wisse, wo aus noch ein, und der Sieg Euch verbleibe. Lieber Neffe, schlaft nur ein wenig, wir wollen Euch wecken, Wenn es Zeit ist. Doch will ich sogleich die heiligen Worte â¹ber Euch lesen, von welchen ich sprach, auf daï¬ ich Euch stâ°rke. Und sie legt’ ihm die Hand aufs Haupt und sagte die Worte: Nekrâ°ts negibaul geid sum namteflih dnudna mein tedahcs! Nun Gl¸ck auf! nun seid Ihr verwahrt! Das Nâ°mliche sagte Oheim Grimbart; dann f¸hrten sie ihn und legten ihn schlafen. Ruhig schlief er. Die Sonne ging auf; da kamen die Otter Und der Dachs, den Vetter zu wecken. Sie gr¸ï¬ten ihn freundlich, Und sie sagten: Bereitet Euch wohl! Da brachte die Otter Eine junge Ente hervor und reicht’ sie ihm, sagend: Eï¬t, ich habe sie Euch mit manchem Sprunge gewonnen An dem Damme bei H¸nerbrot; laï¬ts Euch belieben, mein Vetter.
Gutes Handgeld ist das, versetzte Reineke munter: So was verschmâ°h ich nicht leicht. Das mËge Gott Euch vergelten, Daï¬ Ihr meiner gedenkt! Er lieï¬ das Essen sich schmecken Und das Trinken dazu und ging mit seinen Verwandten In den Kreis, auf den ebenen Sand, da sollte man kâ°mpfen.
ZwËlfter Gesang
Als der KËnig Reineken sah, wie dieser am Kreise Glatt geschoren sich zeigte, mit ÷l und schl¸pfrigem Fette â¹ber und ¸ber gesalbt, da lacht’ er ¸ber die Maï¬en. Fuchs! wer lehrte dich das? so rief er: mag man doch billig Reineke Fuchs dich heiï¬en, du bist bestâ°ndig der Lose! Allerorten kennst du ein Loch und weiï¬t dir zu helfen.
Reineke neigte sich tief vor dem KËnige, neigte besonders Vor der KËnigin sich und kam mit mutigen Spr¸ngen In den Kreis. Da hatte der Wolf mit seinen Verwandten Schon sich gefunden; sie w¸nschten dem Fuchs ein schmâ°hliches Ende; Manches zornige Wort und manche Drohung vernahm er. Aber Lynx und Lupardus, die Wâ°rter des Kreises, sie brachten Nun die Heilgen hervor, und beide Kâ°mpfer beschworen, Wolf und Fuchs, mit Bedacht die zu behauptende Sache.
Isegrim schwur mit heftigen Worten und drohenden Blicken: Reineke sei ein Verrâ°ter, ein Dieb, ein MËrder und aller Missetat schuldig, er sei auf Gewalt und Ehbruch betreten, Falsch in jeglicher Sache; das gelte Leben um Leben! Reineke schwur zur Stelle dagegen: er seie sich keiner Dieser Verbrechen bewuï¬t, und Isegrim l¸ge wie immer, SchwËre falsch wie gewËhnlich, doch soll’ es ihm nimmer gelingen, Seine L¸ge zur Wahrheit zu machen, am wenigsten diesmal. Und es sagten die Wâ°rter des Kreises: Ein jeglicher tue, Was er schuldig zu tun ist! das Recht wird bald sich ergeben. Groï¬ und klein verlieï¬en den Kreis, die beiden alleine Drin zu verschlieï¬en. Geschwind begann die â°ffin zu fl¸stern: Merket, was ich Euch sagte, vergeï¬t nicht, dem Rate zu folgen! Reineke sagte heiter darauf: Die gute Vermahnung Macht mich mutiger gehn. Getrost! ich werde der K¸hnheit Und der List auch jetzt nicht vergessen, durch die ich aus manchen GrËï¬ern Gefahren entronnen, worein ich Ëfters geraten, Wenn ich mir dieses und jenes geholt, was bis jetzt nicht bezahlt ist, Und mein Leben k¸hnlich gewagt. Wie sollt ich nicht jetzo Gegen den BËsewicht stehen? Ich hoff, ihn gewiï¬lich zu schâ°nden, Ihn und sein ganzes Geschlecht, und Ehre den Meinen zu bringen. Was er auch l¸gt, ich trâ°nk es ihm ein. Nun lieï¬ man die beiden In dem Kreise zusammen, und alle schauten begierig.
Isegrim zeigte sich wild und grimmig, reckte die Tatzen, Kam daher mit offenem Maul und gewaltigen Spr¸ngen. Reineke, leichter als er, entsprang dem st¸rmenden Gegner Und benetzte behende den rauhen Wedel mit seinem Ætzenden Wasser und schleift’ ihn im Staube, mit Sand ihn zu f¸llen. Isegrim dachte, nun hab er ihn schon! da schlug ihm der Lose â¹ber die Augen den Schwanz, und HËren und Sehen verging ihm. Nicht das erstemal ¸bt’ er die List, schon viele GeschËpfe Hatten die schâ°dliche Kraft des â°tzenden Wassers erfahren. Isegrims Kinder blendet’ er so, wie anfangs gesagt ist; Und nun dacht er den Vater zu zeichnen. Nachdem er dem Gegner So die Augen gesalbt, entsprang er seitwâ°rts und stellte Gegen den Wind sich, r¸hrte den Sand und jagte des Staubes Viel in die Augen des Wolfs, der sich mit Reiben und Wischen Hastig und ¸bel benahm und seine Schmerzen vermehrte. Reineke wuï¬te dagegen geschickt den Wedel zu f¸hren, Seinen Gegner aufs neue zu treffen und gâ°nzlich zu blenden. â¹bel bekam es dem Wolfe! denn seinen Vorteil benutzte Nun der Fuchs. Sobald er die schmerzlich trâ°nenden Augen Seines Feindes erblickte, begann er mit heftigen Spr¸ngen, Mit gewaltigen Schlâ°gen auf ihn zu st¸rmen, zu kratzen Und zu beiï¬en und immer die Augen ihm wieder zu salben. Halb von Sinnen tappte der Wolf, da spottete seiner Reineke dreister und sprach: Herr Wolf, Ihr habt wohl vorzeiten Manch unschuldiges Lamm verschlungen, in Euerem Leben Manch unstrâ°fliches Tier verzehrt: ich hoffe, sie sollen K¸nftig Ruhe genieï¬en, auf alle Fâ°lle bequemt Ihr Euch, sie in Frieden zu lassen, und nehmet Segen zum Lohne. Eure Seele gewinnt bei dieser Buï¬e, besonders Wenn Ihr das Ende geduldig erwartet. Ihr werdet f¸r diesmal Nicht aus meinen Hâ°nden entrinnen, Ihr m¸ï¬tet mit Bitten Mich versËhnen, da schont ich Euch wohl und lie﬒ Euch das Leben.
Hastig sagte Reineke das und hatte den Gegner Fest an der Kehle gepackt und hofft ihn also zu zwingen. Isegrim aber, stâ°rker als er, bewegte sich grimmig, Mit zwei Z¸gen riï¬ er sich los. Doch Reineke griff ihm Ins Gesicht, verwundet’ ihn hart und riï¬ ihm ein Auge Aus dem Kopfe, es rann ihm das Blut die Nase herunter. Reineke rief: So wollt ich es haben! so ist es gelungen! Blutend verzagte der Wolf, und sein verlorenes Auge Macht’ ihn rasend, er sprang, vergessend Wunden und Schmerzen, Gegen Reineken los und druckt’ ihn nieder zu Boden. â¹bel befand sich der Fuchs, und wenig half ihm die Klugheit. Einen der vorderen F¸ï¬e, die er als Hâ°nde gebrauchte, Faï¬t’ ihm Isegrim schnell und hielt ihn zwischen den Zâ°hnen. Reineke lag bek¸mmert am Boden, er sorgte zur Stunde Seine Hand zu verlieren und dachte tausend Gedanken. Isegrim brummte dagegen mit hohler Stimme die Worte:
Deine Stunde, Dieb, ist gekommen! Ergib dich zur Stelle, Oder ich schlage dich tot f¸r deine betr¸glichen Taten! Ich bezahle dich nun, es hat dir wenig geholfen, Staub zu kratzen, Wasser zu lassen, das Fell zu bescheren, Dich zu schmieren; wehe dir nun! du hast mir so vieles â¹bel getan, gelogen auf mich, mir das Auge geblendet, Aber du sollst nicht entgehn, ergib dich, oder ich beiï¬e!
Reineke dachte: Nun geht es mir schlimm, was soll ich beginnen? Geb ich mich nicht, so bringt er mich um, und wenn ich mich gebe, Bin ich auf ewig beschimpft. Ja, ich verdiene die Strafe, Denn ich hab ihn zu ¸bel behandelt, zu grËblich beleidigt. S¸ï¬e Worte versucht’ er darauf, den Gegner zu mildern. Lieber Oheim! sagt’ er zu ihm: ich werde mit Freuden Euer Lehnsmann sogleich mit allem, was ich besitze. Gerne geh ich als Pilger f¸r Euch zum Heiligen Grabe, In das Heilige Land, in alle Kirchen, und bringe Ablaï¬ genug von dannen zur¸ck. Es gereichet derselbe Eurer Seele zu Nutz und soll f¸r Vater und Mutter â¹brig bleiben, damit sich auch die im ewigen Leben Dieser Wohltat erfreun; wer ist nicht ihrer bed¸rftig? Ich verehr Euch, als wâ°rt Ihr der Papst, und schwËre den teuren Heiligen Eid, von jetzt auf alle k¸nftige Zeiten Ganz der Eure zu sein mit allen meinen Verwandten. Alle sollen Euch dienen zu jeder Stunde. So schwËr ich! Was ich dem KËnige selbst nicht versprâ°che, das sei Euch geboten. Nehmt Ihr es an, so wird Euch dereinst die Herrschaft des Landes. Alles, was ich zu fangen verstehe, das will ich Euch bringen: Gâ°nse, H¸hner, Enten und Fische, bevor ich das mindste Solcher Speise verzehre, ich laï¬ Euch immer die Auswahl, Eurem Weib und Kindern. Ich will mit Fleiï¬e darneben Euer Leben beraten, es soll Euch kein ¸bel ber¸hren. Lose heiï¬ ich, und Ihr seid stark, so kËnnen wir beide Groï¬e Dinge verrichten. Zusammen m¸ssen wir halten, Einer mit Macht, der andre mit Rat, wer wollt uns bezwingen? Kâ°mpfen wir gegeneinander, so ist es ¸bel gehandelt. Ja, ich hâ°tt es niemals getan, wofern ich nur schicklich Hâ°tte den Kampf zu vermeiden gewuï¬t; Ihr fordertet aber, Und ich muï¬te denn wohl mich ehrenhalber bequemen. Aber ich habe mich hËflich gehalten und wâ°hrend des Streites Meine ganze Macht nicht bewiesen; es muï¬ dir, so dacht ich, Deinen Oheim zu schonen, zur grËï¬ten Ehre gereichen. Hâ°tt ich Euch aber gehaï¬t, es wâ°r Euch anders gegangen. Wenig Schaden habt Ihr gelitten, und wenn aus Versehen Euer Auge verletzt ist, so bin ich herzlich bek¸mmert. Doch das Beste bleibt mir dabei: ich kenne das Mittel, Euch zu heilen, und teil ichs Euch mit, Ihr werdet mirs danken. Bliebe das Auge gleich weg, und seid Ihr sonst nur genesen, Ist es Euch immer bequem; Ihr habet, legt Ihr Euch schlafen, Nur Ein Fenster zu schlieï¬en, wir andern bem¸hen uns doppelt. Euch zu versËhnen, sollen sogleich sich meine Verwandten Vor Euch neigen, mein Weib und meine Kinder, sie sollen Vor des KËniges Augen im Angesicht dieser Versammlung Euch ersuchen und bitten, daï¬ Ihr mir gnâ°dig vergebet Und mein Leben mir schenkt. Dann will ich offen bekennen, Daï¬ ich unwahr gesprochen und Euch mit L¸gen geschâ°ndet, Euch betrogen, wo ich gekonnt. Ich verspreche, zu schwËren, Daï¬ mir von Euch nichts BËses bekannt ist und daï¬ ich von nun an Nimmer Euch zu beleidigen denke. Wie kËnntet Ihr jemals GrËï¬ere S¸hne verlangen, als die, wozu ich bereit bin? Schlagt Ihr mich tot, was habt Ihr davon? es bleiben Euch immer Meine Verwandten zu f¸rchten und meine Freunde; dagegen, Wenn Ihr mich schont, verlaï¬t Ihr mit Ruhm und Ehren den Kampfplatz, Scheinet jeglichem edel und weise: denn hËher vermag sich Niemand zu heben, als wenn er vergibt. Es kommt Euch so bald nicht Diese Gelegenheit wieder, benutzt sie. ¸brigens kann mir Jetzt ganz einerlei sein, zu sterben oder zu leben.
Falscher Fuchs! versetzte der Wolf. wie wâ°rst du so gerne Wieder los! Doch wâ°re die Welt von Golde geschaffen, Und bËtest du sie mir in deinen NËten, ich w¸rde Dich nicht lassen! Du hast mir so oft vergeblich geschworen, Falscher Geselle! Gewiï¬, nicht Eierschalen erhielt’ ich Lie﬒ ich dich los. Ich achte nicht viel auf deine Verwandten; Ich erwarte, was sie vermËgen, und denke so ziemlich Ihre Feindschaft zu tragen. Du Schadenfroher! wie w¸rdest Du nicht spotten, gâ°b ich dich frei auf deine Beteurung. Wer dich nicht kennte, wâ°re betrogen. Du hast mich, so sagst du, Heute geschont, du leidiger Dieb! und hâ°ngt mir das Auge Nicht zum Kopfe heraus? Du BËsewicht, hast du die Haut mir Nicht an zwanzig Orten verletzt? und konnt ich nur einmal Wieder zu Atem gelangen, da du den Vorteil gewonnen? TËricht wâ°r es gehandelt, wenn ich f¸r Schaden und Schande Dir nun Gnad und Mitleid erzeigte. Du brachtest, Verrâ°ter, Mich und mein Weib in Schaden und Schmach, das kostet dein Leben.
Also sagte der Wolf. Indessen hatte der Lose Zwischen die Schenkel des Gegners die andre Tatze geschoben; Bei den empfindlichsten Teilen ergriff er denselben und ruckte, Zerrt’ ihn grausam, ich sage nicht mehr–Erbâ°rmlich zu schreien Und zu heulen begann der Wolf mit offenem Munde. Reineke zog die Tatze behend aus den klemmenden Zâ°hnen, Hielt mit beiden den Wolf nun immer fester und fester, Kneipt’ und zog; da heulte der Wolf und schrie so gewaltig Daï¬ er Blut zu speien begann, es brach ihm vor Schmerzen â¹ber und ¸ber der Schweiï¬ durch seine Zotten, er lËste Sich vor Angst. Das freute den Fuchs, nun hofft’ er zu siegen, Hielt ihn immer mit Hâ°nden und Zâ°hnen, und groï¬e Bedrâ°ngnis, Groï¬e Pein kam ¸ber den Wolf, er gab sich verloren. Blut rann ¸ber sein Haupt, aus seinen Augen, er st¸rzte Nieder, betâ°ubt. Es hâ°tte der Fuchs des Goldes die F¸lle Nicht f¸r diesen Anblick genommen; so hielt er ihn immer Fest und schleppte den Wolf und zog, daï¬ alle das Elend Sahen, und kneipt’ und druckt’ und biï¬ und klaute den Armen, Der mit dumpfem Geheul im Staub und eigenen Unrat Sich mit Zuckungen wâ°lzte, mit ungebâ°rdigem Wesen. Seine Freunde jammerten laut, sie baten den KËnig: Aufzunehmen den Kampf, wenn es ihm also beliebte. Und der KËnig versetzte: Sobald Euch allen bed¸nket, Allen lieb ist, daï¬ es geschehe, so bin ichs zufrieden.
Und der KËnig gebot: die beiden Wâ°rter des Kreises, Lynx und Lupardus, sollten zu beiden Kâ°mpfern hineingehn. Und sie traten darauf in die Schranken und sprachen dem Sieger Reineke zu: es sei nun genug, es w¸nsche der KËnig, Aufzunehmen den Kampf, den Zwist geendigt zu sehen. Er verlangt, so fuhren sie fort: Ihr mËgt ihm den Gegner â¹berlassen, das Leben dem ¸berwundenen schenken. Denn, wenn einer getËtet in diesem Zweikampf erlâ°ge, Wâ°re es schade auf jeglicher Seite. Ihr habt ja den Vorteil! Alle sahen es, Klein und Groï¬e. Auch fallen die besten Mâ°nner Euch bei, Ihr habt sie f¸r Euch auf immer gewonnen.
Reineke sprach: Ich werde daf¸r mich dankbar beweisen! Gerne folg ich dem Willen des KËnigs, und was sich geb¸hret, Tu ich gern; ich habe gesiegt, und SchËners verlang ich Nichts zu erleben! Es gËnne mir nur der KËnig das Eine, Daï¬ ich meine Freunde befrage. Da riefen die Freunde Reinekens alle: Es d¸nket uns gut, den Willen des KËnigs Gleich zu erf¸llen. Sie kamen zu Scharen zum Sieger gelaufen, Alle Verwandte, der Dachs und der Affe und Otter und Biber. Seine Freunde waren nun auch der Marder, die Wiesel, Hermelin und Eichhorn und viele, die ihn befeindet, Seinen Namen zuvor nicht nennen mochten, sie liefen Alle zu ihm. Da fanden sich auch, die sonst ihn verklagten, Seine Verwandte anjetzt, und brachten Weiber und Kinder, Groï¬e, mittlere, kleine, dazu die kleinsten; es tat ihm Jeglicher schËn, sie schmeichelten ihm und konnten nicht enden.
In der Welt gehts immer so zu. Dem Gl¸cklichen sagt man: Bleibet lange gesund! er findet Freunde die Menge. Aber wem es ¸bel gerâ°t, der mag sich gedulden! Ebenso fand es sich hier. Ein jeglicher wollte der nâ°chste Neben dem Sieger sich blâ°hn. Die einen flËteten, andre Sangen, bliesen Posaunen und schlugen Pauken dazwischen. Reinekens Freunde sprachen zu ihm: Erfreut Euch, Ihr habet Euch und Euer Geschlecht in dieser Stunde gehoben! Sehr betr¸bten wir uns, Euch unterliegen zu sehen, Doch es wandte sich bald, es war ein treffliches St¸ckchen. Reineke sprach: Es ist mit gegl¸ckt, und dankte den Freunden. Also gingen sie hin mit groï¬em Get¸mmel, vor allen Reineke mit den Wâ°rtern des Kreises, und so gelangten Sie zum Throne des KËnigs, da kniete Reineke nieder. Aufstehn hieï¬ ihn der KËnig und sagte vor allen den Herren: Euren Tag bewahrtet Ihr wohl, Ihr habet mit Ehren Eure Sache vollf¸hrt, deswegen sprech ich Euch ledig; Alle Strafe hebet sich auf, ich werde dar¸ber Nâ°chstens sprechen im Rat mit meinen Edlen, sobald nur Isegrim wieder geheilt ist; f¸r heute schlieï¬ ich die Sache.
Eurem Rate, gnâ°diger Herr, versetzte bescheiden Reineke drauf: ist heilsam zu folgen; Ihr wiï¬t es am besten. Als ich hierher kam, klagten so viele, sie logen dem Wolfe, Meinem mâ°chtigen Feinde, zulieb, der wollte mich st¸rzen, Hatte mich fast in seiner Gewalt; da riefen die andern: Kreuzige! klagten mit ihm, nur mich aufs letzte zu bringen, Ihm gefâ°llig zu sein; denn alle konnten bemerken: Besser stand er bei Euch als ich, und keiner gedachte Weder ans Ende, noch wie sich vielleicht die Wahrheit verhalte. Jenen Hunden vergleich ich sie wohl, die pflegten in Menge Vor der K¸che zu stehn und hofften, es werde wohl ihrer Auch der g¸nstige Koch mit einigen Knochen gedenken. Einen ihrer Gesellen erblickten die wartenden Hunde, Der ein St¸ck gesottenes Fleisch dem Koche genommen Und nicht eilig genug zu seinem Ungl¸ck davonsprang. Denn es begoï¬ ihn der Koch mit heiï¬em Wasser von hinten Und verbr¸ht’ ihm den Schwanz; doch lieï¬ er die Beute nicht fallen, Mengte sich unter die andern, sie aber sprachen zusammen: Seht, wie diesen der Koch vor allen andern beg¸nstigt! Seht, welch kËstliches St¸ck er ihm gab! Und jener versetzte: Wenig begreift ihr davon, ihr lobt und preist mich von vorne, Wo es euch freilich gefâ°llt, das kËstliche Fleisch zu erblicken; Aber beseht mich von hinten und preist mich gl¸cklich, wofern ihr Eure Meinung nicht â°ndert. Da sie ihn aber besahen, War er schrecklich verbrannt, es fielen die Haare herunter, Und die Haut verschrumpft’ ihm am Leib. Ein Grauen befiel sie, Niemand wollte zur K¸che, sie liefen und lieï¬en ihn stehen. Herr, die Gierigen mein ich hiermit. Solange sie mâ°chtig Sind, verlangt sie ein jeder zu seinem Freunde zu haben. St¸ndlich sieht man sie, sie tragen das Fleisch in dem Munde. Wer sich nicht nach ihnen bequemt, der muï¬ es entgelten, Loben muï¬ man sie immer, so ¸bel sie handeln, und also Stâ°rkt man sie nur in strâ°flicher Tat. So tut es ein jeder, Der nicht das Ende bedenkt. Doch werden solche Gesellen ÷fters gestraft, und ihre Gewalt nimmt ein trauriges Ende. Niemand leidet sie mehr, so fallen zur Rechten und Linken Ihnen die Haare vom Leibe. Das sind die vorigen Freunde, Groï¬ und klein, sie fallen nun ab und lassen sie nackend; So wie sâ°mtliche Hunde sogleich den Gesellen verlieï¬en, Als sie den Schaden bemerkt und seine geschâ°ndete Hâ°lfte. Gnâ°diger Herr, Ihr werdet verstehn, von Reineken soll man Nie so reden, es sollen die Freunde sich meiner nicht schâ°men. Euer Gnaden dank ich aufs beste, und kËnnt ich nur immer Euren Willen erfahren, ich w¸rd ihn gerne vollbringen.
Viele Worte helfen uns nichts, versetzte der KËnig: Alles hab ich gehËrt und, was Ihr meinet, verstanden. Euch, als edlen Baron, Euch will ich im Rate wie vormals Wiedersehen, ich mach Euch zur Pflicht, zu jeglicher Stunde Meinen geheimen Rat zu besuchen. So bring ich Euch wieder VËllig zu Ehren und Macht, und Ihr verdient es, ich hoffe. Helfet alles zum besten wenden. Ich kann Euch am Hofe Nicht entbehren, und wenn Ihr die Weisheit mit Tugend verbindet, So wird niemand ¸ber Euch gehn und schâ°rfer und kl¸ger Rat und Wege bezeichnen. Ich werde k¸nftig die Klagen â¹ber Euch weiter nicht hËren. Und Ihr sollt immer an meiner Stelle reden und handeln als Kanzler des Reiches. Es sei Euch Also mein Siegel befohlen, und was Ihr tuet und schreibet, Bleibe getan und geschrieben.–So hat nun Reineke billig Sich zu groï¬en Gunsten geschwungen, und alles befolgt man, Was er râ°t und beschlieï¬t, zu Frommen oder zu Schaden.
Reineke dankte dem KËnig und sprach: Mein edler Gebieter, Zu viel Ehre tut Ihr mir an, ich will es gedenken, Wie ich hoffe Verstand zu behalten. Ihr sollt es erfahren.
Wie es dem Wolf indessen erging, vernehmen wir k¸rzlich. â¹berwunden lag er im Kreise und ¸bel behandelt, Weib und Freunde gingen zu ihm und Hinze, der Kater, Braun, der Bâ°r, und Kind und Gesind und seine Verwandten. Klagend legten sie ihn auf eine Bahre, man hatte Wohl mit Heu sie gepolstert, ihn warm zu halten, und trugen Aus dem Kreis ihn heraus. Man untersuchte die Wunden, Zâ°hlete sechsundzwanzig; es kamen viele Chirurgen, Die sogleich ihn verbanden und heilende Tropfen ihm reichten. Alle Glieder waren ihm lahm. Sie rieben ihm gleichfalls Kraut ins Ohr, er nieste gewaltig von vornen und hinten. Und sie sprachen zusammen: Wir wollen ihn salben und baden; TrËsteten solchergestalt des Wolfes traurige Sippschaft, Legten ihn sorglich zu Bette, da schlief er, aber nicht lange, Wachte verworren und k¸mmerte sich, die Schande, die Schmerzen Setzten ihm zu, er jammerte laut und schien zu verzweifeln; Sorglich wartete Gieremund sein, mit traurigem Mute, Dachte den groï¬en Verlust. Mit mannigfaltigen Schmerzen Stand sie, bedauerte sich und ihre Kinder und Freunde, Sah den leidenden Mann, er konnt es niemals verwinden, Raste vor Schmerz, der Schmerz war groï¬ und traurig die Folgen.
Reineken aber behagte das wohl, er schwatzte vergn¸glich Seinen Freunden was vor und hËrte sich preisen und loben. Hohen Mutes schied er von dannen. Der gnâ°dige KËnig Sandte Geleite mit ihm und sagte freundlich zum Abschied: Kommt bald wieder! Da kniete der Fuchs am Throne zur Erden, Sprach: Ich dank Euch von Herzen und meiner gnâ°digen Frauen, Eurem Rate, den Herren zusamt. Es spare, mein KËnig, Gott zu vielen Ehren Euch auf, und was Ihr begehret, Tu ich gern, ich lieb Euch gewiï¬ und bin es Euch schuldig. Jetzo, wenn Ihrs vergËnnt, gedenk ich nach Hause zu reisen, Meine Frau und Kinder zu sehn, sie warten und trauren.
Reiset nur hin, versetzte der KËnig: und f¸rchtet nichts weiter. Also machte sich Reineke fort, vor allen beg¸nstigt. Manche seines Gelichters verstehen dieselbigen K¸nste, Rote Bâ°rte tragen nicht alle; doch sind sie geborgen.
Reineke zog mit seinem Geschlecht, mit vierzig Verwandten, Stolz von Hofe, sie waren geehrt und freuten sich dessen. Als ein Herr trat Reineke vor, es folgten die andern. Frohen Mutes erzeigt’ er sich da, es war ihm der Wedel Breit geworden, er hatte die Gunst des KËnigs gefunden. War nun wieder im Rat und dachte, wie er es nutzte. Wen ich liebe, dem frommts, und meine Freunde genieï¬ens, Also dacht er: die Weisheit ist mehr als Gold zu verehren.
So begab sich Reineke fort, begleitet von allen Seinen Freunden, den Weg nach Malepartus, der Feste. Allen zeigt’ er sich dankbar, die sich ihm g¸nstig erwiesen, Die in bedenklicher Zeit an seiner Seite gestanden. Seine Dienste bot er dagegen; sie schieden und gingen Zu den Seinigen jeder, und er in seiner Behausung Fand sein Weib, Frau Ermelyn, wohl: sie gr¸ï¬t’ ihn mit Freuden, Fragte nach seinem Verdruï¬, und wie er wieder entkommen. Reineke sagte: Gelang es mir doch! ich habe mich wieder In die Gunst des KËnigs gehoben, ich werde wie vormals Wieder im Rate mich finden, und unserm ganzen Geschlechte Wird es zur Ehre gedeihn. Er hat mich zum Kanzler des Reiches Laut vor allen ernannt und mir das Siegel befohlen. Alles, was Reineke tut und schreibt, es bleibet f¸r immer Wohlgetan und geschrieben, das mag sich jeglicher merken!
Unterwiesen hab ich den Wolf in wenig Minuten, Und er klagt mir nicht mehr. Geblendet ist er, verwundet Und beschimpft sein ganzes Geschlecht; ich hab ihn gezeichnet! Wenig n¸tzt er k¸nftig der Welt. Wir kâ°mpften zusammen, Und ich hab ihn untergebracht. Er wird mir auch schwerlich Wieder gesund. Was liegt mir daran? Ich bleibe sein Vormann, Aller seiner Gesellen, die mit ihm halten und stehen.
Reinekens Frau vergn¸gte sich sehr; so wuchs auch den beiden Kleinen Knaben der Mut bei ihres Vaters ErhËhung. Untereinander sprachen sie froh: Vergn¸gliche Tage Leben wir nun, von allen verehrt, und denken indessen Unsre Burg zu befestgen und heiter und sorglos zu leben.
Hochgeehrt ist Reineke nun! Zur Weisheit bekehre Bald sich jeder und meide das BËse, verehre die Tugend! Dieses ist der Sinn des Gesangs, in welchem der Dichter Fabel und Wahrheit gemischt, damit ihr das BËse vom Guten Sondern mËget und schâ°tzen die Weisheit, damit auch die Kâ°ufer Dieses Buchs vom Laufe der Welt sich tâ°glich belehren. Denn so ist es beschaffen, so wird es bleiben, und also Endigt sich unser Gedicht von Reinekens Wesen und Taten. Uns verhelfe der Herr zur ewigen Herrlichkeit! Amen.