Guten Geschmackes. Er ist wahrhaftig zum erstenmal etwas N¸tze, der alberne Geck; ich hatt es ihm lange geschworen. Aber nun ist es vorbei, nun mag der Verrâ°ter verklagen! Reineke machte sich dran mit Weib und Kindern, sie pfl¸ckten Eilig dem Hasen das Fell und speisten mit gutem Behagen.
KËstlich schmeckt’ es der F¸chsin, und einmal ¸ber das andre: Dank sei KËnig und KËnigin! rief sie: wir haben durch ihre Gnade das herrliche Mahl, Gott mËg es ihnen belohnen! Esset nur, sagte Reineke, zu! es reichet f¸r diesmal; Alle werden wir satt, und mehreres denk ich zu holen: Denn es m¸ssen doch alle zuletzt die Zeche bezahlen, Die sich an Reineken machen und ihm zu schaden gedenken.
Und Frau Ermelyn sprach: Ich mËchte fragen, wie seid Ihr Los und ledig geworden? Ich brauchte, sagt’ er dagegen, Viele Stunden, wollt ich erzâ°hlen, wie fein ich den KËnig Umgewendet und ihn und seine Gemahlin betrogen. Ja, ich leugn es Euch nicht, es ist die Freundschaft nur d¸nne Zwischen dem KËnig und mir und wird nicht lange bestehen. Wenn er die Wahrheit erfâ°hrt, er wird sich grimmig entr¸sten. Kriegt er mich wieder in seine Gewalt, nicht Gold und nicht Silber KËnnte mich retten, er folgt mir gewiï¬ und sucht mich zu fangen. Keine Gnade darf ich erwarten, das weiï¬ ich am besten; Ungehangen lâ°ï¬t er mich nicht, wir m¸ssen uns retten.
Laï¬t uns nach Schwaben entfliehn! dort kennt uns niemand; wir halten Uns nach Landes Weise daselbst. Hilf Himmel! es findet S¸ï¬e Speise sich da und alles Guten die F¸lle: H¸hner, Gâ°nse, Hasen, Kaninchen und Zucker und Datteln, Feigen, Rosinen und VËgel von allen Arten und GrËï¬en; Und man bâ°ckt im Lande das Brot mit Butter und Eiern. Rein und klar ist das Wasser, die Luft ist heiter und lieblich, Fische gibt es genug, die heiï¬en Gallinen, und andre Heiï¬en Pullus und Gallus und Anas, wer nennte sie alle? Das sind Fische nach meinem Geschmack! Da brauch ich nicht eben Tief ins Wasser zu tauchen; ich hab sie immer gegessen, Da ich als Klausner mich hielt. Ja, Weibchen, wollen wir endlich Friede genieï¬en, so m¸ssen wir hin, Ihr m¸ï¬t mich begleiten.
Nun versteht mich nur wohl: es lieï¬ mich diesmal der KËnig Wieder entwischen, weil ich ihm log von seltenen Dingen. KËnig Emmerichs herrlichen Schatz versprach ich zu liefern; Den beschrieb ich, er lâ°ge bei Krekelborn. Werden sie kommen, Dort zu suchen, so finden sie leider nicht dieses, noch jenes, Werden vergeblich im Boden w¸hlen, und siehet der KËnig Dergestalt sich betrogen, so wird er schrecklich ergrimmen. Denn was ich f¸r L¸gen ersann, bevor ich entwischte, KËnnt Ihr denken; f¸rwahr, es ging zunâ°chst an den Kragen! Niemals war ich in grËï¬erer Not, noch schlimmer geâ°ngstigt, Nein! ich w¸nsche mir solche Gefahr nicht wiederzusehen. Kurz, es mag mir begegnen, was will, ich lasse mich niemals Wieder nach Hofe bereden, um in des KËnigs Gewalt mich Wieder zu geben; es brauchte wahrhaftig die grËï¬te Gewandtheit, Meinen Daumen mit Not aus seinem Munde zu bringen.
Und Frau Ermelyn sagte betr¸bt: Was wollte das werden? Elend sind wir und fremd in jedem anderen Lande; Hier ist alles nach unserm Begehren. Ihr bleibet der Meister Eurer Bauern. Und habt Ihr ein Abenteuer zu wagen Denn so nËtig? F¸rwahr, um Ungewisses zu suchen, Das Gewisse zu lassen, ist weder râ°tlich noch r¸hmlich. Leben wir hier doch sicher genug! Wie stark ist die Feste! â¹berzËg uns der KËnig mit seinem Heere, belegt’ er Auch die Straï¬e mit Macht, wir haben immer so viele Seitentore, so viel geheime Wege, wir wollen Gl¸cklich entkommen. Ihr wiï¬t es ja besser, was soll ich es sagen? Uns mit Macht und Gewalt in seine Hâ°nde zu kriegen, Viel gehËrte dazu. Es macht mir keine Besorgnis. Aber daï¬ Ihr ¸ber das Meer zu gehen geschworen, Das betr¸bt mich. Ich fasse mich kaum. Was kËnnte das werden!
Liebe Frau, bek¸mmert Euch nicht! versetzte dagegen Reineke, hËret mich an und merket: besser geschworen, Als verloren! So sagte mir einst ein Weiser im Beichtstuhl: Ein gezwungener Eid bedeute wenig. Das kann mich Keinen Katzenschwanz hindern! Ich meine den Eid, versteht nur. Wie Ihr gesagt habt, soll es geschehen. Ich bleibe zu Hause. Wenig hab ich f¸rwahr in Rom zu suchen, und hâ°tt ich Zehen Eide geschworen, so wollt ich Jerusalem nimmer Sehen; ich bleibe bei Euch und hab es freilich bequemer; Andrer Orten find ichs nicht besser, als wie ich es habe. Will mir der KËnig Verdruï¬ bereiten, ich muï¬ es erwarten, Stark und zu mâ°chtig ist er f¸r mich: doch kann es gelingen, Daï¬ ich ihn wieder betËre, die bunte Kappe mit Schellen â¹ber die Ohren ihm schiebe, da soll ers, wenn ichs erlebe, Schlimmer finden, als er es sucht. Das sei ihm geschworen!
Ungeduldig begann Bellyn am Tore zu schmâ°len: Lampe, wollt Ihr nicht fort? So kommt doch! lasset uns gehen! Reineke hËrt’ es und eilte hinaus und sagte: Mein Lieber, Lampe bittet Euch sehr, ihm zu vergeben, er freut sich Drin mit seiner Frau Muhme, das werdet Ihr, sagt er, ihm gËnnen. Gehet sachte voraus. Denn Ermelyn, seine Frau Muhme, Lâ°ï¬t ihn sobald nicht hinweg; Ihr werdet die Freude nicht stËren.
Da versetzte Bellyn: Ich hËrte schreien, was war es? Lampen hËrt ich; er rief mir: Bellyn, zu Hilfe! zu Hilfe! Habt Ihr im etwas ¸bels getan? Da sagte der kluge Reineke: HËret mich recht! Ich sprach von meiner gelobten Wallfahrt; da wollte mein Weib dar¸ber vËllig verzweifeln, Es befiel sie ein tËdlicher Schrecken, sie lag uns in Ohnmacht. Lampe sah das und f¸rchtete sich, und in der Verwirrung Rief er: Helfet, Bellyn! Bellyn! o sâ°umet nicht lange, Meine Muhme wird mir gewiï¬ nicht wieder lebendig! Soviel weiï¬ ich, sagte Bellyn: er hat â°ngstlich gerufen. Nicht ein Hâ°rchen ist ihm verletzt, verschwor sich der Falsche; Lieber mËchte mir selbst als Lampen was BËses begegnen. HËrtet Ihr? sagte Reineke drauf: es bat mich der KËnig Gestern, kâ°m ich nach Hause, da sollt ich in einigen Briefen â¹ber wichtige Sachen ihm meine Gedanken vermelden. Lieber Neffe, nehmet sie mit, ich habe sie fertig. SchËne Dinge sag ich darin und rat ihm das Kl¸gste. Lampe war ¸ber die Maï¬en vergn¸gt, ich hËrte mit Freuden Ihn mit seiner Frau Muhme sich alter Geschichten erinnern. Wie sie schwatzten! sie wurden nicht satt! Sie aï¬en und tranken, Freuten sich ¸bereinander; indessen schrieb ich die Briefe.
Lieber Reinhart, sagte Bellyn: Ihr m¸ï¬t nur die Briefe Wohl verwahren; es fehlt, sie einzustecken, ein Tâ°schchen. Wenn ich die Siegel zerbrâ°che, das w¸rde mir ¸bel bekommen. Reineke sagte: Das weiï¬ ich zu machen. Ich denke, das Râ°nzel, Das ich aus Braunens Felle bekam, wird eben sich schicken, Es ist dicht und stark, darin verwahr ich die Briefe. Und es wird Euch dagegen der KËnig besonders belohnen; Er empfâ°ngt Euch mit Ehren, Ihr seid ihm dreimal willkommen. Alles das glaubte der Widder Bellyn. Da eilte der andre Wieder ins Haus, das Râ°nzel ergriff er und steckte behende Lampens Haupt, des ermordeten, drein und dachte daneben, Wie er dem armen Bellyn die Tasche zu Ëffnen verwehrte.
Und er sagte, wie er herauskam: Hâ°nget das Râ°nzel Nur um den Hals und laï¬t Euch, mein Neffe, nicht etwa gel¸sten, In die Briefe zu sehen; es wâ°re schâ°dliche Neugier: Denn ich habe sie wohl verwahrt, so m¸ï¬t Ihr sie lassen. Selbst das Râ°nzel Ëffnet mir nicht! Ich habe den Knoten K¸nstlich gekn¸pft, ich pflege das so in wichtigen Dingen Zwischen dem KËnig und mir; und findet der KËnig die Riemen So verschlungen, wie er gewohnt ist, so werdet Ihr Gnade Und Geschenke verdienen als zuverlâ°ssiger Bote.
Ja, sobald Ihr den KËnig erblickt und wollt noch in beï¬res Ansehn Euch setzen bei ihm, so laï¬t ihn merken, als hâ°ttet Ihr mit gutem Bedacht zu diesen Briefen geraten, Ja, dem Schreiber geholfen; es bringt Euch Vorteil und Ehre.
Und Bellyn ergËtzte sich sehr und sprang von der Stâ°tte, Wo er stand, mit Freuden empor und hierhin und dorthin, Sagte: Reineke! Neffe und Herr, nun seh ich, Ihr liebt mich, Wollt mich ehren. Es wird vor allen Herren des Hofes Mir zum Lobe gereichen, daï¬ ich so gute Gedanken, SchËne, zierliche Worte zusammenbringe. Denn freilich Weiï¬ ich nicht zu schreiben, wie Ihr; doch sollen sies meinen, Und ich dank es nur Euch. Zu meinem Besten geschah es, Daï¬ ich Euch folgte hierher. Nun sagt, was meint Ihr noch weiter? Geht nicht Lampe mit mir in dieser Stunde von hinnen?
Nein! versteht mich! sagte der Schalk: noch ist es unmËglich. Geht allmâ°hlich voraus, er soll Euch folgen, sobald ich Einige Sachen von Wichtigkeit ihm vertraut und befohlen. Gott sei bei Euch! sagte Bellyn: so will ich denn gehen. Und er eilete fort; um Mittag gelangt’ er nach Hofe.
Als ihn der KËnig ersah und zugleich das Râ°nzel erblickte, Sprach er: Saget, Bellyn, von wannen kommt Ihr? und wo ist Reineke blieben? Ihr traget das Râ°nzel, was soll das bedeuten? Da versetzte Bellyn: Er bat mich, gnâ°digster KËnig, Euch zwei Briefe zu bringen, wir haben sie beide zusammen Ausgedacht. Ihr findet subtil die wichtigsten Sachen Abgehandelt, und was sie enthalten, das hab ich geraten; Hier im Râ°nzel finden sie sich; er kn¸pfte den Knoten.
Und es lieï¬ der KËnig sogleich dem Biber gebieten, Der Notarius war und Schreiber des KËnigs, man nennt ihn Bokert. Es war sein Geschâ°ft, die schweren, wichtigen Briefe Vor dem KËnig zu lesen, denn manche Sprache verstand er. Auch nach Hinzen schickte der KËnig, er sollte dabei sein.
Als nun Bokert den Knoten mit Hinze, seinem Gesellen, AufgelËset, zog er das Haupt des ermordeten Hasen Mit Erstaunen hervor und rief. Das heiï¬ ich mir Briefe! Seltsam genug! Wer hat sie geschrieben? Wer kann es erklâ°ren? Dies ist Lampens Kopf, es wird ihn niemand verkennen.
Und es erschraken KËnig und KËnigin. Aber der KËnig Senkte sein Haupt und sprach: O Reineke! hâ°tt ich dich wieder! KËnig und KËnigin beide betr¸bten sich ¸ber die Maï¬en. Reineke hat mich betrogen! so rief der KËnig. O hâ°tt ich Seinen schâ°ndlichen L¸gen nicht Glauben gegeben! so rief er, Schien verworren, mit ihm verwirrten sich alle die Tiere.
Aber Lupardus begann, des KËnigs naher Verwandter: Traun! ich sehe nicht ein, warum Ihr also betr¸bt seid, Und die KËnigin auch. Entfernet diese Gedanken, Fasset Mut! es mËcht Euch vor allen zur Schande gereichen. Seid Ihr nicht Herr? Es m¸ssen Euch alle, die hier sind, gehorchen.
Eben deswegen, versetzte der KËnig: so laï¬t Euch nicht wundern, Daï¬ ich im Herzen betr¸bt bin. Ich habe mich leider vergangen. Denn mich hat der Verrâ°ter mit schâ°ndlicher T¸cke bewogen, Meine Freunde zu strafen. Es liegen beide geschâ°ndet, Braun und Isegrim; sollte michs nicht von Herzen gereuen? Ehre bringt es mir nicht, daï¬ ich den besten Baronen Meines Hofes so ¸bel begegnet, und daï¬ ich dem L¸gner So viel Glauben geschenkt und ohne Vorsicht gehandelt. Meiner Frauen folgt ich zu schnell. Sie lieï¬ sich betËren, Bat und flehte f¸r ihn; o wâ°r ich nur fester geblieben! Nun ist die Reue zu spâ°t, und aller Rat ist vergebens.
Und es sagte Lupardus: Herr KËnig, hËret die Bitte, Trauert nicht lâ°nger! was ¸bels geschehen ist, lâ°ï¬t sich vergleichen. Gebet dem Bâ°ren, dem Wolfe, der WËlfin zur S¸hne den Widder; Denn es bekannte Bellyn gar offen und kecklich, er habe Lampens Tod geraten; das mag er nun wieder bezahlen! Und wir wollen hernach zusammen auf Reineken losgehn, Werden ihn fangen, wenn es gerâ°t, da hâ°ngt man ihn eilig; Kommt er zum Worte, so schwâ°tzt er sich los und wird nicht gehangen. Aber ich weiï¬ es gewiï¬, es lassen sich jene versËhnen.
Und der KËnig hËrte das gern; er sprach zu Lupardus: Euer Rat gefâ°llt mir; so geht nun eilig und holet Mir die beiden Baronen, sie sollen sich wieder mit Ehren In dem Rate neben mich setzen. Laï¬t mir die Tiere Sâ°mtlich zusammenberufen, die hier bei Hofe gewesen; Alle sollen erfahren, wie Reineke schâ°ndlich gelogen, Wie er entgangen und dann mit Bellyn den Lampe getËtet. Alle sollen dem Wolf und dem Bâ°ren mit Ehrfurcht begegnen, Und zur S¸hne geb ich den Herren, wie Ihr geraten, Den Verrâ°ter Bellyn und seine Verwandten auf ewig.
Und es eilte Lupardus, bis er die beiden Gebundnen, Braun und Isegrim, fand. Sie wurden gelËset; da sprach er: Guten Trost vernehmet von mir! Ich bringe des KËnigs Festen Frieden und freies Geleit. Versteht mich, ihr Herren: Hat der KËnig euch ¸bels getan, so ist es ihm selber Leid, er lâ°ï¬t es euch sagen und w¸nscht euch beide zufrieden; Und zur S¸hne sollt ihr Bellyn mit seinem Geschlechte, Ja, mit allen Verwandten auf ewige Zeiten empfahen. Ohne weiteres tastet sie an, ihr mËget im Walde, MËget im Felde sie finden, sie sind euch alle gegeben. Dann erlaubt euch mein gnâ°diger Herr noch ¸ber das alles, Reineken, der euch verriet, auf jede Weise zu schaden: Ihn, sein Weib und Kinder und alle seine Verwandten MËgt ihr verfolgen, wo ihr sie trefft, es hindert euch niemand. Diese kËstliche Freiheit verk¸nd ich im Namen des KËnigs. Er und alle, die nach ihm herrschen, sie werden es halten! Nur vergesset denn auch, was euch Verdrieï¬lichs begegnet, SchwËret, ihm treu und gewâ°rtig zu sein, ihr kËnnt es mit Ehren. Nimmer verletzt er euch wieder; ich rat euch, ergreifet den Vorschlag.
Also war die S¸hne beschlossen; sie muï¬te der Widder Mit dem Halse bezahlen, und alle seine Verwandten Werden noch immer verfolgt von Isegrims mâ°chtiger Sippschaft. So begann der ewige Haï¬. Nun fahren die WËlfe Ohne Scheu und Scham auf Lâ°mmer und Schafe zu w¸ten Fort, sie glauben das Recht auf ihrer Seite zu haben; Keines verschonet ihr Grimm, sie lassen sich nimmer versËhnen. Aber um Brauns und Isegrims willen und ihnen zu Ehren Lieï¬ der KËnig den Hof zwËlf Tage verlâ°ngern; er wollte ÷ffentlich zeigen, wie ernst es ihm sei, die Herrn zu versËhnen.
Siebenter Gesang
Und nun sah man den Hof gar herrlich bestellt und bereitet, Manche Ritter kamen dahin; den sâ°mtlichen Tieren Folgten unzâ°hlige VËgel, und alle zusammen verehrten Braun und Isegrim hoch, die ihrer Leiden vergaï¬en. Da ergËtzte sich festlich die beste Gesellschaft, die jemals Nur beisammen gewesen; Trompeten und Pauken erklangen, Und den Hoftanz f¸hrte man auf mit guten Manieren. â¹berfl¸ssig war alles bereitet, was jeder begehrte. Boten auf Boten gingen ins Land und luden die Gâ°ste, VËgel und Tiere machten sich auf, sie kamen zu Paaren, Reiseten hin bei Tag und bei Nacht und eilten zu kommen.
Aber Reineke Fuchs lag auf der Lauer zu Hause, Dachte nicht nach Hofe zu gehn, der verlogene Pilger; Wenig Dankes erwartet’ er sich. Nach altem Gebrauche Seine T¸cke zu ¸ben, gefiel am besten dem Schelme. Und man hËrte bei Hof die allerschËnsten Gesâ°nge, Speis und Trank ward ¸ber und ¸ber den Gâ°sten gereichet, Und man sah turnieren und fechten. Es hatte sich jeder Zu den Seinen gesellt, da ward getanzt und gesungen, Und man hËrte Pfeifen dazwischen und hËrte Schalmeien. Freundlich schaute der KËnig von seinem Saale hernieder; Ihm behagte das groï¬e Get¸mmel, er sah es mit Freuden.
Und acht Tage waren vorbei (es hatte der KËnig Sich zu Tafel gesetzt mit seinen ersten Baronen, Neben der KËnigin saï¬ er), und blutig kam das Kaninchen Vor den KËnig getreten und sprach mit traurigem Sinne: Herr! Herr KËnig! und alle zusammen! erbarmet Euch meiner! Denn Ihr habt so argen Verrat und mËrdrische Taten, Wie ich von Reineken diesmal erduldet, nur selten vernommen. Gestern morgen fand ich ihn sitzen, es war um die sechste Stunde, da ging ich die Straï¬e vor Malepartus vor¸ber; Und ich dachte, den Weg in Frieden zu ziehen. Er hatte, Wie ein Pilger gekleidet, als lâ°s er Morgengebete, Sich vor seine Pforte gesetzt. Da wollt ich behende Meines Weges vorbei, zu Eurem Hofe zu kommen. Als er mich sah, erhub er sich gleich und trat mir entgegen, Und ich glaubt, er wollte mich gr¸ï¬en; da faï¬t’ er mich aber Mit den Pfoten gar mËrderlich an, und zwischen den Ohren F¸hlt ich die Klauen und dachte wahrhaftig das Haupt zu verlieren: Denn sie sind lang und scharf, er druckte mich nieder zur Erde. Gl¸cklicherweise macht ich mich los, und da ich so leicht bin, Konnt ich entspringen; er knurrte mir nach und schwur, mich zu finden. Aber ich schwieg und machte mich fort, doch leider behielt er Mir ein Ohr zur¸ck, ich komme mit blutigem Haupte. Seht, vier LËcher trug ich davon! Ihr werdet begreifen, Wie er mit Ungest¸m schlug, fast wâ°r ich liegen geblieben. Nun bedenket die Not, bedenket Euer Geleite! Wer mag reisen? wer mag an Eurem Hofe sich finden, Wenn der Râ°uber die Straï¬e belegt und alle beschâ°digt?
Und er endigte kaum, da kam die gesprâ°chige Krâ°he, Merkenau, sagte: W¸rdiger Herr und gnâ°diger KËnig! Traurige Mâ°re bring ich vor Euch, ich bin nicht imstande, Viel zu reden vor Jammer und Angst, ich f¸rchte, das bricht mir Noch das Herz: so jâ°mmerlich Ding begegnet’ mir heute Scharfenebbe, mein Weib, und ich, wir gingen zusammen Heute fr¸h, und Reineke lag f¸r tot auf der Heide, Beide Augen im Kopfe verkehrt, es hing ihm die Zunge Weit zum offenen Munde heraus. Da fing ich vor Schrecken Laut an zu schrein. Er regte sich nicht, ich schrie und beklagt ihn, Rief. O weh mir! und Ach! und wiederholte die Klage: Ach! er ist tot! wie dauert er mich! wie bin ich bek¸mmert! Meine Frau betr¸bte sich auch, wir jammerten beide. Und ich betastet ihm Bauch und Haupt, es nahte desgleichen Meine Frau sich und trat ihm ans Kinn, ob irgend der Atem Einiges Leben verriet’, allein sie lauschte vergebens: Beide hâ°tten wir drauf geschworen. Nun hËret das Ungl¸ck.
Wie sie nun traurig und ohne Besorgnis dem Munde des Schelmen Ihren Schnabel nâ°her gebracht, bemerkt’ es der Unhold, Schnappte grimmig nach ihr und riï¬ das Haupt ihr herunter. Wie ich erschrak, das will ich nicht sagen. O weh mir! o weh mir! Schrie ich und rief. Da schoï¬ er hervor und schnappte mit einmal Auch nach mir; da fuhr ich zusammen und eilte zu fliehen. Wâ°r ich nicht so behende gewesen, er hâ°tte mich gleichfalls Festgehalten; mit Not entkam ich den Klauen des MËrders, Eilend erreicht ich den Baum! O hâ°tt ich mein trauriges Leben Nicht gerettet! ich sah mein Weib in des BËsewichts Klauen. Ach! er hatte die Gute gar bald gegessen. Er schien mir So begierig und hungrig, als wollt er noch einige speisen; Nicht ein Beinchen lieï¬ er zur¸ck, kein KnËchelchen ¸brig. Solchen Jammer sah ich mit an! Er eilte von dannen, Aber ich konnt es nicht lassen und flog mit traurigem Herzen An die Stâ°tte; da fand ich nur Blut und wenige Federn Meines Weibes. Ich bringe sie her, Beweise der Untat. Ach, erbarmt Euch, gnâ°diger Herr, denn solltet Ihr diesmal Diesen Verrâ°ter verschonen, gerechte Rache verzËgern, Eurem Frieden und Eurem Geleite nicht Nachdruck verschaffen, Vieles w¸rde dar¸ber gesprochen, es w¸rd Euch miï¬fallen. Denn man sagt: der ist schuldig der Tat, der zu strafen Gewalt hat Und nicht strafet; es spielet alsdann ein jeder den Herren. Eurer W¸rde ging’ es zu nah, Ihr mËgt es bedenken.
Also hatte der Hof die Klage des guten Kaninchens Und der Krâ°he vernommen. Da z¸rnte Nobel, der KËnig, Rief: So sei es geschworen bei meiner ehlichen Treue, Diesen Frevel bestraf ich, man soll es lange gedenken! Mein Geleit und Gebot zu verhËhnen! Ich will es nicht dulden. Gar zu leicht vertraut ich dem Schelm und lieï¬ ihn entkommen, Stattet ihn selbst als Pilger noch aus und sah ihn von hinnen Scheiden, als ging’ er nach Rom. Was hat uns der L¸gner nicht alles Aufgeheftet! Wie wuï¬t er sich nicht der KËnigin Vorwort Leicht zu gewinnen! Sie hat mich beredet, nun ist er entkommen. Aber ich werde der Letzte nicht sein, den es bitter gereute, Frauenrat befolget zu haben. Und lassen wir lâ°nger Ungestraft den BËsewicht laufen, wir m¸ssen uns schâ°men. Immer war er ein Schalk und wird es bleiben. Bedenket Nun zusammen, ihr Herren, wie wir ihn fahen und richten! Greifen wir ernstlich dazu, so wird die Sache gelingen.
Isegrimen und Braunen behagte die Rede des KËnigs. Werden wir doch am Ende gerochen! so dachten sie beide. Aber sie trauten sich nicht zu reden, sie sahen, der KËnig War verstËrten Gem¸ts und zornig ¸ber die Maï¬en. Und die KËnigin sagte zuletzt: Ihr solltet so heftig, Gnâ°diger Herr, nicht z¸rnen, so leicht nicht schwËren; es leidet Euer Ansehn dadurch und Eurer Worte Bedeutung. Denn wir sehen die Wahrheit noch keineswegs am Tage; Ist doch erst der Beklagte zu hËren. Und wâ°r er zugegen, W¸rde mancher verstummen, der wider Reineken redet. Beide Parteien sind immer zu hËren; denn mancher Verwegne Klagt, um seine Verbrechen zu decken. F¸r klug und verstâ°ndig Hielt ich Reineken, dachte nichts BËses und hatte nur immer Euer Bestes vor Augen, wiewohl es nun anders gekommen. Denn sein Rat ist gut zu befolgen, wenn freilich sein Leben Manchen Tadel verdient. Dabei ist seines Geschlechtes Groï¬e Verbindung wohl zu bedenken. Es werden die Sachen Nicht durch ¸bereilung gebessert, und was Ihr beschlieï¬et, Werdet Ihr dennoch zuletzt als Herr und Gebieter vollziehen.
Und Lupardus sagte darauf: Ihr hËret so manchen; HËret diesen denn auch. Er mag sich stellen, und was Ihr Dann beschlieï¬t, vollziehe man gleich. So denken vermutlich Diese sâ°mtlichen Herrn mit Eurer edlen Gemahlin.
Isegrim sagte darauf: Ein jeder rate zum Besten! Herr Lupardus, hËret mich an. Und wâ°re zur Stunde Reineke hier und entledigte sich der doppelten Klage Dieser beiden, so wâ°r es mir immer ein leichtes, zu zeigen, Daï¬ er das Leben verwirkt. Allein ich schweige von allem, Bis wir ihn haben. Und habt Ihr vergessen, wie sehr er den KËnig Mit dem Schatze belogen? Den sollt er in H¸sterlo neben Krekelborn finden, und was der groben L¸ge noch mehr war. Alle hat er betrogen und mich und Braunen geschâ°ndet; Aber ich setze mein Leben daran. So treibt es der L¸gner Auf der Heide. Nun streicht er herum und raubet und mordet. Deucht es dem KËnige gut und seinen Herren, so mag man Also verfahren. Doch wâ°r es ihm Ernst, nach Hofe zu kommen, Hâ°tt er sich lange gefunden. Es eilten die Boten des KËnigs Durch das Land, die Gâ°ste zu laden, doch blieb er zu Hause.
Und es sagte der KËnig darauf: Was sollen wir lange Hier ihn erwarten? Bereitet euch alle (so sei es geboten!), Mir am sechsten Tage zu folgen. Denn wahrlich das Ende Dieser Beschwerden will ich erleben. Was sagen die Herren? Wâ°r er nicht fâ°hig, zuletzt ein Land zugrunde zu richten? Macht euch fertig, so gut ihr nur kËnnt, und kommet im Harnisch, Kommt mit Bogen und Spieï¬en und allen andern Gewehren, Und betragt euch wacker und brav! Es f¸hre mir jeder, Denn ich schlage wohl Ritter im Felde, den Namen mit Ehren. Malepartus, die Burg, belegen wir, was er im Haus hat, Wollen wir sehen. Da riefen sie alle: Wir werden gehorchen!
Also dachte der KËnig und seine Genossen, die Feste Malepartus zu st¸rmen, den Fuchs zu strafen. Doch Grimbart, Der im Rate gewesen, entfernte sich heimlich und eilte, Reineken aufzusuchen und ihm die Nachricht zu bringen; Traurend ging er und klagte vor sich und sagte die Worte: Ach, was kann es nun werden, mein Oheim! Billig bedauert Dich dein ganzes Geschlecht, du Haupt des ganzen Geschlechtes! Vor Gericht vertratest du uns, wir waren geborgen: Niemand konnte bestehen vor dir und deiner Gewandtheit.
So erreicht’ er das Schloï¬, und Reineken fand er im Freien Sitzen. Er hatte sich erst zwei junge Tauben gefangen; Aus dem Neste wagten sie sich, den Flug zu versuchen, Aber die Federn waren zu kurz; sie fielen zu Boden, Nicht imstande, sich wieder zu heben, und Reineke griff sie, Denn oft ging er umher, zu jagen. Da sah er von weiten Grimbart kommen und wartete sein; er gr¸ï¬t’ ihn und sagte: Seid mir, Neffe, willkommen vor allen meines Geschlechtes! Warum lauft Ihr so sehr! Ihr keichet! bringt Ihr was Neues?
Ihm erwiderte Grimbart: Die Zeitung, die ich vermelde, Klingt nicht trËstlich, Ihr seht, ich komm in â°ngsten gelaufen; Leben und Gut ist alles verloren! Ich habe des KËnigs Zorn gesehen: er schwËrt, Euch zu fahen und schâ°ndlich zu tËten. Allen hat er befohlen, am sechsten Tage gewaffnet Hier zu erscheinen mit Bogen und Schwert, mit B¸chsen und Wagen. Alles fâ°llt nun ¸ber Euch her, bedenkt Euch inzeiten! Isegrim aber und Braun sind mit dem KËnige wieder Besser vertraut, als ich nur immer mit Euch bin, und alles, Was sie wollen, geschieht. Den grâ°ï¬lichsten MËrder und Râ°uber Schilt Euch Isegrim laut, und so bewegt er den KËnig; Er wird Marschall, Ihr werdet es sehen, in wenigen Wochen. Das Kaninchen erschien, dazu die Krâ°he, sie brachten Groï¬e Klagen gegen Euch vor. Und sollt Euch der KËnig Diesmal fahen, so lebt Ihr nicht lange! das muï¬ ich bef¸rchten.
Weiter nichts? versetzte der Fuchs. Das ficht mich nun alles Keinen Pfifferling an. Und hâ°tte der KËnig mit seinem Ganzen Rate doppelt und dreifach gelobt und geschworen: Komm ich nur selber dahin, ich hebe mich ¸ber sie alle. Denn sie raten und raten und wissen es nimmer zu treffen. Lieber Neffe, lasset das fahren, und folgt mir und sehet, Was ich Euch gebe. Da hab ich soeben die Tauben gefangen, Jung und fett. Es bleibt mir das liebste von allen Gerichten! Denn sie sind leicht zu verdauen, man schluckt sie nur eben hinunter; Und die KnËchelchen schmecken so s¸ï¬! sie schmelzen im Munde, Sind halb Milch, halb Blut. Die leichte Speise bekommt mir, Und mein Weib ist von gleichem Geschmack. So kommt nur, sie wird uns Freundlich empfangen; doch merke sie nicht, warum Ihr gekommen! Jede Kleinigkeit fâ°llt ihr aufs Herz und macht ihr zu schaffen. Morgen geh ich nach Hofe mit Euch; da hoff ich, Ihr werdet, Lieber Neffe, mir helfen, so wie es Verwandten geziemet.
Leben und Gut verpflicht ich Euch gern zu Eurem Behufe, Sagte der Dachs, und Reineke sprach: Ich will es gedenken; Leb ich lange, so soll es Euch frommen! Der andre versetzte: Tretet immer getrost vor die Herren und wahret zum besten Eure Sache, sie werden Euch hËren; auch stimmte Lupardus Schon dahin, man sollt Euch nicht strafen, bevor Ihr genugsam Euch verteidigt; es meinte das gleiche die KËnigin selber. Merket den Umstand und sucht ihn zu nutzen! Doch Reineke sagte: Seid nur gelassen, es findet sich alles. Der zornige KËnig, Wenn er mich hËrt, verâ°ndert den Sinn, es frommt mir am Ende.
Und so gingen sie beide hinein und wurden gefâ°llig Von der Hausfrau empfangen; sie brachte, was sie nur hatte. Und man teilte die Tauben, man fand sie schmackhaft, und jedes Speiste sein Teil; sie wurden nicht satt und hâ°tten gewiï¬lich Ein halb Dutzend verzehrt, wofern sie zu haben gewesen.
Reineke sagte zum Dachse: Bekennt mir, Oheim, ich habe Kinder trefflicher Art, sie m¸ssen jedem gefallen. Sagt mir, wie Euch Rossel behagt und Reinhart, der Kleine? Sie vermehren einst unser Geschlecht und fangen allmâ°hlich An, sich zu bilden, sie machen mir Freude von Morgen bis Abend. Einer fâ°ngt sich ein Huhn, der andre hascht sich ein K¸chlein; Auch ins Wasser ducken sie brav, die Ente zu holen Und den Kiebitz. Ich schickte sie gern noch Ëfter zu jagen; Aber Klugheit muï¬ ich vor allem sie lehren und Vorsicht, Wie sie vor Strick und Jâ°ger und Hunden sich weise bewahren. Und verstehen sie dann das rechte Wesen und sind sie Abgerichtet, wie sichs gehËrt, dann sollen sie tâ°glich Speise holen und bringen und soll im Hause nichts fehlen, Denn sie schlagen mir nach und spielen grimmige Spiele. Wenn sies beginnen, so ziehn den k¸rzern die ¸brigen Tiere, An der Kehle f¸hlt sie der Gegner und zappelt nicht lange: Das ist Reinekens Art und Spiel. Auch greifen sie hastig, Und ihr Sprung ist gewiï¬; das d¸nkt mich eben das Rechte!
Grimbart sprach: Es gereichet zur Ehre, und mag man sich freuen, Kinder zu haben, wie man sie w¸nscht, und die zum Gewerbe Bald sich gewËhnen, den Eltern zu helfen. Ich freue mich herzlich, Sie von meinem Geschlechte zu wissen, und hoffe das Beste. Mag es f¸r heute bewenden, versetzte Reineke: gehn wir Schlafen, denn alle sind m¸d und Grimbart besonders ermattet. Und sie legten sich nieder im Saale, der ¸ber und ¸ber War mit Heu und Blâ°ttern bedeckt, und schliefen zusammen.
Aber Reineke wachte vor Angst; es schien ihm die Sache Guten Rats zu bed¸rfen, und sinnend fand ihn der Morgen. Und er hub vom Lager sich auf und sagte zu seinem Weibe: Betr¸bt Euch nicht! es hat mich Grimbart gebeten, Mit nach Hofe zu gehn; Ihr bleibet ruhig zu Hause. Redet jemand von mir, so kehret es immer zum besten Und verwahret die Burg, so ist uns allen geraten.
Und Frau Ermelyn sprach: Ich find es seltsam! Ihr wagt es Wieder nach Hofe zu gehn, wo Eurer so ¸bel gedacht wird. Seid Ihr genËtigt? Ich seh es nicht ein, bedenkt das Vergangne!
Freilich, sagte Reineke drauf: es war nicht zu scherzen! Viele wollten mir ¸bel, ich kam in groï¬e Bedrâ°ngnis; Aber mancherlei Dinge begegnen unter der Sonne. Wider alles Vermuten erfâ°hrt man dieses und jenes, Und wer was zu haben vermeint, vermiï¬t es auf einmal. Also laï¬t mich nur gehn, ich habe dort manches zu schaffen. Bleibet ruhig, das bitt ich Euch sehr, Ihr habet nicht nËtig, Euch zu â°ngstigen. Wartet es ab! Ihr sehet, mein Liebchen, Ist es mir immer nur mËglich, in f¸nf, sechs Tagen mich wieder. Und so schied er von dannen, begleitet von Grimbart, dem Dachse.
Achter Gesang
Weiter gingen sie nun zusammen ¸ber die Heide, Grimbart und Reineke, grade den Weg zum Schlosse des KËnigs. Aber Reineke sprach: Es falle, wie es auch wolle, Diesmal ahndet es mir, die Reise f¸hret zum besten. Lieber Oheim, hËret mich nun! Seitdem ich zum letzten Euch gebeichtet, verging ich mich wieder in s¸ndigem Wesen; HËret Groï¬es und Kleines, und was ich damals vergessen.
Von dem Leibe des Bâ°ren und seinem Felle verschafft ich Mir ein t¸chtiges St¸ck; es lieï¬en der Wolf und die WËlfin Ihre Schuhe mir ab; so hab ich mein M¸tchen gek¸hlet. Meine L¸ge verschaffte mir das, ich wuï¬te den KËnig Aufzubringen und hab ihn dabei entsetzlich betrogen: Denn ich erzâ°hlt ihm ein Mâ°rchen, und Schâ°tze wuï¬t ich zu dichten. Ja, ich hatte daran nicht genug, ich tËtete Lampen, Ich bepackte Bellyn mit dem Haupt des Ermordeten; grimmig Sah der KËnig auf ihn, er muï¬te die Zeche bezahlen. Und das Kaninchen, ich dr¸ckt es gewaltig hinter die Ohren, Daï¬ es beinah das Leben verlor, und war mir verdrieï¬lich, Daï¬ es entkam. Auch muï¬ ich bekennen, die Krâ°he beklagt sich Nicht mit Unrecht, ich habe Frau Scharfenebbe, sein Weibchen, Aufgegessen. Das hab ich begangen, seitdem ich gebeichtet. Aber damals vergaï¬ ich nur eines, ich will es erzâ°hlen, Eine Schalkheit, die ich beging, Ihr m¸ï¬t sie erfahren, Denn ich mËchte nicht gern so etwas tragen; ich lud es Damals dem Wolf auf den R¸cken. Wir gingen nâ°mlich zusammen Zwischen Kackyï¬ und Elverdingen, da sahn wir von weitem Eine Stute mit ihrem Fohlen, und eins wie das andre Wie ein Rabe so schwarz; vier Monat mochte das Fohlen Alt sein. Und Isegrim war vom Hunger gepeinigt, da bat er: Fraget mir doch, verkauft uns die Stute nicht etwa das Fohlen? Und wie teuer? Da ging ich zu ihr und wagte das St¸ckchen. Liebe Frau Mâ°hre, sagt ich zu ihr: das Fohlen ist Euer, Wie ich weiï¬; verkauft Ihr es wohl? Das mËcht ich erfahren. Sie versetzte: Bezahlt Ihr es gut, so kann ich es missen, Und die Summe, f¸r die es mir feil ist, Ihr werdet sie lesen, Hinten steht sie geschrieben an meinem Fuï¬e. Da merkt ich, Was sie wollte, versetzte darauf: Ich muï¬ Euch bekennen, Lesen und Schreiben gelingt mir nicht eben so, wie ich es w¸nschte. Auch begehr ich des Kindes nicht selbst: denn Isegrim mËchte Das Verhâ°ltnis eigentlich wissen; er hat mich gesendet.
Laï¬t ihn kommen! versetzte sie drauf. er soll es erfahren. Und ich ging, und Isegrim stand und wartete meiner. Wollt Ihr Euch sâ°ttigen, sagt ich zu ihm: so geht nur, die Mâ°hre Gibt Euch das Fohlen, es steht der Preis am hinteren Fuï¬e Unten geschrieben; ich mËchte nur, sagte sie, selber da nachsehn. Aber zu meinem Verdruï¬ muï¬t ich schon manches versâ°umen, Weil ich nicht lesen und schreiben gelernt. Versucht es, mein Oheim, Und beschauet die Schrift, Ihr werdet vielleicht sie verstehen.
Isegrim sagte: Was sollt ich nicht lesen! das wâ°re mir seltsam! Deutsch, Latein und Welsch, sogar FranzËsisch versteh ich: Denn in Erfurt hab ich mich wohl zur Schule gehalten, Bei den Weisen, Gelahrten, und mit den Meistern des Rechtes Fragen und Urteil gestellt; ich habe meine Lizenzen FËrmlich genommen, und was f¸r Skripturen man immer auch findet, Les ich, als wâ°r es mein Name. Drum wird es mir heute nicht fehlen. Bleibet, ich geh und lese die Schrift, wir wollen doch sehen!
Und er ging und fragte die Frau: Wie teuer das Fohlen? Macht es billig! Sie sagte darauf: Ihr d¸rft nur die Summe Lesen, sie stehet geschrieben an meinem hinteren Fuï¬e. Laï¬t mich sehen! versetzte der Wolf. Sie sagte: Das tu ich! Und sie hub den Fuï¬ empor aus dem Grase, der war erst Mit sechs Nâ°geln beschlagen; sie schlug gar richtig und fehlte Nicht ein Hâ°rchen, sie traf ihm den Kopf, er st¸rzte zur Erden, Lag betâ°ubt wie tot. Sie aber eilte von dannen, Was sie konnte. So lag er verwundet, es dauerte lange.
Eine Stunde verging, da regt’ er sich wieder und heulte Wie ein Hund. Ich trat ihm zur Seite und sagte: Herr Oheim, Wo ist die Stute? Wie schmeckte das Fohlen? Ihr habt Euch gesâ°ttigt, Habt mich vergessen! Ihr tatet nicht wohl: ich brachte die Botschaft! Nach der Mahlzeit schmeckte das Schlâ°fchen. Wie lautete, sagt mir, Unter dem Fuï¬e die Schrift? Ihr seid ein groï¬er Gelehrter.
Ach, versetzt’ er: spottet Ihr noch? Wie bin ich so ¸bel Diesmal gefahren! Es sollte f¸rwahr ein Stein sich erbarmen. Die langbeinige Mâ°hre! Der Henker mags ihr bezahlen! Denn der Fuï¬ war mit Eisen beschlagen, das waren die Schriften! Neue Nâ°gel! Ich habe davon sechs Wunden im Kopfe.
Kaum behielt er sein Leben. Ich habe nun alles gebeichtet. Lieber Neffe! vergebet mir nun die s¸ndigen Werke! Wie es bei Hofe gerâ°t, ist miï¬lich; aber ich habe Mein Gewissen befreit und mich von S¸nden gereinigt. Saget nun, wie ich mich beï¬re, damit ich zu Gnaden gelâ°nge.
Grimbart sprach: Ich find Euch von neuem mit S¸nden beladen. Doch es werden die Toten nicht wieder lebendig; es wâ°re Freilich besser, wenn sie noch lebten. So will ich, mein Oheim, In Betrachtung der schrecklichen Stunde, der Nâ°he des Todes, Der Euch droht, die S¸nde vergeben als Diener des Herren: Denn sie streben Euch nach mit Gewalt, ich f¸rchte das Schlimmste, Und man wird Euch vor allem das Haupt des Hasen gedenken! Groï¬e Dreistigkeit war es, gestehts, den KËnig zu reizen, Und es schadet Euch mehr, als Euer Leichtsinn gedacht hat.
Nicht ein Haar! versetzte der Schelm: und daï¬ ich Euch sage, Durch die Welt sich zu helfen, ist ganz was Eignes; man kann sich Nicht so heilig bewahren als wie im Kloster, das wiï¬t Ihr. Handelt einer mit Honig, er leckt zuweilen die Finger. Lampe reizte mich sehr; er sprang her¸ber, hin¸ber, Mir vor den Augen herum, sein fettes Wesen gefiel mir, Und ich setzte die Liebe beiseite. So gËnnt ich Bellynen Wenig Gutes. Sie haben den Schaden; ich habe die S¸nde. Aber sie sind zum Teil auch so plump, in jeglichen Dingen Grob und stumpf. Ich sollte noch viel Zeremonien machen? Wenig Lust behielt ich dazu. Ich hatte von Hofe Mich mit â°ngsten gerettet und lehrte sie dieses und jenes, Aber es wollte nicht fort. Zwar jeder sollte den Nâ°chsten Lieben, das muï¬ ich gestehn; indessen achtet ich diese Wenig, und tot ist tot, so sagt Ihr selber. Doch laï¬t uns Andre Dinge besprechen; es sind gefâ°hrliche Zeiten. Denn wie geht es von oben herab? Man soll ja nicht reden; Doch wir andern merken darauf und denken das Unsre.
Raubt der KËnig ja selbst so gut als einer, wir wissens; Was er selber nicht nimmt, das lâ°ï¬t er Bâ°ren und WËlfe Holen und glaubt, es geschâ°he mit Recht. Da findet sich keiner, Der sich getraut, ihm die Wahrheit zu sagen–so weit hinein ist es BËse–kein Beichtiger, kein Kaplan; sie schweigen! Warum das? Sie genieï¬en es mit, und wâ°r nur ein Rock zu gewinnen. Komme dann einer und klage! der haschte mit gleichem Gewinne Nach der Luft, er tËtet die Zeit und beschâ°ftigte besser Sich mit neuem Erwerb. Denn fort ist fort, und was einmal Dir ein Mâ°chtiger nimmt, das hast du besessen. Der Klage Gibt man wenig GehËr, und sie erm¸det am Ende. Unser Herr ist der LËwe, und alles an sich zu reiï¬en, Hâ°lt er seiner W¸rde gemâ°ï¬. Er nennt uns gewËhnlich Seine Leute: f¸rwahr, das Unsre, scheint es, gehËrt ihm!
Darf ich reden, mein Oheim? Der edle KËnig, er liebt sich Ganz besonders Leute, die bringen und die nach der Weise, Die er singt, zu tanzen verstehn. Man sieht es zu deutlich. Daï¬ der Wolf und der Bâ°r zum Rate wieder gelangen, Schadet noch manchem. Sie stehlen und rauben, es liebt sie der KËnig; Jeglicher sieht es und schweigt: er denkt, an die Reihe zu kommen. Mehr als vier befinden sich so zur Seite des Herren, Ausgezeichnet vor allen, sie sind die GrËï¬ten am Hofe. Nimmt ein armer Teufel, wie Reineke, irgendein H¸hnchen, Wollen sie alle gleich ¸ber ihn her, ihn suchen und fangen, Und verdammen ihn laut mit Einer Stimme zum Tode. Kleine Diebe hâ°ngt man so weg, es haben die groï¬en Starken Vorsprung, mËgen das Land und die SchlËsser verwalten. Sehet, Oheim, bemerk ich nun das und sinne dar¸ber, Nun, so spiel ich halt auch mein Spiel und denke daneben ÷fters bei mir: es muï¬ ja wohl recht sein, tuns doch so viele! Freilich regt sich dann auch das Gewissen und zeigt mir von ferne Gottes Zorn und Gericht und lâ°ï¬t mich das Ende bedenken. Ungerecht Gut, so klein es auch sei, man muï¬ es erstatten. Und da f¸hl ich denn Reu im Herzen; doch wâ°hrt es nicht lange. Ja, was hilft dichs, der Beste zu sein, es bleiben die Besten Doch nicht unberedet in diesen Zeiten vom Volke. Denn es weiï¬ die Menge genau nach allem zu forschen, Niemand vergessen sie leicht, erfinden dieses und jenes; Wenig Gutes ist in der Gemeine, und wirklich verdienen Wenige drunter auch gute, gerechte Herren zu haben. Denn sie singen und sagen vom BËsen immer und immer; Auch das Gute wissen sie zwar von groï¬en und kleinen Herren, doch schweigt man davon, und selten kommt es zur Sprache. Doch das Schlimmste find ich den D¸nkel des irrigen Wahnes, Der die Menschen ergreift: es kËnne jeder im Taumel Seines heftigen Wollens die Welt beherrschen und richten. Hielte doch jeder sein Weib und seine Kinder in Ordnung, W¸ï¬te sein trotzig Gesinde zu bâ°ndigen, kËnnte sich stille, Wenn die Toren verschwenden, in mâ°ï¬igem Leben erfreuen! Aber wie sollte die Welt sich verbessern? Es lâ°ï¬t sich ein jeder Alles zu und will mit Gewalt die andern bezwingen. Und so sinken wir tiefer und immer tiefer ins Arge. Afterreden, Lug und Verrat und Diebstahl und falscher Eidschwur, Rauben und Morden, man hËrt nichts anders erzâ°hlen. Falsche Propheten und Heuchler betr¸gen schâ°ndlich die Menschen.
Jeder lebt nur so hin! und will man sie treulich ermahnen, Nehmen sies leicht und sagen auch wohl: Ei, wâ°re die S¸nde Groï¬ und schwer, wie hier und dort uns manche Gelehrte Predigen, w¸rde der Pfaffe die S¸nde selber vermeiden. Sie entschuldigen sich mit bËsem Exempel und gleichen Gâ°nzlich dem Affengeschlecht, das, nachzuahmen geboren, Weil es nicht denket und wâ°hlt, empfindlichen Schaden erduldet.
Freilich sollten die geistlichen Herren sich besser betragen! Manches kËnnten sie tun, wofern sie es heimlich vollbrâ°chten: Aber sie schonen uns nicht, uns andre Laien, und treiben Alles, was ihnen beliebt, vor unsern Augen, als wâ°ren Wir mit Blindheit geschlagen; allein wir sehen zu deutlich, Ihre Gel¸bde gefallen den guten Herren so wenig, Als sie dem s¸ndigen Freunde der weltlichen Werke behagen.
Denn so haben ¸ber den Alpen die Pfaffen gewËhnlich Eigens ein Liebchen; nicht weniger sind in diesen Provinzen, Die sich s¸ndlich vergehn. Man will mir sagen, sie haben Kinder wie andre verehlichte Leute; und sie zu versorgen, Sind sie eifrig bem¸ht und bringen sie hoch in die HËhe. Diese denken hernach nicht weiter, woher sie gekommen, Lassen niemand den Rang und gehen stolz und gerade, Eben als wâ°ren sie edlen Geschlechts, und bleiben der Meinung, Ihre Sache sei richtig. So pflegte man aber vor diesem Pfaffenkinder so hoch nicht zu halten; nun heiï¬en sie alle Herren und Frauen. Das Geld ist freilich alles vermËgend.
Selten findet man f¸rstliche Lande, worin nicht die Pfaffen ZËlle und Zinsen erh¸ben und DËrfer und M¸hlen benutzten. Diese verkehren die Welt, es lernt die Gemeine das BËse: Denn man sieht, so hâ°lt es der Pfaffe, da s¸ndiget jeder, Und vom Guten leitet hinweg ein Blinder den andern. Ja, wer merkte denn wohl die guten Werke der frommen Priester, und wie sie die heilige Kirche mit gutem Exempel Auferbauen? Wer lebt nun darnach? Man stâ°rkt sich im BËsen. So geschieht es im Volke, wie sollte die Welt sich verbessern?
Aber hËret mich weiter. Ist einer unecht geboren, Sei er ruhig dar¸ber, was kann er weiter zur Sache? Denn ich meine nur so, versteht mich. Wird sich ein solcher Nur mit Demut betragen und nicht durch eitles Benehmen Andre reizen, so fâ°llt es nicht auf, und hâ°tte man unrecht, â¹ber dergleichen Leute zu reden. Es macht die Geburt uns Weder edel noch gut, noch kann sie zur Schande gereichen. Aber Tugend und Laster, sie unterscheiden die Menschen. Gute, gelehrte geistliche Mâ°nner, man hâ°lt sie, wie billig, Hoch in Ehren, doch geben die bËsen ein bËses Exempel. Predigt so einer das Beste, so sagen doch endlich die Laien: Spricht er das Gute und tut er das BËse, was soll man erwâ°hlen? Auch der Kirche tut er nichts Gutes, er prediget jedem: Leget nur aus und bauet die Kirche; das rat ich, ihr Lieben, Wollt ihr Gnade verdienen und Ablaï¬! so schlieï¬t er die Rede, Und er legt wohl wenig dazu, ja gar nichts, und fiele Seinetwegen die Kirche zusammen. So hâ°lt er denn weiter F¸r die beste Weise zu leben, sich kËstlich zu kleiden, Lecker zu essen. Und hat sich so einer um weltliche Sachen â¹bermâ°ï¬ig bek¸mmert, wie will er beten und singen? Gute Priester sind tâ°glich und st¸ndlich im Dienste des Herren Fleiï¬ig begriffen und ¸ben das Gute; der heiligen Kirche Sind sie n¸tze, sie wissen die Laien durch gutes Exempel Auf dem Wege des Heils zur rechten Pforte zu leiten.
Aber ich kenne denn auch die Bekappten; sie plâ°rren und plappern Immer zum Scheine so fort und suchen immer die Reichen, Wissen den Leuten zu schmeicheln und gehn am liebsten zu Gaste. Bittet man einen, so kommt auch der zweite; da finden sich weiter Noch zu diesen zwei oder drei. Und wer in dem Kloster Gut zu schwatzen versteht, der wird im Orden erhoben, Wird zum Lesemeister, zum Kustos oder zum Prior. Andere stehen beiseite. Die Sch¸sseln werden gar ungleich Aufgetragen. Denn einige m¸ssen des Nachts in dem Chore Singen, lesen, die Grâ°ber umgehn; die anderen haben Guten Vorteil und Ruh und essen die kËstlichen Bissen.
Und die Legaten des Papstes, die â°bte, PrËpste, Prâ°laten, Die Beguinen und Nonnen, da wâ°re vieles zu sagen! â¹berall heiï¬t es: Gebt mir das Eure und laï¬t mir das Meine. Wenige finden sich wahrlich, nicht sieben, welche der Vorschrift Ihres Ordens gemâ°ï¬ ein heiliges Leben beweisen. Und so ist der geistliche Stand gar schwach und gebrechlich.
Oheim! sagte der Dachs: ich find es besonders, Ihr beichtet Fremde S¸nden. Was will es Euch helfen? Mich d¸nket, es wâ°ren Eurer eignen genug. Und sagt mir, Oheim, was habt Ihr Um die Geistlichkeit Euch zu bek¸mmern, und dieses und jenes? Seine B¸rde mag jeglicher tragen, und jeglicher gebe Red und Antwort, wie er in seinem Stande die Pflichten Zu erf¸llen strebt; dem soll sich niemand entziehen, Weder Alte noch Junge, hier auï¬en oder im Kloster. Doch Ihr redet zu viel von allerlei Dingen und kËnntet Mich zuletzt zum Irrtum verleiten. Ihr kennet vortrefflich, Wie die Welt nun besteht und alle Dinge sich f¸gen; Niemand schickte sich besser zum Pfaffen. Ich kâ°me mit andern Schafen, zu beichten bei Euch und Eurer Lehre zu horchen, Eure Weisheit zu lernen; denn freilich muï¬ ich gestehen: Stumpf und grob sind die meisten von uns und hâ°ttens vonnËten.
Also hatten sie sich dem Hofe des KËnigs genâ°hert. Reineke sagte: So ist es gewagt! und nahm sich zusammen. Und sie begegneten Martin, dem Affen, der hatte sich eben Aufgemacht und wollte nach Rom; er gr¸ï¬te die beiden. Lieber Oheim, fasset ein Herz! so sprach er zum Fuchse, Fragt’ ihn dieses und jenes, obschon ihm die Sache bekannt war. Ach, wie ist mir das Gl¸ck in diesen Tagen entgegen! Sagte Reineke drauf da haben mich etliche Diebe Wieder beschuldigt, wer sie auch sind, besonders die Krâ°he Mit dem Kaninchen; sein Weib verlor das eine, dem andern Fehlt ein Ohr. Was k¸mmert mich das? Und kËnnt ich nur selber Mit dem KËnige reden, sie beide solltens empfinden. Aber mich hindert am meisten, daï¬ ich im Banne des Papstes Leider noch bin. Nun hat in der Sache der Dompropst die Vollmacht, Der beim KËnige gilt. Und in dem Banne befind ich Mich um Isegrims willen, der einst ein Klausner geworden, Aber dem Kloster entlief, von Elkmar, wo er gewohnet. Und er schwur, so kËnnt er nicht leben, man halt ihn zu strenge, Lange kËnn er nicht fasten und kËnne nicht immer so lesen. Damals half ich ihm fort. Es reut mich; denn er verleumdet Mich beim KËnige nun und sucht mir immer zu schaden. Soll ich nach Rom? Wie werden indes zu Hause die Meinen In Verlegenheit sein! Denn Isegrim kann es nicht lassen, Wo er sie findet, beschâ°digt er sie. Auch sind noch so viele, Die mir ¸bels gedenken und sich an die Meinigen halten. Wâ°r ich aus dem Banne gelËst, so hâ°tt ich es besser, KËnnte gemâ°chlich mein Gl¸ck bei Hofe wieder versuchen.
Martin versetzte: Da kann ich Euch helfen, es trifft sich! Soeben Geh ich nach Rom und n¸tz Euch daselbst mit k¸nstlichen St¸cken. Unterdr¸cken laï¬ ich Euch nicht! Als Schreiber des Bischofs, D¸nkt mich, versteh ich das Werk. Ich schaffe, daï¬ man den Dompropst Grade nach Rom zitiert, da will ich gegen ihn fechten. Seht nur, Oheim, ich treibe die Sache und weiï¬ sie zu leiten; Exequieren laï¬ ich das Urteil, Ihr werdet mir sicher Absolviert, ich bring es Euch mit; es sollen die Feinde â¹bel sich freun und ihr Geld zusamt der M¸he verlieren: Denn ich kenne den Gang der Dinge zu Rom und verstehe, Was zu tun und zu lassen. Da ist Herr Simon, mein Oheim, Angesehn und mâ°chtig; er hilft den guten Bezahlern. Schalkefund, das ist ein Herr! und Doktor Greifzu und andre, Wendemantel und Losefund hab ich alle zu Freunden. Meine Gelder schickt ich voraus; denn, seht nur, so wird man Dort am besten bekannt. Sie reden wohl von Zitieren: Aber das Geld begehren sie nur. Und wâ°re die Sache Noch so krumm, ich mache sie grad mit guter Bezahlung. Bringst du Geld, so findest du Gnade; sobald es dir mangelt, Schlieï¬en die T¸ren sich zu. Ihr bleibet ruhig im Lande; Eurer Sache nehm ich mich an, ich lËse den Knoten. Geht nur nach Hofe, Ihr werdet daselbst Frau R¸ckenau finden, Meine Gattin; es liebt sie der KËnig, unser Gebieter, Und die KËnigin auch, sie ist behenden Verstandes. Sprecht sie an, sie ist klug, verwendet sich gerne f¸r Freunde. Viele Verwandte findet Ihr da. Es hilft nicht immer, Recht zu haben. Ihr findet bei ihr zwei Schwestern, und meiner Kinder sind drei, daneben noch manche von Eurem Geschlechte, Euch zu dienen bereit, wie Ihr es immer begehret. Und versagte man Euch das Recht, so sollt Ihr erfahren, Was ich vermag. Und wenn man Euch druckt, berichtet mirs eilig! Und ich lasse das Land in Bann tun, den KËnig und alle Weiber und Mâ°nner und Kinder. Ein Interdikt will ich senden, Singen soll man nicht mehr, noch Messe lesen, noch taufen, Noch begraben, was es auch sei. Des trËstet Euch, Neffe!
Denn der Papst ist alt und krank und nimmt sich der Dinge Weiter nicht an, man achtet ihn wenig. Auch hat nun am Hofe Kardinal Ohnegen¸ge die ganze Gewalt, der ein junger R¸stiger Mann ist, ein feuriger Mann von schnellem Entschlusse. Dieser liebt ein Weib, das ich kenne; sie soll ihm ein Schreiben Bringen, und was sie begehrt, das weiï¬ sie trefflich zu machen. Und sein Schreiber Johannes Partey, der kennt aufs genauste Alte und neue M¸nze; dann Horchegenau, sein Geselle, Ist ein Hofmann; Schleifenundwenden ist Notarius. Bakkalaureus beider Rechte, und bleibt er nur etwa Noch ein Jahr, so ist er vollkommen in praktischen Schriften. Dann sind noch zwei Richter daselbst, die heiï¬en Moneta Und Donarius; sprechen sie ab, so bleibt es gesprochen.
So ver¸bt man in Rom gar manche Listen und T¸cken, Die der Papst nicht erfâ°hrt. Man muï¬ sich Freunde verschaffen! Denn durch sie vergibt man die S¸nden und lËset die VËlker Aus dem Banne. Verlaï¬t Euch darauf, mein wertester Oheim! Denn es weiï¬ der KËnig schon lang, ich laï¬ Euch nicht fallen; Eure Sache f¸hr ich hinaus und bin es vermËgend. Ferner mag er bedenken, es sind gar viele den Affen Und den F¸chsen verwandt, die ihn am besten beraten, Und das hilft Euch gewiï¬, es gehe, wie es auch wolle.
Reineke sprach: Das trËstet mich sehr; ich denk es Euch wieder, Komm ich diesmal nur los. Und einer empfahl sich dem andern. Ohne Geleit ging Reineke nun mit Grimbart, dem Dachse, Nach dem Hofe des KËnigs, wo man ihm ¸bel gesinnt war.
Neunter Gesang
Reineke war nach Hofe gelangt, er dachte die Klagen Abzuwenden, die ihn bedrohten. Doch als er die vielen Feinde beisammen erblickte, wie alle standen und alle Sich zu râ°chen begehrten und ihn am Leben zu strafen, Fiel ihm der Mut; er zweifelte nun, doch ging er mit K¸hnheit Grade durch alle Baronen, und Grimbart ging ihm zur Seite. Sie gelangten zum Throne des KËnigs, da lispelte Grimbart: Seid nicht furchtsam Reineke, diesmal; gedenket: dem BlËden Wird das Gl¸ck nicht zuteil, der K¸hne sucht die Gefahr auf Und erfreut sich mit ihr; sie hilft ihm wieder entkommen. Reineke sprach: Ihr sagt mir die Wahrheit, ich danke zum schËnsten F¸r den herrlichen Trost, und komm ich wieder in Freiheit, Werd ichs gedenken. Er sah nun umher, und viele Verwandte Fanden sich unter der Schar, doch wenige GËnner, den meisten Pflegt’ er ¸bel zu dienen; ja, unter den Ottern und Bibern, Unter Groï¬en und Kleinen trieb er sein schelmisches Wesen. Doch entdeckt’ er noch Freunde genug im Saale des KËnigs.
Reineke kniete vorm Throne zur Erden und sagte bedâ°chtig: Gott, dem alles bekannt ist und der in Ewigkeit mâ°chtig Bleibt, bewâ°hr Euch, mein Herr und KËnig, bewahre nicht minder Meine Frau, die KËnigin, immer, und beiden zusammen Geb er Weisheit und gute Gedanken, damit sie besonnen Recht und Unrecht erkennen; denn viele Falschheit ist jetzo Unter den Menschen im Gange. Da scheinen viele von auï¬en, Was sie nicht sind. O hâ°tte doch jeder am Vorhaupt geschrieben, Wie er gedenkt, und sâ°h es der KËnig! da w¸rde sich zeigen, Daï¬ ich nicht l¸ge und daï¬ ich Euch immer zu dienen bereit bin. Zwar verklagen die BËsen mich heftig; sie mËchten mir gerne Schaden und Eurer Huld mich berauben, als wâ°r ich derselben Unwert. Aber ich kenne die strenge Gerechtigkeitsliebe Meines KËnigs und Herrn, denn ihn verleitete keiner Je, die Wege des Rechtes zu schmâ°lern; so wird es auch bleiben.
Alles kam und drâ°ngte sich nun, ein jeglicher muï¬te Reinekens K¸hnheit bewundern, es w¸nscht’ ihn jeder zu hËren; Seine Verbrechen waren bekannt, wie wollt er entrinnen?
Reineke, BËsewicht! sagte der KËnig: f¸r diesmal erretten Deine losen Worte dich nicht, sie helfen nicht lâ°nger L¸gen und Trug zu verkleiden, nun bist du ans Ende gekommen. Denn du hast die Treue zu mir, ich glaube, bewiesen Am Kaninchen und an der Krâ°he! Das wâ°re genugsam. Aber du ¸best Verrat an allen Orten und Enden; Deine Streiche sind falsch und behende, doch werden sie nicht mehr Lange dauern, denn voll ist das Maï¬, ich schelte nicht lâ°nger.
Reineke dachte: Wie wird es mir gehn? O hâ°tt ich nur wieder Meine Behausung erreicht! Wo will ich Mittel ersinnen? Wie es auch geht, ich muï¬ nun hindurch, versuchen wir alles.
Mâ°chtiger KËnig, edelster F¸rst! so lieï¬ er sich hËren: Meint Ihr, ich habe den Tod verdient, so habt Ihr die Sache Nicht von der rechten Seite betrachtet; drum bitt ich, Ihr wollet Erst mich hËren. Ich habe ja sonst Euch n¸tzlich geraten, In der Not bin ich bei Euch geblieben, wenn etliche wichen, Die sich zwischen uns beide nun stellen zu meinem Verderben Und die Gelegenheit n¸tzen, wenn ich entfernt bin. Ihr mËget, Edler KËnig, hab ich gesprochen, die Sache dann schlichten; Werd ich schuldig befunden, so muï¬ ich es freilich ertragen. Wenig habt Ihr meiner gedacht, indes ich im Lande Vieler Orten und Enden die sorglichste Wache gehalten. Meint Ihr, ich wâ°re nach Hofe gekommen, wofern ich mich schuldig Wuï¬te groï¬- oder kleiner Vergehn? Ich w¸rde bedâ°chtig Eure Gegenwart fliehn und meine Feinde vermeiden. Nein, mich hâ°tten gewiï¬ aus meiner Feste nicht sollen Alle Schâ°tze der Welt hierher verleiten; da war ich Frei auf eigenem Grund und Boden. Nun bin ich mir aber Keines ¸bels bewuï¬t, und also bin ich gekommen. Eben stand ich, Wache zu halten; da brachte mein Oheim Mir die Zeitung, ich solle nach Hof. Ich hatte von neuem, Wie ich dem Bann mich entzËge, gedacht, dar¸ber mit Martin Vieles gesprochen, und er gelobte mir heilig, er wolle Mich von dieser B¸rde befrein. Ich werde nach Rom gehn, Sagt’ er, und nehme die Sache von nun an vËllig auf meine Schultern, geht nur nach Hofe, des Bannes werdet Ihr ledig. Sehet, so hat mir Martin geraten, er muï¬ es verstehen: Denn der vortreffliche Bischof, Herr Ohnegrund, braucht ihn bestâ°ndig; Schon f¸nf Jahre dient er demselben in rechtlichen Sachen. Und so kam ich hieher und finde Klagen auf Klagen. Das Kaninchen, der â°ugler, verleumdet mich; aber es steht nun Reineke hier: so tret er hervor mir unter die Augen! Denn es ist freilich was leichtes, sich ¸ber Entfernte beklagen Aber man soll den Gegenteil hËren, bevor man ihn richtet. Diese falschen Gesellen, bei meiner Treue! sie haben Gutes genossen von mir, die Krâ°he mit dem Kaninchen: Denn vorgestern am Morgen in aller Fr¸he begegnet’ Mir das Kaninchen und gr¸ï¬te mich schËn; ich hatte soeben Vor mein Schloï¬ mich gestellt und las die Gebete des Morgens. Und er zeigte mir an, er gehe nach Hofe; da sagt ich: Gott begleit Euch! Er klagte darauf. Wie hungrig und m¸de Bin ich geworden! Da fragt ich ihn freundlich: Begehrt Ihr zu essen? Dankbar nehm ich es an, versetzt’ er. Aber ich sagte: Geb ichs doch gerne. So ging ich mit ihm und bracht ihm behende Kirschen und Butter: ich pflege kein Fleisch am Mittwoch zu essen. Und er sâ°ttigte sich mit Brot und Butter und Fr¸chten. Aber es trat mein SËhnchen, das j¸ngste, zum Tische, zu sehen, Ob was ¸briggeblieben: denn Kinder lieben das Essen; Und der Knabe haschte darnach. Da schlug das Kaninchen Hastig ihn ¸ber das Maul, es bluteten Lippen und Zâ°hne. Reinhart, mein andrer, sah die Begegnung und faï¬te den â°ugler Grad an der Kehle, spielte sein Spiel und râ°chte den Bruder. Das geschah, nicht mehr und nicht minder. Ich sâ°umte nicht lange, Lief und strafte die Knaben und brachte mit M¸he die beiden Auseinander. Kriegt er was ab, so mag er es tragen, Denn er hatte noch mehr verdient; auch wâ°ren die Jungen, Hâ°tt ich es ¸bel gemeint, mit ihm wohl fertig geworden. Und so dankt er mir nun! Ich riï¬ ihm, sagt er, ein Ohr ab; Ehre hat er genossen und hat ein Zeichen behalten.
Ferner kam die Krâ°he zu mir und klagte: die Gattin Hab er verloren, sie habe sich leider zu Tode gegessen, Einen ziemlichen Fisch mit allen Grâ°ten verschlungen; Wo es geschah, das weiï¬ er am besten. Nun sagt er: ich habe Sie gemordet; er tat es wohl selbst, und w¸rde man ernstlich Ihn verhËren, d¸rft ich es tun, er sprâ°che wohl anders. Denn sie fliegen, es reichet kein Sprung so hoch, in die L¸fte.
Will nun solcher verbotenen Taten mich jemand bez¸chten, Tu ers mit redlichen, g¸ltigen Zeugen: denn also gehËrt sichs, Gegen edle Mâ°nner zu rechten; ich m¸ï¬t es erwarten. Aber finden sich keine, so gibts ein anderes Mittel. Hier! Ich bin zum Kampfe bereit! Man setze den Tag an Und den Ort. Es zeige sich dann ein w¸rdiger Gegner, Gleich mit mir von Geburt, ein jeder f¸hre sein Recht aus. Wer dann Ehre gewinnt, dem mag sie bleiben. So hat es Immer zu Rechte gegolten, und ich verlang es nicht besser.
Alle standen und hËrten und waren ¸ber die Worte Reinekens hËchlich verwundert, die er so trotzig gesprochen. Und es erschraken die beiden, die Krâ°he mit dem Kaninchen, Râ°umten den Hof und trauten nicht weiter ein WËrtchen zu sprechen, Gingen und sagten untereinander: Es wâ°re nicht ratsam, Gegen ihn weiter zu rechten. Wir mËchten alles versuchen, Und wir kâ°men nicht aus. Wer hats gesehen? Wir waren Ganz allein mit dem Schelm; wer sollte zeugen? Am Ende Bleibt der Schaden uns doch. F¸r alle seine Verbrechen Warte der Henker ihm auf und lohn ihm, wie ers verdiente! Kâ°mpfen will er mit uns? das mËcht uns ¸bel bekommen. Nein, f¸rwahr, wir lassen es lieber. Denn falsch und behende, Lose und t¸ckisch kennen wir ihn. Es wâ°ren ihm wahrlich Unser f¸nfe zu wenig, wir m¸ï¬ten es teuer bezahlen.
Isegrim aber und Braunen war ¸bel zumute; sie sahen Ungern die beiden von Hofe sich schleichen. Da sagte der KËnig: Hat noch jemand zu klagen, der komme! Laï¬t uns vernehmen! Gestern drohten so viele, hier steht der Beklagte! wo sind sie?
Reineke sagte: So pflegt es zu gehn, man klagt und beschuldigt Diesen und jenen; doch st¸nde er dabei, man bliebe zu Hause. Diese losen Verrâ°ter, die Krâ°he mit dem Kaninchen, Hâ°tten mich gern in Schande gebracht und Schaden und Strafe, Aber sie bitten mirs ab, und ich vergebe; denn freilich, Da ich komme, bedenken sie sich und weichen zur Seite. Wie beschâ°mt ich sie nicht! Ihr sehet, wie es gefâ°hrlich Ist, die losen Verleumder entfernter Diener zu hËren; Sie verdrehen das Rechte und sind den Besten gehâ°ssig. Andre dauern mich nur, an mir ist wenig gelegen.
HËre mich, sagte der KËnig darauf: du loser Verrâ°ter! Sage, was trieb dich dazu, daï¬ du mir Lampen, den treuen, Der mir die Briefe zu tragen pflegte, so schmâ°hlich getËtet? Hatt ich nicht alles vergeben, so viel du immer verbrochen? Râ°nzel und Stab empfingst du von mir, so warst du versehen, Solltest nach Rom und ¸ber das Meer; ich gËnnte dir alles, Und ich hoffte Beï¬rung von dir. Nun seh ich zum Anfang, Wie du Lampen gemordet; es muï¬te Bellyn dir zum Boten Dienen, der brachte das Haupt im Râ°nzel getragen und sagte ÷ffentlich aus, er bringe mir Briefe, die ihr zusammen Ausgedacht und geschrieben, er habe das Beste geraten. Und im Râ°nzel fand sich das Haupt, nicht mehr und nicht minder. Mir zum Hohne tatet ihr das. Bellynen behielt ich Gleich zum Pfande, sein Leben verlor er; nun geht es an deines.
Reineke sagte: Was hËr ich? Ist Lampe tot? und Bellynen Find ich nicht mehr? Was wird nun aus mir? O wâ°r ich gestorben! Ach, mit beiden geht mir ein Schatz, der grËï¬te, verloren! Denn ich sandt Euch durch sie Kleinode, welche nicht besser â¹ber der Erde sich finden. Wer sollte glauben, der Widder W¸rde Lampen ermorden und Euch der Schâ°tze berauben? H¸te sich einer, wo niemand Gefahr und T¸cke vermutet.
Zornig hËrte der KËnig nicht aus, was Reineke sagte, Wandte sich weg nach seinem Gemach und hatte nicht deutlich Reinekens Rede vernommen, er dacht ihn am Leben zu strafen; Und er fand die KËnigin eben in seinem Gemache Mit Frau R¸ckenau stehn. Es war die â°ffin besonders KËnig und KËnigin lieb. Das sollte Reineken helfen. Unterrichtet war sie und klug und wuï¬te zu reden; Wo sie erschien, sah jeder auf sie und ehrte sie hËchlich. Diese merkte des KËnigs Verdruï¬ und sprach mit Bedachte Wenn Ihr, gnâ°diger Herr, auf meine Bitte zuweilen HËrtet, gereut’ es Euch nie, und Ihr vergabt mir die K¸hnheit, Wenn Ihr z¸rntet, ein Wort gelinder Meinung zu sagen. Seid auch diesmal geneigt, mich anzuhËren, betrifft es Doch mein eignes Geschlecht! Wer kann die Seinen verleugnen? Reineke, wie er auch sei, ist mein Verwandter, und soll ich, Wie sein Betragen mir scheint, aufrichtig bekennen: ich denke, Da er zu Rechte sich stellt, von seiner Sache das Beste. Muï¬te sein Vater doch auch, den Euer Vater beg¸nstigt, Viel von losen Mâ°ulern erdulden und falschen Verklâ°gern! Doch beschâ°mt’ er sie stets. Sobald man die Sache genauer Untersuchte, fand es sich klar: die t¸ckischen Neider Suchten Verdienste sogar als schwere Verbrechen zu deuten. So erhielt er sich immer in grËï¬erem Ansehn bei Hof, als Braun und Isegrim jetzt: denn diesen wâ°re zu w¸nschen, Daï¬ sie alle Beschwerden auch zu beseitigen w¸ï¬ten, Die man hâ°ufig ¸ber sie hËrt; allein sie verstehen Wenig vom Rechte, so zeigt es ihr Rat, so zeigt es ihr Leben.
Doch der KËnig versetzte darauf: Wie kann es Euch wundern, Daï¬ ich Reineken gram bin, dem Diebe, der mir vor kurzem Lampen getËtet, Bellynen verf¸hrt und frecher als jemals Alles leugnet und sich als treuen und redlichen Diener Anzupreisen erk¸hnt, indessen alle zusammen Laute Klagen erheben und nur zu deutlich beweisen, Wie er mein sicher Geleite verletzt und wie er mit Stehlen, Rauben und Morden das Land und meine Getreuen beschâ°digt. Nein! ich duld es nicht lâ°nger! Dagegen sagte die â°ffin: Freilich ists nicht vielen gegeben, in jeglichen Fâ°llen Klug zu handeln und klug zu raten, und wem es gelinget, Der erwirbt sich Vertrauen; allein es suchen die Neider Ihm dagegen heimlich zu schaden, und werden sie zahlreich, Treten sie Ëffentlich auf. So ist es Reineken mehrmals Schon ergangen; doch werden sie nicht die Erinnrung vertilgen, Wie er in Fâ°llen Euch weise geraten, wenn alle verstummten. Wiï¬t Ihr noch? vor kurzem geschahs. Der Mann und die Schlange Kamen vor Euch, und niemand verstund die Sache zu schlichten; Aber Reineke fands, Ihr lobtet ihn damals vor allen.
Und der KËnig versetzte nach kurzem Bedenken dagegen: Ich erinnre der Sache mich wohl, doch hab ich vergessen, Wie sie zusammenhing; sie war verworren, so d¸nkt mich. Wiï¬t Ihr sie noch, so laï¬t sie mich hËren, es macht mir Vergn¸gen. Und sie sagte: Befiehlt es mein Herr, so soll es geschehen.
Eben sinds zwei Jahre, da kam ein Lindwurm und klagte St¸rmisch, gnâ°diger Herr, vor Euch: es woll ihm ein Bauer Nicht im Rechte sich f¸gen, ein Mann, den zweimal das Urteil Nicht beg¸nstigt. Er brachte den Bauer, vor Euern Gerichtshof Und erzâ°hlte die Sache mit vielen heftigen Worten.
Durch ein Loch im Zaune zu kriechen, gedachte die Schlange, Fing sich aber im Stricke, der vor die Ëffnung gelegt war, Fester zog die Schlinge sich zu, sie hâ°tte das Leben Dort gelassen, da kam ihr zum Gl¸ck ein Wandrer gegangen. Ængstlich rief sie: Erbarme dich meiner und mache mich ledig! Laï¬ dich erbitten! Da sagte der Mann: Ich will dich erlËsen, Denn mich jammert dein Elend; allein erst sollst du mir schwËren, Mir nichts Leides zu tun. Die Schlange fand sich erbËtig, Schwur den teuersten Eid: sie wolle auf keinerlei Weise Ihren Befreier verletzen, und so erlËste der Mann sie.
Und sie gingen ein Weilchen zusammen, da f¸hlte die Schlange Schmerzlichen Hunger, sie schoï¬ auf den Mann und wollt ihn erw¸rgen, Ihn verzehren; mit Angst und Not entsprang ihr der Arme. Das ist dein Dank? Das hab ich verdient? so rief er: und hast du Nicht geschworen den teuersten Eid? Da sagte die Schlange: Leider nËtiget mich der Hunger, ich kann mir nicht helfen; Not erkennt kein Gebot, und so besteht es zu Rechte.
Da versetzte der Mann: So schone nur meiner so lange, Bis wir zu Leuten kommen, die unparteiisch uns richten. Und es sagte der Wurm: Ich will mich so lange gedulden.
Also gingen sie weiter und fanden ¸ber dem Wasser Pfl¸ckebeutel, den Raben, mit seinem Sohne; man nennt ihn Quackeler. Und die Schlange berief sie zu sich und sagte: Kommt und hËret! Es hËrte die Sache der Rabe bedâ°chtig, Und er richtete gleich: den Mann zu essen. Er hoffte, Selbst ein St¸ck zu gewinnen. Da freute die Schlange sich hËchlich: Nun, ich habe gesiegt! es kann mirs niemand verdenken. Nein, versetzte der Mann: ich habe nicht vËllig verloren; Sollt ein Râ°uber zum Tode verdammen? und sollte nur Einer Richten? ich fordere ferner GehËr, im Gange des Rechtes; Laï¬t uns vor vier, vor zehn die Sache bringen und hËren.
Gehn wir! sagte die Schlange. Sie gingen, und es begegnet’ Ihnen der Wolf und der Bâ°r, und alle traten zusammen. Alles bef¸rchtete nun der Mann: denn zwischen den f¸nfen War es gefâ°hrlich zu stehn und zwischen solchen Gesellen; Ihn umringten die Schlange, der Wolf, der Bâ°r und die Raben. Bange war ihm genug: denn bald verglichen sich beide, Wolf und Bâ°r, das Urteil in dieser Maï¬e zu fâ°llen: TËten d¸rfe die Schlange den Mann; der leidige Hunger Kenne keine Gesetze, die Not entbinde vom Eidschwur. Sorgen und Angst befielen den Wandrer, denn alle zusammen Wollten sein Leben. Da schoï¬ die Schlange mit grimmigem Zischen, Spritzte Geifer auf ihn, und â°ngstlich sprang er zur Seite. Groï¬es Unrecht, rief er: begehst du! Wer hat dich zum Herren â¹ber mein Leben gemacht? Sie sprach: Du hast es vernommen; Zweimal sprachen die Richter, und zweimal hast du verloren. Ihr versetzte der Mann: Sie rauben selber und stehlen; Ich erkenne sie nicht, wir wollen zum KËnige gehen. Mag er sprechen, ich f¸ge mich drein; und wenn ich verliere, Hab ich noch ¸bels genug, allein ich will es ertragen. Spottend sagte der Wolf und der Bâ°r: Du magst es versuchen, Aber die Schlange gewinnt, sie wirds nicht besser begehren. Denn sie dachten, es w¸rden die sâ°mtlichen Herren des Hofes Sprechen wie sie, und gingen getrost und f¸hrten den Wandrer, Kamen vor Euch, die Schlange, der Wolf, der Bâ°r und die Raben. Ja, selbdritt erschien der Wolf, er hatte zwei Kinder, Eitelbauch hieï¬ der eine, der andre Nimmersatt, beide Machten dem Mann am meisten zu schaffen; sie waren gekommen, Auch ihr Teil zu verzehren, denn sie sind immer begierig, Heulten damals vor Euch mit unertrâ°glicher Grobheit. Ihr verbotet den Hof den beiden plumpen Gesellen. Da berief sich der Mann auf Eure Gnaden, erzâ°hlte, Wie ihn die Schlange zu tËten gedenke, sie habe der Wohltat VËllig vergessen, sie breche den Eid! So fleht’ er um Rettung. Aber die Schlange leugnete nicht: Es zwingt mich des Hungers Allgewaltige Not, sie kennet keine Gesetze.
Gnâ°diger Herr, da wart Ihr bek¸mmert; es schien Euch die Sache Gar bedenklich zu sein und rechtlich schwer zu entscheiden. Denn es schien Euch hart, den guten Mann zu verdammen, Der sich hilfreich bewiesen; allein Ihr dachtet dagegen Auch des schmâ°hlichen Hungers. Und so berieft Ihr die Râ°te. Leider war die Meinung der meisten dem Manne zum Nachteil; Denn sie w¸nschten die Mahlzeit und dachten der Schlange zu helfen. Doch Ihr sendetet Boten nach Reineken: alle die andern Sprachen gar manches und konnten die Sache zu Rechte nicht scheiden. Reineke kam und hËrte den Vortrag, Ihr legtet das Urteil Ihm in die Hâ°nde, und wie er es sprâ°che, so sollt es geschehen.
Reineke sprach mit gutem Bedacht: Ich finde vor allem NËtig, den Ort zu besuchen, und seh ich die Schlange gebunden, Wie der Bauer sie fand, so wird das Urteil sich geben. Und man band die Schlange von neuem an selbiger Stâ°tte, In der Maï¬e, wie sie der Bauer im Zaune gefunden.
Reineke sagte darauf: Hier ist nun jedes von beiden Wieder im vorigen Stand, und keines hat weder gewonnen, Noch verloren; jetzt zeigt sich das Recht, so scheint mirs, von selber. Denn beliebt es dem Manne, so mag er die Schlange noch einmal Aus der Schlinge befrein; wo nicht, so lâ°ï¬t er sie hâ°ngen, Frei, mit Ehren geht er die Straï¬e nach seinen Geschâ°ften. Da sie untreu geworden, als sie die Wohltat empfangen, Hat der Mann nun billig die Wahl. Das scheint mit des Rechtes Wahrer Sinn; wers besser versteht, der laï¬ es uns hËren.
Damals gefiel Euch das Urteil und Euren Râ°ten zusammen; Reineke wurde gepriesen, der Bauer dankt’ Euch, und jeder R¸hmte Reinekens Klugheit, ihn r¸hmte die KËnigin selber. Vieles wurde gesprochen: im Kriege wâ°ren noch eher Isegrim und Braun zu gebrauchen, man f¸rchte sie beide Weit und breit, sie fâ°nden sich gern, wo alles verzehrt wird. Groï¬ und stark und k¸hn sei jeder, man kËnn es nicht leugnen; Doch im Rate fehle gar oft die nËtige Klugheit: Denn sie pflegen zu sehr auf ihre Stâ°rke zu trotzen, Kommt man ins Feld und naht sich dem Werke, da hinkt es gewaltig. Mutiger kann man nichts sehn, als sie zu Hause sich zeigen; Drauï¬en liegen sie gern im Hinterhalt. Setzt es denn einmal T¸chtige Schlâ°ge, so nimmt man sie mit, so gut als ein andrer. Bâ°ren und WËlfe verderben das Land; es k¸mmert sie wenig, Wessen Haus die Flamme verzehrt, sie pflegen sich immer An den Kohlen zu wâ°rmen, und sie erbarmen sich keines, Wenn ihr Kropf sich nur f¸llt. Man schl¸rft die Eier hinunter, Lâ°ï¬t den Armen die Schalen und glaubt noch redlich zu teilen. Reineke Fuchs mit seinem Geschlecht versteht sich dagegen Wohl auf Weisheit und Rat, und hat er nun etwas versehen, Gnâ°diger Herr, so ist er kein Stein. Doch wird Euch ein andrer Niemals besser beraten. Darum verzeiht ihm, ich bitte!
Da versetzte der KËnig: Ich will es bedenken. Das Urteil Ward gesprochen, wie Ihr erzâ°hlt, es b¸ï¬te die Schlange. Doch von Grund aus bleibt er ein Schalk, wie sollt er sich bessern? Macht man ein B¸ndnis mit ihm, so bleibt man am Ende betrogen; Denn er dreht sich so listig heraus, wer ist ihm gewachsen? Wolf und Bâ°r und Kater, Kaninchen und Krâ°he, sie sind ihm Nicht behende genug, er bringt sie in Schaden und Schande. Diesem behielt er ein Ohr, dem andern das Auge, das Leben Raubt’ er dem dritten! F¸rwahr, ich weiï¬ nicht, wie Ihr dem BËsen So zugunsten sprecht und seine Sache verteidigt. Gnâ°diger Herr, versetzte die â°ffin: ich kann es nicht bergen, Sein Geschlecht ist edel und groï¬, Ihr mËgt es bedenken.
Da erhub sich der KËnig, herauszutreten, es stunden Alle zusammen und warteten sein. Er sah in dem Kreise Viele von Reinekens nâ°chsten Verwandten, sie waren gekommen, Ihren Vetter zu sch¸tzen, sie wâ°ren schwerlich zu nennen. Und er sah das groï¬e Geschlecht, er sah auf der andern Seite Reinekens Feinde: es schien der Hof sich zu teilen.
Da begann der KËnig: So hËre mich, Reineke! Kannst du Solchen Frevel entschuldigen, daï¬ du mit Hilfe Bellynens Meinen frommen Lampe getËtet? und daï¬ Ihr Verwegnen Mir sein Haupt ins Râ°nzel gesteckt, als wâ°ren es Briefe? Mich zu hËhnen, tatet ihr das! ich habe den einen Schon bestraft, es b¸ï¬te Bellyn; erwarte das gleiche.
Weh mir! sagte Reineke drauf: o wâ°r ich gestorben! HËret mich an, und wie es sich findet, so mag es geschehen: Bin ich schuldig, so tËtet mich gleich, ich werde doch nimmer Aus der Not und Sorge mich retten, ich bleibe verloren. Denn der Verrâ°ter Bellyn, er unterschlug mir die grËï¬ten Schâ°tze, kein Sterblicher hat dergleichen jemals gesehen. Ach, sie kosten Lampen das Leben! Ich hatte sie beiden Anvertraut, nun raubte Bellyn die kËstlichen Sachen. Lieï¬en sie sich doch wieder erforschen! Allein ich bef¸rchte, Niemand findet sie mehr, sie bleiben auf immer verloren.
Aber die â°ffin versetzte darauf: Wer wollte verzweifeln? Sind sie nur ¸ber der Erde, so ist noch Hoffnung zu schËpfen. Fr¸h und spâ°te wollen wir gehn und Laien und Pfaffen Emsig fragen; doch zeiget uns an, wie waren die Schâ°tze?
Reineke sagte: sie waren so kËstlich, wir finden sie nimmer; Wer sie besitzt, verwahrt sie gewiï¬. Wie wird sich dar¸ber Nicht Frau Ermelyn quâ°len! sie wird mirs niemals verzeihen. Denn sie miï¬riet mir, den beiden das kËstliche Kleinod zu geben. Nun erfindet man L¸gen auf mich und will mich verklagen! Doch ich verfechte mein Recht, erwarte das Urteil, und werd ich Losgesprochen, so reis ich umher durch Lâ°nder und Reiche, Suche die Schâ°tze zu schaffen, und sollt ich mein Leben verlieren.
Zehnter Gesang
O mein KËnig! sagte darauf der listige Redner: Laï¬t mich, edelster F¸rst, vor meinen Freunden erzâ°hlen, Was Euch alles von mir an kËstlichen Dingen bestimmt war. Habt Ihr sie gleich nicht erhalten, so war mein Wille doch lËblich. Sage nur an, versetzte der KËnig: und k¸rze die Worte.
Gl¸ck und Ehre sind hin! Ihr werdet alles erfahren, Sagte Reineke traurig. Das erste kËstliche Kleinod War ein Ring; ich gab ihn Bellynen, er sollt ihn dem KËnig â¹berliefern. Es war auf wunderbarliche Weise Dieser Ring zusammengesetzt und w¸rdig, im Schatze Meines F¸rsten zu glâ°nzen, aus feinem Golde gebildet. Auf der inneren Seite, die nach dem Finger sich kehret, Standen Lettern gegraben und eingeschmolzen; es waren Drei hebrâ°ische Worte von ganz besonderer Deutung. Niemand erklâ°rte so leicht in diesen Landen die Z¸ge, Meister Abryon nur von Trier, der konnte sie lesen. Es ist ein Jude, gelehrt, und alle Zungen und Sprachen Kennt er, die von Poitou bis L¸neburg werden gesprochen; Und auf Krâ°uter und Steine versteht sich der Jude besonders.
Als ich den Ring ihm gezeigt, da sagt’ er: KËstliche Dinge Sind hierinnen verborgen. Die drei gegrabenen Namen Brachte Seth, der Fromme, vom Paradiese hernieder, Als er das Ël der Barmherzigkeit suchte; und wer ihn am Finger Trâ°gt, der findet sich frei von allen Gefahren: es werden Weder Donner, noch Blitz, noch Zauberei ihn verletzen. Ferner sagte der Meister: er habe gelesen, es kËnne Wer den Ring am Finger bewahrt, in grimmiger Kâ°lte Nicht erfrieren; er lebe gewiï¬ ein ruhiges Alter. Auï¬en stand ein Edelgestein, ein heller Karfunkel, Dieser leuchtete nachts und zeigte deutlich die Sachen. Viele Krâ°fte hatte der Stein: er heilte die Kranken, Wer ihn ber¸hrte, f¸hlte sich frei von allen Gebrechen, Aller Bedrâ°ngnis, nur lieï¬ sich der Tod allein nicht bezwingen. Weiter entdeckte der Meister des Steines herrliche Krâ°fte: Gl¸cklich reist der Besitzer durch alle Lande, ihm schadet Weder Wasser, noch Feuer; gefangen oder verraten Kann er nicht werden, und jeder Gewalt des Feindes entgeht er. Und besieht er n¸chtern den Stein, so wird er im Kampfe Hundert ¸berwinden und mehr. Die Tugend des Steines Nimmt dem Gifte die Wirkung und allen schâ°dlichen Sâ°ften. Ebenso vertilgt sie den Haï¬, und sollte gleich mancher Den Besitzer nicht lieben, er f¸hlt sich in kurzem verâ°ndert.
Wer vermËchte die Krâ°fte des Steines alle zu zâ°hlen, Den ich im Schatze des Vaters gefunden und den ich dem KËnig Nun zu senden gedachte? Denn solches kËstlichen Ringes War ich nicht wert, ich wuï¬t es recht wohl; er sollte dem Einen, Der von allen der Edelste bleibt, so dacht ich, gehËren: Unser Wohl beruht nur auf ihm und unser VermËgen, Und ich hoffte, sein Leben vor allem ¸bel zu sch¸tzen.
Ferner sollte Widder Bellyn der KËnigin gleichfalls Kamm und Spiegel verehren, damit sie meiner gedâ°chte. Diese hatt ich einmal zur Lust vom Schatze des Vaters Zu mir genommen, es fand sich auf Erden kein schËneres Kunstwerk. O wie oft versucht’ es mein Weib und wollte sie haben! Sie verlangte nichts weiter von allen G¸tern der Erde, Und wir stritten darum; sie konnte mich niemals bewegen, Doch nun sendet ich Spiegel und Kamm mit gutem Bedachte Meiner gnâ°digen Frauen, der KËnigin, welche mir immer Groï¬e Wohltat erwies und mich vor ¸bel beschirmte; ÷fters hat sie f¸r mich ein g¸nstiges WËrtchen gesprochen, Edel ist sie, von hoher Geburt, es ziert sie die Tugend, Und ihr altes Geschlecht bewâ°hrt sich in Worten und Werken; W¸rdig war sie des Spiegels und Kammes! die hat sie nun leider Nicht mit Augen gesehn, sie bleiben auf immer verloren.
Nun vom Kamme zu reden. Zu diesem hatte der K¸nstler Pantherknochen genommen, die Reste des edlen GeschËpfes; Zwischen Indien wohnt es und zwischen dem Paradiese, Allerlei Farben zieren sein Fell, und s¸ï¬e Ger¸che Breiten sich aus, wohin es sich wendet, darum auch die Tiere Seine Fâ°hrte so gern auf allen Wegen verfolgen; Denn sie werden gesund von diesem Geruche, das f¸hlen Und bekennen sie alle. Von solchen Knochen und Beinen War der zierliche Kamm mit vielem Fleiï¬e gebildet, Klar wie Silber und weiï¬, von unaussprechlicher Reinheit, Und des Kammes Geruch ging ¸ber Nelken und Zimmet. Stirbt das Tier, so fâ°hrt der Geruch in alle Gebeine, Bleibt bestâ°ndig darin und lâ°ï¬t sie nimmer verwesen, Alle Seuche treibt er hinweg und alle Vergiftung.
Ferner sah man die kËstlichsten Bilder am R¸cken des Kammes Hocherhaben, durchflochten mit goldenen zierlichen Ranken Und mit rot- und blauer Lasur. Im mittelsten Felde War die Geschichte k¸nstlich gebildet, wie Paris von Troja Eines Tages am Brunnen saï¬, drei gËttliche Frauen Vor sich sah, man nannte sie Pallas und Juno und Venus. Lange stritten sie erst, denn jegliche wollte den Apfel Gerne besitzen, der ihnen bisher zusammen gehËrte; Endlich verglichen sie sich: es solle den goldenen Apfel Paris der SchËnsten bestimmen, sie sollt allein ihn behalten.
Und der J¸ngling beschaute sie wohl mit gutem Bedachte. Juno sagte zu ihm: Erhalt ich den Apfel, erkennst du Mich f¸r die SchËnste, so wirst du der erste vor allen an Reichtum. Pallas versetzte: Bedenke dich wohl und gib mir den Apfel, Und du wirst der mâ°chtigste Mann; es f¸rchten dich alle, Wird dein Name genannt, so Feind als Freunde zusammen. Venus sprach: Was soll die Gewalt? was sollen die Schâ°tze? Ist dein Vater nicht KËnig Priamus? deine Gebr¸der, Hektor und andre, sind sie nicht reich und mâ°chtig im Lande? Ist nicht Troja gesch¸tzt von seinem Heere? und habt ihr Nicht umher das Land bezwungen und fernere VËlker? Wirst du die SchËnste mich preisen und mir den Apfel erteilen, Sollst du des herrlichsten Schatzes auf dieser Erde dich freuen. Dieser Schatz ist ein treffliches Weib, die SchËnste von allen, Tugendsam, edel und weise, wer kËnnte w¸rdig sie loben? Gib mir den Apfel, du sollst des griechischen KËnigs Gemahlin, Helena mein ich, die schËne, den Schatz der Schâ°tze besitzen.
Und er gab ihr den Apfel und pries sie von allen die SchËnste. Aber sie half ihm dagegen die schËne KËnigin rauben, Menelaus’ Gemahlin, sie ward in Troja die Seine. Diese Geschichte sah man erhaben im mittelsten Felde. Und es waren Schilder umher mit k¸nstlichen Schriften; Jeder durfte nur lesen, und so verstand er die Fabel.
HËret nun weiter vom Spiegel! daran die Stelle des Glases Ein Beryll vertrat von groï¬er Klarheit und SchËnheit; Alles zeigte sich drin, und wenn es meilenweit vorging, War es Tag oder Nacht. Und hatte jemand im Antlitz Einen Fehler, wie er auch war, ein Fleckchen im Auge, Durft er sich nur im Spiegel besehn, so gingen von Stund an Alle Mâ°ngel hinweg und alle fremden Gebrechen. Ists ein Wunder, daï¬ mich es verdrieï¬t, den Spiegel zu missen? Und es war ein kËstliches Holz zur Fassung der Tafel, Sethym heiï¬t es, genommen, von festem, glâ°nzendem Wuchse; Keine W¸rmer stechen es an und wird auch, wie billig, HËher gehalten als Gold, nur Ebenholz kommt ihm am nâ°chsten. Denn aus diesem verfertigt’ einmal ein trefflicher K¸nstler Unter KËnig Krompardes ein Pferd von seltnem VermËgen: Eine Stunde brauchte der Reiter und mehr nicht zu hundert Meilen. Ich kËnnte die Sache f¸r jetzt nicht gr¸ndlich erzâ°hlen, Denn es fand sich kein â°hnliches Roï¬, solange die Welt steht.
Anderthalb Fuï¬ war rings die ganze Breite des Rahmens Um die Tafel herum, geziert mit k¸nstlichem Schnitzwerk, Und mit goldenen Lettern stand unter jeglichem Bilde, Wie sichs gehËrt, die Bedeutung geschrieben. Ich will die Geschichten K¸rzlich erzâ°hlen. Die erste war von dem neidischen Pferde: Um die Wette gedacht es mit einem Hirsche zu laufen, Aber hinter ihm blieb es zur¸ck, das schmerzte gewaltig; Und es eilte darauf, mit einem Hirten zu reden, Sprach: Du findest dein Gl¸ck, wenn du mir eilig gehorchest. Setze dich auf, ich bringe dich hin, es hat sich vor kurzem Dort ein Hirsch im Walde verborgen, den sollst du gewinnen; Fleisch und Haut und Geweih, du magst sie teuer verkaufen, Setze dich auf, wir wollen ihm nach!–Das will ich wohl wagen! Sagte der Hirt und setzte sich auf, sie eilten von dannen. Und sie erblickten den Hirsch in kurzem, folgten behende Seiner Spur und jagten ihm nach. Er hatte den Vorsprung, Und es ward dem Pferde zu sauer, da sagt’ es zum Manne: Sitze was ab, ich bin m¸de geworden, der Ruhe bedarf ich. Nein! wahrhaftig, versetzte der Mann: du sollst mir gehorchen, Meine Sporen sollst du empfinden, du hast mich ja selber Zu dem Ritte gebracht; und so bezwang es der Reiter. Seht, so lohnet sich der mit vielem BËsen, der, andern Schaden zu bringen, sich selbst mit Pein und ¸bel beladet.
Ferner zeig ich Euch an, was auf dem Spiegel gebildet Stand: Wie ein Esel und Hund bei einem Reichen in Diensten Beide gewesen! so war denn der Hund nun freilich der Liebling, Denn er saï¬ beim Tische des Herrn und aï¬ mit demselben Fisch und Fleisch und ruhte wohl auch im Schoï¬e des GËnners, Der ihm das beste Brot zu reichen pflegte; dagegen Wedelte mit dem Schwanze der Hund und leckte den Herren.
Boldewyn sah des Gl¸ck des Hundes, und traurig im Herzen Ward der Esel und sagte bei sich: Wo denkt doch der Herr hin, Daï¬ er dem faulen GeschËpfe so â°uï¬erst freundlich begegnet? Springt das Tier nicht auf ihm herum und leckt ihn am Barte! Und ich muï¬ die Arbeit verrichten und schleppe die Sâ°cke. Er probier es einmal und tu mit f¸nf, ja mit zehen Hunden im Jahre so viel, als ich des Monats verrichte! Und doch wird ihm das Beste gereicht, mich speist man mit Stroh ab, Lâ°ï¬t auf der harten Erde mich liegen, und wo man mich hintreibt Oder reitet, spottet man meiner. Ich kann und ich will es Lâ°nger nicht dulden, will auch des Herren Gunst mir erwerben.
Als er so sprach, kam eben sein Herr die Straï¬e gegangen; Da erhub der Esel den Schwanz und bâ°umte sich springend â¹ber den Herren und schrie und sang und plâ°rrte gewaltig, Leckt’ ihm den Bart und wollte nach Art und Weise des Hundes An die Wange sich schmiegen und stieï¬ ihm einige Beulen. Ængstlich entsprang ihm der Herr und rief. O! fangt mir den Esel, Schlagt ihn tot! Es kamen die Knechte, da regnet’ es Pr¸gel, Nach dem Stalle trieb man ihn fort: da blieb er ein Esel.
Mancher findet sich noch von seinem Geschlechte, der andern Ihre Wohlfahrt miï¬gËnnt und sich nicht besser befindet. Kommt dann aber einmal so einer in reichlichen Zustand, Schickt sichs grad, als â°ï¬e das Schwein mit LËffeln die Suppe, Nicht viel besser f¸rwahr. Der Esel trage die Sâ°cke, Habe Stroh zum Lager und finde Disteln zur Nahrung. Will man ihn anders behandeln, so bleibt es doch immer beim alten. Wo ein Esel zur Herrschaft gelangt, kanns wenig gedeihen, Ihren Vorteil suchen sie wohl, was k¸mmert sie weiter?
Ferner sollt Ihr erfahren, mein KËnig, und laï¬t Euch die Rede Nicht verdrieï¬en, es stand noch auf dem Rahmen des Spiegels SchËn gebildet und deutlich beschrieben, wie ehmals mein Vater Sich mit Hinzen verb¸ndet, auf Abenteuer zu ziehen, Und wie beide heilig geschworen, in allen Gefahren Tapfer zusammenzuhalten und jede Beute zu teilen. Als sie nun vorwâ°rtszogen, bemerkten sie Jâ°ger und Hunde Nicht gar ferne vom Wege; da sagte Hinze, der Kater: Guter Rat scheint teuer zu werden! Mein Alter versetzte: Wunderlich sieht es wohl aus, doch hab ich mit herrlichem Rate Meinen Sack noch gef¸llt, und wir gedenken des Eides, Halten wacker zusammen, das bleibt vor allem das erste. Hinze sagte dagegen: Es gehe, wie es auch wolle, Bleibt mir doch ein Mittel bekannt, das denk ich zu brauchen. Und so sprang er behend auf einen Baum, sich zu retten Vor der Hunde Gewalt, und so verlieï¬ er den Oheim. Ængstlich stand mein Vater nun da; es kamen die Jâ°ger. Hinze sprach: Nun, Oheim? Wie stehts? so Ëffnet den Sack doch! Ist er voll Rates, so braucht ihn doch jetzt, die Zeit ist gekommen. Und die Jâ°ger bliesen das Horn und riefen einander. Lief mein Vater, so liefen die Hunde, sie folgten mit Bellen, Und er schwitzte vor Angst, und hâ°ufige Losung entfiel ihm; Leichter fand er sich da, und so entging er den Feinden.
Schâ°ndlich, Ihr habt es gehËrt, verriet ihn der nâ°chste Verwandte, Dem er sich doch am meisten vertraut. Es ging ihm ans Leben, Denn die Hunde waren zu schnell, und hâ°tt er nicht eilig Einer HËhle sich wieder erinnert, so war es geschehen; Aber da schlupft’ er hinein, und ihn verloren die Feinde. Solcher Bursche gibt es noch viel, wie Hinze sich damals Gegen den Vater bewies: wie sollt ich ihn lieben und ehren? Halb zwar hab ichs vergeben, doch bleibt noch etwas zur¸cke. All dies war auf dem Spiegel geschnitten mit Bildern und Worten.
Ferner sah man daselbst ein eignes St¸ckchen vom Wolfe, Wie er zu danken bereit ist f¸r Gutes, das er empfangen. Auf dem Anger fand er ein Pferd, woran nur die Knochen â¹brig waren; doch hungert’ ihn sehr, er nagte sie gierig, Und es kam ihm ein spitziges Bein die Quer in den Kragen; Ængstlich stellt’ er sich an, es war ihm ¸bel geraten. Boten auf Boten sendet’ er fort, die â°rzte zu rufen; Niemand vermochte zu helfen, wiewohl er groï¬e Belohnung Allen geboten. Da meldete sich am Ende der Kranich, Mit dem roten Barett auf dem Haupt. Ihm flehte der Kranke: Doktor, helft mir geschwind von diesen NËten! ich geb Euch, Bringt Ihr den Knochen heraus, soviel Ihr immer begehret.
Also glaubte der Kranich den Worten und steckte den Schnabel Mit dem Haupt in den Rachen des Wolfes und holte den Knochen. Weh mir! heulte der Wolf: du tust mir Schaden! es schmerzet! Laï¬ es nicht wieder geschehn! F¸r heute sei es vergeben. Wâ°r es ein andrer, ich hâ°tte das nicht geduldig gelitten. Gebt Euch zufrieden, versetzte der Kranich: Ihr seid nun genesen; Gebt mir den Lohn, ich hab ihn verdient, ich hab Euch geholfen. HËret den Gecken! sagte der Wolf. ich habe das ¸bel, Er verlangt die Belohnung und hat die Gnade vergessen, Die ich ihm eben erwies. Hab ich ihm Schnabel und Schâ°del, Den ich im Munde gef¸hlt, nicht unbeschâ°digt entlassen? Hat mir der Schâ°ker nicht Schmerzen gemacht? Ich kËnnte wahrhaftig, Ist von Belohnung die Rede, sie selbst am ersten verlangen. Also pflegen die Schâ°lke mit ihren Knechten zu handeln.
Diese Geschichten und mehr verzierten, k¸nstlich geschnitten, Rings die Fassung des Spiegels und mancher gegrabene Zierat, Manche goldene Schrift. Ich hielt des kËstlichen Kleinods Mich nicht wert, ich bin zu gering, und sandt es deswegen Meiner Frauen, der KËnigin, zu. Ich dachte durch solches Ihr und ihrem Gemahl mich ehrerbietig zu zeigen. Meine Kinder betr¸bten sich sehr, die artigen Knaben, Als ich den Spiegel dahingab. Sie sprangen gewËhnlich und spielten Vor dem Glase, beschauten sich gern, sie sahen die Schwâ°nzchen Hâ°ngen vom R¸cken herab und lachten den eigenen Mâ°ulchen. Leider vermutet ich nicht den Tod des ehrlichen Lampe, Da ich ihm und Bellyn auf Treu und Glauben die Schâ°tze Heilig empfahl; ich hielt sie beide f¸r redliche Leute, Keine besseren Freunde gedacht ich jemals zu haben. Wehe sei ¸ber den MËrder gerufen! Ich will es erfahren, Wer die Schâ°tze verborgen, es bleibt kein MËrder verhohlen. W¸ï¬te doch ein und andrer vielleicht im Kreis hier zu sagen, Wo die Schâ°tze geblieben und wie man Lampen getËtet!
Seht, mein gnâ°diger KËnig, es kommen tâ°glich so viele Wichtige Sachen vor Euch, Ihr kËnnt nicht alles behalten; Doch vielleicht gedenket Ihr noch des herrlichen Dienstes, Den mein Vater dem Euren an dieser Stâ°tte bewiesen. Krank lag Euer Vater, sein Leben rettete meiner, Und doch sagt Ihr, ich habe noch nie, es habe mein Vater Euch nichts Gutes erzeigt. Beliebt, mich weiter zu hËren. Sei es mit Eurer Erlaubnis gesagt: es fand sich am Hofe Eures Vaters der meine bei groï¬en W¸rden und Ehren Als erfahrener Arzt. Er wuï¬te das Wasser des Kranken Klug zu besehn; er half der Natur; was immer den Augen, Was den edelsten Gliedern gebrach, gelang ihm zu heilen; Kannte wohl die emetischen Krâ°fte, verstand auch daneben Auf die Zâ°hne sich gut und holte die schmerzenden spielend. Gerne glaub ich, Ihr habt es vergessen; es wâ°re kein Wunder, Denn drei Jahre hattet Ihr nur. Es legte sich damals Euer Vater im Winter mit groï¬en Schmerzen zu Bette, Ja, man muï¬t ihn heben und tragen. Da lieï¬ er die â°rzte Zwischen hier und Rom zusammenberufen, und alle Gaben ihn auf; er schickte zuletzt, man holte den Alten; Dieser hËrte die Not und sah die gefâ°hrliche Krankheit.
Meinen Vater jammert’ es sehr, er sagte: Mein KËnig, Gnâ°diger Herr, ich setzte, wie gern! mein eigenes Leben, KËnnt ich Euch retten, daran! Doch laï¬t im Glase mich Euer Wasser besehn. Der KËnig befolgte die Worte des Vaters, Aber klagte dabei, es werde je lâ°nger, je schlimmer. Auf dem Spiegel war es gebildet, wie gl¸cklich zur Stunde Euer Vater genesen. Denn meiner sagte bedâ°chtig: Wenn Ihr Gesundheit verlangt, entschlieï¬t Euch ohne Versâ°umnis, Eines Wolfes Leber zu speisen, doch sollte derselbe Sieben Jahre zum wenigsten haben; die m¸ï¬t Ihr verzehren. Sparen d¸rft Ihr mir nicht, denn Euer Leben betrifft es. Euer Wasser zeuget nur Blut, entschlieï¬t Euch geschwinde!
In dem Kreise befand sich der Wolf und hËrt’ es nicht gerne. Euer Vater sagte darauf. Ihr habt es vernommen, HËret, Herr Wolf, Ihr werdet mir nicht zu meiner Genesung Eure Leber verweigern. Der Wolf versetzte dagegen: Nicht f¸nf Jahre bin ich geboren! was kann sie Euch nutzen? Eitles Geschwâ°tz! versetzte mein Vater: es soll uns nicht hindern, An der Leber seh ich das gleich. Es muï¬te zur Stelle Nach der K¸che der Wolf, und brauchbar fand sich die Leber. Euer Vater verzehrte sie stracks. Zur selbigen Stunde War er von aller Krankheit befreit und allen Gebrechen. Meinem Vater dankt’ er genug, es muï¬t ihn ein jeder Doktor heiï¬en am Hofe, man durft es niemals vergessen.
Also ging mein Vater bestâ°ndig dem KËnig zur Rechten. Euer Vater verehrt’ ihm hernach, ich weiï¬ es am besten, Eine goldene Spange mit einem roten Barette, Sie vor allen Herren zu tragen; so haben ihn alle Hoch in Ehren gehalten. Es hat sich aber mit seinem Sohne leider geâ°ndert, und an die Tugend des Vaters Wird nicht weiter gedacht. Die allergierigsten Schâ°lke Werden erhoben, und Nutz und Gewinn bedenkt man alleine, Recht und Weisheit stehen zur¸ck. Es werden die Diener Groï¬e Herren, das muï¬ der Arme gewËhnlich entgelten. Hat ein solcher Macht und Gewalt, so schlâ°gt er nur blindlings Unter die Leute, gedenket nicht mehr, woher er gekommen; Seinen Vorteil gedenkt er aus allem Spiele zu nehmen. Um die Groï¬en finden sich viele von diesem Gelichter. Keine Bitte hËren sie je, wozu nicht die Gabe Gleich sich reichlich gesellt, und wenn sie die Leute bescheiden, Heiï¬t es: Bringt nur! und bringt! zum ersten, zweiten und dritten.
Solche gierige WËlfe behalten kËstliche Bissen Gerne f¸r sich, und wâ°r es zu tun, mit kleinem Verluste Ihres Herren Leben zu retten, sie tr¸gen Bedenken. Wollte der Wolf doch die Leber nicht lassen, dem KËnig zu dienen! Und was Leber! Ich sag es heraus! Es mËchten auch zwanzig WËlfe das Leben verlieren, behielte der KËnig und seine Teure Gemahlin das ihre, so wâ°r es weniger schade. Denn ein schlechter Same, was kann er Gutes erzeugen? Was in Eurer Jugend geschah, Ihr habt es vergessen; Aber ich weiï¬ es genau, als wâ°r es gestern geschehen. Auf dem Spiegel stand die Geschichte, so wollt es mein Vater; Edelsteine zierten das Werk und goldene Ranken. KËnnt ich den Spiegel erfragen, ich wagte VermËgen und Leben.
Reineke, sagte der KËnig: die Rede hab ich verstanden, Habe die Worte gehËrt, und was du alles erzâ°hltest. War dein Vater so groï¬ hier am Hofe und hat er so viele N¸tzliche Taten getan, das mag wohl lange schon her sein. Ich erinnre michs nicht, auch hat mirs niemand berichtet. Eure Hâ°ndel dagegen, die kommen mir Ëfters zu Ohren, Immer seid Ihr im Spiele, so hËr ich wenigstens sagen; Tun sie Euch unrecht damit, und sind es alte Geschichten, MËcht ich einmal was Gutes vernehmen; es findet sich selten.
Herr, versetzte Reineke drauf: ich darf mich hier¸ber Wohl erklâ°ren vor Euch, denn mich betrifft ja die Sache. Gutes hab ich Euch selber getan! es sei Euch nicht etwa Vorgeworfen; beh¸te mich Gott! ich erkenne mich schuldig, Euch zu leisten, soviel ich vermag. Ihr habt die Geschichte Ganz gewiï¬ nicht vergessen. Ich war mit Isegrim gl¸cklich Einst ein Schwein zu erjagen, es schrie, wir bissen es nieder; Und Ihr kamt und klagtet so sehr und sagtet: es kâ°me Eure Frau noch hinter Euch drein, und teilte nur jemand Wenige Speise mit Euch, so wâ°r euch beiden geholfen. Gebet von Eurem Gewinne was ab! so sagtet Ihr damals. Isegrim sagte wohl: Ja! doch murmelt’ er unter dem Barte, Daï¬ man kaum es verstand. Ich aber sagte dagegen: Herr! es ist Euch gegËnnt, und wâ°rens der Schweine die Menge. Sagt, wer soll es verteilen? Der Wolf! versetztet Ihr wieder. Isegrim freute sich sehr; er teilte, wie er gewohnt war, Ohne Scham und Scheu und gab Euch eben ein Viertel, Eurer Frauen das andre, und er fiel ¸ber die Hâ°lfte, Schlang begierig hinein und reichte mir auï¬er den Ohren Nur die Nase noch hin und eine Hâ°lfte der Lunge; Alles andre behielt er f¸r sich, Ihr habt es gesehen. Wenig Edelmut zeigt’ er uns da. Ihr wiï¬t es, mein KËnig! Euer Teil verzehrtet Ihr bald, doch merkt ich, Ihr hattet Nicht den Hunger gestillt, nur Isegrim wollt es nicht sehen, Aï¬ und kaute so fort und bot Euch nicht das geringste. Aber da traft Ihr ihn auch mit Euren Tatzen gewaltig Hinter die Ohren, verschobt ihm das Fell, mit blutiger Glatze Lief er davon, mit Beulen am Kopf, und heulte vor Schmerzen. Und Ihr rieft ihm noch zu: Komm wieder, lerne dich schâ°men! Teilst du wieder, so triff mirs besser, sonst will ich dirs zeigen. Jetzt mach eilig dich fort und bring uns ferner zu essen! Herr! gebietet Ihr das? versetzt ich: so will ich ihm folgen, Und ich weiï¬, ich hole schon was. Ihr wart es zufrieden. Ungeschickt hielt sich Isegrim damals, er blutete, seufzte, Klagte mir vor; doch trieb ich ihn an, wir jagten zusammen, Fingen ein Kalb! Ihr liebt Euch die Speise. Und als wir es brachten, Fand sichs fett; Ihr lachtet dazu und sagtet zu meinem Lobe manch freundliches Wort; ich wâ°re, meintet Ihr, trefflich Auszusenden zur Stunde der Not, und sagtet daneben: Teile das Kalb! Da sprach ich: Die Hâ°lfte gehËret schon Euer! Und die Hâ°lfte gehËrt der KËnigin: was sich im Leibe Findet, als Herz und Leber und Lunge, gehËret, wie billig, Euern Kindern; ich nehme die F¸ï¬e, die lieb ich zu nagen, Und das Haupt behalte der Wolf, die kËstliche Speise.
Als Ihr die Rede vernommen, versetztet Ihr: Sage! wer hat dich So nach Hofart teilen gelehrt? ich mËcht es erfahren. Da versetzt ich: Mein Lehrer ist nah, denn dieser mit rotem Kopfe, mit blutiger Glatze, hat mir das Verstâ°ndnis geËffnet. Ich bemerkte genau, wie er heut fr¸he das Ferkel Teilte, da lernt ich den Sinn von solcher Teilung begreifen; Kalb oder Schwein, ich find es nun leicht und werde nicht fehlen.
Schaden und Schande befiel den Wolf und seine Begierde. Seinesgleichen gibt es genug! Sie schlingen der G¸ter Reichliche Fr¸chte zusamt den Untersassen hinunter. Alles Wohl zerstËren sie leicht, und keine Verschonung, Ist zu erwarten, und wehe dem Lande, das selbige nâ°hret!
Seht! Herr KËnig, so hab ich Euch oft in Ehren gehalten. Alles, was ich besitze und was ich nur immer gewinne, Alles widm ich Euch gern und Eurer KËnigin; sei es Wenig oder auch viel, Ihr nehmt das meiste von allem. Wenn Ihr des Kalbes und Schweines gedenkt, so merkt ihr die Wahrheit, Wo die rechte Treue sich findet. Und d¸rfte wohl etwa Isegrim sich mit Reineken messen? Doch leider im Ansehn Steht der Wolf als oberster Vogt, und alle bedrâ°ngt er. Euren Vorteil besorgt er nicht sehr; zum halben und ganzen Weiï¬ er den seinen zu fËrdern. So f¸hrt er freilich mit Braunen Nun das Wort, und Reinekens Rede wird wenig geachtet. Herr! es ist wahr, man hat mich verklagt, ich werde nicht weichen, Denn ich muï¬ nun hindurch, und also sei es gesprochen: Ist hier einer, der glaubt zu beweisen, so komm er mit Zeugen, Halte sich fest an die Sache und setze gerichtlich zum Pfande Sein VermËgen, sein Ohr, sein Leben, wenn er verlËre, Und ich setze das gleiche dagegen: so hat es zu Rechte Stets gegolten, so halte mans noch, und alle die Sache, Wie man sie f¸r und wider gesprochen, sie werde getreulich Solcherweise gef¸hrt und gerichtet; ich darf es verlangen!
Wie es auch sei, versetzte der KËnig: am Wege des Rechtes Will und kann ich nicht schmâ°lern, ich hab es auch niemals gelitten, Groï¬ ist zwar der Verdacht, du habest an Lampens Ermordung Teilgenommen, des redlichen Boten! ich liebt ihn besonders Und verlor ihn nicht gern, betr¸bte mich ¸ber die Maï¬en, Als man sein blutiges Haupt aus deinem Râ°nzel herauszog; Auf der Stelle b¸ï¬t’ es Bellyn, der bËse Begleiter, Und du magst die Sache nun weiter gerichtlich verfechten. Was mich selber betrifft, vergeb ich Reineken alles, Denn er hielt sich zu mir in manchen bedenklichen Fâ°llen. Hâ°tte weiter jemand zu klagen, wir wollen ihn hËren: Stell er unbescholtene Zeugen und bringe die Klage Gegen Reineken ordentlich vor, hier steht er zu Rechte!
Reineke sagte: Gnâ°diger Herr! ich danke zum besten. Jeden hËrt Ihr, und jeder genieï¬t die Wohltat des Rechtes. Laï¬t mich heilig beteuern, mit welchem traurigen Herzen Ich Bellyn und Lampen entlieï¬: mir ahndete, glaub ich, Was den beiden sollte geschehn, ich liebte sie zâ°rtlich.
So staffierte Reineke klug Erzâ°hlung und Worte. Jedermann glaubt’ ihm; er hatte die Schâ°tze so zierlich beschrieben, Sich so ernstlich betragen, er schien die Wahrheit zu reden; Ja, man sucht’ ihn zu trËsten. Und so betrog er den KËnig, Dem die Schâ°tze gefielen; er hâ°tte sie gerne besessen, Sagte zu Reineken: Gebt Euch zufrieden, Ihr reiset und suchet Weit und breit, das Verlorne zu finden, das mËgliche tut Ihr; Wenn Ihr meiner Hilfe bed¸rft, sie steht Euch zu Diensten.
Dankbar, sagte Reineke drauf, erkenn ich die Gnade; Diese Worte richten mich auf und lassen mich hoffen. Raub und Mord zu bestrafen, ist Eure hËchste BehËrde. Dunkel bleibt mir die Sache, doch wird sichs finden; ich sehe Mit dem grËï¬ten Fleiï¬e darnach und werde des Tages Emsig reisen und nachts und alle Leute befragen. Hab ich erfahren, wo sie sich finden, und kann sie nicht selber Wiedergewinnen, wâ°r ich zu schwach, so bitt ich um Hilfe, Die gewâ°hrt Ihr alsdann, und sicher wird es geraten. Bring ich gl¸cklich die Schâ°tze vor Euch, so find ich am Ende Meine M¸he belohnt und meine Treue bewâ°hret.
Gerne hËrt’ es der KËnig und fiel in allem und jedem Reineken bei, der hatte die L¸ge so k¸nstlich geflochten. Alle die andern glaubten es auch; er durfte nun wieder Reisen und gehen, wohin ihm gefiel, und ohne zu fragen.
Aber Isegrim konnte sich lâ°nger nicht halten, und knirschend Sprach er: Gnâ°diger Herr! So glaubt Ihr wieder dem Diebe, Der Euch zwei- und dreifach belog? Wen sollt es nicht wundern! Seht Ihr nicht, daï¬ der Schalk Euch betr¸gt und uns alle beschâ°digt? Wahrheit redet er nie, und eitel L¸gen ersinnt er. Aber ich laï¬ ihn so leicht nicht davon! Ihr sollt es erfahren, Daï¬ er ein Schelm ist und falsch. Ich weiï¬ drei groï¬e Verbrechen, Die er begangen; er soll nicht entgehn, und sollten wir kâ°mpfen. Zwar man fordert Zeugen von uns, was wollte das helfen? St¸nden sie hier und sprâ°chen und zeugten den ganzen Gerichtstag, KËnnte das fruchten? er tâ°te nur immer nach seinem Belieben, Oft sind keine Zeugen zu stellen, da sollte der Frevler Nach wie vor die T¸cke ver¸ben? Wer traut sich, zu reden? Jedem hâ°ngt er was an, und jeder f¸rchtet den Schaden. Ihr und die Euren empfinden es auch und alle zusammen. Heute will ich ihn halten, er soll nicht wanken noch weichen, Und er soll zu Rechte mir stehn; nun mag er sich wahren!
Elfter Gesang
Isegrim klagte, der Wolf, und sprach: Ihr werdet verstehen! Reineke, gnâ°diger KËnig, so wie er immer ein Schalk war, Bleibt er es auch und steht und redet schâ°ndliche Dinge, Mein Geschlecht zu beschimpfen und mich. So hat er mir immer, Meinem Weibe noch mehr, empfindliche Schande bereitet. So bewog er sie einst, in einem Teiche zu waten Durch den Morast und hatte versprochen, sie solle des Tages Viele Fische gewinnen; sie habe den Schwanz nur ins Wasser Einzutauchen und hâ°ngen zu lassen: es w¸rden die Fische Fest sich beiï¬en, sie kËnne selbviert nicht alle verzehren. Watend kam sie darauf und schwimmend gegen das Ende, Gegen den Zapfen; da hatte das Wasser sich tiefer gesammelt, Und er hieï¬ sie den Schwanz ins Wasser hâ°ngen. Die Kâ°lte Gegen Abend war groï¬, und grimmig begann es zu frieren, Daï¬ sie fast nicht lâ°nger sich hielt; so war auch in kurzem Ihr der Schwanz ins Eis gefroren, sie konnt ihn nicht regen, Glaubte, die Fische wâ°ren so schwer, es wâ°re gelungen. Reineke merkt’ es, der schâ°ndliche Dieb, und was er getrieben, Darf ich nicht sagen, er kam und ¸bermannte sie leider. Von der Stelle soll er mir nicht! es kostet der Frevel Einen von beiden, wie Ihr uns seht, noch heute das Leben. Denn er schwâ°tzt sich nicht durch; ich hab ihn selber betroffen â¹ber der Tat, mich f¸hrte der Zufall am H¸gel den Weg her. Laut um Hilfe hËrt ich sie schreien, die arme Betrogne, Fest im Eise stand sie gefangen und konnt ihm nicht wehren, Und ich kam und muï¬te mit eignen Augen das alles Sehen! Ein Wunder f¸rwahr, daï¬ mir das Herz nicht gebrochen. Reineke! rief ich: was tust du? Er hËrte mich kommen und eilte Seine Straï¬e. Da ging ich hinzu mit traurigem Herzen, Muï¬te waten und frieren im kalten Wasser und konnte Nur mit M¸he das Eis zerbrechen, mein Weib zu erlËsen. Ach, es ging nicht gl¸cklich vonstatten! sie zerrte gewaltig, Und es blieb ihr ein Viertel des Schwanzes im Eise gefangen. Jammernd klagte sie laut und viel, das hËrten die Bauern, Kamen hervor und sp¸rten uns aus und riefen einander. Hitzig liefen sie ¸ber den Damm mit Piken und â°xten, Mit dem Rocken kamen die Weiber und lâ°rmten gewaltig: Fangt sie! schlagt nur und werft! so riefen sie gegeneinander. Angst wie damals empfand ich noch nie, das gleiche bekennet Gieremund auch, wir retteten kaum mit M¸he das Leben, Liefen, es rauchte das Fell. Da kam ein Bube gelaufen, Ein vertrackter Geselle, mit einer Pike bewaffnet; Leicht zu Fuï¬e, stach er nach uns und drâ°ngt’ uns gewaltig. Wâ°re die Nacht nicht gekommen, wir hâ°tten das Leben gelassen. Und die Weiber riefen noch immer, die Hexen, wir hâ°tten Ihre Schafe gefressen. Sie hâ°tten uns gerne getroffen, Schimpften und schmâ°hten hinter uns drein. Wir wandten uns aber Von dem Lande wieder zum Wasser und schlupften behende Zwischen die Binsen; da trauten die Bauern nicht weiter zu folgen, Denn es war dunkel geworden, sie machten sich wieder nach Hause. Knapp entkamen wir so. Ihr sehet, gnâ°diger KËnig, â¹berwâ°ltigung, Mord und Verrat, von solchen Verbrechen Ist die Rede; die werdet Ihr streng, mein KËnig, bestrafen.
Als der KËnig die Klage vernommen, versetzt’ er: Es werde Rechtlich hier¸ber erkannt, doch laï¬t uns Reineken hËren. Reineke sprach: Verhielt’ es sich also, w¸rde die Sache Wenig Ehre mir bringen, und Gott bewahre mich gnâ°dig, Daï¬ man es fâ°nde, wie er erzâ°hlt! Doch will ich nicht leugnen, Daï¬ ich sie Fische fangen gelehrt und auch ihr die beste Straï¬e, zu Wasser zu kommen, und sie zu dem Teiche gewiesen. Aber sie lief so gierig darnach, sobald sie nur Fische Nennen gehËrt, und Weg und Maï¬ und Lehre vergaï¬ sie. Blieb sie fest im Eise befroren, so hatte sie freilich Viel zu lange gesessen; denn hâ°tte sie zeitig gezogen, Hâ°tte sie Fische genug zum kËstlichen Mahle gefangen. Allzu groï¬e Begierde wird immer schâ°dlich. GewËhnt sich Ungen¸gsam das Herz, so muï¬ es vieles vermissen; Wer den Geist der Gierigkeit hat, er lebt nur in Sorgen, Niemand sâ°ttiget ihn. Frau Gieremund hat es erfahren, Da sie im Eise befror. Sie dankt nun meiner Bem¸hung Schlecht. Das hab ich davon, daï¬ ich ihr redlich geholfen! Denn ich schob und wollte mit allen Krâ°ften sie heben, Doch sie war mir zu schwer, und ¸ber dieser Bem¸hung Traf mich Isegrim an, der lâ°ngs dem Ufer daherging, Stand da droben und rief und fluchte grimmig herunter. Ja f¸rwahr, ich erschrak, den schËnen Segen zu hËren. Eins und zwei- und dreimal warf er die grâ°ï¬lichsten Fl¸che â¹ber mich her und schrie, von wildem Zorne getrieben, Und ich dachte: du machst dich davon und wartest nicht lâ°nger; Besser laufen, als faulen. Ich hatt es eben getroffen, Denn er hâ°tte mich damals zerrissen. Und wenn es begegnet, Daï¬ zwei Hunde sich beiï¬en um Einen Knochen, da muï¬ wohl Einer verlieren. So schien mir auch da das Beste geraten, Seinem Zorn zu entweichen und seinem verworrnen Gem¸te. Grimmig war er und bleibt es, wie kann ers leugnen? Befraget Seine Frau; was hab ich mit ihm, dem L¸gner, zu schaffen? Denn sobald er sein Weib im Eise befroren bemerkte, Flucht’ und schalt er gewaltig und kam und half ihr entkommen. Machten die Bauern sich hinter sie her, so war es zum besten; Denn so kam ihr Blut in Bewegung, sie froren nicht lâ°nger. Was ist weiter zu sagen? Es ist ein schlechtes Benehmen, Wer sein eigenes Weib mit solchen L¸gen beschimpfet. Fragt sie selber, da steht sie, und hâ°tt er die Wahrheit gesprochen, W¸rde sie selber zu klagen nicht fehlen. Indessen erbitt ich Eine Woche mir Frist, mit meinen Freunden zu sprechen, Was f¸r Antwort dem Wolf und seiner Klage geb¸hret.
Gieremund sagte darauf: In Eurem Treiben und Wesen Ist nur Schalkheit, wir wissen es wohl, und L¸gen und Tr¸gen, B¸berei, Tâ°uschung und Trotz. Wer Euren verfâ°nglichen Reden Glaubt, wird sicher am Ende beschâ°digt. Immer gebraucht Ihr Lose verworrene Worte. So hab ichs am Borne gefunden. Denn zwei Eimer hingen daran, Ihr hattet in einen, Weiï¬ ich, warum? Euch gesetzt und wart herniedergefahren; Nun vermochtet Ihr nicht, Euch selber wieder zu heben, Und Ihr klagtet gewaltig. Des Morgens kam ich zum Brunnen, Fragte: Wer bracht Euch herein? Ihr sagtet: Kommt Ihr doch eben, Liebe Gevatterin, recht! ich gËnn Euch jeglichen Vorteil; Steigt in den Eimer da droben, so fahrt Ihr hernieder und esset Hier an Fischen Euch satt. Ich war zum Ungl¸ck gekommen, Denn ich glaubt es, Ihr schwurt noch dazu: Ihr hâ°ttet so viele Fische verzehrt, es schmerz Euch der Leib. Ich lieï¬ mich betËren, Dumm, wie ich war, und stieg in den Eimer; da ging er hernieder Und der andere wieder herauf, Ihr kamt mir entgegen. Wunderlich schien mirs zu sein, ich fragte voller Erstaunen: Sagt, wie gehet das zu? Ihr aber sagtet dawider: Auf und ab, so gehts in der Welt, so geht es uns beiden. Ist es doch also der Lauf. Erniedrigt werden die einen, Und die andern erhËht, nach eines jeglichen Tugend. Aus dem Eimer sprangt Ihr und lieft und eiltet von dannen.