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  • 1854-1856
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gegeben haette.
—————————————— ^18 Die Teilung ergibt sich aus Dio 55, 23. —————————————— Dass finanziell die Provinz mehr kostete, als sie eintrug, kann hiernach nicht verwundern. Fuer die Wehrkraft des Reiches dagegen kam Britannien erheblich in Betracht; das Kompensationsverhaeltnis von Besteuerung und Aushebung wird auch fuer die Insel in Anwendung gekommen sein und die britischen Truppen galten neben den illyrischen fuer die besten der Armee. Gleich anfaenglich sind dort sieben Kohorten aus den Eingeborenen aufgestellt und diese weiter bis auf Hadrian stetig vermehrt worden; nachdem dieser das System aufgebracht hatte, die Truppen moeglichst aus ihren Garnisonsbezirken zu rekrutieren, scheint Britannien dies fuer seine starke Besatzung wenigstens zum grossen Teil geleistet zu haben. Es war ein ernster und tapferer Sinn in den Leuten; sie trugen die Steuern und die Aushebung willig, nicht aber Hoffart und Brutalitaet der Beamten.
Fuer die innere Ordnung Britanniens bot als Grundlage sich die dort zur Zeit der Eroberung bestehende Gauverfassung, welche, wie schon bemerkt ward, von derjenigen der Kelten des Kontinents sich nur darin wesentlich entfernte, dass die einzelnen Voelkerschaften der Insel, es scheint saemtlich, unter Fuersten standen. Aber diese Ordnung scheint nicht beibehalten und der Gau (civitas) in Britannien, wie in Spanien, ein geographischer Begriff geworden zu sein; wenigstens ist es kaum anders zu erklaeren, dass die britannischen Voelkerschaften genau genommen verschwinden, sowie sie unter roemische Herrschaft geraten, und von den einzelnen Gauen nach ihrer Unterwerfung so gut wie gar nicht die Rede ist. Wahrscheinlich sind die einzelnen Fuerstentuemer, wie sie unterworfen und eingezogen wurden, in kleinere Gemeinden zerschlagen worden; es ward dies dadurch erleichtert, dass auf der Insel sich nicht, wie auf dem Kontinent, eine ohne monarchische Spitze geordnete Gauverfassung vorfand. Damit haengt auch wohl zusammen, dass, waehrend die gallischen Gaue eine gemeinsame Hauptstadt und in dieser eine politische und religioese Gesamtvertretung besessen haben, von Britannien nichts aehnliches gemeldet wird. Gefehlt hat der Provinz ein Concilium und ein gemeinsamer Kaiserkultus nicht; aber waere der Altar des Claudius in Camalodunum ^19 auch nur annaehernd gewesen, was der des Augustus in Lugudunum, so wuerde davon wohl etwas verlauten. Die freie und grosse politische Gestaltung, welche dem gallischen Lande von Caesar gewaehrt und von seinem Sohne bestaetigt worden war, passt in den Rahmen der spaeteren Kaiserpolitik nicht mehr. ——————————————————- ^19 Auf ihn geht wohl das Epigramm des Seneca (vol. 4, p. 69 Baehrens): oceanus que tuas ultra se respicit aras. Auch der Tempel, der nach der Spottschrift desselben Seneca (8, 3) dem Claudius bei Lebzeiten in Britannien errichtet ward, und der damit sicher identische Tempel des Gottes Claudius in Camalodunum (Tac. ann. 14, 31) ist wohl nicht als staedtisches Heiligtum zu fassen, sondern nach Analogie der Augustusheiligtuemer von Lugudunum und Tarraco. Die delecti sacerdotes, welche specie religionis omnes fortunas effundebant, sind die bekannten Provinzialpriester und Spielgeber. ——————————————————- Von der mit der Invasion ziemlich gleichzeitigen Gruendung der Kolonie Camalodunum war schon die Rede, wie es auch bereits hervorgehoben wurde, dass die italische Stadtverfassung frueh in einer Reihe britannischer Ortschaften eingefuehrt worden ist. Auch hierin ist Britannien mehr nach dem Muster Spaniens als nach dem des keltischen Kontinents behandelt worden. Die inneren Zustaende Britanniens muessen, trotz der allgemeinen Gebrechen des Reichsregiments, wenigstens im Vergleich mit anderen Gebieten, nicht unguenstige gewesen sein. Kannte man im Norden nur Jagd und Weide und waren hier die Einwohner wie die Anwohner zu Fehde und Raub jederzeit bei der Hand, so entwickelte sich der Sueden in dem ungestoerten Friedensstand vor allem durch Ackerbau, daneben durch Viehzucht und Bergwerksbetrieb zu maessiger Wohlfahrt: die gallischen Redner der diocletianischen Zeit preisen den Reichtum der fruchtbaren Insel, und oft genug haben die Rheinlegionen ihr Getreide aus Britannien empfangen.
Das Strassennetz der Insel, das ungemein entwickelt ist und fuer das namentlich Hadrian in Verbindung mit seinem Wallbau viel getan hat, hat natuerlich zunaechst militaerischen Zwecken gedient; aber neben, ja vor den Legionslagern nimmt Londinium darin einen Platz ein, welcher seine leitende Stellung im Verkehr deutlich vor Augen bringt. Nur in Wales gab es Reichsstrassen allein in der naechsten Naehe der roemischen Lager, von Isca nach Nidum (Neath) und von Deva zur Ueberfahrt nach Mona. Zu der Romanisierung verhielt sich das roemische Britannien aehnlich wie das noerdliche und mittlere Gallien. Die nationalen Gottheiten, der Mars Belatucadrus oder Cocidius, die der Minerva gleichgesetzte Goettin Sulis, nach welcher die heutige Stadt Bath hiess, sind auch in lateinischer Sprache noch vielfach auf der Insel verehrt worden. Ein exotisches Gewaechs ist die aus Italien eindringende Sprache und Sitte auf der Insel noch mehr gewesen als auf dem Kontinent; noch gegen das Ende des ersten Jahrhunderts lehnten die angesehenen Familien dort sowohl die lateinische Sprache ab wie die roemische Tracht. Die grossen staedtischen Zentren, die eigentlichen Herde der neuen Kultur, sind in Britannien schwaecher entwickelt; wir wissen nicht bestimmt, welche englische Stadt fuer das Concilium der Provinz und die gemeinschaftliche Kaiserverehrung als Sitz gedient und in welchem der drei Legionslager der Statthalter der Provinz residiert hat; wenn, wie es scheint, die Zivilhauptstadt Britanniens Camalodunum gewesen ist, die Militaerhauptstadt Eburacum ^20, so kann dieses sich so wenig mit Mainz messen wie jenes mit Lyon. Die Truemmerstaetten auch der namhaften Ortschaften, der Claudischen Veteranenstadt Camalodunum und der volkreichen Kaufstadt Londinium, nicht minder die vielhundertjaehrigen Legionslager von Deva, Isca, Eburacum haben Inschriftsteine nur in geringfuegiger Zahl, namhafte Staedte roemischen Rechts wie die Kolonie Glevum (Gloucester), das Municipium Verulamium bis jetzt nicht einen einzigen ergeben; die Sitte des Denksteinsetzens, auf deren Ergebnisse wir fuer solche Fragen grossenteils angewiesen sind, hat in Britannien nie recht durchgeschlagen. Im inneren Wales und in anderen weniger zugaenglichen Strichen sind roemische Denkmaeler ueberhaupt nicht zum Vorschein gekommen. Daneben aber stehen deutliche Zeugen des von Tacitus hervorgehobenen regen Handels und Verkehrs, so die zahllosen Trinkschalen, die aus den Ruinen Londons hervorgegangen sind, und das Londoner Strassennetz. Wenn Agricola bemueht war, den munizipalen Wetteifer in der Ausschmueckung der eigenen Stadt durch Bauten und Denkmaeler, wie er von Italien sich auf Afrika und Spanien uebertragen hatte, auch nach Britannien zu verpflanzen, und die vornehmen Insulaner zu bestimmen, in ihrer Heimat die Maerkte zu schmuecken und Tempel und Palaeste zu errichten, wie dies anderswo ueblich war, so ist ihm das fuer die Gemeindebauten nur in geringem Umfang gelungen. Aber in der Privatwirtschaft ist es anders; die stattlichen, roemisch angelegten und geschmueckten Landhaeuser, von denen jetzt nur noch die Mosaikfussboeden uebrig geblieben sind, finden sich im suedlichen Britannien bis in die Gegend von York hinauf ^21 ebenso haeufig wie im Rheinland. Die hoehere schulmaessige Jugendbildung drang von Gallien aus allmaehlich in Britannien ein. Unter Agricolas administrativen Erfolgen wird angefuehrt, dass der roemische Hofmeister in die vornehmen Haeuser der Insel anfange, seinen Weg zu finden. In hadrianischer Zeit wird Britannien als ein von den gallischen Schulmeistern erobertes Gebiet bezeichnet, und “schon spricht Thule davon, sich einen Professor zu mieten”. Diese Schulmeister waren zunaechst Lateiner, aber es kamen auch Griechen; Plutarchos erzaehlt von einer Unterhaltung, die er in Delphi pflog mit einem aus Britannien heimkehrenden griechischen Sprachlehrer aus Tarsos. Wenn im heutigen England, abgesehen von Wales, und bis vor kurzem von Cornwall, die alte Landessprache verschwunden ist, so ist sie nicht den Angeln oder den Sachsen, sondern dem roemischen Idiom gewichen; und wie es in Grenzlaendern zu geschehen pflegt, in der spaeteren Kaiserzeit stand keiner treuer zu Rom als der britannische Mann. Nicht Britannien hat Rom aufgegeben, sondern Rom Britannien – das letzte, was wir von der Insel erfahren, sind die flehentlichen Bitten der Bevoelkerung bei Kaiser Honorius um Schutz gegen die Sachsen, und dessen Antwort, dass sie sich selber helfen moechten, wie sie koennten.
———————————————— ^20 Das hier stationierte Kommando war wenigstens in spaeterer Zeit ohne Frage das wichtigste unter den britannischen; und es wird auch dort (denn an Eburacum ist hier ohne Zweifel gedacht) ein Palatium erwaehnt (vita Severi 22). Das praeto rium, unterhalb Eburacum wohl an der Kueste gelegen (Irin. Anton. Aug., p. 466), mag der Sommersitz des Statthalters gewesen sein. ^21 Noerdlich von Aldborough und Easingwold (beide etwas noerdlich von York) haben sich keine gefunden (J. C. Bruce, Description of the Roman wall. 3. Aufl. 1867, S. 61).
——————————————— 6. Kapitel
Die Donaulaender und die Kriege an der Donau Wie die Rheingrenze Caesars, so ist die Donaugrenze das Werk des Augustus. Als er an das Ruder kam, waren die Roemer auf der italischen Halbinsel kaum Herren der Alpen, auf der griechischen kaum des Haemus (Balkan) und der Kuestenstreifen am Adriatischen und am Schwarzen Meer; nirgends reichte ihr Gebiet an den maechtigen Strom, der das suedliche Europa vom noerdlichen scheidet; sowohl das noerdliche Italien wie auch die illyrischen und pontischen Handelsstaedte und mehr noch die zivilisierten Landschaften Makedoniens und Thrakiens waren den Raubzuegen der rohen und unruhigen Nachbarstaemme stetig ausgesetzt. Als Augustus starb, waren an die Stelle der einen, kaum zu selbstaendiger Verwaltung gelangten Provinz Illyricum fuenf grosse roemische Verwaltungsbezirke getreten, Raetien, Noricum, Unterillyrien oder Pannonien, Oberillyrien oder Dalmatien und Moesien, und die Donau in ihrem ganzen Lauf, wenn nicht ueberall die militaerische, doch die politische Reichsgrenze geworden. Die verhaeltnismaessig leichte Unterwerfung dieser weiten Gebiete sowie die schwere Insurrektion der Jahre 6 bis 9 und das dadurch veranlasste Aufgeben der frueher beabsichtigten Verlegung der Grenzlinie von der oberen Donau nach Boehmen und an die Elbe sind frueher dargestellt worden. Es bleibt uebrig, die Entwicklung dieser Landschaften in der Zeit nach Augustus und die Beziehungen der Roemer zu den jenseits der Donau wohnhaften Staemmen darzustellen.
Die Schicksale Raetiens sind mit denen der Obergermanischen Provinz so eng verflochten, dass dafuer auf die fruehere Darstellung verwiesen werden kann. Die roemische Zivilisation hat hier, im ganzen genommen, sich wenig entwickelt. Das Hochland der Alpen mit den Taelern des oberen Inn und des oberen Rhein umschloss eine schwache und eigenartige Bevoelkerung, wahrscheinlich diejenige, die einstmals die oestliche Haelfte der norditalischen Ebene besessen hatte, vielleicht den Etruskern verwandt. Von dort zurueckgedraengt durch die Kelten und vielleicht auch die Illyriker, behauptete sie sich in den noerdlichen Gebirgen. Waehrend die nach Sueden sich oeffnenden Taeler, wie das der Etsch, zu Italien gezogen wurden, boten jene den Suedlaendern wenig Platz und noch weniger Reiz zur Ansiedelung und Staedtegruendung. Weiter noerdlich, auf der Hochebene zwischen dem Bodensee und dem Inn, welche von den keltischen Staemmen der Vindeliker eingenommen war, waere wohl fuer roemische Kultur Raum und Staette gewesen; aber es scheint in diesem Gebiet, das nicht so wie das norische unmittelbare Fortsetzung Italiens werden konnte und das, gleich dem angrenzenden sogenannten Decumatenland, wohl zunaechst nur als Scheide gegen die Germanen fuer die Roemer von Wert war, die Politik der frueheren Kaiserzeit die Kultur vielmehr zurueckgehalten zu haben. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass gleich nach der Eroberung man bedacht war, die Landschaft zu entvoelkern. Diesem geht zur Seite, dass in der frueheren Kaiserzeit keine roemisch organisierte Gemeinde hier entstanden ist. Zwar von der Anlage der grossen Strasse, die gleich mit der Eroberung selbst von dem aelteren Drusus durch die Hochalpen an die Donau gefuehrt ward, war die Gruendung der Augusta der Vindeliker, des heutigen Augsburg, ein notwendiger Teil; aber es war und blieb dieser rasch aufbluehende Ort ueber ein Jahrhundert ein Marktflecken, bis endlich Hadrian auch in dieser Hinsicht die von Augustus vorgezeichnete Bahn verliess und die Landschaft der Vindeliker in die Romanisierung des Nordens hineinzog. Die Verleihung des roemischen Stadtrechts an den Vorort der Vindeliker durch Hadrian wird damit zusammengestellt werden duerfen, dass ungefaehr um dieselbe Zeit die Militaergrenze am Oberrhein vorgeschoben ward und roemische Staedte im ehemaligen Decumatenland entstanden; indes ist in Raetien auch spaeter Augusta der einzige groessere Mittelpunkt roemischer Zivilisation geblieben. Auch die militaerischen Einrichtungen haben auf das Zurueckhalten derselben eingewirkt. Die Provinz stand von Anfang an unter kaiserlicher Verwaltung und konnte nicht ohne Besatzung gelassen werden; aber besondere Ruecksichten noetigten, wie dies frueher gezeigt ward, die Regierung, nach Raetien lediglich Truppen zweiter Klasse zu legen, und wenn diese auch der Zahl nach nicht unbetraechtlich waren, so haben doch die kleineren Standlager der Alen und Kohorten nicht die zivilisierende und staedtebildende Wirkung ausueben koennen wie die Legionslager. Unter Marcus ist allerdings infolge des Markomannischen Krieges das raetische Hauptquartier, die castra Regina, das heutige Regensburg, mit einer Legion belegt worden; aber selbst dieser Ort scheint in roemischer Zeit bloss Militaerniederlassung geblieben zu sein und kaum mit den Lagern zweiten Ranges am Rhein, wie zum Beispiel Bonna, in der staedtischen Entwicklung auf einer Linie gestanden zu haben.
Dass die Grenze Raetiens schon zu Traianus’ Zeit von Regensburg westlich eine Strecke ueber die Donau hinaus vorgeschoben war, ist frueher bemerkt und daselbst auch ausgefuehrt worden, dass dieses Gebiet wahrscheinlich ohne Anwendung von Waffengewalt, aehnlich wie das Decumatenland, zum Reiche gezogen worden ist. Es wurde ebenfalls schon erwaehnt, dass die Befestigung dieses Gebiets vielleicht mit den unter Marcus bis hierher sich erstreckenden Einfaellen der Chatten zusammenhaengt, sowie dass diese und spaeter die Alamannen im dritten Jahrhundert sowohl dies Vorland wie Raetien selbst heimsuchten und schliesslich unter Gallienus den Roemern entrissen. Die Nachbarprovinz Noricum ist wohl in der provinzialen Einrichtung aehnlich wie Raetien behandelt worden, aber hat sich sonst anders entwickelt. Nach keiner Richtung hin ist Italien fuer den Landverkehr so wie gegen Nordosten aufgeschlossen; die Handelsbeziehungen Aquileias sowohl durch das Friaul nach der oberen Donau und zu den Eisenwerken von Noreia wie ueber die Julische Alpe zum Savetal haben hier der augustischen Grenzerweiterung vorgearbeitet wie nirgends sonst im Donaugebiet. Nauportus (Oberlaibach), jenseits des Passes, war ein roemischer Handelsflecken schon in republikanischer Zeit, Emona (Laibach) eine spaeter foermlich Italien einverleibte, der Sache nach seit ihrer Gruendung durch Augustus zu Italien gehoerige roemische Buergerkolonie. Daher genuegte, wie frueher schon hervorgehoben ward, fuer die Umwandlung dieses “Koenigreichs” in eine roemische Provinz wahrscheinlich die blosse Ankuendigung. Die urspruenglich wohl illyrische, spaeter zum guten Teil keltische Bevoelkerung zeigt keine Spur von demjenigen Festhalten an der nationalen Weise und Sprache, welche wir bei den Kelten des Westens wahrnehmen. Roemische Sprache und roemische Sitte muss hier frueh Eingang gefunden haben, und von Kaiser Claudius wurde dann das gesamte Gebiet, selbst der noerdliche, durch die Tauernkette vom Drautal getrennte Teil, nach italischer Gemeindeverfassung organisiert. Waehrend in den Nachbarlaendern Raetien und Pannonien die Denkmaeler roemischer Sprache entweder fehlen oder doch nur in den groesseren Zentren erscheinen, sind die Taeler der Drau, der Mut und der Salzach und ihrer Nebenfluesse bis in das hohe Gebirge hinauf erfuellt mit Zeugnissen der hier tief eingedrungenen Romanisierung. Noricum ward ein Vorland und gewissermassen ein Teil Italiens; bei der Aushebung fuer die Legion und fuer die Garde ist, so lange hier die Italiker ueberhaupt bevorzugt wurden, diese Bevorzugung auf keine andere Provinz so voellig erstreckt worden wie auf diese. Hinsichtlich der militaerischen Belegung gilt von Noricum dasselbe wie von Raetien. Aus den schon entwickelten Gruenden gab es auch in Noricum waehrend der ersten zwei Jahrhunderte der Kaiserzeit nur Alen- und Kohortenlager; Carnuntum (Petronell bei Wien), das in der augustischen Zeit zu Noricum gehoerte, ist, als die illyrischen Legionen dorthin gelegt wurden, eben darum zu Pannonien gezogen worden. Die kleineren norischen Standlager an der Donau und selbst das von Marcus, der auch in diese Provinz eine Legion legte, fuer diese eingerichtete Lager von Lauriacum (bei Enns) sind fuer die staedtische Entwicklung von keiner Bedeutung gewesen; die grossen Ortschaften Noricums, wie Celeia (Cilli) im Sanntal, Aguontum (Lienz), Teurnia (unweit Spittal), Virunum (Zollfeld bei Klagenfurt), im Norden Iuvavum (Salzburg) sind rein aus buergerlichen Elementen hervorgegangen.
Illyricum, das heisst das roemische Gebiet zwischen Italien und Makedonien, wurde in republikanischer Zeit zum kleineren Teil mit der griechisch- makedonischen Statthalterschaft vereinigt, zum groesseren als Nebenland von Italien und, nach der Einrichtung der Statthalterschaft des Cisalpinischen Galliens, als ein Teil von dieser verwaltet. Das Gebiet deckt sich bis zu einem gewissen Grade mit dem weitverbreiteten Stamm, von dem es die Roemer benannt haben: es ist derjenige, dessen duerftiger Rest an dem suedlichen Ende seines ehemals weitgedehnten Besitzes unter dem Namen der Skipetaren, welchen sie sich selbst beilegen, oder, wie ihre Nachbarn sie heissen, der Arnauten oder Albanesen noch heute seine alte Nationalitaet und seine eigene Sprache bewahrt hat. Es ist derselbe ein Glied der indogermanischen Familie und innerhalb derselben wohl am naechsten dem griechischen Kreise verwandt, wie dies auch den oertlichen Verhaeltnissen angemessen ist; aber er steht neben diesem wenigstens ebenso selbstaendig wie der lateinische und der keltische. In ihrer urspruenglichen Ausdehnung erfuellte diese Nation die Kueste des Adriatischen Meeres von der Muendung des Po durch Istrien, Dalmatien und Epirus bis gegen Akarnanien und Aetolien, ferner im Binnenlande das obere Makedonien sowie das heutige Serbien und Bosnien und das ungarische Gebiet auf dem rechten Ufer der Donau; sie grenzt also oestlich an die thrakischen Voelkerschaften, westlich an die keltischen, von welchen letzteren Tacitus sie ausdruecklich unterscheidet. Es ist ein kraeftiger Schlag suedlaendischer Art, mit schwarzem Haar und dunklen Augen, sehr verschieden von den Kelten und mehr noch von den Germanen, nuechterne, maessige, unerschrockene, stolze Leute, vortreffliche Soldaten, aber buergerlicher Entwicklung wenig zugaenglich, mehr Hirten als Ackerbauer. Zu einer groesseren politischen Entwicklung ist er nicht gelangt. An der italischen Kueste traten ihnen wahrscheinlich zunaechst die Kelten entgegen; die wahrscheinlich illyrischen Voelkerschaften daselbst, insbesondere die Veneter, wurden durch die Rivalitaet mit den Kelten frueh zu fuegsamen Untertanen der Roemer. Am Ende des 6. Jahrhunderts der Stadt engte die Gruendung von Aquileia und die Unterwerfung der Halbinsel Istrien weiter ihre Grenzen ein. An der Ostkueste des Adriatischen Meeres waren die wichtigeren Inseln und die Suedhaefen des Kontinents seit langem von den kuehnen hellenischen Schiffern okkupiert. Als dann in Skodra (Scutari), gewissermassen in alter Zeit wie heutzutage dem Zentralpunkt des illyrischen Landes, die Herrscher anfingen, sich zu eigener Macht zu entwickeln und besonders auf dem Meere die Griechen zu befehden, schlug Rom schon vor dem Hannibalischen Kriege sie mit gewaltiger Hand nieder und nahm die ganze Kueste unter seine Schutzherrschaft, welche bald, nachdem der Herr von Skodra mit dem Koenig Perseus von Makedonien den Krieg und die Niederlage geteilt hatte, die voellige Aufloesung dieses Fuerstentums herbeifuehrte. Am Ende des 6. Jahrhunderts der Stadt und in der ersten Haelfte des siebenten wurde in langjaehrigen Kaempfen auch die Kueste zwischen Istrien und Skodra von den Roemern besetzt. Im Binnenland wurden die Illyrier in republikanischer Zeit von den Roemern wenig beruehrt; dafuer aber muessen, von Westen her vordringend, die Kelten einen guten Teil urspruenglich illyrischen Gebiets in ihre Gewalt gebracht haben, so das spaeterhin ueberwiegend keltische Noricum. Kelten sind auch die Latobiker im heutigen Krain; und in dem gesamten Gebiet zwischen Save und Drau, ebenso im Raabtal sassen die beiden grossen Staemme im Gemenge, als Caesar Augustus die suedlichen Distrikte Pannoniens der roemischen Herrschaft unterwarf. Wahrscheinlich hat diese starke Mischung mit keltischen Elementen neben der ebenen Bodenbeschaffenheit zu dem fruehen Untergang der illyrischen Nation in den pannonischen Landschaften ihren Teil beigetragen. In die suedliche Haelfte der von Illyriern bewohnten Landschaften dagegen sind von den Kelten nur die Skordisker vorgedrungen, deren Festsetzung an der unteren Save bis zur Morawa und deren Streifereien bis in die Naehe von Thessalonike frueher erwaehnt worden sind. Die Griechen aber haben hier ihnen gewissermassen den Platz geraeumt; das Sinken der makedonischen Macht und die Veroedung von Epirus und Aetolien muessen die Ausbreitung der illyrischen Nachbarn gefoerdert haben. Bosnien, Serbien, vor allem Albanien sind in der Kaiserzeit illyrisch gewesen, und Albanien ist es noch heute. Es ist frueher erzaehlt worden, dass Illyricum schon nach der Absicht des Diktators Caesar als eigene Statthalterschaft konstituiert werden sollte und diese Absicht bei der Teilung der Provinzen zwischen Augustus und dem Senat zur Ausfuehrung kam; dass diese anfangs dem Senat ueberwiesene Statthalterschaft wegen der daselbst notwendigen Kriegfuehrung auf den Kaiser ueberging; dass Augustus diese Statthalterschaft teilte und die bis dahin im ganzen nur nominelle Herrschaft ueber das Binnenland sowohl in Dalmatien wie im Savegebiet effektiv machte; dass er endlich die gewaltige nationale Insurrektion, die bei den dalmatischen wie bei den pannonischen Illyriern im Jahre 6 n. Chr. ausbrach, nach schwerem vierjaehrigem Kampf ueberwaeltigte. Es bleibt uebrig, die ferneren Schicksale zunaechst der suedlichen Provinz zu berichten. Nach den bei der Insurrektion gemachten Erfahrungen schien es erforderlich, nicht bloss die in Illyricum ausgehobenen Mannschaften statt wie bisher in ihrer Heimat, vielmehr auswaerts zu verwenden, sondern auch die Dalmater wie die Pannonier durch ein Kommando ersten Ranges in Botmaessigkeit zu halten. Dasselbe hat seinen Zweck rasch erfuellt. Der Widerstand, den die Illyriker unter Augustus der ungewohnten Fremdherrschaft entgegensetzten, hat sich ausgetobt mit dem einen gewaltigen Sturm; spaeterhin verzeichnen unsere Berichte keine aehnliche auch nur partielle Bewegung. Fuer das suedliche oder, nach dem roemischen Ausdruck, das obere Illyricum, die Provinz Dalmatien, wie sie seit der Zeit der Flavier gewoehnlich heisst, begann mit dem Kaiserregiment eine neue Epoche. Die griechischen Kaufleute hatten wohl auf der ihnen naechst liegenden Kueste die beiden grossen Emporien Apollonia (bei Valona) und Dyrrachium (Durazzo) gegruendet; eben darum war dieser Teil schon unter der Republik der griechischen Verwaltung ueberwiesen worden. Aber weiter nordwaerts hatten die Hellenen nur auf den vorliegenden Inseln Issa (Lissa), Pharos (Lesina), Schwarz- Kerkyra (Curzola) sich angesiedelt und von da aus den Verkehr mit den Eingeborenen, namentlich an der Kueste von Narona und in den Salonae vorliegenden Ortschaften, unterhalten. Unter der roemischen Republik hatten die italischen Haendler, welche hier die Erbschaft der griechischen antraten, in den Haupthaefen Epitaurum (Ragusa vecchia), Narona, Salonae, Iader (Zara) sich in solcher Zahl niedergelassen, dass sie in dem Kriege zwischen Caesar und Pompeius eine nicht unwesentliche Rolle spielen konnten. Aber Verstaerkung durch dort angesiedelte Veteranen und, was die Hauptsache war, staedtisches Recht empfingen diese Ortschaften erst durch Augustus, und zugleich kam teils die energische Unterdrueckung der auf den Inseln noch bestehenden Piratenschlupfwinkel, teils die Unterwerfung des Binnenlandes und die Vorschiebung der roemischen Grenze gegen die Donau insbesondere diesen auf der Ostkueste des Adriatischen Meeres angesiedelten Italikern zugute. Vor allem die Hauptstadt des Landes, der Sitz des Statthalters und der gesamten Verwaltung, Salonae, bluehte rasch auf und ueberfluegelte weit die aelteren griechischen Ansiedlungen Apollonia und Dyrrachium, obwohl in die letztere Stadt, ebenfalls unter Augustus, italische Kolonisten, freilich nicht Veteranen, sondern expropriierte Italiker, gesendet und die Stadt als roemische Buergergemeinde eingerichtet wurde. Vermutlich hat bei dem Aufbluehen Dalmatiens und dem Verkuemmern der illyrisch-makedonischen Kueste der Gegensatz des kaiserlichen und des Senatsregimentes eine wesentliche Rolle gespielt, die bessere Verwaltung sowohl wie die Bevorzugung bei dem eigentlichen Machthaber. Damit wird weiter zusammenhaengen, dass die illyrische Nationalitaet sich in dem Bereich der makedonischen Statthalterschaft besser behauptet hat als in dem der dalmatischen: in jenem lebt sie heute noch fort und es muss in der Kaiserzeit, abgesehen von dem griechischen Apollonia und der italischen Kolonie Dyrrachium, neben den beiden Reichssprachen im Binnenland, die des Volkes, die illyrische, geblieben sein. In Dalmatien dagegen wurden die Kueste und die Inseln, soweit sie irgend sich eigneten – die unwirtliche Strecke nordwaerts von Iader blieb in der Entwicklung notwendig zurueck -, nach italischer Ordnung kommunalisiert, und bald sprach die ganze Kueste lateinisch, etwa wie heutzutage venezianisch. Dem Vordringen der Zivilisation in das Binnenland traten oertliche Schwierigkeiten entgegen. Dalmatiens bedeutende Stroeme bilden mehr Wasserfaelle als Wasserstrassen; und auch die Herstellung der Landstrassen stoesst bei der Beschaffenheit seines Bergnetzes auf ungewoehnliche Schwierigkeiten. Die roemische Regierung hat ernstliche Anstrengungen gemacht, das Land aufzuschliessen. Unter dem Schutz des Legionslagers von Burnum entwickelte im Kerkatal, in dem der Cettina unter dem des Lagers von Delminium, welche Lager auch hier die Traeger der Zivilisierung und der Latinisierung gewesen sein werden, sich die Bodenbestellung nach italischer Art, auch die Pflanzung der Rebe und der Olive und ueberhaupt italische Ordnung und Gesittung. Dagegen jenseits der Wasserscheide, zwischen dem Adriatischen Meer und der Donau, sind die auch fuer den Ackerbau wenig guenstigen Taeler von der Kulpa bis zum Drin in roemischer Zeit in aehnlichen primitiven Verhaeltnissen verblieben, wie sie das heutige Bosnien aufweist. Kaiser Tiberius allerdings hat durch die Soldaten der dalmatinischen Lager von Salonae bis in die Taeler Bosniens verschiedene Chausseen gefuehrt; aber die spaeteren Regierungen liessen, wie es scheint, die schwierige Aufgabe fallen. An der Kueste und in den der Kueste naehergelegenen Strichen bedurfte Dalmatien bald keiner weiteren militaerischen Hut; die Legionen des Kerka- und des Cettinatales konnte schon Vespasian von dort wegziehen und anderweitig verwenden. Unter dem allgemeinen Verfall des Reiches im dritten Jahrhundert hat Dalmatien verhaeltnismaessig wenig gelitten, ja Salonae wohl erst damals seine hoechste Bluete erreicht. Freilich ist dies zum Teil dadurch veranlasst, dass der Regenerator des roemischen Staates, Kaiser Diocletianus, ein geborener Dalmatiner war und sein auf die Dekapitalisierung Roms gerichtetes Streben der Hauptstadt seines Heimatlandes vorzugsweise zugute kommen liess: er baute neben derselben den gewaltigen Palast, von dem die heutige Hauptstadt der Provinz den Namen Spalato traegt, innerhalb dessen sie zum groessten Teil Platz gefunden hat und dessen Tempel ihr heute als Dom und als Baptisterium ^1 dienen. Aber zur Grossstadt hat nicht erst Diocletian Salonae gemacht, sondern, weil sie es war, sie fuer seine Privatresidenz gewaehlt; Handel und Schiffahrt und Gewerbe muessen damals in diesen Gewaessern vorzugsweise in Aquileia und in Salonae sich konzentriert haben und die Stadt eine der volkreichsten und wohlhabendsten des Okzidents gewesen sein. Die reichen Eisengruben Bosniens waren, wenigstens in der spaeteren Kaiserzeit, in starkem Betrieb; ebenso lieferten die Waelder der Provinz massenhaftes und vorzuegliches Bauholz; auch von der bluehenden Textilindustrie des Landes bewahrt die priesterliche Dalmatica noch heute eine Erinnerung. Ueberhaupt ist die Zivilisierung und die Romanisierung Dalmatiens eine der eigensten und eine der bedeutendsten Erscheinungen der Kaiserzeit. Die Grenze Dalmatiens und Makedoniens ist zugleich die politische und die sprachliche Scheide des Okzidents und des Orients. Bei Skodra beruehren sich, wie die Herrschaftsgebiete Caesars und Marc Antons, so auch nach der Reichsteilung des vierten Jahrhunderts die von Rom und Byzanz. Hier grenzt die lateinische Provinz Dalmatien mit der griechischen Provinz Makedonien; und kraeftig emporstrebend und ueberlegen, mit gewaltig treibender Propaganda, steht hier die juengere neben der aelteren Schwester. ————————————————– ^1 Das Baptisterium ist vielleicht das Grabmal des Kaisers. ————————————————– Wenn die suedliche illyrische Provinz und ihr Friedensregiment bald in geschichtlicher Beziehung nicht ferner hervortritt, so bildet das noerdliche Illyricum oder, wie es gewoehnlich heisst, Pannonien in der Kaiserzeit eines der grossen militaerischen und somit auch politischen Zentren. In dem Donauheer haben die pannonischen Lager die fuehrende Stellung wie im Westen die rheinischen, und die dalmatischen und die moesischen schliessen ihnen in aehnlicher Weise sich an und ordnen ihnen sich unter wie den rheinischen die Legionen Spaniens und Britanniens. Die roemische Zivilisation steht und bleibt hier unter dem Einfluss der Lager, die in Pannonien nicht, wie in Dalmatien, nur einige Generationen hindurch, sondern dauernd verblieben. Nach der Ueberwaeltigung des Batonischen Aufstandes belief die regelmaessige Besatzung der Provinz sich zuerst auf drei, spaeter, wie es scheint, nur auf zwei Legionen, und durch deren Standlager und ihre Vorschiebung ist die weitere Entwicklung bedingt. Wenn Augustus nach dem ersten Kriege gegen die Dalmater Siscia an der Muendung der Kulpa in die Save zum Hauptwaffenplatz ausersehen hatte, so waren, nachdem Tiberius Pannonien mindestens bis an die Drau unterworfen hatte, die Lager an diese vorgeschoben worden, und wenigstens eines der pannonischen Hauptquartiere befand sich seitdem in Poetovio (Pettau) an der norischen Grenze. Die Ursache, weshalb die pannonische Armee ganz oder zum Teil im Drautal verblieb, kann nur die gleiche gewesen sein, welche zu der Anlage der dalmatinischen Legionslager gefuehrt hat: man brauchte hier die Truppen, um die Untertanen sowohl in dem nahen Noricum wie vor allem im Draugebiet selbst in Gehorsam zu halten. Auf der Donau hielt die roemische Flotte Wacht, die schon im Jahre 50 erwaehnt wird und vermutlich mit der Einrichtung der Provinz entstanden war. Legionslager gab es am Flusse selbst unter der Julisch-Claudischen Dynastie vielleicht noch nicht ^2, wobei in Betracht kommt, dass der zunaechst der Provinz vorliegende Suebenstaat von Rom damals vollstaendig abhaengig war und fuer die Grenzdeckung einigermassen genuegte. Wie die dalmatinischen, hat dann, wie es scheint, Vespasian auch die Lager an der Drau aufgehoben und sie an die Donau selbst verlegt; seitdem ist das grosse Hauptquartier der pannonischen Armee das frueher norische Carnuntum (Petronell oestlich von Wien) und daneben Vindobona (Wien).
——————————————————– ^2 Dass im Jahre 50 noch keine Legionen an der Donau selbst standen, folgt aus Tac. ann. 12, 29; sonst waere es nicht noetig gewesen, zur Aufnahme der uebertretenden Sueben eine Legion dorthin zu schicken. Auch die Anlage des claudischen Savaria passt besser, wenn die Stadt damals norisch war, als wenn sie schon zu Pannonien gehoerte; und da die Zuteilung dieser Stadt zu Pannonien mit der gleichen Abtrennung von Carnuntum und mit der Verlegung der Legion dahin sicher der Zeit nach zusammengehoert, so duerfte dies alles erst in nachclaudischer Zeit stattgefunden haben. Auch die geringe Zahl der in den Donaulagern gefundenen Inschriften von Italikern (Eph. epigr. 5, p. 225) deutet auf spaetere Entstehung. Allerdings haben sich in Carnuntum einige Grabschriften von Soldaten der 15. Legion gefunden, die nach der aeusseren Form und nach dem Fehlen des Cognomen aelter zu sein scheinen (O. Hirschfeld in Aerchaeologisch- epigraphische Mittheilungen 5, 1881, S. 217). Derartige Zeitbestimmungen koennen, wo es sich um ein Dezennium handelt, volle Sicherheit nicht in Anspruch nehmen; indes muss eingeraeumt werden, dass auch jene Argumente keinen vollen Beweis machen und die Translokation frueher, etwa unter Nero, begonnen haben kann. Fuer die Anlegung oder Erweiterung dieses Lagers durch Vespasian spricht die einen derartigen Bau bezeugende Inschrift von Carnuntum aus dem Jahre 73 (Hirschfeld a. a. O.).
——————————————————– Die buergerliche Entwicklung, wie wir sie in Noricum und an der Kueste Dalmatiens fanden, zeigt in Pannonien in gleicher Weise sich nur in einigen, an der norischen Grenze gelegenen und zum Teil urspruenglich zu Noricum gehoerigen Distrikten; Emona und das obere Savetal stehen mit Noricum gleich, und wenn Savaria (Steinamanger) zugleich mit den norischen Staedten italische Stadtverfassung empfangen hat, so wird, solange Carnuntum eine norische Stadt war, wohl auch jener Ort zu Noricum gehoert haben. Erst seitdem die Truppen an der Donau standen, ging die Regierung daran, das Hinterland staedtisch zu organisieren. In dem westlichen, urspruenglich norischen Gebiet erhielt Scarbantia (Oedenburg am Neusiedler See) unter den Flaviern Stadtrecht, waehrend Vindobona und Carnuntum von selbst zu Lagerstaedten wurden. Zwischen Save und Drau empfingen Siscia und Sirmium unter den Flaviern, an der Drau Poetovio (Pettau) unter Traianus Stadtrecht, Mursa (Eszeg) unter Hadrian Kolonialrecht, um hier nur der Hauptorte zu gedenken. Dass die ueberwiegend illyrische, aber zum guten Teil auch keltische Bevoelkerung der Romanisierung keinen energischen Widerstand entgegensetzte, ist schon ausgesprochen worden; die alte Sprache und die alte Sitte schwanden, wo die Roemer hinkamen, und hielten sich nur in den entfernteren Bezirken. Die weiten, aber wenig zur Ansiedelung einladenden Striche oestlich vom Raabfluss und noerdlich der Drau bis zur Donau sind wohl schon seit Augustus zum Reiche gerechnet worden, aber vielleicht in nicht viel anderer Weise als Germanien vor der Varusschlacht; hier hat die staedtische Entwicklung weder damals noch spaeter rechten Boden gefunden, und auch militaerisch ist dieses Gebiet lange Zeit wenig oder gar nicht belegt worden. Dies hat sich erst infolge der Einverleibung Dakiens unter Traian einigermassen geaendert; die dadurch herbeigefuehrte Vorschiebung der pannonischen Lager gegen die Ostgrenze der Provinz und die weitere innere Entwicklung Pannoniens wird besser im Zusammenhang mit den Traianischen Kriegen geschildert. Das letzte Stueck des rechten Donauufers, das Bergland zu beiden Seiten des Margus (Morawa) und das zwischen dem Haemus und der Donau lang sich hinstreckende Flachland, war bewohnt von thrakischen Voelkerschaften; und es erscheint zunaechst erforderlich, auf diesen grossen Stamm als solchen einen Blick zu werfen. Er geht dem illyrischen in gewissem Sinne parallel. Wie die Illyrier einst die Landschaften vom Adriatischen Meer bis zur mittleren Donau erfuellten, so sassen ehemals die Thraker oestlich von ihnen, vom Aegaeischen Meer bis zur Donaumuendung und nicht minder einerseits auf dem linken Donauufer namentlich in dem heutigen Siebenbuergen, andererseits jenseits des Bosporus wenigstens in Bithynien und bis nach Phrygien; nicht mit Unrecht nennt Herodot die Thraker das groesste der ihm bekannten Voelker nach den Indern. Wie der illyrische ist auch der thrakische Stamm zu keiner vollen Entwicklung gelangt und erscheint mehr gedraengt und verdraengt als in eigener, geschichtliche Erinnerung hinterlassender Entwicklung. Aber waehrend Sprache und Sitte der Illyrier sich in einer wenngleich im Laufe der Jahrhunderte verschlissenen Form bis auf den heutigen Tag erhalten haben und wir mit einigem Recht das Bild der Palikaren aus der neueren Geschichte in die der roemischen Kaiserzeit uebertragen, so gilt das gleiche von den thrakischen Staemmen nicht. Vielfach und sicher ist es bezeugt, dass die Voelkerschaften des Gebiets, welchem infolge der roemischen Provinzialteilung schliesslich der Name Thrakien geblieben ist, sowie die moesischen zwischen dem Balkan und der Donau, und nicht minder die Geten oder Daker am anderen Donauufer alle eine und dieselbe Sprache redeten. Es hatte diese Sprache in dem roemischen Kaiserreich eine aehnliche Stellung wie die der Kelten und der Syrer. Der Historiker und Geograph der augustischen Zeit, Strabo, erwaehnt die Gleichheit der Sprache der genannten Voelker; in botanischen Schriften der Kaiserzeit werden von einer Anzahl Pflanzen die dakischen Benennungen angegeben ^3. Als seinem Zeitgenossen, dem Poeten Ovidius Gelegenheit gegeben wurde, ueber seinen allzu flotten Lebenswandel fern in der Dobrudscha nachzudenken, benutzte er seine Musse, um getisch zu lernen, und wurde fast ein Getenpoet:
Und ich schrieb, o weh! ein Gedicht in getischer Sprache, Gratulierst du mir nicht, dass ich den Geten gefiel? ——————————————- ^3 Thrakischer, getischer, dakischer Orts- und Personennamen kennen wir ganze Reihen; sprachlich bemerkenswert ist eine mit -centhus zusammengesetzte Gruppe von Personennamen: Bithicenthus, Zipacenthus, Disacenthus, Tracicenthus, Linicenthus (BCH 6, 1882, S. 179), von denen die ersten beiden in ihrer anderen Haelfte (Bithus, Zipa) auch isoliert haeufig begegnen. Eine aehnliche Gruppe bilden die Composita mit -poris, wie Mucaporis (Thraker BCH, a. a. O., Daker zahlreich), Cetriporis, Rhaskyporis, Bithoporis, Dirdiporis. ——————————————- Aber wenn die irischen Barden, die syrischen Missionare, die Bergtaeler Albaniens anderen Idiomen der Kaiserzeit eine gewisse Fortdauer gewahrt haben, so ist das thrakische unter dem Voelkergewoge des Donaugebiets und dem uebermaechtigen Einfluss Konstantinopels verschollen, und wir vermoegen nicht einmal die Stelle zu bestimmen, welche ihm in dem Voelkerstammbaum zukommt. Die Schilderungen von Sitten und Gebraeuchen einzelner dazugehoeriger Voelkerschaften, ueber welche mancherlei Notizen sich erhalten haben, ergeben keine fuer den ganzen Stamm gueltigen individuellen Zuege und heben meistens nur Einzelheiten hervor, wie sie bei allen Voelkern auf niederer Kulturstufe sich zeigen. Aber ein Soldatenvolk sind sie gewesen und geblieben, als Reiter nicht minder brauchbar wie fuer die leichte Infanterie, von den Zeiten des Peloponnesischen Krieges und Alexanders bis hinab in die der roemischen Caesaren, mochten sie gegen diese sich stemmen oder spaeter fuer sie fechten. Auch die wilde, aber grossartige Weise der Goetterverehrung darf vielleicht als ein diesem Stamm eigentuemlicher Grundzug aufgefasst werden, der gewaltige Ausbruch der Fruehlings- und der Jugendlust, die naechtlichen Bergfeste fackelschwingender Maedchen, die rauschende, sinnverwirrende Musik, der stroemende Wein und das stroemende Blut, der in Aufregung aller sinnlichen Leidenschaften zugleich rasende Taumel der Feste. Dionysos, der herrliche und der schreckliche, ist ein thrakischer Gott, und was der Art in dem hellenischen und dem roemischen Kult besonders hervortritt, knuepft an thrakische oder phrygische Sitte an.
Waehrend die illyrischen Voelkerschaften in Dalmatien und Pannonien nach der Niederwerfung der grossen Insurrektion in den letzten Jahren des Augustus die Entscheidung der Waffen nicht wieder gegen die Roemer angerufen haben, gilt von den thrakischen Staemmen nicht das gleiche; der oft bewiesene Unabhaengigkeitssinn und die wilde Tapferkeit dieser Nation verleugnete auch in ihrem Untergang sich nicht. In dem Thrakien suedlich vom Haemus blieb das alte Fuerstenrum unter roemischer Oberhoheit. Das einheimische Herrscherhaus der Odrysen, mit der Residenz Bizye (Wiza) zwischen Adrianopel und der Kueste des Schwarzen Meeres, tritt schon in der frueheren Zeit unter den thrakischen Fuerstengeschlechtern am meisten hervor; nach der Triumviralzeit ist von anderen thrakischen Koenigen als denen dieses Hauses nicht ferner die Rede, so dass die uebrigen Fuersten durch Augustus zu Vasallen gemacht oder beseitigt zu sein scheinen und mit dem thrakischen Koenigtum fortan nur Glieder dieses Geschlechts belehnt worden sind. Es geschah dies wahrscheinlich deshalb, weil waehrend des ersten Jahrhunderts, wie weiterhin zu zeigen sein wird, an der unteren Donau keine roemischen Legionen standen; den Grenzschutz an der Donaumuendung erwartete Augustus von dem thrakischen Vasallen. Rhoemetalkes, welcher in der zweiten Haelfte der Regierung des Augustus als roemischer Lehnskoenig das gesamte Thrakien beherrschte ^4, und seine Kinder und Enkel spielten denn auch in diesem Lande ungefaehr dieselbe Rolle wie Herodes und seine Nachkommen in Palaestina: unbedingte Ergebenheit gegen den Oberherrn, entschiedene Hinneigung zu roemischem Wesen, Verfeindung mit den eigenen, die nationale Unabhaengigkeit festhaltenden Landsleuten bezeichnen die Stellung des thrakischen Herrscherhauses. Die grosse, frueher erzaehlte thrakische Insurrektion der Jahre 741-743 (13-11) richtete sich zunaechst gegen diesen Rhoemetalkes und seinen Bruder und Mitherrscher Kotys, der dabei umkam, und wie er damals den Roemern die Wiedereinsetzung in seine Herrschaft verdankte, so trug er ihnen einige Jahre spaeter seinen Dank ab, indem er bei dem Aufstand der Dalmater und der Pannonier, dem seine dakischen Stammesgenossen sich anschlossen, treu zu den Roemern hielt und an der Niederwerfung desselben wesentlichen Anteil hatte. Sein Sohn Kotys war mehr Roemer oder vielmehr Grieche als Thraker; er fuehrte seinen Stammbaum zurueck auf Eumolpos und Erichthonios und gewann die Hand einer Verwandten des kaiserlichen Hauses, der Urenkelin des Triumvirn Antonius; nicht bloss die griechischen und die lateinischen Poeten seiner Zeit sangen ihn an, sondern er selbst war ebenfalls und nicht getischer Dichter ^5. Der letzte der thrakischen Koenige, des frueh gestorbenen Kotys Sohn Rhoemetalkes, war in Rom aufgewachsen und gleich dem Herodeer Agrippa des Kaisers Gaius Jugendgespiele. Die thrakische Nation aber teilte keineswegs die roemischen Neigungen des regierenden Hauses, und die Regierung ueberzeugte sich allmaehlich in Thrakien wie in Palaestina, dass der schwankende, nur durch bestaendiges Eingreifen der Schutzmacht aufrecht erhaltene Vasallenthron weder fuer sie noch fuer das Land von Nutzen und die Einfuehrung der unmittelbaren Verwaltung in jeder Hinsicht vorzuziehen sei. Kaiser Tiberius benutzte die in dem thrakischen Koenigshause entstandenen Zerwuerfnisse, um in der Form der Vormundschaftsfuehrung ueber die unmuendigen Prinzen im Jahre 19 einen roemischen Statthalter, Titus Trebellenus Rufus, nach Thrakien zu schicken. Doch vollzog sich diese Okkupation nicht ohne freilich erfolglosen, aber ernstlichen Widerstand des Volkes, das namentlich in den Bergtaelern sich um die von Rom gesetzten Herrscher wenig kuemmerte, und dessen Mannschaften, von ihren Stammhaeuptern gefuehrt, sich kaum als koenigliche, noch weniger als roemische Soldaten fuehlten. Die Sendung des Trebellenus rief im Jahre 21 einen Aufstand hervor, an dem nicht bloss die angesehensten thrakischen Voelkerschaften sich beteiligten, sondern der groessere Verhaeltnisse anzunehmen drohte; Boten der Insurgenten gingen ueber den Haemus, um in Moesien und vielleicht noch weiter hin den Nationalkrieg zu entfachen. Indes die moesischen Legionen erschienen rechtzeitig, um Philippopolis, das die Aufstaendischen belagerten, zu entsetzen und die Bewegung zu unterdruecken. Aber als einige Jahre spaeter (25) die roemische Regierung in Thrakien Aushebungen anordnete, weigerten sich die Mannschaften, ausserhalb des eigenen Landes zu dienen. Da keine Ruecksicht darauf genommen wurde, stand das ganze Gebirge auf und es folgte ein Verzweiflungskampf, in welchem die Insurgenten, endlich durch Durst und Hunger bezwungen, zum grossen Teil teils in die Schwerter der Feinde, teils in die eigenen sich stuerzten und lieber dem Leben entsagten als der altgewohnten Freiheit. Das unmittelbare Regiment dauerte in der Form der Vormundschaftsfuehrung in Thrakien bis zum Tode des Tiberius; und wenn Kaiser Gaius bei dem Antritt der Regierung dem thrakischen Jugendfreund ebenso wie dem juedischen die Herrschaft zurueckgab, so machte wenige Jahre darauf, im Jahre 46, die Regierung des Claudius ihr definitiv ein Ende. Auch diese schliessliche Einziehung des Koenigreichs und Umwandlung in einen roemischen Bezirk traf noch auf eine gleich hoffnungslose und gleich hartnaeckige Gegenwehr. Aber mit der Einfuehrung der unmittelbaren Verwaltung ist der Widerstand gebrochen. Eine Legion hat der Statthalter, anfangs von Ritter-, seit Traian von Senatorenrang, niemals gehabt; die in das Land gelegte Besatzung, wenn sie auch nicht staerker war als 2000 Mann nebst einem kleinen bei Perinthos stationierten Geschwader, genuegte in Verbindung mit den sonst von der Regierung getroffenen Vorsichtsmassregeln, um die Thraker niederzuhalten. Mit der Anlegung der Militaerstrassen wurde gleich nach der Einziehung begonnen; wir finden, dass die bei dem Zustand des Landes erforderlichen Stationsgebaeude fuer die Unterkunft der Reisenden bereits im Jahre 61 von der Regierung eingerichtet und dem Verkehr uebergeben wurden. Thrakien ist seitdem eine gehorsame und wichtige Reichsprovinz; kaum hat irgendeine andere fuer alle Teile der Kriegsmacht, insbesondere auch fuer die Reiterei und die Flotte, so zahlreiche Mannschaften gestellt wie dieses alte Heimatland der Fechter und der Lohnsoldaten.
———————————————– ^4 Das sagt Tac. ann. 2, 64 ausdruecklich. Freie Thraker, vom roemischen Standpunkt aus betrachtet, gab es damals nicht; wohl aber behauptete das thrakische Gebirge, namentlich die Rhodope der Besser, auch im Friedensstand den von Rom eingesetzten Fuersten gegenueber eine kaum als Untertaenigkeit zu bezeichnende Stellung; sie erkannten wohl den Koenig an, gehorchten ihm aber, wie Tacitus (a. a. O. und 4, 46 u. 51) sagt, nur, wenn es ihnen passte. ^5 Wir haben noch ein Kotys gewidmetes griechisches Epigramm des Antipater von Thessalonike (Anthol. Planud. 4, 75), desselben Dichters, der auch den Thrakersieger Piso feierte, und eine an Kotys gerichtete lateinische Epistel in Versen des Ovidius (Pont. 2, 9).
———————————————– Die ernsten Kaempfe, welche die Roemer auf dem sogenannten thrakischen Ufer, in der Landschaft zwischen dem Balkan und der Donau mit derselben Nation zu bestehen hatten und welche zu der Einrichtung des moesischen Kommandos fuehrten, bilden einen wesentlichen Bestandteil der Regulierung der Nordgrenze in augustischer Zeit und sind in ihrem Zusammenhang bereits geschildert worden. Von aehnlichem Widerstand, wie die Thraker ihn den Roemern entgegensetzten, wird aus Moesien nichts berichtet; die Stimmung daselbst mag nicht anders gewesen sein, aber in dem ebenen Lande und unter dem Druck der bei Viminacium lagernden Legionen trat der Widerstand nicht offen hervor. Die Zivilisation kam den thrakischen Voelkerschaften, wie den illyrischen, von zwei Seiten: von der Kueste her und von der makedonischen Grenze die der Hellenen, von der dalmatischen und pannonischen die lateinische. Ueber jene wird zweckmaessiger zu handeln sein, wo wir versuchen, die Stellung der europaeischen Griechen unter der Kaiserherrschaft zu bezeichnen; hier genuegt es im allgemeinen hervorzuheben, dass dieselbe auch hier nicht bloss das Griechentum, wo sie es fand, geschuetzt hat und die gesamte Kueste, auch die dem Statthalter von Moesien untergebene, stets griechisch geblieben ist, sondern dass die Provinz Thrakien, deren Zivilisation ernstlich erst von Traian begonnen und durchaus ein Werk der Kaiserzeit ist, nicht in die roemische Bahn gelenkt, sondern hellenisiert ward. Selbst die noerdlichen Abhaenge des Haemus, obwohl administrativ zu Moesien gehoerig, sind in diese Hellenisierung hineingezogen, Nikopolis an der Jantra und Markianopolis unweit Varna, beides Gruendungen Traians, nach griechischem Schema organisiert worden. Von der lateinischen Zivilisation Moesiens gilt das gleiche wie von der des angrenzenden dalmatischen und pannonischen Binnenlandes; nur tritt dieselbe, wie natuerlich, um so viel spaeter, schwaecher und unreiner auf, je weiter sie von ihrem Ausgangspunkt sich entfernt. Ueberwiegend ist sie hier den Legionslagern gefolgt und mit diesen nach Osten hin vorgedrungen, ausgehend von den wahrscheinlich aeltesten Moesiens bei Singidunum (Belgrad) und Viminacium (Kostolatz) ^6. Freilich hat sie, der Beschaffenheit ihrer bewaffneten Apostel entsprechend, auch in Obermoesien sich auf sehr niedriger Stufe gehalten und den primitiven Zustaenden noch Spielraum genug gelassen. Viminacium hat durch Hadrian italisches Stadtrecht erhalten. Niedermoesien zwischen dem Balkan und der Donau ist in der frueheren Kaiserzeit wohl durchaus in der Verfassung geblieben, welche die Roemer vorfanden; erst als die Legionslager an der unteren Donau bei Novae, Durostorum und Troesmis gegruendet wurden, was, wie weiter unten dargelegt werden wird, wohl erst im Anfang des 2. Jahrhunderts geschah, ist auch dieser Teil des rechten Donauufers eine Staette derjenigen italischen Zivilisation geworden, welche mit der Lagerordnung sich vertrug. Seitdem sind hier auch buergerliche Ansiedlungen entstanden, namentlich an der Donau selbst zwischen den grossen Standlagern die nach italischem Muster eingerichteten Staedte Ratiaria unweit Widin und Oescus am Einfluss der Iskra in die Donau, und allmaehlich naeherte sich die Landschaft dem Niveau der damals noch bestehenden, freilich in sich verfallenden roemischen Kultur. Fuer den Wegebau in Untermoesien sind seit Hadrian, von dem die aeltesten bisher daselbst gefundenen Meilensteine herruehren, die Regenten vielfach taetig gewesen. —————————————————– ^6 Es ist eine der empfindlichsten Luecken der roemischen Kaisergeschichte, dass die Standlager der beiden Legionen, welche unter den Julisch-Claudischen Kaisern die Besatzung von Moesien bildeten, der 4. Scythica und der 5. Macedonica (wenigstens standen diese dort im Jahre 33: CIL III, 1698) sich bis jetzt nicht mit Sicherheit nachweisen lassen. Wahrscheinlich waren es Viminacium und Singidunum in dem spaeteren Obermoesien. Unter den Legionslagern Niedermoesiens, von denen namentlich das von Troesmis zahlreiche Monumente aufzuweisen hat, scheint keines aelter zu sein als Hadrian; die Ueberreste der obermoesischen sind bis jetzt so sparsam, dass sie wenigstens nicht hindern, deren Entstehung ein Jahrhundert weiter zurueck zu legen. Wenn der Koenig von Thrakien im Jahre 18 gegen Bastarner und Skythen ruestet (Tac. ann. 2, 65), so haette dies auch als Vorwand nicht geltend gemacht werden koennen, wenn niedermoesische Legionslager schon damals bestanden haetten. Eben diese Erzaehlung zeigt, dass die Kriegsmacht dieses Lehnsfuersten nicht unbedeutend war, und die Beseitigung eines unfuegsamen Koenigs von Thrakien Vorsicht erheischte.
—————————————————– Wenden wir uns von der Uebersicht der roemischen Herrschaft, wie sie seit Augustus in den Laendern am rechten Ufer der Donau sich gestaltet hatte, zu den Verhaeltnissen und den Anwohnern des linken, so ist, was ueber die westliche Landschaft zu bemerken waere, im wesentlichen schon bei der Schilderung Obergermaniens zur Sprache gekommen und namentlich hervorgehoben worden, dass die zunaechst an Raetien angrenzenden Germanen, die Hermunduren, unter den saemtlichen Nachbarn der Roemer die friedfertigsten gewesen und, soviel uns bekannt, niemals mit denselben in Konflikt geraten sind. Dass das Volk der Markomannen oder, wie die Roemer sie in frueherer Zeit gewoehnlich nennen, der Sueben, nachdem es in augustischer Zeit in dem alten Boierland, dem heutigen Boehmen, neue Sitze gefunden und durch den Koenig Maroboduus eine festere staatliche Organisation sich gegeben hatte, waehrend der roemisch-germanischen Kriege zwar Zuschauer blieb, aber doch durch die Dazwischenkunft der rheinischen Germanen vor der drohenden roemischen Invasion bewahrt ward, ist bereits erzaehlt worden; nicht minder, dass der Rueckschlag des abermaligen Abbruchs der roemischen Offensive am Rhein diesen allzu neutralen Staat ueber den Haufen warf. Die Vormachtstellung, welche die Markomannen unter Maroboduus ueber die entfernteren Voelker im Elbegebiet gewonnen hatten, ging damit verloren, und der Koenig selbst ist als vertriebener Mann auf roemischer Erde gestorben. Die Markomannen und ihre stammverwandten oestlichen Nachbarn, die Quaden in Maehren, gerieten insofern in roemische Klientel, als hier, ungefaehr wie in Armenien, die um die Herrschaft streitenden Praetendenten sich teilweise auf die Roemer stuetzten und diese das Belehnungsrecht in Anspruch nahmen und je nach Umstaenden auch ausuebten. Der Gotonenfuerst Catualda, der zunaechst den Maroboduus gestuerzt hatte, konnte als dessen Nachfolger sich nicht lange behaupten, zumal da der Koenig der benachbarten Hermunduren, Vibilius, gegen ihn eintrat; auch er musste auf roemisches Gebiet uebertreten und, gleich Maroboduus, die kaiserliche Gnade anrufen. Tiberius bewirkte dann, dass ein vornehmer Quade, Vannius, an seine Stelle kam; dem zahlreichen Gefolge der beiden verbannten Koenige, das auf dem rechten Donauufer nicht bleiben durfte, verschaffte Tiberius Sitze auf dem linken im Marchtal ^7 und dem Vannius die Anerkennung von Seiten der mit Rom befreundeten Hermunduren. Nach dreissigjaehriger Herrschaft wurde dieser im Jahre 50 gestuerzt durch seine beiden Schwestersoehne Vangio und Sido, die sich gegen ihn auflehnten und die Nachbarvoelker, die Hermunduren im Fraenkischen, die Lugier in Schlesien, fuer sich gewannen. Die roemische Regierung, die Vannius um Unterstuetzung anging, blieb der Politik des Tiberius getreu: sie gewaehrte dem gestuerzten Koenig das Asylrecht, intervenierte aber nicht, da zumal die Nachfolger, die das Gebiet unter sich teilten, bereitwillig die roemische Oberherrschaft anerkannten. Der neue Suebenfuerst Sido und sein Mitherrscher Italicus, vielleicht der Nachfolger Vangios, fochten in der Schlacht, die zwischen Vitellius und Vespasian entschied, mit der roemischen Donauarmee auf der Seite der Flavianer. In den grossen Krisen der roemischen Herrschaft an der Donau unter Domitian und Marcus werden wir ihren Nachfolgern wieder begegnen. Zum Roemischen Reich haben die Donausueben nicht gehoert; die wahrscheinlich von denselben geschlagenen Muenzen zeigen wohl lateinische Aufschriften, aber nicht roemischen Fuss, geschweige denn das Bildnis des Kaisers; eigentliche Abgaben und Aushebungen fuer Rom haben hier nicht stattgefunden. Aber in dem Machtbereich Roms ist, namentlich im ersten Jahrhundert, der Suebenstaat in Boehmen und Maehren einbegriffen gewesen und, wie schon bemerkt ward, ist dies auch auf die Aufstellung der roemischen Grenzwacht nicht ohne Einfluss geblieben. —————————————————— ^7 Dass das regnum Vannianum (Plin. nat. 4, 12, 81), der Suebenstaat (Tac. ann. 12, 29; hist. 3, 5 u. 21) nicht bloss, wie es nach Tacitus ann. 2, 63 scheinen koennte, auf die Wohnsitze der mit Maroboduus und Catualda uebergetretenen Leute, sondern auf das ganze Gebiet der Markomannen und Quaden bezogen werden muss, zeigt deutlich der zweite Bericht ann. 12, 29 u. 30, da hier als Gegner des Vannius neben seinen eigenen insurgierten Untertanen die westlich und noerdlich an Boehmen angrenzenden Voelker, die Hermunduren und Lugier, erscheinen. Als Grenze gegen Osten bezeichnet Plinius (a. a. O.) die Gegend von Carnuntum (Germanorum ibi confinium), genauer den Fluss Marus oder Duria, der die Sueben und das regnum Vannianum von ihren oestlichen Nachbarn scheidet, mag man nun das dirimens eos mit Muellenhoff (SB Berlin 1883, S. 871) auf die Jazygen oder, was naeher liegt, auf die Bastarner beziehen. Sachlich grenzten wohl beide, die Jazygen suedlich, die Bastarner noerdlich, mit den Quaden des Marchtals. Demnach ist der Marus die March und die Scheide machen die zwischen dem March- und dem Waagtal sich erstreckenden kleinen Karpaten. Wenn also jene Gefolgschaften inter flumen Marum et Cusum angesiedelt werden, so ist der sonst nicht genannte Cusus, falls die Angabe genau ist, nicht die Waag oder gar, wie Muellenhoff meinte, die, unterhalb Gran in die Donau fallende Eipel, sondern ein Zufluss der Donau westlich der March, etwa der Gusen bei Linz. Auch fordert die Erzaehlung bei Tacitus (ann. 12, 29 u. 30), dass das Gebiet des Vannius westlich noch ueber die March hinausgereicht hat. Die Subskription unter dem ersten Buch der Betrachtungen des Kaisers Marcus en Koyadois pros t/o/ Granoia beweist wohl, dass damals der Quadenstaat sich bis zum Granfluss erstreckte; aber dieser Staat deckt sich nicht mit dem regnum Vannianum. —————————————————— In der Ebene zwischen Donau und Theiss, ostwaerts von dem roemischen Pannonien, hat zwischen dieses und die thrakischen Daker sich ein Splitter geschoben des wahrscheinlich zum medisch-persischen Stamm gehoerigen Volkes der Sarmaten, das, nomadisch lebend als Hirten- und Reitervolk, die weite osteuropaeische Ebene zum grossen Teil fuellte; es sind dies die Jazygen, die “ausgewanderten” (metanastai) genannt zum Unterschied von dem am Schwarzen Meer zurueckgebliebenen Hauptstamm. Die Benennung zeigt, dass sie erst verhaeltnismaessig spaet in diese Gegenden vorgedrungen sind; vielleicht gehoert ihre Einwanderung mit zu den Stoessen, unter denen um die Zeit der Actischen Schlacht das Dakerreich des Burebista zusammenbrach. Uns begegnen sie hier zuerst unter Kaiser Claudius; dem Suebenkoenig Vannius stellten die Jazygen fuer seine Kriege die Reiterei. Die roemische Regierung war auf der Hut vor den flinken und raeuberischen Reiterscharen, stand aber uebrigens zu ihnen nicht in feindlichen Beziehungen. Als die Donaulegionen im Jahre 70 nach Italien marschierten, um Vespasian auf den Thron zu setzen, lehnten sie den von den Jazygen angebotenen Reiterzuzug ab und fuehrten nur in schicklicher Form eine Anzahl der Vornehmsten mit sich, damit diese inzwischen fuer die Ruhe an der entbloessten Grenze buergten.
Ernstlicher und dauernder Wacht bedurfte es weiter abwaerts an der unteren Donau. Jenseits des maechtigen Stromes, der jetzt des Reiches Grenze war, sassen hier in den Ebenen der Walachei und dem heutigen Siebenbuergen die Daker, in dem oestlichen Flachland, in der Moldau, Bessarabien und weiter hin zunaechst die germanischen Bastarner, alsdann sarmatische Staemme, wie die Roxolaner, ein Reitervolk gleich den Jazygen, anfaenglich zwischen Dnjepr und Don, dann am Meerufer entlang vorrueckend. In den ersten Jahren des Tiberius verstaerkte der Lehnsfuerst von Thrakien seine Truppen, um die Bastarner und Skythen abzuwehren; in Tiberius’ spaeteren Jahren wurde unter anderen Beweisen seines mehr und mehr alles gehen lassenden Regiments geltend gemacht, dass er die Einfaelle der Daker und der Sarmaten ungestraft hinnehme. Wie es in den letzten Jahren Neros diesseits und jenseits der Donaumuendung zuging, zeigt ungefaehr der zufaellig erhaltene Bericht des damaligen Statthalters von Moesien, Tiberius Plautius Silvanus Aelianus. Dieser “fuehrte ueber 100000 jenseits der Donau wohnhafte Maenner mit ihren Weibern und Kindern und ihren Fuersten oder Koenigen ueber den Fluss, so dass sie der Steuerentrichtung unterlagen. Eine Bewegung der Sarmaten unterdrueckte er, bevor sie zum Ausbruch kam, obwohl er einen grossen Teil seiner Truppen zur Kriegfuehrung in Armenien (an Corbulo) abgegeben hatte. Eine Anzahl bis dahin unbekannter oder mit den Roemern in Fehde stehender Koenige fuehrte er ueber auf das roemische Ufer und noetigte sie, vor den roemischen Feldzeichen den Fussfall zu tun. Den Koenigen der Bastarner und der Roxolaner sandte er die gefangenen oder den Feinden wieder abgenommenen Soehne, denen der Daker die gefangenen Brueder zurueck ^8 und nahm von mehreren derselben Geiseln. Dadurch wurde der Friedensstand der Provinz sowohl befestigt wie weiter erstreckt. Auch den Koenig der Skythen bestimmte er, abzustehen von der Belagerung der Stadt Chersonesos (Sevastopol) jenseits des Borysthenes. Es war der erste, der durch grosse Getreidesendungen aus dieser Provinz das Brot in Rom wohlfeiler machte”. Man erkennt hier deutlich sowohl den unter der Julisch- Claudischen Dynastie am linken Donauufer gaerenden Voelkerstrudel, wie auch den starken Arm der Reichsgewalt, der selbst ueber den Strom hinueber die Griechenstaedte am Dnjepr und in der Krim noch zu schuetzen suchte und einigermassen auch zu schuetzen vermochte, wie dies bei der Darstellung der griechischen Verhaeltnisse weiter dargelegt werden wird. —————————————
^8 Regibus Bastarnarum et Roxolanorum filios, Dacorum fratrum captos aut hostibus ereptos remisit (Orelli 750) ist verschrieben; es muss Fratres heissen oder allenfalls fratrum filios. Ebenso ist nachher per quaezu lesen fuer per quem und rege statt regem.
————————————— Indes die Streitkraefte, ueber welche Rom hier verfuegte, waren mehr als unzulaenglich. Die geringfuegige Besatzung Kleinasiens und die ebenfalls geringe Flotte auf dem Schwarzen Meer kamen hoechstens fuer die griechischen Anwohner der noerdlichen und der westlichen Kueste desselben in Betracht. Dem Statthalter von Moesien, der mit seinen beiden Legionen das Donauufer von Belgrad bis zur Muendung zu schirmen hatte, war eine sehr schwierige Aufgabe gestellt; und die Beihilfe der wenig botmaessigen Thraker war unter Umstaenden eine Gefahr mehr. Insbesondere nach der Muendung der Donau zu mangelte ein genuegendes Bollwerk gegen die hier mit steigender Wucht andraengenden Barbaren. Der zweimalige Abzug der Donaulegionen nach Italien in den Wirren nach Neros Tod rief mehr noch an der Donaumuendung als am Unterrhein Einfaelle der Nachbarvoelker hervor, zuerst der Roxolaner, dann der Daker, dann der Sarmaten, das heisst wohl der Jazygen. Es waren schwere Kaempfe; in einem dieser Gefechte, wie es scheint gegen die Jazygen, blieb der tapfere Statthalter von Moesien, Gaius Fonteius Agrippa. Dennoch schritt Vespasian nicht zu einer Vermehrung der Donauarmee ^9; die Notwendigkeit, die asiatischen Garnisonen zu verstaerken, muss noch dringender erschienen sein und die damals besonders gebotene Sparsamkeit verbot jede Erhoehung der Gesamtarmee. Er begnuegte sich, wie es die Befriedung des Binnenlandes erlaubte und die an der Grenze bestehenden Verhaeltnisse sowie die durch die Einziehung Thrakiens herbeigefuehrte Aufloesung der thrakischen Truppen gebieterisch verlangten, die grossen Lager der Donauarmee an die Reichsgrenze vorzuschieben. So kamen die pannonischen von der Drau weg dem Suebenreich gegenueber nach Carnuntum und Vindobona und die dalmatischen von der Kerka und der Cettina an die moesischen Donauufer ^10, so dass der Statthalter von Moesien seitdem ueber die doppelte Zahl von Legionen verfuegte. —————————————— ^9 In Pannonien standen um das Jahr 70 zwei Legionen, die 13. gemina und die 15. Apollinaris, fuer welche letztere waehrend ihrer Beteiligung am Armenischen Krieg einige Zeit die 7. gemina eintrat (CIL III, p. 482). Von den beiden spaeter hinzugetretenen Legionen, 1. adiutrix und 2. adiutrix, lag die erste noch im Anfang der Regierung Traians in Obergermanien und kann erst unter diesem nach Pannonien gekommen sein; die zweite unter Vespasian in Britannien stationierte ist wahrscheinlich erst unter Domitian nach Pannonien gekommen. Auch das moesische Heer zaehlte nach der Vereinigung mit dem dalmatischen unter Vespasian wahrscheinlich nur vier Legionen, also soviel wie bisher beide Heere zusammen, die spaeteren obermoesischen 4. Flavia und 7. Claudia und die spaeteren untermoesischen 1. Italica und 5. Macedonica. Die durch die Hin- und Hermaersche des Vierkaiserjahres verschobenen Stellungen (Marquardt, Roemische Staatsverwaltung, Bd. 2, S. 435), welche zeitweilig drei Legionen nach Moesien brachten, duerfen nicht taeuschen. Die spaetere dritte untermoesische Legion, die 11., stand noch unter Traian in Obergermanien. ^10 Ios. bel. Iud. 7, 4, 3: pleiosi kai meizosi phylakais ton topon dielaben, /o/s einai tois barbaroist/e/n diabasin tele/o/s ad?naton. Damit scheint die Verlegung der beiden dalmatischen Legionen nach Mphsien gemeint. Wohin sie gelegt wurden, wissen wir nicht. Nach der sonstigen roemischen Weise ist es wahrscheinlicher, dass sie in dem Umkreis des bisherigen Hauptquartiers Viminacium stationiert worden sind als in der entfernten Gegend der Donaumuendungen. Die Entstehung der dortigen Lager ist wohl erst erfolgt bei der Teilung des moesischen Kommandos und bei Einrichtung der selbstaendigen Provinz Untermoesien unter Domitian.
—————————————- Eine Verschiebung der Machtverhaeltnisse zu Ungunsten Roms trat unter Domitian ein ^11, oder es wurden vielmehr damals die Konsequenzen der ungenuegenden Grenzverteidigung gezogen. Nach dem wenigen, was wir darueber wissen, knuepfte die Wandlung der Dinge, ganz wie die gleiche in Caesars Zeit, an einen einzelnen dakischen Mann an; was Koenig Burebista geplant hatte, schien Koenig Decebalus ausfuehren zu sollen. Wie sehr in seiner Persoenlichkeit die eigentliche Triebfeder lag, beweist die Erzaehlung, dass der Dakerkoenig Duras, um den rechten Mann an die rechte Stelle zu bringen, zu Gunsten des Decebalus von seinem Amt zuruecktrat. Dass Decebalus, um zu schlagen, vor allem organisierte, beweisen die Berichte ueber seine Einfuehrung der roemischen Disziplin bei der dakischen Armee und die Anwerbung tuechtiger Leute unter den Roemern selbst, und selbst die nach dem Siege von ihm den Roemern gestellte Bedingung, ihm zur Unterweisung der Seinigen in den Handwerken des Friedens wie des Krieges die noetigen Arbeiter zu liefern. In welchem grossen Stil er sein Werk ergriff, beweisen die Verbindungen, die er nach Westen und Osten anknuepfte, mit den Sueben und den Jazygen und sogar mit den Parthern. Die Angreifenden waren die Daker. Der Statthalter der Provinz Moesien, der ihnen zuerst entgegentrat, Oppius Sabinus, liess sein Leben auf dem Schlachtfelde. Eine Reihe kleinerer Lager wurde erobert, die grossen bedroht, der Besitz der Provinz selbst stand in Frage. Domitianus selbst begab sich zu der Armee und sein Stellvertreter – er selbst war kein Feldherr und blieb zurueck -, der Gardekommandant Cornelias Fuscus, fuehrte das Heer ueber die Donau; aber er buesste das unbedachte Vorgehen mit einer schweren Niederlage, und auch er, der zweite Hoechstkommandierende, blieb vor dem Feind. Sein Nachfolger Iulianus, ein tuechtiger Offizier, schlug die Daker in ihrem eigenen Gebiet in einer grossen Schlacht bei Tapae und war auf dem Wege, dauernde Erfolge zu erreichen. Aber waehrend der Kampf gegen die Daker schwebte, hatte Domitianus die Sueben und die Jazygen mit Krieg ueberzogen, weil sie es unterlassen hatten, ihm Zuzug gegen jene zu senden; die Boten, die dies zu entschuldigen kamen, liess er hinrichten ^12. Auch hier verfolgte das Missgeschick die roemischen Waffen. Die Markomannen erfochten einen Sieg ueber den Kaiser selbst; eine ganze Legion ward von den Jazygen umzingelt und niedergehauen. Durch diese Niederlage erschuettert, schloss Domitian trotz der von Iulianus ueber die Daker gewonnenen Vorteile mit diesen voreilig einen Frieden, der ihn zwar nicht hinderte, dem Vertreter des Decebalus in Rom, Diegis, gleich als waere dieser Lehnstraeger der Roemer, die Krone zu verleihen und als Sieger auf das Kapitol zu ziehen, der aber in Wirklichkeit einer Kapitulation gleich kam. Wozu Decebalus bei dem Einruecken des roemischen Heeres in Dakien sich hoehnisch erboten hatte, jeden Mann, fuer den ihm eine jaehrliche Zahlung von 2 Assen zugesichert werde, ungeschaedigt nach Hause zu entlassen, das wurde beinahe wahr; in dem Frieden wurden mit einer jaehrlich zu entrichtenden Abstandssumme die Einfaelle in Moesien abgekauft. —————————————- ^11 Die Chronologie des dakischen Krieges liegt sehr im Ungewissen. Dass er bereits vor dem Chattenkrieg (83) begonnen hat, lehrt die karthagische Inschrift CIL VIII, 1082 eines dreimal von Domitian, im dakischen, im germanischen und wieder im dakischen Kriege dekorierten Soldaten. Eusebius setzt den Ausbruch des Krieges oder vielmehr den ersten grossen Kampf in das Jahr Abrahams 2101 oder 2102 = n. Chr. 85 (genauer 1. Oktober 84-30. September 85) oder 86, den Triumph in das Jahr 2106 = 90; auf voellige Zuverlaessigkeit haben diese Zahlen freilich keinen Anspruch. Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird der Triumph in das Jahr 89 gesetzt (W. Henzen, Acta fratrum Arvalium. Berlin 1874, S. 116). ^12 Das Fragment Dio 67, 7, 1 Dind. steht in der Folge der Ursinischen Exzerpte vor 67, 5, 1 bis 3 und gehoert auch nach der Folge der Ereignisse vor die Verhandlung mit den Lugiern. Vgl. Hermes 3, 1868, S. 115. —————————————- Hier musste Wandel geschafft werden. Auf Domitian, der wohl ein guter Reichsverwalter, aber stumpf fuer die Forderungen der militaerischen Ehre war, folgte nach dem kurzen Regiment Nervas Kaiser Traianus, der, zuerst und vor allem Soldat, nicht bloss jenen Vertrag zerriss, sondern auch die Massregeln danach traf, dass aehnliche Dinge sich nicht wiederholten. Der Krieg gegen die Sueben und Sarmaten, der bei Domitians Tod (96) noch dauerte, ward, wie es scheint, unter Nerva im Jahre 97 gluecklich beendigt. Der neue Kaiser ging, noch bevor er in die Hauptstadt des Reiches seinen Einzug hielt, vom Rhein an die Donau, wo er im Winter 98/99 verweilte, aber nicht, um sofort die Daker anzugreifen, sondern um den Krieg vorzubereiten; in diese Zeit gehoert die an die Strassenbauten in Obergermanien anschliessende Anlage der am rechten Donauufer, in der Gegend von Orsowa, im Jahre 100 vollendeten Strasse. Zum Kriege gegen die Daker, in dem er wie in allen seinen Feldzuegen selbst kommandierte, ging er erst im Fruehjahr 101 ab. Er ueberschritt die Donau unterhalb Viminacium und rueckte gegen die nicht weit davon entfernte Hauptstadt des Koenigs Sarmizegetusa vor. Decebalus mit seinen Verbuendeten – die Barer und andere nordwaerts wohnende Staemme beteiligten sich an diesem Kampf – leistete entschlossenen Widerstand, und nur mit heftigen und blutigen Gefechten bahnten die Roemer sich den Weg; die Zahl der Verwundeten war so gross, dass der Kaiser seine eigene Garderobe den Aerzten zur Verfuegung stellte. Aber der Sieg schwankte nicht. Eine feste Burg nach der anderen fiel; die Schwester des Koenigs, die Gefangenen aus dem vorigen Krieg, die den Heeren Domitians abgenommenen Feldzeichen fielen den Roemern in die Haende; durch Traianus selbst und durch den tapferen Lusius Quietus in die Mitte genommen, blieb dem Koenig nichts uebrig als vollstaendige Ergebung (102). Auch verlangte Traianus nichts geringeres als den Verzicht auf die souveraene Gewalt und den Eintritt des Dakischen Reiches in die roemische Klientel. Die Ueberlaeufer, die Waffen, die Kriegsmaschinen, die einst fuer diese von Rom gestellten Arbeiter massten abgeliefert werden und der Koenig persoenlich vor dem Sieger den Fussfall tun; er begab sich des Rechts auf Krieg und Frieden und versprach die Heerfolge; die Festungen wurden entweder geschleift oder den Roemern ausgeliefert und in diesen, vor allem in der Hauptstadt, blieb roemische Besatzung. Die maechtige steinerne Bruecke, die Traian bei Drobetae (gegenueber Turnu Severinului) ueber die Donau schlagen liess, stellte die Verbindung auch in der schlimmen Jahreszeit sicher und gab den dakischen Besatzungen an den nahen Legionen Obermoesiens einen Rueckhalt. Aber die dakische Nation und vor allem der Koenig selbst wussten sich in die Abhaengigkeit nicht so zu fuegen, wie es die Koenige von Kappadokien und Mauretanien verstanden hatten, oder hatten vielmehr das Joch nur auf sich genommen in der Hoffnung, bei erster Gelegenheit sich desselben wieder zu entledigen. Die Anzeichen dafuer traten bald hervor. Ein Teil der auszuliefernden Waffen wurde zurueckgehalten, die Kastelle nicht, wie es bedungen war, uebergeben, roemischen Ueberlaeufern auch ferner noch eine Freistatt gewaehrt, den mit den Dakern verfeindeten Jazygen Gebietsstuecke entrissen oder vielleicht auch nur deren Grenzverletzungen nicht hingenommen, mit den entfernteren, noch freien Nationen ein lebhafter und bedenklicher Verkehr unterhalten. Traianus musste sich ueberzeugen, dass er halbe Arbeit gemacht, und kurz entschlossen, wie er war, erklaerte er, ohne auf weitere Verhandlungen sich einzulassen, drei Jahre nach dem Friedensschluss (105) dem Koenig abermals den Krieg. Gern haette dieser ihn abgewandt; aber die Forderung, sich gefangen zu geben, sprach allzu deutlich. Es blieb nichts als der Kampf der Verzweiflung, und dazu waren nicht alle bereit; ein grosser Teil der Daker unterwarf sich ohne Gegenwehr. Der Aufruf an die Nachbarvoelker, in die Abwehr fuer die auch ihrer Freiheit und ihrem Volkstum drohende Gefahr mit einzutreten, verhallte ohne Wirkung; Decebalus und die ihm treugebliebenen Daker standen in diesem Krieg allein. Die Versuche, den kaiserlichen Feldherrn durch Ueberlaeufer aus dem Wege zu schaffen, oder mit der Losgebung eines gefangengenommenen hohen Offiziers ertraegliche Bedingungen zu erkaufen, scheiterten ebenfalls. Der Kaiser zog abermals als Sieger in die feindliche Hauptstadt ein und Decebalus, der bis zum letzten Augenblick mit dem Verhaengnis gerungen hatte, gab, als alles verloren war, sich selber den Tod (107). Diesmal machte Traianus ein Ende; der Krieg galt nicht mehr der Freiheit des Volkes, sondern seiner Existenz. Aus dem besten Teile des Landes wurde die eingeborene Bevoelkerung ausgetrieben und diese Striche mit einer, fuer die Bergwerke aus den Gebirgen Dalmatiens, sonst ueberwiegend, wie es scheint, aus Kleinasien herangezogenen nationslosen Bevoelkerung wiederbesetzt. In manchen Gegenden freilich blieb dennoch die alte Bevoelkerung und behauptete sich sogar die Landessprache ^13; diese Daker sowohl wie die ausserhalb der Grenzen hausenden Splitter haben auch nachher noch, zum Beispiel unter Commodus und Maximinus, den Roemern zu schaffen gemacht; aber sie standen vereinzelt und verkamen. Die Gefahr, mit der der kraeftige Thrakerstamm mehrmals die roemische Herrschaft bedroht hatte, durfte nicht wiederkehren, und dies Ziel hat Traianus erreicht. Das traianische Rom war nicht mehr das der hannibalischen Zeit; aber es war immer noch gefaehrlich, die Roemer besiegt zu haben.
————————————————— ^13 Arr. takt. 44 erwaehnt unter den Aenderungen, die Hadrian bei der Kavallerie einfuehrte, dass er den einzelnen Abteilungen ihre nationalen Schlachtrufe gestattet habe, Keltiko?s men tois Keltois ippe?sin, Getiko?s de tois Getais, Raitikoys de osoi ek Rait/o/n. ————————————————— Die stattliche Saeule, welche sechs Jahre darauf dem Kaiser von dem Reichssenat auf dem neuen Traiansmarkt der Hauptstadt errichtet ward und die ihn heute noch schmueckt, ist ein Zeugnis der verwuesteten Geschichtsueberlieferung der roemischen Kaiserzeit, wie wir kein zweites besitzen. In ihrer ganzen Hoehe von genau 100 roemischen Fuss ist sie bedeckt mit einzelnen Darstellungen – man zaehlt deren 124; ein gemeisseltes Bilderbuch der dakischen Kriege, zu welchem uns fast ueberall der Text fehlt. Wir sehen die Wachttuerme der Roemer mit ihrem spitzen Dach, ihrem pallisadierten Hof, ihrem oberen Umgang, ihren Feuersignalen. Die Stadt am Ufer des Donaustroms, dessen Flussgott den roemischen Kriegern zuschaut, wie sie unter ihren Feldzeichen auf der Schiffbruecke entlangziehen. Den Kaiser selbst im Kriegsrat, dann vor den Waellen des Lagers am Altar opfernd. Es wird erzaehlt, dass die den Dakern verbuendeten Burer den Traian vom Kriege abmahnten in einem lateinischen, auf einen gewaltigen Pilz geschriebenen Spruch: man meint, diesen Pilz zu erkennen, auf ein Saumtier geladen, von dem gestuerzt ein Barbar mit der Keule, auf dem Boden liegend, dem heranschreitenden Kaiser mit dem Finger den Pilz weist. Wir sehen das Lager schlagen, die Baeume faellen, Wasser holen, die Bruecke legen. Die ersten gefangenen Daker, leicht kenntlich an ihren langaermligen Kitteln und ihren weiten Hosen, werden, die Haende auf den Ruecken gebunden und an ihrem langen Haarbusch von den Soldaten gefasst, vor den Kaiser gefuehrt. Wir sehen die Gefechte, die Speer- und Steinschleuderer, die Sicheltraeger, die Bogenschuetzen zu Fuss, die auch den Bogen fuehrenden schweren Panzerreiter, die Drachenfahne der Daker, die feindlichen Offiziere, geschmueckt mit dem Zeichen ihres Ranges, der runden Muetze, den Fichtenwald, in den die Daker ihre Verwundeten tragen, die abgehauenen Koepfe der Barbaren, vor dem Kaiser niedergelegt. Wir sehen das dakische Pfahldorf mitten im See, in dessen runde Huetten mit spitzem Dach die Brandfackeln fliegen. Frauen und Kinder flehen den Kaiser um Gnade an. Die Verwundeten werden gepflegt und verbunden, Ehrenzeichen an Offiziere und Soldaten ausgeteilt. Dann geht es weiter im Kampf: die feindlichen Verschanzungen, teils von Holz, teils Steinmauern, werden angegriffen, das Belagerungsgeschuetz faehrt auf, die Leitern werden herangetragen, unter dem Schilderdach greift die Sturmkolonne an. Endlich liegt der Koenig mit seinem Gefolge zu den Fuessen Traians; die Drachenfahnen sind in Roemerhand; die Truppen begruessen jubelnd den Imperator; vor den aufgetuermten Waffen der Feinde steht die Victoria und beschreibt die Tafel des Sieges.. Es folgen die Bilder des zweiten Krieges, im ganzen der ersten Reihe gleichartig; bemerkenswert ist eine grosse Darstellung, welche, nachdem die Koenigsburg in Flammen aufgegangen ist, die Fuersten der Daker zu zeigen scheint, sitzend um einen Kessel und einer nach dem andern den Giftbecher leerend; eine andere, wo des tapferen Dakerkoenigs Haupt auf einer Schuessel dem Kaiser gebracht wird; endlich das Schlussbild, die lange Reihe der Besiegten mit Frauen, Kindern und Herden aus der Heimat abziehend. Die Geschichte dieses Krieges hat der Kaiser selbst geschrieben, wie Friedrich der Grosse die des Siebenjaehrigen, und nach ihm viele andere; uns ist alles dies verloren, und wie niemand es wagen wuerde, nach Menzels Bildern die Geschichte des Siebenjaehrigen Krieges zu erfinden, so bleibt auch uns nur mit dem Einblick in halb verstaendliche Einzelheiten die schmerzliche Empfindung einer bewegten und grossen, auf ewig verblassten und selbst fuer die Erinnerung vergangenen geschichtlichen Katastrophe. Die Grenzverteidigung im Donaugebiet wurde infolge der Verwandlung Dakiens in eine roemische Provinz nicht in dem Grade verschoben, wie man wohl erwarten sollte; eine eigentliche Veraenderung der Verteidigungslinie trat nicht ein, sondern es wurde die neue Provinz im ganzen als eine exzentrische Position behandelt, die nur nach Sueden hin, an der Donau selbst, unmittelbar mit dem roemischen Gebiet zusammenhing, nach den anderen drei Seiten in das barbarische Land hineinragte. Die zwischen Pannonien und Dakien sich erstreckende Theissebene blieb auch ferner den Jazygen; es haben sich wohl Reste alter Waelle gefunden, die von der Donau ueber die Theiss weg bis an das dakische Gebirge fuehren und das Jazygengebiet noerdlich begrenzen, aber ueber die Zeit und die Urheber dieser Verschanzungen ist nichts Sicheres ermittelt. Auch Bessarabien wird von einer doppelten Sperrlinie durchschnitten, welche, vom Prut zum Dnjestr laufend, bei Tyra endigt, und nach den darueber bis jetzt vorliegenden, ungenuegenden Berichten von den Roemern herzuruehren scheint ^14. Ist dies der Fall, so sind die Moldau und die suedliche Haelfte von Bessarabien sowie die gesamte Walachei dem Roemischen Reich einverleibt gewesen. Aber mag dies auch nominell geschehen sein, effektiv hat die Roemerherrschaft sich schwerlich auf diese Laender erstreckt; wenigstens fehlt es an sicheren Beweisen roemischer Ansiedlung bis jetzt sowohl in der oestlichen Walachei wie in der Moldau und in Bessarabien voellig. Auf alle Faelle blieb hier viel mehr noch als in Germanien der Rhein die Donau die Grenze der roemischen Zivilisation und der eigentliche Stuetzpunkt der Grenzverteidigung. Die Positionen an dieser wurden erheblich verstaerkt. Es war ein Gluecksfall fuer Rom, dass, waehrend die Voelkerbrandung an der Donau stieg, sie am Rhein sank und die dort entbehrlich gewordenen Truppen anderweitig verfuegbar wurden. Wenn noch unter Vespasian wahrscheinlich nicht mehr als sechs Legionen an der Donau standen, so ist deren Zahl durch Domitianus und Traianus spaeter auf zehn gesteigert, womit zusammenhaengt, dass die bisherigen beiden Oberkommandanturen von Moesien und Pannonien, die erstere unter Domitian, die zweite unter Traian, geteilt wurden und, indem weiter die dakische hinzutrat, die Gesamtzahl der Kommandanturen an der unteren Donau sich auf fuenf stellte. Anfaenglich scheint man freilich die Ecke, welche dieser Strom unterhalb Durostorum (Silistria) macht, die heutige Dobrudscha, abgeschnitten und von dem heutigen Ort Rassowa an, wo der Fluss bis auf sieben deutsche Meilen sich dem Meere naehert, um dann fast im rechten Winkel nach Norden abzubiegen, die Flusslinie durch eine befestigte Strasse nach Art der britannischen ersetzt zu haben, welche bei Tomis die Kueste erreichte ^15. Indes diese Ecke ist wenigstens seit Hadrian in die roemische Grenzbefestigung eingezogen worden; denn von da an finden wir Untermoesien, das vor Traian wahrscheinlich gar keine groesseren staendigen Besatzungen gehabt hatte, belegt mit den drei Legionslagern von Novae (bei Svischtova), Durostorum (Silistria) und Troesmis (Iglitza bei Galatz), von welchen das letzte eben jener Donauecke vorliegt. Gegen die Jazygen wurde die Stellung dadurch verstaerkt, dass zu den obermoesischen Lagern bei Singidunuum und Viminacium das unterpannonische an der Muendung der Theiss in die Donau bei Acumincum hinzutrat. Dakien selbst ist damals nur schwach besetzt worden. Die Hauptstadt, jetzt traianische Kolonie Sarmizegetusa, lag nicht weit von den Hauptuebergaengen ueber die Donau in Obermoesien; hier und an dem mittleren Marisus sowie jenseits desselben, in dem Bezirk der Goldgruben, haben die Roemer vorzugsweise sich ansaessig gemacht; auch die eine seit Traian in Dakien garnisonierende Legion hat ihr Hauptquartier wenigstens bald nachher in dieser Gegend bei Apulum (Karlsburg) erhalten. Weiter noerdlich sind Potaissa (Thorda) und Napoca (Klausenburg) wohl auch sofort von den Roemern in Besitz genommen worden, aber erst allmaehlich schoben die grossen pannonisch-dakischen Militaerzentren sich weiter gegen Norden vor. Die Verlegung der unterpannonischen Legion von Acumincum nach Aquincum, dem heutigen Ofen, und die Okkupierung dieser militaerisch beherrschenden Position faellt nicht spaeter als Hadrian und wahrscheinlich unter ihn; wohl gleichzeitig ist die eine der oberpannonischen Legionen nach Brigetio (gegenueber Komorn) gekommen. Unter Commodus wurde an der Nordgrenze Dakiens in der Breite von einer deutschen Meile jede Ansiedelung untersagt, was mit den spaeter zu erwaehnenden Grenzordnungen nach dem Markomannenkrieg zusammenhaengen wird. Damals moegen auch die befestigten Linien entstanden sein, welche diese Grenze, aehnlich wie die obergermanische, sperrten. Unter Severus kam eine der bisher niedermoesischen Legionen an die dakische Nordgrenze nach Potaissa (Thorda). Aber auch nach diesen Verlegungen bleibt Dakien eine von Bergen und Schanzen gedeckte, vorgeschobene Stellung am linken Ufer, bei der es wohl zweifelhaft sein mochte, ob sie die allgemeine Defensivstellung der Roemer mehr foerderte oder mehr beschwerte. Hadrianus hat in der Tat daran gedacht, dies Gebiet aufzugeben, also dessen Einverleibung als einen Fehler betrachtet; nachdem sie einmal geschehen war, ueberwog allerdings die Ruecksicht, wenn nicht auf die eintraeglichen Goldgruben des Landes, so doch auf die rasch sich entwickelnde roemische Zivilisation im Marisusgebiet. Aber wenigstens den Oberbau der steinernen Donaubruecke liess er entfernen, da ihm die Besorgnis vor der Benutzung derselben durch die Feinde schwerer wog als die Ruecksicht auf die dakische Besatzung. Die spaetere Zeit hat von dieser Aengstlichkeit sich freigemacht; aber die exzentrische Stellung Dakiens zu der uebrigen Grenzverteidigung ist geblieben.
———————————————— ^14 Die Waelle, welche 3 Meter hoch, 2 Meter dick, mit breitem Aussengraben und vielen Resten von Kastellen in zwei fast parallelen Linien, teils in der Laenge vor. 150 Kilometern vom linken Ufer des Pruth ueber Tabak und Tatarbunar zum Dnjestr-Liman zwischen Akerman und dem Schwarzen Meer, teils in der Laenge von 100 Kilometern von Leowa am Pruth zum Dnjestr unterhalb Bendery ziehen (Petermanns Geographische Mittheilungen 1857, S. 129), moegen wohl auch roemisch sein; aber es fehlt bis jetzt an jeder genaueren Feststellung. ^15 Nach v. Vinckes Aufnahme (Monatsberichte ueber die Verhandlungen der Gesellschaft fuer Erdkunde in Berlin 1, 1839/40, S. 179 f.; vgl. in v. Moltkes Briefen ueber Zustaende in der Tuerkei den vom 2. November 1837) sowie nach den mir mitgeteilten Aufzeichnungen und Plaenen des Herrn Dr. C. Schuchhardt sind hier drei Sperrungen angelegt. Die suedlichste, wahrscheinlich aelteste, ist ein einfacher Erdwall mit (auffallender Weise) gegen Sueden vorliegendem Graben; ob roemischen Ursprungs, kann zweifelhaft sein. Die beiden anderen Linien sind ein jetzt noch vielfach bis 3 Meter hoher Erd- und ein niederigerer einst mit Steinen gefuetterter Wall, die oft dicht nebeneinander her, anderswo wieder stundenweit voneinander entfernt laufen. Man moechte sie fuer die beiden Verteidigungslinien einer befestigten Strasse halten, wenn auch in der oestlichen Haelfte der Erdwall, in der suedlicheren der Steinwall der noerdlichere ist und sie in der Mitte sich kreuzen. An einer Stelle bildet der (hier suedlichere) Erdwall die Hinterseite eines hinter dem Steinwall angelegten Kastells. Der Erdwall ist auf der Nordseite von einem tiefen, auf der Suedseite von einem flachen Graben gedeckt; jeden Graben schliesst ein Aufwurf ab. Dem Steinwall liegt auch noerdlich ein Graben vor. Hinter dem Erdwall, und meist an ihn angelehnt, finden sich je 750 Meter voneinander entfernt Kastelle; andere in unregelmaessigen Entfernungen desgleichen hinter dem Steinwall. Alle Linien halten sich hinter den Karasu-Seen als der natuerlichen Verteidigungsstuetze; von da, wo diese aufhoert, bis zum Meer sind sie mit geringer Ruecksicht auf die Terrainverhaeltnisse gefuehrt. Die Stadt Tomis liegt ausserhalb des Walls und noerdlich davon; es sind aber ihre Festungsmauern durch einen besonderen Wall mit der Sperrbefestigung in Verbindung gesetzt. ————————————————- Die sechzig Jahre nach den Dakerkriegen Traians sind fuer die Donaulaender eine Zeit des Friedens und der friedlichen Entwicklung gewesen. Ganz zur Ruhe kam es freilich, namentlich an den Donaumuendungen, nie, und auch das bedenkliche Hilfsmittel von den angrenzenden, unruhigen Nachbarn, aehnlich wie es mit Decebalus geschehen war, durch Aussetzung jaehrlicher Gratiale die Grenzsicherheit zu erkaufen, ist ferner angewandt worden ^16; dennoch zeigen die Reste des Altertums eben in dieser Zeit ueberall das Aufbluehen staedtischen Lebens, und nicht wenige Gemeinden namentlich Pannoniens nennen als ihren Stifter Hadrian oder Pius. Aber auf diese Stille folgte ein Sturm, wie das Kaisertum noch keinen bestanden hatte, und der, obwohl eigentlich auch nur ein Grenzkrieg, durch seine Ausdehnung ueber eine Reihe von Provinzen und durch seine dreizehnjaehrige Dauer das Reich selbst erschuetterte. —————————————- ^16 Vita Hadriani 6: cum rege Roxolanorum qui de imminutis stipendiis querebatur cognito negotio pacem composuit. —————————————- Den nach den Markomannen benannten Krieg hat nicht eine einzelne Persoenlichkeit vom Schlage des Hannibal und des Decebalus angefacht. Ebensowenig haben Uebergriffe roemischerseits diesen Krieg heraufbeschworen; Kaiser Pius verletzte keinen Nachbarn, weder den maechtigen, noch den geringen, und hielt den Frieden fast mehr als billig hoch. Das Reich des Maroboduus und des Vannius hatte sich seitdem, vielleicht infolge der Teilung unter Vangio und Sido, in das Koenigtum der Markomannen im heutigen Boehmen und das der Quaden in Maehren und Oberungarn geschieden. Konflikte mit den Roemern scheinen hier nicht stattgefunden zu haben; das Lehnsverhaeltnis der Quadenfuersten wurde sogar unter Pius’ Regierung durch die erbetene Bestaetigung in foermlicher Weise anerkannt. Voelkerverschiebungen, die jenseits des roemischen Horizonts liegen, sind die naechste Ursache des grossen Krieges gewesen. Bald nach Pius’ Tode (161) erschienen Haufen von Germanen, namentlich Langobarden von der Elbe her, aber auch Markomannen und andere Mannschaften in Pannonien, es scheint, um neue Wohnsitze am rechten Ufer zu gewinnen. Gedraengt von den roemischen Truppen, die ihnen entgegengeschickt wurden, entsandten sie den Markomannenfuersten Ballomarius und mit ihm je einen Vertreter der zehn beteiligten Staemme, um ihre Bitte um Landanweisung zu erneuern. Aber der Statthalter liess es bei dem Bescheid und zwang sie, ueber die Donau zurueckzugehen. Dies ist der Anfang des grossen Donaukrieges ^17. Auch der Statthalter von Obergermanien, Gaius Aufidius Victorinus, der Schwiegersohn des literarisch bekannten Fronto, hatte bereits um das Jahr 162 einen Ansturm der Chatten abzuschlagen, welcher ebenfalls durch nachdraengende Voelkerschaften von der Elbe her veranlasst sein mag. Waere gleich energisch eingeschritten worden, so haette groesserem Unheil vorgebeugt werden koennen. Aber eben damals hatte der Armenische Krieg begonnen, in den bald die Parther eintraten; wenn auch die Truppen nicht gerade von der bedrohten Grenze weg nach dem Osten geschickt wurden, wofuer wenigstens keine Beweise vorliegen ^18, so fehlte es doch an Mannschaft, um den zweiten Krieg sofort energisch aufzunehmen. Dies Temporisieren hat sich schwer geraecht. Eben als in Rom ueber die Koenige des Ostens triumphiert ward, brachen an der Donau die Chatten, die Markomannen, die Quaden, die Jazygen wie mit einem Schlag ein in das roemische Gebiet. Raetien, Noricum, beide Pannonien, Dakien waren im selben Augenblick ueberschwemmt; im dakischen Grubendistrikt koennen noch wir die Spuren dieses Einbruchs verfolgen. Welche Verheerungen sie in diesen Landschaften, die seit langem keinen Feind gesehen hatten, damals anrichteten, zeigt die Tatsache, dass mehrere Jahre spaeter die Quaden erst 13000, dann noch 50000, die Jazygen gar 100000 roemische Gefangene zurueckgaben. Es blieb nicht einmal bei der Schaedigung der Provinzen. Es geschah, was seit drei Jahrhunderten nicht geschehen war und anfing als unmoeglich zu gelten: die Barbaren durchbrachen den Alpenwall und fielen in Italien selbst ein; von Raetien aus zerstoerten sie Opitergium (Oderzo), die Scharen von der Julischen Alpe berannten Aquileia ^19. Niederlagen einzelner roemischer Armeekorps muessen mehrfach stattgefunden haben; wir erfahren nur, dass einer der Gardekommandanten, Victorinus, vor dem Feind blieb und die Reihen der roemischen Heere sich in arger Weise lichteten.
———————————————– ^17 Vita Marci 14: gentibus quae pulsae a superioribus barbaris fugerant nisi reciperentur bellum ireferentibus. Dio bei Petrus Patricius fr. 6: Laggibard/o/n kai Obi/o/n (sonst unbekannt) exakischili/o/n Istr/o/n perai/o/thent/o/n t/o/n peri Bindika (vielleicht schon damals praef. praetorio, in welchem Fall die Garde wegen dieses Vorganges ausmarschiert waere) ippe/o/n exelasant/o/n kai t/o/n amphi Kandidon pez/o/n epiphthasant/o/n eis pantel/e/ phyg/e/n oi barbaroi etraponto. eph’ois o?t/o/ prachth/e/sin en deei katastantes ek pr/o/t/e/s epicheir/e/se/o/s oi barbaroi presbeis para Ailion Basson t/e/n Paionian dieponta stelloysi Ballomarion te ton basilea Markoman/o/n kai eteroys deka, kat’ ethnos epilexamenoi ena. kai orkois t/e/n eir/e/n/e/n oi presbeis pist/o/samenoi oikade ch/o/ro?sin. Dass dieser Vorfall vor den Ausbruch des Krieges faellt, zeigt seine Stellung; fr. 7 des Patricius ist Exzerpt aus Dio 71, 11, 2.
^18 Das moesische Heer gab Soldaten zum Armenischen Krieg ab (O. Hirschfeld, Archaeologisch-epigraphische Mittheilungen 6, S. 41); aber hier war die Grenze nicht gefaehrdet.
^19 Die Beteiligung der rechtsrheinischen Germanen bezeugt Dio 71, 3, und nur dadurch erklaeren sich die Massregeln, die Marcus fuer Raetia und Noricum traf. Auch die Lage von Oderzo spricht dafuer, dass diese Angreifer ueber den Brenner kamen.
———————————————– Der schwere Angriff traf den Staat zur ungluecklichsten Stunde. Zwar der orientalische Krieg war beendigt; aber in seinem Gefolge hatte eine Seuche sich in Italien und dem ganzen Westen verbreitet, die dauernder als der Krieg und in entsetzlicherem Masse die Menschen hinraffte. Wenn die Truppen, wie es notwendig war, zusammengezogen wurden, so fielen der Pest die Opfer nur um so zahlreicher. Wie zu der Pestilenz immer die teure Zeit gehoert, so erschien auch hier mit ihr Misswachs und Hungersnot und schwere Finanzkalamitaet – die Steuern gingen nicht ein, und im Laufe des Krieges sah sich der Kaiser veranlasst, die Kleinodien seines Palastes in oeffentlicher Auktion zu veraeussern. Es fehlte an einem geeigneten Leiter. Eine so ausgedehnte und so verwickelte militaerisch- politische Aufgabe konnte, wie die Dinge in Rom lagen, kein beauftragter Feldherr, sondern allein der Herrscher selbst auf sich nehmen. Marcus hatte, in richtiger und bescheidener Erkenntnis dessen, was ihm abging, bei der Thronbesteigung sich seinen juengeren Adoptivbruder Lucius Verus gleichberechtigt zur Seite gestellt, in der wohlwollenden Voraussetzung, dass der flotte junge Mann, wie er ein tuechtiger Fechter und Jaeger war, so auch zum faehigen Feldherrn sich entwickeln werde. Aber den scharfen Blick des Menschenkenners besass der ehrliche Kaiser nicht; die Wahl war so ungluecklich wie moeglich ausgefallen; der eben beendigte Parthische Krieg hatte den nominellen Feldherrn als eine wueste Persoenlichkeit und einen unfaehigen Offizier gezeigt. Verus’ Mitregentschaft war nichts als eine Kalamitaet mehr, die freilich durch seinen, nicht lange nach dem Ausbruch des Markomannischen Krieges erfolgten Tod (169) in Wegfall kam. Marcus, seinen Neigungen nach mehr reflektiv als dem praktischen Leben zugewandt und ganz und gar kein Soldat, ueberhaupt keine hervorragende Persoenlichkeit, uebernahm die ausschliessliche und persoenliche Leitung der erforderlichen Operationen. Er mag dabei im einzelnen Fehler genug gemacht haben, und vielleicht geht die lange Dauer der Kaempfe darauf mit zurueck; aber die Einheit des Oberbefehls, die klare Einsicht in den Zweck der Kriegfuehrung, die Folgerichtigkeit des staatsmaennischen Handelns, vor allem die Rechtschaffenheit und Festigkeit des seines schweren Amtes mit selbstvergessener Treue waltenden Mannes haben schliesslich den gefaehrlichen Ansturm gebrochen. Es ist dies ein um so hoeheres Verdienst, als der Erfolg mehr dem Charakter als dem Talent verdankt wird. Worauf man sich gefasst machte, zeigt die Tatsache, dass die Regierung, trotz des Mangels an Menschen und an Geld, in dem ersten Jahre dieses Krieges mit ihren Soldaten und auf ihre Kosten die Mauern der Hauptstadt Dalmatiens, Salonae, und der Hauptstadt Thrakiens, Philippopolis, herstellen liess; sicher sind dies nicht vereinzelte Anordnungen gewesen. Man musste sich darauf vorbereiten, die Nordlaender ueberall die grossen Staedte des Reiches berennen zu sehen; die Schrecken der Gotenzuege pochten schon an die Pforten und wurden vielleicht fuer diesmal nur dadurch abgewandt, dass die Regierung sie kommen sah. Die unmittelbare Oberleitung der militaerischen Operationen und die durch die Sachlage geforderte Regulierung der Beziehungen zu den Grenzvoelkern und Reformierung der bestehenden Ordnungen an Ort und Stelle durfte weder fehlen noch dem charakterlosen Bruder oder Einzelfuehrern ueberlassen werden. In der Tat aenderte sich die Lage der Dinge, sowie die beiden Kaiser in Aquileia eintrafen, um von dort mit dem Heer nach dem Kriegsschauplatz abzugehen. Die Germanen und Sarmaten, wenig in sich geeinigt und ohne gemeinschaftliche Leitung, fuehlten sich solchem Gegenschlag nicht gewachsen. Die eingedrungenen Haufen zogen ueberall sich zurueck; die Quaden sandten den kaiserlichen Statthaltern ihre Unterwerfung ein, und vielfach buessten die Fuehrer der gegen die Roemer gerichteten Bewegung diesen Rueckschlag mit dem Leben. Lucius meinte, dass der Krieg Opfer genug gefordert habe und riet zur Rueckkehr nach Rom. Aber die Markomannen verharrten in trotzigem Widerstand, und die Kalamitaet, die ueber Rom gekommen war, die Hunderttausende der weggeschleppten Gefangenen, die von den Barbaren errungenen Erfolge forderten gebieterisch eine kraeftigere Politik und die offensive Fortsetzung des Krieges. Marcus’ Schwiegersohn Tiberius Claudius Pompeianus uebernahm ausserordentlicherweise das Kommando in Raetien und Noricum; sein tuechtiger Unterbefehlshaber, der spaetere Kaiser Publius Helvius Pertinax, saeuberte ohne Schwierigkeit mit der aus Pannonien herbeigerufenen ersten Hilfslegion das roemische Gebiet. Trotz der Finanznot wurden namentlich aus illyrischen Mannschaften, bei deren Aushebung freilich mancher bisherige Strassenraeuber zum Landesverteidiger gemacht ward, zwei neue Legionen gebildet und, wie schon frueher angegeben ward, die bisher geringfuegige Grenzwacht dieser beiden Provinzen durch die neuen Legionslager von Regensburg und Enns verstaerkt. In die oberpannonischen Lager begaben sich die Kaiser selbst. Vor allen Dingen kam es darauf an, den Herd des Kriegsfeuers einzuschraenken. Die von Norden kommenden Barbaren, die ihre Hilfe anboten, wurden nicht zurueckgewiesen und fochten in roemischem Sold, soweit sie nicht, was auch vorkam, ihr Wort brachen und mit dem Feind gemeinschaftliche Sache machten. Den Quaden, welche um Frieden und um die Bestaetigung des neuen Koenigs Furtius baten, wurde diese bereitwillig zugestanden und nichts gefordert als Rueckgabe der Ueberlaeufer und der Gefangenen. Es gelang einigermassen, den Krieg auf die beiden Hauptgegner, die Markomannen und die von alters her ihnen verbuendeten Jazygen, zu beschraenken. Gegen diese beiden Voelker wurde in den folgenden Jahren in schweren Kaempfen und nicht ohne Niederlage gestritten. Wir wissen davon nur Einzelheiten, die sich nicht in festen Zusammenhang bringen lassen. Marcus Claudius Fronto, dem die ausserordentlicherweise vereinigten Kommandos von Obermoesien und Dakien anvertraut waren, fiel um das Jahr 171 im Kampfe gegen Germanen und Jazygen. Ebenso fiel vor dem Feind der Gardekommandant Marcus Macrinius Vindex. Sie und andere hochgestellte Offiziere erhielten in diesen Jahren Ehrendenkmaeler in Rom an der Saeule Traians, weil sie in Verteidigung des Vaterlandes den Tod gefunden hatten. Die barbarischen Staemme, die sich fuer Rom erklaert hatten, fielen zum Teil wieder ab, so die Cotiner und vor allem die Quaden, welche den fluechtigen Markomannen eine Freistatt gewaehrten und ihren Vasallenkoenig Furtius vertrieben, worauf Kaiser Marcus auf den Kopf seines Nachfolgers Ariogaesus einen Preis von 1000 Goldstuecken setzte. Erst im sechsten Kriegsjahr (172) scheint die voellige Ueberwindung der Markomannen erreicht worden zu sein und danach Marcus den wohlverdienten Siegestitel Germanicus angenommen zu haben. Es folgte dann die Niederwerfung der Quaden, endlich im Jahre 175 die der Jazygen, infolge deren der Kaiser den weiteren Beinamen des Sarmatensiegers empfing. Die Bedingungen, welche den ueberwundenen Voelkerschaften gestellt wurden, zeigen, dass Marcus nicht zu strafen beabsichtigte, sondern zu unterwerfen. Den Markomannen und den Jazygen, wahrscheinlich auch den Quaden, wurde auferlegt, einen Grenzstreifen am Flusse in der Breite von zwei, nach spaeterer Milderung von einer deutschen Meile zu raeumen. In die festen Plaetze am rechten Donauufer wurden roemische Besatzungen gelegt, die allein bei den Markomannen und Quaden zusammen sich auf nicht weniger als 20000 Mann beliefen. Alle Unterworfenen hatten Zuzug zum roemischen Heer zu stellen, die Jazygen zum Beispiel 8000 Reiter. Waere der Kaiser nicht durch die Insurrektion Syriens abgerufen worden, so haette er die letzteren ganz aus ihrer Heimat getrieben, wie Traianus die Daker. Dass Marcus die abgefallenen Transdanuvianer nach diesem Muster zu behandeln gedachte, bestaetigt der weitere Verlauf. Kaum war jenes Hindernis beseitigt, so ging der Kaiser wieder an die Donau und begann, eben wie Traianus, im Jahre 178 den zweiten, abschliessenden Krieg. Die Motivierung dieser Kriegserklaerung ist nicht bekannt; der Zweck wird ohne Zweifel richtig dahin angegeben, dass er zwei neue Provinzen, Marcomania und Sarmatia, einzurichten gedachte. Den Jazygen, die sich den Absichten des Kaisers fuegsam gezeigt haben werden, wurden die laestigen Auflagen groesstenteils erlassen, ja ihnen fuer den Verkehr mit ihren oestlich von Dakien hausenden Stammverwandten, den Roxolanern, der Durchgang durch Dakien unter angemessener Aufsicht gewaehrt – wahrscheinlich auch nur, weil sie schon als roemische Untertanen betrachtet wurden. Die Markomannen wurden durch Schwert und Hunger fast aufgerieben. Die verzweifelnden Quaden wollten nach Norden auswandern und bei den Semnonen sich Sitze suchen; aber auch dies wurde ihnen nicht gestattet, da sie die Aecker zu bestellen hatten, um die roemischen Besatzungen zu versorgen. Nach vierzehnjaehriger, fast ununterbrochener Waffenarbeit stand der Kriegsfuerst wider Willen am Ziel und die Roemer zum zweiten Mal vor der Gewinnung der oberen Elbe; jetzt fehlte in der Tat nur die Ankuendigung, das Gewonnene festhalten zu wollen. Da starb er, noch nicht sechzig Jahre alt, im Lager von Vindobona am 17. Maerz 180. Man wird nicht bloss die Entschlossenheit und die Konsequenz des Herrschers anerkennen, sondern auch einraeumen muessen, dass er tat, was die richtige Politik gebot. Die Eroberung Dakiens durch Traian war ein zweifelhafter Gewinn, obwohl eben in dem Markomannischen Krieg der Besitz Dakiens nicht bloss ein gefaehrliches Element aus den Reihen der Gegner Roms entfernt, sondern wahrscheinlich auch bewirkt hat, dass der Voelkerschwarm an der unteren Donau, die Bastarner, die Roxolaner und andere mehr in den Markomannenkrieg nicht eingegriffen haben. Aber nachdem der gewaltige Ansturm der Transdanuvianer westlich von Dakien die Niederwerfung derselben zur Notwendigkeit gemacht hatte, konnte diese nur in abschliessender Weise ausgefuehrt werden, indem Boehmen, Maehren und die Theissebene in die roemische Verteidigungslinie eingezogen wurden, wenn auch diesen Gebieten wohl nur, wie Dakien, eine Vorpostenstellung zugedacht war und die strategische Grenzlinie sicher die Donau bleiben sollte. Des Marcus Nachfolger, Kaiser Commodus, war im Lager anwesend, als der Vater starb und trat, da er die Krone schon seit mehreren Jahren dem Namen nach mit dem Vater teilte, mit dessen Tode sofort in den Besitz der unumschraenkten Gewalt. Nur kurze Zeit liess der neunzehnjaehrige Nachfolger die Vertrauensmaenner des Vaters, seinen Schwager Pompeianus und andere, die mit Marcus die schwere Last des Krieges getragen hatten, im Sinne desselben schalten. Commodus war in jeder Hinsicht das Gegenteil seines Vaters; kein Gelehrter, sondern ein Fechtmeister, so feig und charakterschwach, wie dieser entschlossen und konsequent, so traege und pflichtvergessen wie dieser taetig und gewissenhaft. Er gab nicht bloss die Einverleibung des gewonnenen Gebiets auf, sondern gewaehrte auch den Markomannen freiwillig Bedingungen, wie sie sie nicht hatten hoffen duerfen. Die Regulierung des Grenzverkehrs unter roemischer Kontrolle und die Verpflichtung, ihre den Roemern befreundeten Nachbarn nicht zu schaedigen, verstanden sich von selbst; aber die Besatzungen wurden aus ihrem Lande zurueckgezogen und nur das Gebot, den Grenzstreifen nicht zu besiedeln, festgehalten. Die Leistung von Abgaben und die Stellung von Rekruten wurde wohl ausbedungen, aber jene bald erlassen und diese sicher nie gestellt. Aehnlich ward mit den Quaden abgeschlossen und wird mit den uebrigen Transdanuvianern abgeschlossen worden sein. Damit waren die gemachten Eroberungen aufgegeben, und die vieljaehrige Kriegsarbeit war umsonst; wenn man nicht mehr wollte, so war eine aehnliche Ordnung der Dinge schon viel frueher zu erreichen. Dennoch hat der Markomannische Krieg die Suprematie Roms in diesen Landschaften fuer die Folgezeit sichergestellt, trotzdem Rom den Siegespreis aus der Hand gab. Nicht von den Staemmen, welche dabei beteiligt waren, ist der Stoss gefuehrt worden, dem die roemische Weltmacht erlag.
Eine andere bleibende Folge dieses Krieges haengt zusammen mit den durch denselben veranlassten Oberfuehrungen der Transdanuvianer in das Roemische Reich. An sich waren derartige Umsiedlungen zu aller Zeit vorgekommen; die unter Augustus nach Gallien verpflanzten Sugambrer, die nach Thrakien gesandten Daker waren nichts als neue, zu den frueher vorhandenen hinzutretende Untertanen oder Untertanengemeinden, und etwas anderes sind wohl auch die 3000 Naristen nicht gewesen, denen Marcus gestattete, ihre Sitze westlich von Boehmen mit solchen im Reich zu vertauschen, waehrend den sonst unbekannten Astingern an der dakischen Nordgrenze die gleiche Bitte abgeschlagen ward. Aber die nicht bloss im Donauland, sondern in Italien selbst, bei Ravenna, von ihm angesiedelten Germanen waren weder freie Untertanen noch eigentlich unfreie Leute; es sind dies die Anfaenge der roemischen Leibeigenschaft, des Kolonats, dessen Eingreifen in die Bodenwirtschaft des gesamten Staats in anderem Zusammenhang darzulegen ist. Jene ravennatische Ansiedlung hat indes keinen Bestand gehabt; die Leute lehnten sich auf und mussten wieder weggeschafft werden, so dass der neue Kolonat zunaechst auf die Provinzen, namentlich die Donaulandschaften, beschraenkt blieb.
Wiederum folgte auf den grossen Krieg an der mittleren Donau eine fast sechzigjaehrige Friedenszeit, deren Segen durch das waehrend derselben stetig steigende innere Missregiment nicht vollstaendig aufgehoben werden konnte. Wohl zeigt manche vereinzelte Nachricht, dass die Grenze, namentlich die am meisten exponierte dakische, nicht ohne Anfechtung blieb; aber vor allem das straffe Militaerregiment des Severus tat hier seine Schuldigkeit, und wenigstens Markomannen und Quaden erscheinen auch unter dessen naechsten Nachfolgern in unbedingter Abhaengigkeit, so dass der Sohn des Severus einen Quadenfuersten vor sich zitieren und ihm den Kopf vor die Fuesse legen konnte. Auch die in dieser Epoche an der unteren Donau gelieferten Kaempfe sind von untergeordnetem Belang. Aber wahrscheinlich hat in dieser Zeit eine umfassende Voelkerverschiebung von Nordosten her gegen das Schwarze Meer stattgefunden und die roemische Grenzwacht an der unteren Donau neuen und gefaehrlicheren Gegnern gegenuebergestellt. Bis auf diese Zeit hatten den Roemern dort vorzugsweise sarmatische Voelkerschaften gegenueber gestanden, unter denen sich die Roxolaner mit den Roemern am naechsten beruehrten; von Germanen sassen damals hier nur die seit langem in dieser Gegend heimischen Bastarner. Jetzt verschwinden die Roxolaner, vielleicht unter den dem Anschein nach, ihnen stammverwandten Carpern, welche fortan an der unteren Donau, etwa in den Taelern des Sereth und Pruth, die naechsten Nachbarn der Roemer sind. Neben die Carper, ebenfalls als unmittelbare Nachbarn der Roemer an der Donaumuendung, tritt das Volk der Goten. Dieser germanische Stamm ist nach der einheimischen Erzaehlung, die uns erhalten ist, von Skandinavien ueber die Ostsee nach der Weichselgegend und aus dieser zum Schwarzen Meer gewandert; damit uebereinstimmend kennen die roemischen Geographen des 2. Jahrhunderts sie an der Weichset und die roemische Geschichte seit dem ersten Drittel des dritten an der nordwestlichen Kueste des Schwarzen Meeres. Von da an erscheinen sie hier in stetigem Anschwellen; die Reste der Bastarner sind unter Kaiser Probus, die Reste der Carper unter Kaiser Diocletian vor ihnen auf das rechte Donauufer gewichen, waehrend ohne Zweifel ein grosser Teil dieser wie jener sich unter die Goten mischten und ihnen sich anschlossen. ueberall darf diese Katastrophe nur in dem Sinne als die des Gotenkrieges bezeichnet werden, wie die unter Marcus eingetretene von den Markomannen heisst; die ganze Masse der durch den Wanderstrom vom Nordosten zum Schwarzen Meer in Bewegung gesetzten Voelkerschaften ist daran beteiligt, und um so mehr beteiligt, als diese Angriffe ebenso zu Lande ueber die untere Donau, wie zu Wasser von der Nordkueste des Schwarzen Meeres aus in einer unentwirrbaren Verschlingung der Land- und der Seepiraterie erfolgten. Nicht unpassend nennt darum der gelehrte Athener, der in ihm gefochten und ihn erzaehlt hat, diesen Krieg vielmehr den Skythischen, indem er unter diesem, gleich dem pelasgischen die Verzweiflung der Historiker machenden Namen alle germanischen und nichtgermanischen Reichsfeinde zusammenfasst. Was ueber diese Zuege zu berichten ist, soll, soweit die der Verwirrung dieser schrecklichen Zeiten nur zu sehr entsprechende Verwirrung der Ueberlieferung es gestattet, hier zusammengefasst werden. Das Jahr 238, auch ein Vierkaiserjahr des Buergerkriegs, wird bezeichnet als dasjenige, in dem der Krieg gegen die hier zuerst genannten Goten begann ^20. Da die Muenzen von Tyra und Olbia mit Alexander (+ 235) aufhoeren, so sind diese ausserhalb der Reichsgrenze gelegenen roemischen Besitzungen wohl schon einige Jahre frueher eine Beute der neuen Feinde geworden. In jenem Jahr ueberschritten sie zuerst die Donau, und die noerdlichste der moesischen Kuestenstaedte, Istros, war das erste Opfer. Gordian, der aus den Wirren dieser Zeit als Herrscher hervorging, wird als Besieger der Goten bezeichnet; gewisser ist es, dass die roemische Regierung, wenn nicht schon frueher, so doch unter ihm, sich dazu verstand, die gotischen Einfaelle abzukaufen ^21. Begreiflicherweise forderten die Carper das gleiche, was der Kaiser den schlechteren Goten bewilligt habe; als die Forderung nicht gewaehrt ward, fielen sie im Jahre 245 in das roemische Gebiet ein. Kaiser Philippus – Gordianus war damals schon tot – schlug sie zurueck, und eine energische Aktion mit der vereinigten Kraft des grossen Reiches wuerde den Barbaren wohl hier Halt geboten haben. Aber in diesen Jahren fand der Kaisermoerder so sicher den Thron wie wiederum seinen Moerder und Nachfolger; eben in den gefaehrdeten Donaulandschaften rief die Armee gegen Kaiser Philippus erst den Marinus Pacatianus und nach dessen Beseitigung den Traianus Decius aus, welcher letztere in der Tat in Italien seinen Gegner ueberwand und als Herrscher anerkannt ward. Er war ein tuechtiger und tapferer Mann, nicht unwert der beiden Namen, die er trug, und trat, sowie er konnte, entschlossen in die Kaempfe an der Donau ein; aber was der inzwischen gefuehrte Buergerkrieg verdorben hatte, liess sich nicht mehr einbringen. Waehrend die Roemer miteinander schlugen, hatten die Goten und die Carper sich geeinigt und waren unter dem Gotenfuersten Cniva in das von Truppen entbloesste Moesien eingefallen. Der Statthalter der Provinz, Trebonianus Gallus, warf sich mit seiner Mannschaft nach Nikopolis am Haemus und wurde hier von den Goten belagert; diese raubten zugleich Thrakien aus und belagerten dessen Hauptstadt, das grosse und feste Philippopolis; ja sie gelangten bis nach Makedonien und berannten Thessalonike, wo der Statthalter Priscus eben diesen Moment geeignet fand, um sich zum Kaiser ausrufen zu lassen. Als Decius anlangte, um zugleich den Nebenbuhler und den Landesfeind zu bekaempfen, wurde wohl jener ohne Muehe beseitigt und gelang auch der Entsatz von Nikopolis, wo 30000 Goten gefallen sein sollen. Aber die nach Thrakien zurueckweichenden Goten siegten ihrerseits bei Beroe (Alt-Zagora), warfen die Roemer nach Moesien zurueck und bezwangen sowohl Nikopolis daselbst wie in Thrakien Anchialos und sogar Philippopolis, wo 100000 Menschen in ihre Gewalt gekommen sein sollen. Darauf zogen sie nordwaerts, um die ungeheure Beute in Sicherheit zu bringen. Decius entwarf den Plan, dem Feind bei dem Uebergang ueber die Donau einen Schlag zu versetzen. Er stellte eine Abteilung unter Gallus am Ufer auf und hoffte, diese auf die Goten werfen und ihnen den Rueckzug abschneiden zu koennen. Aber bei dem moesischen Grenzort Abrittus entschied das Kriegsglueck oder auch der Verrat des Gallus gegen ihn; Decius kam mit seinem Sohn um, und Gallus, der als sein Nachfolger ausgerufen ward, begann sein Regiment damit, den Goten die jaehrlichen Geldzahlungen abermals zuzusichern (251) ^22. Diese voellige Niederlage der roemischen Waffen wie der roemischen Politik, der Fall des Kaisers, des ersten, der im Kampf gegen die Barbaren das Leben verlor, eine Kunde, welche selbst in dieser, in der Gewohnheit des Unheils erschlaffenden Zeit tief die Gemueter erregte, die darauf folgende schimpfliche Kapitulation, stellte in der Tat die Integritaet des Reiches in Frage. Ernste Krisen an der mittleren Donau, wahrscheinlich der drohende Verlust Dakiens muessen die naechste Folge gewesen sein. Noch einmal ward dieser abgewandt: der Statthalter von Pannonien, Marcus Aemilius Aemilianus, ein guter Soldat, errang einen bedeutenden Waffenerfolg und trieb die Feinde ueber die Grenze. Aber die Nemesis waltete. Die Konsequenz dieses auf Gallus’ Namen erfochtenen Sieges war, dass die Armee dem Verraeter des Decius den Gehorsam aufkuendigte und ihren Feldherrn zu seinem Nachfolger erkor. Abermals ging also der Buergerkrieg der Grenzverteidigung vor, und waehrend Aemilianus in Italien zwar den Gallus ueberwand, aber bald darauf dem Feldherrn desselben, Valerianus, unterlag (254), ging Dakien, wie und an wen, wissen wir nicht ^23, dem Reiche verloren. Die letzte von dieser Provinz geschlagene Muenze und die juengste dort gefundene Inschrift sind vom Jahre 255, die letzte Muenze des benachbarten Viminacium in Obermoesien vom folgenden Jahre; in den ersten Jahren Valerians und Galliens also besetzten die Barbaren das roemische Gebiet am linken Ufer der Donau und drangen sicher auch hinueber auf das rechte. ——————————————— ^20 Die angebliche erste Erwaehnung der Goten in der Biographie Caracallas c. 10 beruht auf Missverstaendnis. Wenn wirklich ein Senator sich den boshaften Scherz gestattet hat, dem Moerder Getas den Namen Geticus beizulegen, weil er auf seinem Zug von der Donau nach dem Orient einige Getenschwaerme (tumultuariis proeliis) besiegt habe, so meinte er Daker, nicht die damals schwerlich dort wohnenden und dem roemischen Publikum kaum bekannten Goten, deren Gleichung mit den Geten auch gewiss erst spaeter erfunden ward. Uebrigens fuehrt noch weiter zurueck die Angabe, dass Kaiser Maximinus (235-238) der Sohn eines in das benachbarte Thrakien uebergesiedelten Goten gewesen sei; doch wird auch darauf nicht viel zu geben sein. ^21 Petrus Patricius fr. 8. Die Verwaltung des hier genannten Legaten von Untermoesien, Tullius Menophilus, ist durch Muenzen sicher auf die Zeit Gordians und mit Wahrscheinlichkeit auf 238-240 bestimmt (B. Borghesi, Oeuvres completes. Bd. 2, S. 227). Da der Anfang des Gotenkrieges und die Zerstoerung von Istros durch Dexippos (vita Max. et Balb. 16) auf 238 festgestellt ist, so liegt es nahe, die Uebernahme des Tributs damit in Zusammenhang zu bringen; auf jeden Fall ist er damals erneuert worden. Die vergeblichen Belagerungen von Markianopolis und Philippopolis durch die Goten (Dexippus fr. 18, 19) moegen auf die Einnahme von Istros gefolgt sein. Iordanes (Get. 16, 92) setzt die erstere unter Philippus, ist aber in chronologischen Fragen kein gueltiger Zeuge. ^22 Die Berichte ueber diese Vorgaenge bei Zosimus (bist. 1, 21-24), Zonaras (12, 20), Ammian (31, 5, 16 u. 17) (welche Nachrichten bis zu der Philippopolis betreffenden dadurch, dass diese bei Zosimus wiederkehrt, als hierher gehoerig fixiert werden), obwohl alle fragmentarisch oder zerruettet, duerften aus dem Bericht des Dexippus, wovon fr. 16 u. 19 erhalten sind, geflossen sein und lassen sich einigermassen vereinigen. Dieselbe Quelle liegt auch den Kaiserbiographien und Iordanes zu Grunde; beide aber haben sie in dem Grade entstellt und verfaelscht, dass von ihren Angaben nur mit grosser Vorsicht Gebrauch gemacht werden kann. Unabhaengig ist Aur. Vict. Caes. 29. ^23 Vielleicht bezieht sich darauf der Einbruch der Markomannen bei Zos. hist. 1, 29.
——————————————— Bevor wir die Entwicklung der Dinge an der unteren Donau weiter verfolgen, erscheint es notwendig, einen Blick zu werfen auf die Piraterie, wie sie in der oestlichen Haelfte des Mittelmeeres damals im Gange war, und die daraus hervorgegangenen Seezuege der Goten und ihrer Genossen. Dass auf dem Schwarzen Meer die roemische Flotte zu keiner Zeit entbehrlich, die Piraterie daselbst wahrscheinlich nie ausgerottet worden ist, liegt im Wesen der Roemerherrschaft, wie sie an seinen Kuesten sich gestaltet hatte. In festem Besitz waren sie nur etwa von der Donaumuendung abwaerts bis Trapezunt. Roemisch waren freilich auch einerseits Tyra, an der Muendung des Dnjestr, und Olbia, an der Bucht der Dnjeprmuendung, andererseits die kaukasischen Hafenorte in der Gegend des heutigen Suchum-Kaleh, Dioskurias und Pityus. Auch das dazwischenliegende Bosporanische Koenigreich auf der Krim stand in roemischem Schutz und hatte roemische, dem Statthalter von Moesien unterstehende Besatzung. Aber es waren an diesen groesstenteils wenig einladenden Gestaden nur jene Hafenplaetze entweder als alte griechische Ansiedlungen oder als roemische Festungen in festem Besitz, die Kueste selbst oede oder in den Haenden der das Binnenland erfuellenden Eingeborenen, die unter dem allgemeinen Namen der Skythen zusammengefasst, meistens sarmatischer Abkunft, den Roemern niemals botmaessig wurden noch werden sollten; man war zufrieden, wenn sie sich nicht geradezu an den Roemern oder deren Schutzbefohlenen vergriffen. Danach ist es nicht zu verwundern, dass schon in Tiberius’ Zeit die Piraten der Ostkueste nicht bloss das Schwarze Meer unsicher machten, sondern auch landeten und die Doerfer und die Staedte der Kueste brandschatzten. Wenn unter Pius oder Marcus eine Schar der an dem nordwestlichen Ufer hausenden Kostoboker die im Herzen von Phokis gelegene Binnenstadt Elateia ueberfiel und unter deren Mauern mit den Buergern sich herumschlug, so zeigt dieser gewiss nur zufaellig fuer uns einzeln dastehende Vorgang, dass dieselben Erscheinungen, welche dem Sturz des Senatsregiments voraufgingen, jetzt sich erneuerten und noch bei aeusserlich unerschuettert aufrecht stehender Reichsgewalt nicht bloss einzelne Piratenschiffe, sondern Piratengeschwader im Schwarzen und selbst im Mittelmeere kreuzten. Das nach dem Tode des Severus und vor allem nach dem Ausgang der letzten Dynastie deutlich erkennbare Sinken des Regiments offenbarte sich dann, wie billig, vor allem in dem weiteren Verfall der Seepolizei. Die im einzelnen wenig zuverlaessigen Berichte melden bereits in der Zeit vor Decius das Erscheinen einer grossen Piratenflotte im Aegaeischen Meer; dann unter Decius die Pluenderung der pamphylischen Kueste und der griechisch-asiatischen Inseln, unter Gallus Piratenstreifereien in Kleinasien bis nach Pessinus und Ephesos ^24. Dies waren Raeuberzuege. Diese Gesellen pluenderten die Kuesten weit und breit, und machten auch, wie man sieht, dreiste Zuege in das Binnenland; aber von zerstoerten Staedten wird nichts gemeldet, und die Piraten vermieden es, mit den roemischen Truppen zusammenzustossen; vorzugsweise richtete sich der Angriff gegen solche Landschaften, in denen keine Truppen standen.
———————————————- ^24 Amm. Marc. 31, 5, 15: duobus navium milibus perrupto Bosporo et litoribus Propontidis Scythicarum gentium catervae transgressae ediderunt quidem acerbas terra marique strages: sed amissa suorum parte maxima reverterunt, worauf die Katastrophe der Decier erzaehlt und in diese die weitere Notiz eingeflochten wird: obsessae Pamphyliae civitates (dahin wird die Belagerung von Side gehoeren, bei Dexippus selbst fr. 23), insulae populatae complures, ebenso die Belagerung von Kyzikos. Wenn in diesem Rueckblick nicht alles verwirrt ist, was bei Ammian doch nicht wohl angenommen werden kann, so faellt dies vor diejenigen Seefahrten, die mit der Belagerung von Pityus beginnen und mehr ein Teil der Voelkerwanderung sind als Piratenzuege. Die Zahl der Schiffe freilich duerfte durch Gedaechtnisfehler von dem Zug des Jahres 269 hierher uebertragen sein. In denselben Zusammenhang gehoert die Notiz bei Zosimus (hist. 1, 28) ueber die Skythenzuege in Asien und Kappadokien bis Ephesos und Pessinus. Die Nachricht ueber Ephesos in der Biographie Gallienus’ c. 6 ist dieselbe, aber der Zeit nach verschoben.
———————————————- Unter Valerianus nehmen diese Expeditionen einen anderen Charakter an. Die Art der Zuege weicht von den frueheren so sehr ab, dass der an sich nicht besonders wichtige Zug der Boraner gegen Pityus unter Valerianus von kundigen Berichterstattern geradezu als der Anfang dieser Bewegung bezeichnet werden konnte ^25 und dass die Piraten eine Zeitlang in Kleinasien mit dem Namen dieser uns sonst nicht bekannten Voelkerschaft genannt wurden. Nicht mehr von den alten einheimischen Anwohnern des Schwarzen Meeres gehen diese Zuege aus, sondern von den nachdraengenden Schwaermen. Was bis dahin Seeraub gewesen war, faengt an, ein Stueck derjenigen Voelkerverschiebung zu werden, welcher das Vordringen der Goten an die untere Donau angehoert. Die beteiligten Voelker sind sehr mannigfach und zum Teil wenig bekannt; bei den spaeteren Zuegen scheinen die germanischen Heruler, damals Anwohner der Maeotis, eine fuehrende Rolle gespielt zu haben. Beteiligt sind auch die Goten, indes soweit es sich um eigentliche Seefahrten handelt und ueber diese leidlich genaue Berichte vorliegen, nicht in hervorragender Weise; recht eigentlich diese Zuege heissen richtiger skythische als gotische. Der maritime Mittelpunkt dieser Angriffe ist die Dnjestrmuendung, der Hafen von Tyra ^26. Die griechischen Staedte des Bosporus, durch den Bankrott der Reichsgewalt schutzlos den andraengenden Haufen preisgegeben und der Belagerung durch dieselben gewaertig, liessen halb gezwungen, halb freiwillig sich dazu herbei, die unbequemen neuen Nachbarn auf ihren Schiffen und durch ihre Seeleute nach den naechstgelegenen roemischen Besitzungen an der Nordkueste des Pontus ueberzufuehren, wofuer diesen selbst die noetigen Mittel und das noetige Geschick mangelte. So kam jene Expedition gegen Pityus zustande. Die Boraner wurden gelandet und sandten, auf den Erfolg vertrauend, die Schiffe zurueck. Aber der entschlossene Befehlshaber von Pityus, Successianus, wies den Angriff ab und die Angreifer, den Anmarsch der uebrigen roemischen Besatzungen befuerchtend, zogen eilig ab, wozu sie muehsam die noetigen Fahrzeuge beschafften. Aufgegeben aber war der Plan nicht; im naechsten Jahr kamen sie wieder, und da der Kommandant inzwischen gewechselt war, ergab sich die Festung. Die Boraner, welche diesmal die bosporanischen Schiffe festgehalten hatten und aus gepressten Schiffsleuten und gefangenen Roemern deren Bemannung beschafften, bemaechtigten sich weithin der Kueste und gelangten bis nach Trapezunt. In diese gut befestigte und stark besetzte Stadt hatte alles sich gefluechtet und zu einer wirklichen Belagerung waren die Barbaren nicht imstande. Aber die Fuehrung der Roemer war schlecht und die Kriegszucht so verfallen, dass nicht einmal die Mauer besetzt wurde; so erstiegen die Barbaren dieselbe bei Nachtzeit, ohne auch nur Gegenwehr zu finden, und in der grossen und reichen Stadt fiel ungeheure Beute, darunter auch eine Anzahl von Schiffen, in ihre Haende. Gluecklich kehrten sie aus dem fernen Lande zurueck an die Maeotis. ————————————————— ^25 Bei Zosimus selbst wird man voelliges Verstaendnis dafuer nicht erwarten; aber sein Gewaehrsmann Dexippus, der Zeitgenosse und Beteiligte, wusste wohl, warum er die bithynische Expedition die deytera ephodos nannte (Zos. hist. 1, 35); und auch bei Zosimus noch erkennt man deutlich den von Dexippus beabsichtigten Gegensatz der Expedition der Boraner gegen Pityus und Trapezunt zu den hergebrachten Piratenfahrten. In der Biographie des Gallienus wird die c. 11 unter dem Jahre 264 erzaehlte skythische Expedition nach Kappadokien die trapezuntische sein sowie die damit verknuepfte bithynische die, welche Zosimus die zweite nennt; verwirrt ist hier freilich alles. ^26 Dies sagt Zosimus (hist. 1, 42) und folgt auch aus dem Verhaeltnis der Bosporaner zu dem ersten (1, 32) und dem des ersten zu dem zweiten Zug (1, 34). ————————————————— Ein zweiter, durch diesen Erfolg angeregter Zug anderer, aber benachbarter skythischer Haufen im folgenden Winter richtete sich gegen Bithynien; es ist bezeichnend fuer die zerruetteten Verhaeltnisse, dass der Anstifter dieses Zuges ein Grieche aus Nikomedeia, Chrysogonos, war, und dass er fuer den gluecklichen Erfolg von den Barbaren hochgeehrt ward. Diese Expedition wurde, da die noetige Zahl von Schiffen nicht zu beschaffen war, teils zu Lande, teils zu Wasser unternommen; erst in der Naehe von Byzanz gelang es den Piraten, sich einer betraechtlichen Zahl von Fischerbooten zu bemaechtigen, und so gelangten sie an die asiatische Kueste nach Kalchedon, dessen starke Besatzung auf diese Kunde davonlief. Nicht bloss diese Stadt geriet in ihre Hand, sondern auch an der Kueste Nikomedeia, Kios, Apameia, im Binnenland Nikaea und Prusa; Nikomedeia und Nikaea brannten sie nieder und gelangten bis zum Rhyndakos. Von da aus fuhren sie heim, beladen mit den Schaetzen des reichen Landes und seiner ansehnlichen Staedte.
Schon der Zug gegen Bithymen war zum Teil auf dem Landweg unternommen worden; um so mehr setzten die Angriffe, die gegen das europaeische Griechenland gerichtet wurden, sich aus Land- und Seeraubfahrten zusammen. Wenn Moesien und Thrakien auch nicht dauernd von den Goten besetzt wurden, so kamen und gingen sie doch hier, gleich als waeren sie zu Hause, und streiften von da aus weit nach Makedonien hinein. Selbst Achaia erwartete unter Valerianus von dieser Seite her den Einbruch; die Thermopylen und der Isthmos wurden verrammelt und die Athener gingen daran, ihre seit Sullas Belagerung in Truemmern liegenden Mauern wiederherzustellen. Damals und auf diesem Wege kamen die Barbaren nicht. Aber unter Gallienus erschien eine Flotte von 500 Segeln, diesmal vornehmlich Heruler, vor dem Hafen von Byzanz, das indes seine Wehrhaftigkeit noch nicht eingebuesst hatte; die Schiffe der Byzantier schlugen gluecklich die Raeuber ab. Diese fuhren weiter, zeigten sich an der asiatischen Kueste vor dem frueher nicht angegriffenen Kyzikos und gelangten von da ueber Lemnos und Imbros nach dem eigentlichen Griechenland. Athen, Korinth, Argos, Sparta wurden gepluendert und zerstoert. Es war immer etwas, dass, wie in den Zeiten der Perserkriege, die Buerger des zerstoerten Athen, 2000 an der Zahl, den abziehenden Barbaren einen Hinterhalt legten und unter Fuehrung ihres ebenso gelehrten wie tapferen Vormanns Publius Herennius Dexippus aus dem altadligen Geschlecht der Keryken, mit Unterstuetzung der roemischen Flotte, den Piraten einen namhaften Verlust beibrachten. Auf der Heimkehr, die zum Teil auf dem Landweg erfolgte, griff Kaiser Gallienus sie in Thrakien am Fluss Nestos an und toetete ihnen eine betraechtliche Anzahl Leute ^27.
—————————————— ^27 Dexippus’ Bericht ueber diesen Zug geben im Auszug Synkellos (p. 717) (wo anelontos fuer anelontes gelesen werden muss), Zosimus (hist. 1, 39) und der Biograph des Gallienus (c. 13). Ein Bruchstueck seiner eigenen Erzaehlung ist fr. 22. Bei dem Fortsetzer des Dio, von dem Zonaras abhaengt, ist der Vorgang unter Claudius gesetzt, durch Irrtum oder durch Faelschung, die dem Gallienus diesen Sieg nicht goennte. Die Biographie des Gallienus erzaehlt den Vorgang, wie es scheint, zweimal, zuerst kurz c. 6 unter dem Jahre 262, dann besser unter oder nach 265 (c. 13).
—————————————— Um das Mass des Unheils vollstaendig zu uebersehen, muss man hinzunehmen, dass in diesem in Scherben gehenden Reiche und vor allem in den vom Feind ueberschwemmten Provinzen ein Offizier nach dem andern nach der Krone griff, die es kaum noch gab. Es lohnt der Muehe nicht, die Namen dieser ephemeren Purpurtraeger zu verzeichnen; die Lage zeichnet, dass nach der Verwuestung Bithyniens durch die Piraten Kaiser Valerian es unterliess, einen ausserordentlichen Kommandanten dorthin zu schicken, weil ihm jeder General, nicht ohne Grund, als Rivale galt. Dies hat mitgewirkt bei dem fast durchaus passiven Verhalten der Regierung gegenueber dieser schweren Not. Doch ist andererseits unzweifelhaft ein guter Teil dieser unverantwortlichen Passivitaet auf die Persoenlichkeit der Herrscher zurueckzufuehren; Valerianus war schwach und bejahrt, Gallienus fahrig und wuest, und der Lenkung des Staatsschiffs im Sturme weder jener noch dieser gewachsen. Marcianus, dem Gallienus nach dem Einfall in Achaia das Kommando in diesen Gegenden uebertragen hatte, operierte nicht ohne Erfolg; aber zu einer wirklichen Wendung zum Besseren kam es nicht, solange Gallienus den Thron einnahm.
Nach Gallienus’ Ermordung (268), vielleicht auf die Kunde von dieser, unternahmen die Barbaren, wieder unter Fuehrung der Heruler, aber diesmal mit vereinigten Kraeften, einen Ansturm gegen die Reichsgrenzen, wie er also noch nicht dagewesen war, mit einer maechtigen Flotte und wahrscheinlich gleichzeitig zu Lande, von der Donau aus ^28. Die Flotte hatte in der Propontis viel von Stuermen zu leiden; dann teilte sie sich und es gingen die Goten teils gegen Thessalien und Griechenland vor, teils gegen Kreta und Rhodos; die Hauptmasse begab sich nach Makedonien und drang von da in das Binnenland ein, ohne Zweifel in Verbindung mit den in Thrakien eingerueckten Haufen. Aber den oft belagerten, jetzt bis aufs aeusserste gebrachten Thessalonikern brachte Kaiser Claudius, der persoenlich mit starker Macht heranrueckte, endlich Entsatz; er trieb die Goten vor sich her das Tal des Axios (Vardar) hinauf und weiter ueber die Berge hinueber nach Obermoesien; nach mancherlei Kaempfen mit wechselndem Kriegsglueck erfocht er hier im Moravatal bei Naissus einen glaenzenden Sieg, in welchem 50000 Feinde gefallen sein sollen. Die Goten wichen in Aufloesung zurueck, in der Richtung erst auf Makedonien, dann durch Thrakien zum Haemus, um die Donau zwischen sich und den Feind zu bringen. Fast haette ihnen ein Zwist im roemischen Lager, diesmal zwischen Infanterie und Reiterei, noch einmal Luft gemacht; aber als es zum Schlagen kam, ertrugen die Reiter es doch nicht, ihre Kameraden im Stich zu lassen und so siegte die vereinigte Armee abermals. Eine schwere Seuche, welche in all den Jahren der Not, aber besonders damals in diesen Gegenden und vor allem in den Heeren wuetete, tat zwar auch den Roemern grossen Schaden – Kaiser Claudius selbst erlag ihr -, aber das grosse Heer der Nordlaender wurde voellig aufgerieben und die zahlreichen Gefangenen in die roemischen Heere eingereiht oder zu Leibeigenen gemacht. Auch die Hydra der Militaerrevolutionen wurde einigermassen gebaendigt; Claudius und nach ihm Aurelianus waren in anderer Weise Herren im Reich, als dies von Gallienus gesagt werden kann. Die Erneuerung der Flotte, wozu unter Gallienus ein Anfang gemacht worden war, wird nicht gefehlt haben. Das traianische Dakien war und blieb verloren; Aurelianus zog die dort sich noch haltenden Posten heraus und gab den vertriebenen oder zur Auswanderung geneigten Besitzern neue Wohnstaetten auf dem moesischen Ufer. Aber Thrakien und Moesien, die eine Zeitlang mehr den Goten als den Roemern gehoert hatten, kehrten unter roemische Herrschaft zurueck, und wenigstens die Donaugrenze ward wieder befestigt. ———————————————– ^28 In unserer Ueberlieferung erscheint dieser Zug als eine reine Seefahrt, unternommen mit (wahrscheinlich) 2000 Schiffen (so die Biographie des Claudius; die Zahlen 6000 und 900, zwischen denen die Ueberlieferung bei Zos. hist. 1, 42, schwankt, sind wohl beide verdorben) und 320000 Menschen. Indes ist es wenig glaublich dass Dexippus, auf den diese Angaben zurueckgehen muessen die letztere Ziffer in dieser Weise hat setzen koennen. Andererseits ist bei der Richtung des Zuges zunaechst gegen Tomis und Markianopolis es mehr als wahrscheinlich, dass dabei das von Zos. hist. 1, 34 beschriebene Verfahren befolgt ward und ein Teil zu Lande marschierte, und unter dieser Voraussetzung mochte auch ein Zeitgenosse die Zahl der Angreifer wohl auf jene Ziffer schaetzen. Auch zeigt der Verlauf des Feldzugs, namentlich der Ort der Entscheidungsschlacht, dass man es keineswegs bloss mit einer Flotte zu tun hatte. ———————————————– Man wird diesen Goten- und Skythenzuegen zu Lande und zur See, welche die zwanzig Jahre 250 bis 269 ausfuellen, nicht die Bedeutung beilegen duerfen, dass die ausschwaermenden Haufen darauf bedacht gewesen waeren, die Landschaften, die sie betraten, in bleibenden Besitz zu nehmen. Ein solcher Plan ist nicht einmal fuer Moesien und Thrakien nachweisbar, geschweige denn fuer die entfernteren Kuesten; schwerlich waren auch die Angreifer zahlreich genug, um eigentliche Invasionen zu unternehmen. Wie das schlechte Regiment der letzten Herrscher und vor allem die Unzuverlaessigkeit der Truppen viel mehr als die Uebermacht der Barbaren die Ueberflutung des Gebietes durch Land- und Seeraeuber hervorriefen, so zog die Wiederherstellung der inneren Ordnung und das energische Auftreten der Regierung von selbst die Befreiung desselben nach sich. Noch konnte der roemische Staat nicht gebrochen werden, wenn er nicht sich selber brach. Immer aber war es ein grosses Werk, das Regiment so wieder zusammenzunehmen, wie Claudius es getan hat. Wir wissen noch etwas weniger von ihm, als von den meisten Regenten dieser Zeit, da die wahrscheinlich fiktive Zurueckfuehrung des konstantinischen Stammbaumes auf ihn sein Bild nach der platten Vollkommenheitsschablone uebermalt hat; aber diese Anknuepfung selbst, sowie die zahllosen nach seinem Tode ihm zu Ehren geschlagenen Muenzen beweisen, dass er der naechsten Generation als der Retter des Staates galt, und sie wird darin nicht geirrt haben. Ein Vorspiel der spaeteren Voelkerwanderung sind diese Skythenzuege allerdings; und die Staedtezerstoerung, welche sie vor den gewoehnlichen Piratenfahrten auszeichnet, hat damals in einem Umfang stattgefunden, dass der Wohlstand wie die Bildung Griechenlands und Kleinasiens sich niemals davon erholt haben.
An der wiederhergestellten Donaugrenze befestigte Aurelianus den erfochtenen Sieg, indem er die Defensive wiederum offensiv fuehrte und die Donau an ihrer Muendung ueberschreitend, jenseits derselben sowohl die Carper schlug, die seitdem zu den Roemern im Schutzverhaeltnis standen, wie auch die Goten unter ihrem Koenig Canabaudes. Sein Nachfolger Probus nahm, wie schon angegeben ward, die Ueberreste der von den Goten bedraengten Bastarner herueber auf das roemische Ufer, ebenso im Jahre 295 Diocletian die Reste der Carper. Dies deutet darauf hin, dass jenseits des Flusses das Reich der Goten sich konsolidierte; aber weiter kamen sie auch nicht. Die Grenzbefestigungen wurden verstaerkt; Gegen-Aquincum (contra Aquincum, Pest) ist im Jahre 294 angelegt worden. Die Piratenfahrten verschwanden nicht voellig. Unter Tacitus zeigten sich Schwaerme von der Maeotis in Kilikien. Die Franken, die Probus am Schwarzen Meer angesiedelt hatte, verschafften sich Fahrzeuge und fuhren heim nach ihrer Nordsee, nachdem sie unterwegs an der sizilischen und der afrikanischen Kueste gepluendert hatten. Auch zu Lande ruhten die Waffen nicht, wie denn die zahlreichen Sarmatensiege Diocletians alle, und ein Teil seiner germanischen, auf die Donaugegenden fallen werden; aber erst unter Konstantin kam es wieder zu einem ernsthaften Kriege mit den Goten, der gluecklich verlief. Das Uebergewicht Roms stand seit Claudius’ gotischem Siege wieder so fest wie vorher. Die eben entwickelte Kriegsgeschichte blieb auf die innere Ordnung des roemischen Staats- und Heerwesens nicht ohne allgemeine und bleibende militaerisch-politische Rueckwirkung. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Rheinheere, in der fruehen Kaiserzeit die fuehrenden in der Armee, ihren Primat schon unter Traian an die Donaulegionen abgaben. Wenn unter Augustus sechs Legionen im Donau- und acht im Rheinland standen, so zaehlten nach den dakischen Kriegen Domitians und Traians im 2. Jahrhundert die Rheinlager nur vier, die Donaulager zehn, nach dem Markomannischen sogar zwoelf Legionen. Nachdem seit Hadrian aus der Armee, abgesehen von den Offizieren, das italische Element verschwunden war und im ganzen genommen jedes Regiment sich in der Gegend, in welcher es lagerte, auch rekrutierte, waren die meisten Soldaten der Donauarmee und nicht weniger die aus dem Gliede hervorgegangenen Centurionen in Pannonien, Dakien, Moesien, Thrakien zu Hause. Auch die neuen, unter Marcus gebildeten Legionen gingen aus Illyricum hervor, und die ausserordentlichen Ergaenzungen, deren die Truppen damals bedurften, wurden wahrscheinlich ebenfalls vorzugsweise aus den Gegenden genommen, in denen die Heere standen. Also war der Primat der Donauarmeen, den der Dreikaiserkrieg der severischen Zeit feststellte und steigerte, zugleich ein Primat der illyrischen Soldaten; und es kam dies bei der Reform der Garde unter Severus zu sehr energischem Ausdruck. In die hoeheren Kreise des Regiments griff dieser Primat nicht eigentlich ein, solange die Offizierstellung noch mit der Reichsbeamtenstellung zusammenfiel, obwohl die ritterliche Laufbahn dem gemeinen Soldaten durch das Zwischenglied des Centurionats zu allen Zeiten zugaenglich war und also die Illyriker auch in jene schon frueh eindrangen, wie denn bereits im Jahre 235 ein geborener Thraker, Gaius Iulius Verus Maximinus, im Jahre 248 ein geborener Pannonier, Traianus Decius, auf diesem Wege sogar zum Purpur gelangt sind. Aber als dann Gallienus in allerdings nur zu gerechtfertigtem Misstrauen die Rangklasse der Senatoren von dem Offizierdienst ausschloss, erstreckte sich notwendigerweise, was bisher von den Soldaten galt, auch auf die Offiziere. Es ist also nur in der Ordnung, dass die der Donauarmee angehoerigen, meistens aus den illyrischen Gegenden herstammenden Soldaten seitdem auch im Regiment die erste Rolle spielen und, soweit die Armee die Kaiser machte, diese ebenfalls der Mehrzahl nach Illyriker sind. Also folgen auf Gallienus der Dardaner Claudius, Aurelianus aus Moesien, Probus aus Pannonien, Diocletianus aus Dalmatien, Maximianus aus Pannonien, Constantius aus Dardanien, Galerius aus Serdica; von den letztgenannten hebt ein unter der konstantinischen Dynastie schreibender Schriftsteller die Herkunft aus Illyricum hervor und fuegt hinzu, dass sie mit wenig Bildung, aber guter Vorschulung durch Feldarbeit und Kriegsdienst treffliche Herrscher gewesen seien. Was die Albanesen lange Zeit dem Tuerkischen Reich gewesen sind, das haben ihre Vorfahren dem roemischen Kaiserstaat, als dieser bei aehnlicher Zerruettung und aehnlicher Barbarei angelangt war, in gleicher Weise geleistet. Nur darf die illyrische Regeneration des roemischen Kaisertums nicht etwa als eine nationale Reorganisation aufgefasst werden; es war lediglich die soldatische Stuetzung eines durch das Missregiment vornehm geborener Herrscher voellig herabgekommenen Reiches. Die Demilitarisierung Italiens war vollstaendig geworden, und Herrscherrecht ohne kriegerische Kraft erkennt die Geschichte nicht an.
7. Kapitel
Das griechische Europa
Mit der allgemeinen geistigen Entwicklung der Hellenen hatte die politische ihrer Republiken sich nicht im Gleichgewicht gehalten, oder vielmehr die Ueberschwenglichkeit jener hatte, wie die allzu volle Bluete den Kelch sprengt, keinem einzelnen Gemeinwesen verstattet, diejenige Ausdehnung und Stetigkeit zu gewinnen, welche fuer die staatliche Ausgestaltung vorbedingend ist. Die Kleinstaaterei der einzelnen Staedte oder Staedtebuende musste in sich verkuemmern oder den Barbaren verfallen; nur der Panhellenismus verbuergte, wie den Fortbestand der Nation, so ihre Weiterentwicklung gegenueber den stammfremden Umwohnern. Er ward verwirklicht durch den Vertrag, den Koenig Philipp von Makedonien, der Vater Alexanders, in Korinth mit den Staaten von Hellas abschloss. Es war dies dem Namen nach ein Bundesvertrag, in der Tat die Unterwerfung der Republiken unter die Monarchie, aber eine Unterwerfung, welche nur dem Ausland gegenueber sich vollzog, indem die unumschraenkte Feldherrnschaft gegen den Nationalfeind von fast allen Staedten des griechischen Festlandes dem makedonischen Feldherrn uebertragen, sonst ihnen die Freiheit und die Autonomie gelassen ward, und es war, wie die Verhaeltnisse lagen, dies die einzig moegliche Realisierung des Panhellenismus und die im wesentlichen fuer die Zukunft Griechenlands massgebende Form. Philipp und Alexander gegenueber hat sie Bestand gehabt, wenn auch die hellenischen Idealisten wie immer das realisierte Ideal als solches anzuerkennen sich straeubten. Als dann Alexanders Reich zerfiel, war es wie mit dem Panhellenismus selbst, so auch mit der Einigung der griechischen Staedte unter der monarchischen Vormacht vorbei und rieben diese in Jahrhunderten ziellosen Ringens ihre letzte geistige und materielle Macht auf, hin- und hergezogen zwischen der wechselnden Herrschaft der uebermaechtigen Monarchien und vergeblichen Versuchen, unter dem Schutz des Haders derselben den alten Partikularismus zu restaurieren. Als dann die maechtige Republik des Westens in den bisher einigermassen gleichgewogenen Kampf der Monarchien des Ostens eintrat und bald sich maechtiger als jeder der dort miteinander ringenden griechischen Staaten erwies, erneuerte sich mit der festen Vormachtstellung auch die panhellenische Politik. Hellenen im vollen Sinn des Worts waren weder die Makedonier noch die Roemer; es ist nun einmal der tragische Zug der griechischen Entwicklung, dass das attische Seereich mehr eine Hoffnung als eine Wirklichkeit war und das Einigungswerk nicht aus dem eigenen Schoss der Nation hat hervorgehen duerfen. Wenn in nationaler Hinsicht die Makedonier den Griechen naeher standen als die Roemer, so war das Gemeinwasen Roms den hellenischen politisch bei weitem mehr wahlverwandt als das makedonische Erbkoenigtum. Was aber die Hauptsache ist, die Anziehungskraft des griechischen Wesens ward von den roemischen Buergern wahrscheinlich nachhaltiger und tiefer empfunden als von den Staatsmaennern Makedoniens, eben weil jene ihm ferner standen als diese. Das Begehren, sich wenigstens innerlich zu hellenisieren, der Sitte und der Bildung, der Kunst und der Wissenschaft von Hellas teilhaftig zu werden, auf den Spuren des grossen Makedoniers Schild und Schwert der Griechen des Ostens sein und diesen Osten nicht italisch, sondern hellenistisch weiter zivilisieren zu duerfen, dieses Verlangen durchdringt die spaeteren Jahrhunderte der roemischen Republik und die bessere Kaiserzeit mit einer Macht und einer Idealitaet, welche fast nicht minder tragisch ist als jenes nicht zum Ziel gelangende politische Muehen der Hellenen. Denn auf beiden Seiten wird Unmoegliches erstrebt: dem hellenischen Panhellenismus ist die Dauer versagt und dem roemischen Hellenismus der Vollgehalt. Indes hat er darum nicht weniger die Politik der roemischen Republik wie die der Kaiser wesentlich bestimmt. Wie sehr auch die Griechen, namentlich im letzten Jahrhundert der Republik, den Roemern es bewiesen, dass ihre Liebesmuehe eine verlorene war, es hat dies weder an der Muehe noch an der Liebe etwas geaendert.
Die Griechen Europas waren von der roemischen Republik zu einer einzigen, nach dem Hauptlande Makedonien benannten Statthalterschaft zusammengefasst worden. Wenn diese mit dem Beginn der Kaiserzeit administrativ aufgeloest ward, so wurde damals gleichzeitig dem gesamten griechischen Harnen eine religioese Gemeinschaft verliehen, die sich anschloss an die alte, des Gottesfriedens wegen eingefuehrte und dann zu politischen Zwecken missbrauchte Delphische Amphiktyonie. Unter der roemischen Republik war dieselbe im wesentlichen auf die urspruenglichen Grundlagen zurueckgefuehrt worden: Makedonien sowohl wie Aetolien, die sich beide usurpatorisch eingedraengt hatten, wurden wieder ausgeschieden und die Amphiktyonie umfasste abermals nicht alle, aber die meisten Voelkerschaften Thessaliens und des eigentlichen Griechenlands. Augustus veranlasste die Erstreckung des Bundes auf Epirus und Makedonien und machte ihn dadurch im wesentlichen zum Vertreter des hellenischen Landes in dem weiteren, dieser Epoche allein angemessenen Sinne. Eine bevorzugte Stellung nahmen in diesem Verein neben dem altheiligen Delphi die beiden Staedte Athen und Nikopolis ein, jene die Kapitale des alten, diese nach Augustus’ Absicht die des neuen kaiserlichen Hellenentums ^1. Diese neue Amphiktyonie hat eine gewisse Aehnlichkeit mit der Landesversammlung der drei Gallien; in aehnlicher Weise wie fuer diese der Kaiseraltar bei Lyon war der Tempel des pythischen Apollon der religioese Mittelpunkt der griechischen Provinzen. Indes waehrend jenem daneben eine geradezu politische Wirksamkeit zugestanden hat, so besorgten die Amphiktyonen dieser Epoche ausser der eigentlich religioesen Feier lediglich die Verwaltung des delphischen Heiligtums und seiner immer noch betraechtlichen Einkuenfte ^2. Wenn ihr Vorsteher sich in spaeterer Zeit die “Helladarchie” zuschreibt, so ist diese Herrschaft ueber Griechenland lediglich ein idealer Begriff. ^3 Immer aber bleibt die offizielle Konservierung der griechischen Nationalitaet ein Kennzeichen der Haltung, welche das neue Kaisertum gegen dieselbe einnimmt, und seines den republikanischen weit ueberbietenden Philhellenismus.
—————————————— ^1 Die Ordnung der Delphischen Amphiktyonie unter der roemischen Republik erhellt namentlich aus der delphischen Inschrift CIL III, p. 987 (vgl. BCH 7,1883, S. 427f.). Den Verein bildeten damals siebzehn Voelkerschaften mit zusammen 24 Stimmen, saemtlich dem eigentlichen Griechenland oder Thessalien angehoerig; Aetolien, Epirus, Makedonien fehlen. Nach der Umgestaltung durch Augustus (Paus. 10, 8) blieb diese Organisation im uebrigen bestehen, nur dass durch Beschraenkung der unverhaeltnismaessig zahlreichen thessalischen die Stimmen der bisher vertretenen Voelkerschaften auf achtzehn herabgemindert wurden; dazu traten neu Nikopolis in Epirus mit sechs und Makedonien ebenfalls mit sechs Stimmen. Ferner sollten die sechs Stimmen von Nikopolis ein fuer allemal gefuehrt werden, ebenso wie dies blieb fuer die zwei von Delphi und die eine von Athen, die uebrigen Stimmen dagegen von den Verbaenden, so dass zum