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  • 1854-1856
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denn die bei dem Hausgericht zugezogenen Blutsverwandten hatten nicht zu richten, sondern nur den richtenden Hausvater zu beraten. Es ist die hausherrliche Macht aber nicht bloss wesentlich unbeschraenkt und keinem auf der Erde verantwortlich, sondern auch, so lange der Hausherr lebt, unabaenderlich und unzerstoerlich. Nach den griechischen wie nach den deutschen Rechten ist der erwachsene, tatsaechlich selbstaendige Sohn auch rechtlich von dem Vater frei; die Macht des roemischen Hausvaters vermag bei dessen Lebzeiten nicht das Alter, nicht der Wahnsinn desselben, ja nicht einmal sein eigener freier Wille aufzuheben, nur dass die Person des Gewalthabers wechseln kann: denn allerdings kann das Kind im Wege der Adoption in eines andern Vaters Gewalt kommen, die Tochter durch eine rechte Ehe aus der Hand des Vaters uebergehen in die Hand des Mannes und, aus ihrem Geschlecht und Gottesschutz in das Geschlecht und den Gottesschutz des Mannes eintretend, ihm nun untertan werden, wie sie bisher es ihrem Vater war. Nach roemischem Recht ist es dem Knechte leichter gemacht, sich von dem Herrn, als dem Sohne, sich von dem Vater zu loesen; die Freilassung des ersteren ward frueh und in einfachen Formen gestattet, die Freigebung des letzteren wurde erst viel spaeter und auf weiten Umwegen moeglich gemacht. Ja, wenn der Herr den Knecht und der Vater den Sohn verkauft und der Kaeufer beide freigibt, so erlangt der Knecht die Freiheit, der Sohn aber faellt durch die Freilassung vielmehr zurueck in die fruehere vaeterliche Gewalt. So ward durch die unerbittliche Konsequenz, mit der die vaeterliche und eheherrliche Gewalt von den Roemern aufgefasst wurde, dieselbe in wahres Eigentumsrecht umgewandelt. Indes, bei aller Annaeherung der hausherrlichen Gewalt ueber Weib und Kind an die Eigentumsgewalt ueber Sklaven und Vieh blieben dennoch die Glieder der Familie von der Familienhabe nicht bloss tatsaechlich, sondern auch rechtlich aufs schaerfste getrennt. Die hausherrliche Gewalt, auch abgesehen davon, dass sie nur innerhalb des Hauses sich wirksam erzeigt, ist voruebergehender und gewissermassen stellvertretender Art. Weib und Kind sind nicht bloss um des Hausvaters willen da, wie das Eigentum nur fuer den Eigentuemer, wie in dem absoluten Staat die Untertanen nur fuer den Koenig vorhanden sind; sie sind wohl auch Gegenstand des Rechts, aber doch zugleich eigenberechtigt, nicht Sachen, sondern Personen. Ihre Rechte ruhen nur der Ausuebung nach, weil die Einheit des Hauses im Regiment einen einheitlichen Repraesentanten erfordert; wenn aber der Hausherr stirbt, so treten die Soehne von selbst als Hausherren ein und erlangen nun ihrerseits ueber die Frauen und Kinder und das Vermoegen die bisher vom Vater ueber sie geuebten Rechte, wogegen durch den Tod des Herrn die rechtliche Stellung des Knechtes in nichts sich aendert. ————————————————— ^1 Es gilt dies nicht bloss von der alten religioesen Ehe (matrimonium confarreatione), sondern auch die Zivilehe (matrimonium consensu) gab zwar nicht an sich dem Manne Eigentumsgewalt ueber die Frau, aber es wurden doch die Rechtsbegriffe der foermlichen Tradition (coemptio) und der Verjaehrung (usus) ohne weiteres auf dieselbe angewandt und dadurch dem Ehemann der Weg geoeffnet, Eigentumsgewalt ueber die Frau zu gewinnen. Bis er sie gewann, also namentlich in der bis zur Vollendung der Verjaehrung verfliessenden Zeit, war das Weib, ganz wie bei der spaeteren Ehe mit causae probatio bis zu dieser, nicht uxor, sondern pro uxore; bis in die Zeit der ausgebildeten Rechtswissenschaft erhielt sich dieser Satz, dass die nicht in der Gewalt des Mannes stehende Frau nicht Ehefrau sei, sondern nur dafuer gelte (uxor tantummodo habetur. Cic. top. 3, 14).
^2 Die folgende Grabschrift, obwohl einer viel spaeteren Zeit angehoerig, ist nicht unwert, hier zu stehen. Es ist der Stein, der spricht. Kurz, Wandrer ist mein Spruch: halt’ an und lies ihn durch. Es deckt der schlechte Grabstein eine schoene Frau. Mit Namen nannten Claudia die Eltern sie; Mit eigner Liebe liebte sie den eignen Mann; Zwei Soehne gebar sie; einen liess auf Erden sie Zurueck, den andern barg sie in der Erde Schoss. Sie war von artiger Rede und von edlem Gang, Versah ihr Haus und spann. Ich bin zu Ende, geh. Vielleicht noch bezeichnender ist die Auffuehrung des Wollspinnens unter lauter sittlichen Eigenschaften, die in roemischen Grabschriften nicht ganz selten ist. Orelli 4639: optima et pulcherrima, lanifica pia pudica frugi casta domiseda. Orelli 4860: modestia probitate pudicitia obsequio lanificzo diligentia fide par similisque cetereis probeis feminis fuit. Grabschrift der Turia 1, 30: domestica bona pudicitiae, obsequi, comitatis, facilitatis, lanificiis [tuis adsiduitatis, religionis] sine superstitione, ornatus non conspiciendi, cultus modici.
———————————— Indes war die Einheit der Familie so maechtig, dass selbst der Tod des Hausherrn sie nicht vollstaendig loeste. Die durch denselben selbstaendig gewordenen Deszendenten betrachten dennoch in mancher Hinsicht sich noch als eine Einheit, wovon bei der Erbfolge und in vielen anderen Beziehungen Gebrauch gemacht wird, vor allen Dingen aber, um die Stellung der Witwe und der unverheirateten Toechter zu ordnen. Da nach aelterer roemischer Ansicht das Weib nicht faehig ist, weder ueber andere noch ueber sich die Gewalt zu haben, so bleibt die Gewalt ueber sie oder, wie sie mit milderem Ausdruck heisst, die Hut (tutela), bei dem Hause, dem sie angehoert, und wird statt des verstorbenen Hausherrn jetzt ausgeuebt durch die Gesamtheit der naechsten maennlichen Familienglieder, regelmaessig also ueber die Muetter durch die Soehne, ueber die Schwestern durch die Brueder. In diesem Sinne dauerte die einmal gegruendete Familie unveraendert fort, bis der Mannesstamm ihres Urhebers ausstarb; nur musste freilich von Generation zu Generation faktisch das Band sich lockern und zuletzt selbst die Moeglichkeit des Nachweises der urspruenglichen Einheit verschwinden. Hierauf, und hierauf allein, beruht der Unterschied der Familie und des Geschlechts, oder, nach roemischem Ausdruck, der Agnaten und der Gentilen. Beide bezeichnen den Mannesstamm; die Familie aber umfasst nur diejenigen Individuen, welche von Generation zu Generation aufsteigend den Grad ihrer Abstammung von einem gemeinschaftlichen Stammherrn dartun koennen, das Geschlecht dagegen auch diejenigen, welche bloss die Abstammung selbst von einem gemeinschaftlichen Ahnherrn, aber nicht mehr vollstaendig die Zwischenglieder, also nicht den Grad, nachzuweisen vermoegen. Sehr klar spricht sich das in den roemischen Namen aus, wenn es heisst: “Quintus, Sohn des Quintus, Enkel des Quintus und so weiter, der Quintier”, so reicht die Familie so weit, als die Aszendenten individuell bezeichnet werden, und wo sie endlich aufhoert, tritt ergaenzend ein das Geschlecht, die Abstammung von dem gemeinschaftlichen Urahn, der auf alle seine Nachkommen den Namen der Quintuskinder vererbt hat. Diesen streng geschlossenen, unter der Gewalt eines lebenden Herrn vereinigten oder aus der Aufloesung solcher Haeuser hervorgegangenen Familien- und Geschlechtseinheiten gehoerten ausserdem noch an zwar nicht die Gaeste, das sind die Glieder anderer gleichartiger Kreise, welche voruebergehend in einem fremden Hause verweilen, und ebensowenig die Sklaven, welche rechtlich nur als Habe, nicht als Glieder des Hauses angesehen werden, aber wohl die Hoerigen (clientes, von cluere), das heisst diejenigen Individuen, die, ohne freie Buerger irgendeines Gemeinwesens zu sein, doch in einem solchen im Zustande geschuetzter Freiheit sich befanden. Dahin gehoerten teils die landfluechtigen Leute, die bei einem fremden Schutzherrn Aufnahme gefunden hatten, teils diejenigen Knechte, denen gegenueber der Herr auf den Gebrauch seiner Herrenrechte vorlaeufig verzichtet, ihnen die tatsaechliche Freiheit geschenkt hatte. Es war dies Verhaeltnis in seiner Eigentuemlichkeit nicht ein streng rechtliches wie das zu dem Gast; der Hoerige blieb ein unfreier Mann, fuer den Treuwort und Herkommen die Unfreiheit milderte. Darum bilden die “Hoerigen” (clientes) des Hauses in Verbindung mit den eigentlichen Knechten die von dem Willen des “Buergers” (patronus, wie patricius) abhaengige “Knechtschaft” (familia); darum ist nach urspruenglichem Recht der Buerger befugt, das Vermoegen des Klienten teilweise oder ganz wieder an sich zu ziehen, ihn vorkommenden Falls in die Sklaverei zurueckzuversetzen, ja ihn am Leben zu strafen; und es sind nur tatsaechliche Verschiedenheiten, wenn gegen den Klienten nicht so leicht wie gegen den wirklichen Knecht die volle Schaerfe dieses hausherrlichen Rechtes hervorgekehrt wird und wenn auf der andern Seite die sittliche Verpflichtung des Herrn, fuer seine eigenen Leute zu sorgen und sie zu vertreten, bei dem tatsaechlich freier gestellten Klienten groessere Bedeutung gewinnt als bei dem Sklaven. Ganz besonders musste die faktische Freiheit des Klienten der rechtlichen da sich naehern, wo das Verhaeltnis durch mehrere Generationen hindurchgegangen war: wenn der Freilasser und der Freigelassene selber gestorben waren, konnte das Herrenrecht ueber die Nachkommen des Freigelassenen von den Rechtsnachfolgern des Freilassers nicht ohne schreiende Impietaet in Anspruch genommen werden. Also bildete schon in dem Hause selbst sich ein Kreis abhaengig freier Leute, die von den Knechten sich ebenso unterschieden wie von den gleichberechtigten Geschlechtsgenossen. Auf diesem roemischen Hause beruht der roemische Staat sowohl den Elementen als der Form nach. Die Volksgemeinde entstand aus der wie immer erfolgten Zusammenfuegung jener alten Geschlechtsgenossenschaften der Romilier, Voltinier, Fabier und so ferner, das roemische Gebiet aus den vereinigten Marken dieser Geschlechter; roemischer Buerger war, wer einem jener Geschlechter angehoerte. Jede innerhalb des Kreises in den ueblichen Formen abgeschlossene Ehe galt als echte roemische und begruendete fuer die Kinder das Buergerrecht; wer in unrechter oder ausser der Ehe erzeugt war, war aus dem Gemeindeverband ausgeschlossen. Deshalb nannten die roemischen Buerger sich die “Vaterkinder” (patricii), insofern nur sie rechtlich einen Vater hatten. Die Geschlechter wurden mit allen in ihnen zusammengeschobenen Familien dem Staat, wie sie bestanden, einverleibt. Die haeuslichen und Geschlechterkreise blieben innerhalb des Staates bestehen; allein dem Staate gegenueber galt die Stellung in denselben nicht, so dass der Haussohn im Hause unter, aber in politischen Pflichten und Rechten neben dem Vater stand. Die Stellung der Schutzbefohlenen aenderte sich natuerlich dahin, dass die Freigelassenen und die Klienten eines jeden Schutzherrn um seinetwillen in der ganzen Gemeinde geduldet wurden; zwar blieben sie zunaechst angewiesen auf den Schutz derjenigen Familie, der sie angehoerten, aber es lag doch auch in der Sache, dass von dem Gottesdienst und den Festlichkeiten der Gemeinde die Schutzbefohlenen der Gemeindeglieder nicht gaenzlich ausgeschlossen werden konnten, wenn auch die eigentlichen buergerlichen Rechte wie die eigentlichen buergerlichen Lasten selbstverstaendlich dieselben nicht trafen. Um so mehr galt dies von den Schutzbefohlenen der Gesamtschaft. So bestand der Staat wie das Haus aus den eigenen und den zugewandten Leuten, den Buergern und den Insassen. Wie die Elemente des Staates die auf der Familie ruhenden Geschlechter sind, so ist auch die Form der Staatsgemeinschaft im einzelnen wie im ganzen der Familie nachgebildet. Dem Hause gibt die Natur selbst den Vater, mit dem dasselbe entsteht und vergeht. In der Volksgemeinde aber, die unvergaenglich bestehen soll, findet sich kein natuerlicher Herr, wenigstens in der roemischen nicht, die aus freien und gleichen Bauern bestand und keines Adels von Gottes Gnaden sich zu ruehmen vermochte. Darum wird einer aus ihrer Mitte ihr Leiter (rex) und Herr im Hause der roemischen Gemeinde, wie denn auch in spaeterer Zeit in oder neben seiner Wohnung der ewig flammende Herd und die wohlversperrte Vorratskammer der Gemeinde, die roemische Vesta und die roemischen Penaten zu finden sind – sie alle die sichtbare Einheit des obersten Hauses darstellend, das ganz Rom einschloss. Das Koenigsamt beginnt, wenn das Amt erledigt und der Nachfolger bezeichnet ist, sofort und von Rechts wegen; aber vollen Gehorsam ist die Gemeinde dem Koenig erst schuldig, wenn er die Versammlung der waffenfaehigen Freien zusammenberufen und sie foermlich in Pflicht genommen hat. Alsdann hat er ganz die Macht in der Gemeinde, die im Hause dem Hausvater zukommt, und herrscht wie dieser auf Lebenszeit. Er verkehrt mit den Goettern der Gemeinde, die er befragt und befriedigt (auspicia publica), und ernennt alle Priester und Priesterinnen. Die Vertraege, die er abschliesst im Namen der Gemeinde mit Fremden, sind verpflichtend fuer das ganze Volk, obwohl sonst kein Gemeindeglied durch einen Vertrag mit dem Nichtmitglied der Gemeinschaft gebunden wird. Sein Gebot (imperium) ist allmaechtig im Frieden wie im Kriege, weshalb die Boten (lictores, von licere laden) mit Beilen und Ruten ihm ueberall voranschreiten, wo er in amtlicher Funktion auftritt. Er allein hat das Recht, oeffentlich zu den Buergern zu reden, und er ist es, der die Schluessel zu dem Gemeindeschatz fuehrt. Ihm steht wie dem Vater das Zuechtigungsrecht und die Gerichtsbarkeit zu. Er erkennt Ordnungsstrafen, namentlich Stockschlaege wegen Versehen im Kriegsdienst. Er sitzt zu Gericht in allen privaten und kriminellen Rechtshaendeln und entscheidet unbedingt ueber Leben und Tod wie ueber die Freiheit, so dass er dem Buerger den Mitbuerger an Knechtes Statt zusprechen oder auch den Verkauf desselben in die wirkliche Sklaverei, also ins Ausland anordnen kann; der Berufung an das Volk um Begnadigung nach gefaelltem Bluturteil stattzugeben, ist er berechtigt, jedoch nicht verpflichtet. Er bietet das Volk zum Kriege auf und er befehligt das Heer; nicht minder aber muss er bei Feuerlaerm persoenlich auf der Brandstelle erscheinen. Wie der Hausherr im Hause nicht der Maechtigste ist, sondern der allein Maechtige, so ist auch der Koenig nicht der erste, sondern der einzige Machthaber im Staate; er mag aus den der heiligen oder der Gemeindesatzungen besonders kundigen Maennern Sachverstaendigenvereine bilden und deren Rat einfordern; er mag, um sich die Uebung der Gewalt zu erleichtern, einzelne Befugnisse andern uebertragen, die Mitteilungen an die Buergerschaft, den Befehl im Kriege, die Entscheidung der minder wichtigen Prozesse, die Aufspuerung der Verbrechen; er mag namentlich, wenn er den Stadtbezirk zu verlassen genoetigt ist, einen Stadtvogt (praefectus urbi) mit der vollen Gewalt eines Stellvertreters daselbst zuruecklassen; aber jede Amtsgewalt neben der koeniglichen ist aus dieser abgeleitet und jeder Beamte nur durch den Koenig und so lange dieser will im Amt. Alle Beamten der aeltesten Zeit, der ausserordentliche Stadtvogt sowohl wie die Abteilungsfuehrer (tribuni, von tribus Teil) des Fussvolks (milites) und der Reiterei (celeres), sind nichts als Beauftragte des Koenigs und keineswegs Magistrate im spaeteren Sinn. Eine aeussere rechtliche Schranke hat die Koenigsgewalt nicht und kann sie nicht haben; fuer den Herrn der Gemeinde gibt es so wenig einen Richter innerhalb der Gemeinde wie fuer den Hausherrn innerhalb des Hauses. Nur der Tod beendigt seine Macht. Die Wahl des neuen Koenigs steht bei dem Rat der Alten, auf den im Fall der Vakanz das “Zwischenkoenigtum” (interregnum) uebergeht. Eine formelle Mitwirkung bei der Koenigswahl kommt der Buergerschaft erst nach der Ernennung zu; rechtlich ruht das Koenigtum auf dem dauernden Kollegium der Vaeter (patres), das durch den interimistischen Traeger der Gewalt den neuen Koenig auf Lebenszeit einsetzt. Also wird “der hohe Goettersegen, unter dem die beruehmte Roma gegruendet ist”, von dem ersten koeniglichen Empfaenger in stetiger Folge auf die Nachfolger uebertragen und die Einheit des Staats trotz des Personenwechsels der Machthaber unveraenderlich bewahrt. Diese Einheit des roemischen Volkes, die im religioesen Gebiet der roemische Diovis darstellt, repraesentiert rechtlich der Fuerst, und darum ist auch seine Tracht die des hoechsten Gottes; der Wagen selbst in der Stadt, wo sonst jedermann zu Fuss geht, der Elfenbeinstab mit dem Adler, die rote Gesichtsschminke, der goldene Eichenkranz kommen dem roemischen Gott wie dem roemischen Koenig in gleicher Weise zu. Aber man wuerde sehr irren, darum aus der roemischen Verfassung eine Theokratie zu machen; nie sind den Italienern die Begriffe Gott und Koenig in aegyptischer und orientalischer Weise ineinander verschwommen. Nicht der Gott des Volkes ist der Koenig, sondern viel eher der Eigentuemer des Staats. Darum weiss man auch nichts von besonderer goettlicher Begnadigung eines Geschlechts oder von irgendeinem geheimnisvollen Zauber, danach der Koenig von anderem Stoff waere als andere Menschen; die edle Abkunft, die Verwandtschaft mit frueheren Regenten ist eine Empfehlung, aber keine Bedingung; vielmehr kann rechtlich jeder zu seinen Jahren gekommene und an Geist und Leib gesunde roemische Mann zum Koenigtum gelangen ^3. Der Koenig ist also eben nur ein gewoehnlicher Buerger, den Verdienst oder Glueck, vor allem aber die Notwendigkeit, dass einer Herr sein muesse in jedem Hause, zum Herrn gesetzt haben ueber seinesgleichen, den Bauer ueber Bauern, den Krieger ueber Krieger. Wie der Sohn dem Vater unbedingt gehorcht und doch sich nicht geringer achtet als den Vater, so unterwirft sich der Buerger dem Gebieter, ohne ihn gerade fuer seinen Besseren zu halten. Darin liegt die sittliche und faktische Begrenzung der Koenigsgewalt. Der Koenig konnte zwar, auch ohne gerade das Landrecht zu brechen, viel Unbilliges tun; er konnte den Mitstreitern ihren Anteil an der Beute schmaelern, er konnte uebermaessige Fronden auflegen oder sonst durch Auflagen unbillig eingreifen in das Eigentum des Buergers; aber wenn er es tat, so vergass er, dass seine Machtfuelle nicht von Gott kam, sondern unter Gottes Zustimmung von dem Volke, das er vertrat, und wer schuetzte ihn, wenn dieses wieder des Eides vergass, den es ihm geschworen? Die rechtliche Beschraenkung aber der Koenigsgewalt lag darin, dass er das Gesetz nur zu ueben, nicht zu aendern befugt war, jede Abweichung vom Gesetze vielmehr entweder von der Volksversammlung und dem Rat der Alten zuvor gutgeheissen sein musste oder ein nichtiger und tyrannischer Akt war, dem rechtliche Folgen nicht entsprangen. So ist sittlich und rechtlich die roemische Koenigsgewalt im tiefsten Grunde verschieden von der heutigen Souveraenitaet und ueberhaupt im modernen Leben so wenig vom roemischen Hause wie vom roemischen Staat ein entsprechendes Abbild vorhanden.
———————————————– ^3 Dass Lahmheit vom hoechsten Amte ausschloss, sagt Dionys. Dass das roemische Buergertum Bedingung wie des Konsuls so auch des Koenigtums war, versteht sich so sehr von selbst, dass es kaum der Muehe wert ist, die Fabeleien ueber den Buerger von Cures noch ausdruecklich abzuweisen. ———————————————– Die Einteilung der Buergerschaft ruht auf der Pflegschaft, der curia (wohl mit curare = coerare, koiranos verwandt); zehn Pflegschaften bilden die Gemeinde; jede Pflegschaft stellt hundert Mann zum Fussheer (daher mil-es, wie equ-es, der Tausendgaenger), zehn Reiter und zehn Ratmaenner. Bei kombinierten Gemeinden erscheint eine jede derselben natuerlich als Teil (tribus) der ganzen Gemeinde (tota umbrisch und oskisch) und vervielfaeltigt sich die Grundzahl mit der Zahl der Teile. Diese Einteilung bezog sich zwar zunaechst auf den Personalbestand der Buergerschaft, ward aber ebenso auch angewandt auf die Feldmark, soweit diese ueberhaupt aufgeteilt war. Dass es nicht bloss Teil-, sondern auch Kurienmarken gab, kann um so weniger bezweifelt werden, als unter den wenigen ueberlieferten roemischen Kuriennamen neben anscheinend gentilizischen, wie zum Beispiel Faucia, auch sicher oertliche, zum Beispiel Veliensis, vorkommen; eine jede derselben umfasste in dieser aeltesten Zeit der Feldgemeinschaft eine Anzahl der Geschlechtsmarken, von denen schon die Rede war.
In ihrer einfachsten Gestalt ^4 begegnet diese Verfassung in dem Schema der spaeterhin unter roemischem Einfluss entstandenen latinischen oder Buergergemeinden; durchgaengig zaehlten dieselben hundert Ratmaenner (centumviri). Aber auch in der aeltesten Tradition ueber das dreiteilige Rom, welche demselben dreissig Kurien, dreihundert Reiter, dreihundert Senatoren; dreitausend Fusssoldaten beilegt, treten durchgaengig dieselben Normalzahlen hervor.
—————————————— ^4 Selbst in Rom, wo die einfache Zehnkurienverfassung sonst frueh verschwunden ist, findet sich noch eine praktische Anwendung derselben, und merkwuerdig genug eben bei demjenigen Formalakt, den wir auch sonst Grund haben, unter allen deren unsere Rechtsueberlieferung gedenkt fuer den aeltesten zuhalten, bei der Confarreatio. Es scheint kaum zweifelhaft, dass deren zehn Zeugen dasselbe in der Zehnkurien-, was die dreissig Liktoren in der Dreissigkurienverfassung sind.
——————————————- Nichts ist gewisser, als dass dieses aelteste Verfassungsschema nicht in Rom entstanden, sondern uraltes, allen Latinern gemeinsames Recht ist, vielleicht sogar ueber die Trennung der Staemme zurueckreicht. Die in solchen Dingen sehr glaubwuerdige roemische Verfassungstradition, die fuer alle uebrigen Einteilungen der Buergerschaft eine Geschichte hat, laesst einzig die Kurieneinteilung entstehen mit der Entstehung der Stadt; und damit im vollsten Einklang erscheint die Kurienverfassung nicht bloss in Rom, sondern tritt in dem neuerlich aufgefundenen Schema der latinischen Gemeindeordnungen auf als wesentlicher Teil des latinischen Stadtrechts ueberhaupt. Der Kern dieses Schemas war und blieb die Gliederung in Kurien. Die “Teile” koennen schon deshalb kein wesentliches Moment gewesen sein, weil ihr Vorkommen ueberhaupt wie nicht minder ihre Zahl zufaellig ist; wo es deren gab, kam ihnen sicher keine andere Bedeutung zu, als dass das Andenken an eine Epoche, wo diese Teile selber Ganze gewesen waren, sich in ihnen bewahrte ^5. Es ist nirgends ueberliefert, dass der einzelne Teil einen Sondervorstand und Sonderzusammenkuenfte gehabt habe; und die grosse Wahrscheinlichkeit spricht dafuer, dass im Interesse der Einheit des Gemeinwesens den Teilen, aus denen es zusammengeschmolzen war, dergleichen in der Tat nie verstattet worden sind. Selbst im Heere zaehlte das Fussvolk zwar soviel Anfuehrerpaare, als es Teile gab; aber es befehligte nicht jedes dieser Kriegstribunenpaare das Kontingent einer Tribus, sondern sowohl jeder einzelne Kriegstribun wie alle zusammen geboten ueber das gesamte Fussheer. Die Geschlechter sind unter die einzelnen Kurien verteilt, die Grenzen derselben wie die des Hauses durch die Natur gegeben. Darauf, dass die gesetzgebende Gewalt modifizierend in diese Kreise eingegriffen hat, das grosse Geschlecht in Zweige gespalten und es als doppeltes gezaehlt oder mehrere schwache zusammengeschlagen, fuehrt in der roemischen Ueberlieferung schlechterdings keine Spur; auf jeden Fall ist dies nur in so beschraenkter Weise geschehen, dass der verwandtschaftliche Grundcharakter des Geschlechtes dadurch nicht veraendert worden ist. Es wird darum weder die Zahl der Geschlechter, noch viel weniger die der Haeuser gedacht werden duerfen als rechtlich fixiert; wenn die Kurie hundert Mann zu Fuss und zehn Reiter zu stellen hatte, so ist es weder ueberliefert noch glaublich, dass man aus jedem Geschlecht einen Reiter und aus jedem Hause einen Fussgaenger genommen hat. Das einzig funktionierende Glied in dem aeltesten Verfassungsorganismus ist die Kurie, deren es zehn, oder wo mehrere Teile waren, je zehn auf jeden Teil gab. Eine solche Pflegschaft war eine wirkliche korporative Einheit, deren Mitglieder wenigstens zu gemeinsamen Festen sich versammelten, die auch jede unter einem besonderen Pfleger (curio) standen und einen eigenen Priester (flamen curialis) hatten; ohne Zweifel wurde auch nach Kurien ausgehoben und geschaetzt, und im Ding trat die Buergerschaft nach Kurien zusammen und stimmte nach Kurien ab. Indes kann diese Ordnung nicht zunaechst der Abstimmung wegen eingefuehrt sein, da man sonst sicherlich die Zahl der Abteilungen ungerade gemacht haben wuerde. ——————————————————- ^5 Es liegt dies schon im Namen. Der “Teil” ist, wie der Jurist weiss, nichts als ein ehemaliges oder auch ein kuenftiges Ganze, also in der Gegenwart ohne alle Realitaet.
——————————————————- So schroff der Buerger dem Nichtbuerger gegenueberstand, so vollkommen war innerhalb der Buergerschaft die Rechtsgleichheit. Vielleicht gibt es kein Volk, das in unerbittlich strenger Durchfuehrung des einen wie des andern Satzes es den Roemern jemals gleichgetan hat. Die Schaerfe des Gegensatzes zwischen Buergern und Nichtbuergern bei den Roemern tritt vielleicht nirgends mit solcher Deutlichkeit hervor wie in der Behandlung der uralten Institution des Ehrenbuergerrechts, welches urspruenglich bestimmt war, diesen Gegensatz zu vermitteln. Wenn ein Fremder durch Gemeindebeschluss in den Kreis der Buerger hineingenommen ward, so konnte er zwar sein bisheriges Buergerrecht aufgeben, wo er dann voellig in die neue Gemeinschaft uebertrat, aber auch jenes mit dem ihm neu gewaehrten verbinden. So war es aelteste Sitte und so ist es in Hellas immer geblieben, wo auch spaeterhin nicht selten derselbe Mann in mehreren Gemeinden gleichzeitig verbuergert war. Allein das lebendiger entwickelte Gemeindegefuehl Latiums duldete es nicht, dass man zweien Gemeinden zugleich als Buerger angehoeren koenne, und liess fuer den Fall, wo der neugewaehlte Buerger nicht die Absicht hatte, sein bisheriges Gemeinderecht aufzugeben, dem nominellen Ehrenbuergerrecht nur die Bedeutung der gastrechtlichen Freundschaft und Schutzverpflichtung, wie sie auch Auslaendern gegenueber von jeher vorgekommen war.
Aber mit dieser strengen Einhaltung der Schranken gegen aussen ging Hand in Hand, dass aus dem Kreise der roemischen Buergergemeinde jede Rechtsverschiedenheit der Glieder unbedingt ferngehalten wurde. Dass die innerhalb des Hauses bestehenden Unterschiede, welche freilich nicht beseitigt werden konnten, innerhalb der Gemeinde wenigstens ignoriert wurden, wurde bereits erwaehnt; derselbe, der als Sohn dem Vater zu eigen untergeben war, konnte also als Buerger in den Fall kommen ihm als Herr zu gebieten. Standesvorzuege aber gab es nicht; dass die Titier den Ramnern, beide den Lucerern in der Reihe vorangingen, tat ihrer rechtlichen Gleichstellung keinen Eintrag. Die Buergerreiterei, welche in dieser Zeit zum Einzelgefecht vor der Linie zu Pferd oder auch zu Fuss verwandt ward und mehr eine Eliten- oder Reservetruppe als eine Spezialwaffe war, also durchaus die wohlhabendste, bestgeruestete und bestgeuebte Mannschaft in sich schloss, war natuerlich angesehener als das Buergerfussvolk; aber auch dieser Gegensatz war rein tatsaechlicher Art und der Eintritt in die Reiterei ohne Zweifel jedem Patrizier gestattet. Es war einzig und allein die verfassungsmaessige Gliederung der Buergerschaft, welche rechtliche Unterschiede hervorrief; im uebrigen war die rechtliche Gleichheit aller Gemeindeglieder selbst in der aeusserlichen Erscheinung durchgefuehrt. Die Tracht zeichnete wohl den Vorsteher der Gemeinde vor den Gliedern derselben, den erwachsenen dienstpflichtigen Mann vor dem noch nicht heerbannfaehigen Knaben aus; uebrigens aber durfte der Reiche und Vornehme wie der Arme und Niedriggeborene oeffentlich nur erscheinen in dem gleichen einfachen Umwurf (toga) von weissem Wollenstoff. Diese vollkommene Rechtsgleichheit der Buerger ist ohne Zweifel urspruenglich begruendet in der indogermanischen Gemeindeverfassung, aber in dieser Schaerfe der Auffassung und Durchfuehrung doch eine der bezeichnendsten und der folgenreichsten Eigentuemlichkeiten der latinischen Nation; und wohl mag man dabei sich erinnern, dass in Italien keine den latinischen Einwanderern botmaessig gewordene Rasse aelterer Ansiedlung und geringerer Kulturfaehigkeit begegnet und damit die hauptsaechliche Gelegenheit mangelte, woran das indische Kastenwesen, der spartanische und thessalische und wohl ueberhaupt der hellenische Adel und vermutlich auch die deutsche Staendescheidung angeknuepft hat. Dass der Staatshaushalt auf der Buergerschaft ruht, versteht sich von selbst. Die wichtigste Buergerleistung war der Heerdienst; denn nur die Buergerschaft hatte das Recht und die Pflicht die Waffen zu tragen. Die Buerger sind zugleich die “Kriegerschaft” (populus, verwandt mit populari verheeren); in den alten Litaneien ist es die “speerbewehrte Kriegsmannschaft” (pilumnus poplus), auf die der Segen des Mars herabgefleht wird und selbst die Benennung, mit welcher der Koenig sie anredet, der Quiriten ^6, wird als Bezeichnung des Wehrmanns gefasst. In welcher Art das Angriffsheer, die “Lese” (legio) gebildet ward, ist schon gesagt worden; in der dreiteiligen roemischen Gemeinde bestand sie aus drei Hundertschaften (centuriae) der Reiter (celeres, die Schnellen oder flexuntes, die Schwenker) unter den drei Abteilungsfuehrern der Reiter (tribuni celerum) ^7 und drei Tausendschaften der Fussgaenger (milites) unter den drei Abteilungsfuehrern des Fussvolks (tribuni militum); letzteres war vermutlich von Haus aus der Kern des Gemeindeaufgebots. Dazu moegen etwa noch eine Anzahl ausser Reihe und Glied fechtende Leichtbewaffnete, besonders Bogenschuetzen gekommen sein ^8. Der Feldherr war regelmaessig der Koenig selbst. Ausser dem Kriegsdienst konnten noch andere persoenliche Lasten den Buerger treffen, wie die Pflicht zur Uebernahme der koeniglichen Auftraege im Kriege wie im Frieden (I, 78) und die Fronden zur Bestellung der Aecker oder zur Anlage oeffentlicher Bauten; wie schwer namentlich der Bau der Stadtmauer auf der Gemeinde lastete, zeigt, dass der Name der “Fronden” (moenia) den Ringwaellen verblieb. Eine regelmaessige direkte Besteuerung dagegen kam ebensowenig vor wie direkte regelmaessige Staatsausgaben. Zur Bestreitung der Gemeindelasten bedurfte es derselben nicht, da der Staat fuer Heerfolge, Fronde und ueberhaupt oeffentliche Dienste keine Entschaedigung gewaehrte, sondern, soweit eine solche ueberhaupt vorkam, sie dem Dienenden entweder von dem Bezirk geleistet ward, den zunaechst die Auflage traf, oder auch von dem, der selber nicht dienen konnte oder wollte. Die fuer den oeffentlichen Gottesdienst noetigen Opfertiere wurden durch eine Prozesssteuer beschafft, indem, wer im ordentlichen Prozess unterlag, eine nach dem Werte des Streitgegenstandes abgemessene Viehbusse (sacramentum) an den Staat erlegte. Von stehenden Geschenken der Gemeindebuerger an den Koenig wird nichts berichtet. Dagegen flossen dem Koenig die Hafenzoelle zu (I, 62), sowie die Einnahme von den Domaenen, namentlich der Weidezins (scriptura) von dem auf die Gemeinweide aufgetriebenen Vieh und die Fruchtquote (vectigalia), die die Nutzniesser der Staatsaecker an Zinses Statt abzugeben hatten. Hierzu kam der Ertrag der Viehbussen und Konfiskationen und der Kriegsgewinn. In Notfaellen endlich wurde eine Umlage (tributum) ausgeschrieben, welche indes als gezwungene Anleihe betrachtet und in besseren Zeitlaeuften zurueckgezahlt ward; ob dieselbe die Buerger ueberhaupt traf, oder nur die Ansaessigen, laesst sich nicht entscheiden, doch ist die letztere Annahme wahrscheinlicher. Der Koenig leitete die Finanzen; mit dem koeniglichen Privatvermoegen indes, das, nach den Angaben ueber den ausgedehnten Grundbesitz des letzten roemischen Koenigsgeschlechts der Tarquinier zu schliessen, regelmaessig bedeutend gewesen sein muss, fiel das Staatsvermoegen nicht zusammen und namentlich der durch die Waffen gewonnene Acker scheint stets als Staatseigentum gegolten zu haben. Ob und wie weit der Koenig in der Verwaltung des oeffentlichen Vermoegens durch Herkommen beschraenkt war, ist nicht mehr auszumachen; nur zeigt die spaetere Entwicklung, dass die Buergerschaft hierbei nie gefragt worden sein kann, wogegen es Sitte sein mochte, die Auflage des Tributum und die Verteilung des im Kriege gewonnenen Ackerlandes mit dem Senat zu beraten. —————————————- ^6 Quiris quiritis oder quirinus wird von den Alten gedeutet als der Lanzentraeger, von quiris oder curis = Lanze und ire, und faellt ihnen insofern zusammen mit samnis, samnitis und sabinus, das auch bei den Alten von sa?nion, Speer, hergeleitet wird. Mag diese Etymologie, die sich anschliesst an arquites, milites, pedites, equites, velites, die mit dem Bogen, die im Tausend, die zu Fuss, die zu Pferde, die ohne Ruestung im blossen Oberwurf gehen, auch unrichtig sein, sie ist mit der roemischen Auffassung des Buergerbegriffs verwachsen. Ebenso werden die Juno quiritis, der (Mars) quirinus, der Janus quirinus als speerschwingende Gottheiten gedacht; und von Menschen gebraucht ist quiris der Wehrmann, das ist der Vollbuerger. Damit stimmt der Sprachgebrauch ueberein. Wo die Oertlichkeit bezeichnet werden soll, wird nie von Quiriten gesprochen, sondern stets von Rom und Roemern (urbs Roma, populus, civis, ager Romanus), weil die Benennung quiris so wenig eine lokale Bedeutung hat wie civis oder miles. Eben darum koennen auch diese Bezeichnungen nicht miteinander verbunden werden: man sagt nicht civis quiris, weil beides, wenngleich von verschiedenen Standpunkten aus, denselben Rechtsbegriff bezeichnet. Dagegen lautet die feierliche Ankuendigung der Buergerleiche darauf, dass “dieser Wehrmann mit Tode abgegangen” (ollus quiris leto datus), und ebenso redet der Koenig die versammelte Gemeinde mit diesem Namen an und spricht, wenn er zu Gericht sitzt, nach dem Rechte der wehrhaften Freien (ex iure quiritium, ganz gleich dem juengeren ex iure civili). Populus Romanus, quirites ( populus Romanus quiritium ist nicht genuegend beglaubigt) heisst also “die Gemeinde und die einzelnen Buerger” und werden darum in einer alten Formel (Liv. 1, 31) dem populus Romanus die prisci Latini, den quirites die homines prisci Latini entgegengesetzt (Becker, Handbuch, Bd. 2, S. 20f.). Diesen Tatsachen gegenueber kann nur sprachliche und sachliche Unkende noch festhalten an der Vorstellung, als habe der roemischen Gemeinde einst eine gleichartige quiritische gegenuebergestanden und nach deren Inkorporierung der Name der neu aufgenommenen Gemeinde den der aufnehmenden im sakralen und rechtlichen Sprachgebrauch verdraengt. Vgl. 1, 68 A.
^7 Unter den acht sakralen Institutionen des Numa fuehrt Dionysios (2, 64) nach den Kurionen und den Flamines als dritte auf die Fuehrer der Reiter (oi /e/gemones t/o/n Keleri/o/n). Nach dem praenestinischen Kalender wird am 19. Maerz ein Fest auf dem Comitium begangen [adstantibus pon]tificibus et trib(unis) celer(um). Valerius Antias (bei Dion. Hal. 1, 13 vgl. 3, 41) gibt der aeltesten roemischen Reiterei einen Fuehrer Celer und drei Centurionen, wogegen in der Schrift ‘De viris illustribus’ 1 Celer selbst centurio genannt wird. Ferner soll Brutus bei Vertreibung der Koenige tribunus celerum gewesen sein (Liv. 1, 59), nach Dionysios (4, 71) sogar kraft dieses Amtes die Verbannung der Tarquinier beantragt haben. Endlich identifizieren Pomponius (dig. 1, 2, 2, 15; 19) und aehnlich, zum Teil wohl aus ihm schoepfend, Lydus (mag. 1, 14; 37) den tribunus celerum mit dem Celer des Antias, dem magister equitum des republikanischen Diktators, dem Praefectus Praetorio der Kaiserzeit. Von diesen Angaben, den einzigen, die ueber die tribuni celerum vorhanden sind, ruehrt die letzte nicht bloss von spaeten und gaenzlich unzuverlaessigen Gewaehrsmaennern her, sondern widerspricht auch der Bedeutung des Namens, welcher nur “Teilfuehrer der Reiter” heissen kann; vor allen Dingen aber kann der immer nur ausserordentlich und spaeterhin gar nicht mehr ernannte Reiterfuehrer der republikanischen Zeit unmoeglich identisch gewesen sein mit der fuer das Jahrfest des 19. Maerz erforderlichen, also stehenden Magistratur. Sieht man, wie man notwendig muss, ab von der Nachricht des Pomponius, die offenbar lediglich hervorgegangen ist aus der mit immer steigender Unwissenheit historisierten Brutusanekdote, so ergibt sich einfach, dass die tribuni celerum den tribuni militum in Zahl und Wesen durchaus entsprechen und die Abteilungsfuehrer der Reiter gewesen sind, also voellig verschieden von dem Reiterfeldherrn.
^8 Darauf deuten die offenbar uralten Wortbildungen velites und arquites und die spaetere Organisation der Legion. —————————————— Indes nicht bloss leistend und dienend erscheint die roemische Buergerschaft, sondern auch beteiligt an dem oeffentlichen Regimente. Es traten hierzu die Gemeindeglieder alle, mit Ausnahme der Weiber und der noch nicht waffenfaehigen Kinder, also, wie die Anrede lautet, die “Lanzenmaenner” (quirites) auf der Dingstaette zusammen, wenn der Koenig sie berief, um ihnen eine Mitteilung zu machen (conventio, contio) oder auch sie foermlich auf die dritte Woche (in trinum noundinum) zusammentreten hiess (comitia), um sie nach Kurien zu befragen. Ordnungsmaessig setzte derselbe zweimal im Jahr, zum 24. Maerz und zum 24. Mai, dergleichen foermliche Gemeindeversammlungen an und ausserdem, so oft es ihm erforderlich schien; immer aber lud er die Buerger nicht zum Reden, sondern zum Hoeren, nicht zum Fragen, sondern zum Antworten. Niemand spricht in der Versammlung als der Koenig oder wem er das Wort zu gestatten fuer gut findet; die Rede der Buergerschaft ist einfache Antwort auf die Frage des Koenigs, ohne Eroerterung, ohne Begruendung, ohne Bedingung, ohne Fragteilung. Nichtsdestoweniger ist die roemische Buergergemeinde eben wie die deutsche und vermutlich die aelteste indogermanische ueberhaupt die eigentliche und letzte Traegerin der Idee des souveraenen Staats; allein diese Souveraenitaet ruht im ordentlichen Lauf der Dinge oder aeussert sich doch hier nur darin, dass die Buergerschaft sich zum Gehorsam gegen den Vorsteher freiwillig verpflichtet. Zu diesem Ende richtet der Koenig, nachdem er sein Amt angetreten hat, an die versammelten Kurien die Frage, ob sie ihm treu und botmaessig sein und ihn selbst wie seine Boten (lictores) in hergebrachter Weise anerkennen wollen; eine Frage, die ohne Zweifel ebensowenig verneint werden durfte, als die ihr ganz aehnliche Huldigung in der Erbmonarchie verweigert werden darf. Es war durchaus folgerichtig, dass die Buergerschaft, eben als der Souveraen, ordentlicher Weise an dem Gang der oeffentlichen Geschaefte sich nicht beteiligte. Solange die oeffentliche Taetigkeit sich beschraenkt auf die Ausuebung der bestehenden Rechtsordnungen, kann und darf die eigentlich souveraene Staatsgewalt nicht eingreifen: es regieren die Gesetze, nicht der Gesetzgeber. Aber anders ist es, wo eine Aenderung der bestehenden Rechtsordnung oder auch nur eine Abweichung von derselben in einem einzelnen Fall notwendig wird; und hier tritt denn auch in der roemischen Verfassung ohne Ausnahme die Buergerschaft handelnd auf, so dass ein solcher Akt der souveraenen Staatsgewalt vollzogen wird durch das Zusammenwirken der Buergerschaft und des Koenigs oder Zwischenkoenigs. Wie das Rechtsverhaeltnis zwischen Regent und Regierten selbst durch muendliche Frage und Antwort kontraktmaessig sanktioniert wird, so wird auch jeder Oberherrlichkeitsakt der Gemeinde zustande gebracht durch eine Anfrage (rogatio), welche der Koenig an die Buerger gerichtet und welcher die Mehrzahl der Kurien zugestimmt hat; in welchem Fall die Zustimmung ohne Zweifel auch verweigert werden durfte. Darum ist den Roemern das Gesetz nicht zunaechst, wie wir es fassen, der von dem Souveraen an die saemtlichen Gemeindeglieder gerichtete Befehl, sondern zunaechst der zwischen den konstitutiven Gewalten des Staates durch Rede und Gegenrede abgeschlossene Vertrag ^9. Einer solchen Gesetzvertragung bedurfte es rechtlich in allen Faellen, die der ordentlichen Rechtskonsequenz zuwiderliefen. Im gewoehnlichen Rechtslauf kann jeder unbeschraenkt sein Eigentum weggeben an wen er will, allein nur in der Art, dass er dasselbe sofort aufgibt; dass das Eigentum vorlaeufig dem Eigentuemer bleibe und bei seinem Tode auf einen andern uebergehe, ist rechtlich unmoeglich – es sei denn, dass ihm die Gemeinde solches gestatte; was hier nicht bloss die auf dem Markt versammelte, sondern auch die zum Kampf sich ordnende Buergerschaft bewilligen konnte. Dies ist der Ursprung der Testamente. Im gewoehnlichen Rechtslauf kann der freie Mann das unveraeusserliche Gut der Freiheit nicht verlieren noch weggeben, darum auch, wer keinem Hausherrn untertan ist, sich nicht einem andern an Sohnes Statt unterwerfen – es sei denn, dass ihm die Gemeinde solches gestatte. Dies ist die Adrogation. Im gewoehnlichen Rechtslauf kann das Buergerrecht nur gewonnen werden durch die Geburt und nicht verloren werden – es sei denn, dass die Gemeinde das Patriziat verleihe oder dessen Aufgeben gestatte, was beides unzweifelhaft urspruenglich ohne Kurienbeschluss nicht in gueltiger Weise geschehen konnte. Im gewoehnlichen Rechtslauf trifft den todeswuerdigen Verbrecher, nachdem der Koenig oder sein Stellvertreter nach Urteil und Recht den Spruch getan, unerbittlich die Todesstrafe, da der Koenig nur richten, nicht begnadigen kann – es sei denn, dass der zum Tode verurteilte Buerger die Gnade der Gemeinde anrufe und der Richter ihm die Betretung des Gnadenwegs freigebe. Dies ist der Anfang der Provokation, die darum auch vorzugsweise nicht dem leugnenden Verbrecher gestattet wird, der ueberwiesen ist, sondern dem gestaendigen, der Milderungsgruende geltend macht. Im gewoehnlichen Rechtslauf darf der mit einem Nachbarstaat geschlossene ewige Vertrag nicht gebrochen werden – es sei denn, dass wegen zugefuegter Unbill die Buergerschaft sich desselben entbunden erachtet. Daher musste sie notwendig befragt werden, wenn ein Angriffskrieg beabsichtigt wird, nicht aber bei dem Verteidigungskrieg, wo der andere Staat den Vertrag bricht, noch auch beim Abschluss des Friedens; doch richtete sich jene Frage, wie es scheint, nicht an die gewoehnliche Versammlung der Buerger, sondern an das Heer. So wird endlich ueberhaupt, wenn der Koenig eine Neuerung beabsichtigt, eine Aenderung des bestehenden gemeinen Rechtes, es notwendig, die Buerger zu befragen; und insofern ist das Recht der Gesetzgebung von alters her nicht ein Recht des Koenigs, sondern ein Recht des Koenigs und der Gemeinde. In diesen und in allen aehnlichen Faellen konnte der Koenig ohne Mitwirkung der Gemeinde nicht mit rechtlicher Wirkung handeln; der vom Koenig allein zum Patrizier erklaerte Mann blieb nach wie vor Nichtbuerger, und es konnte der nichtige Akt nur etwa faktische Folgen erzeugen. Insofern war also die Gemeindeversammlung, wie beschraenkt und gebunden sie auch auftrat, doch von alters her ein konstitutives Element des roemischen Gemeinwesens und stand dem Rechte nach mehr ueber als neben dem Koenig.
——————————————————– ^9 Lex, die Bindung (verwandt mit legare, zu etwas verbinden) bezeichnet bekanntlich ueberhaupt den Vertrag, jedoch mit der Nebenbedeutung eines Vertrages, dessen Bedingungen der Proponent diktiert und der andere Teil einfach annimmt oder ablehnt; wie dies z. B. bei oeffentlichen Lizitationen der Fall zu sein pflegt. Bei der lex publica populi Romani ist der Proponent der Koenig, der Akzeptant das Volk; die beschraenkte Mitwirkung des letzteren ist also auch sprachlich praegnant bezeichnet.
——————————————————– Aber neben dem Koenig und neben der Buergerversammlung erscheint in der aeltesten Gemeindeverfassung noch eine dritte Grundgewalt, nicht zum Handeln bestimmt wie jener noch zum Beschliessen wie diese, und dennoch neben beide und innerhalb ihres Rechtskreises ueber beide gesetzt. Dies ist der Rat der Alten oder der senatus. Unzweifelhaft ist derselbe hervorgegangen aus der Geschlechtsverfassung: die alte Ueberlieferung, dass in dem urspruenglichen Rom die saemtlichen Hausvaeter den Senat gebildet haetten, ist staatsrechtlich insofern richtig, als jedes der nicht erst nachher zugewanderten Geschlechter des spaeteren Rom seinen Ursprung zurueckfuehrte auf einen jener Hausvaeter der aeltesten Stadt als auf seinen Stammvater und Patriarchen. Wenn, wie dies wahrscheinlich ist, es in Rom oder doch in Latium einmal eine Zeit gegeben hat, wo wie der Staat selbst, so auch jedes seiner letzten Bestandteile, das heisst jedes Geschlecht gleichsam monarchisch organisiert war und unter einem, sei es durch Wahl der Geschlechtsgenossen oder des Vorgaengers, sei es durch Erbfolge bestimmten Aeltesten stand, so ist in derselben Epoche auch der Senat nichts gewesen als die Gesamtheit dieser Gechlechtsaeltesten und demnach eine vom Koenig wie von der Buergerversammlung unabhaengige Institution, gegenueber der letzteren, unmittelbar durch die Gesamtheit der Buerger gebildeten gewissermassen eine repraesentative Versammlung von Volksvertretern. Allerdings ist jene gleichsam staatliche Selbstaendigkeit der Geschlechter bei dem latinischen Stamm in unvordenklich frueher Zeit ueberwunden und der erste und vielleicht schwerste Schritt, um aus der Geschlechtsordnung die Gemeinde zu entwickeln, die Beseitigung der Geschlechtsaeltesten, moeglicherweise in Latium lange vor der Gruendung Roms getan worden; wie wir das roemische Geschlecht kennen, ist es durchaus ohne ein sichtbares Haupt und zur Vertretung des gemeinsamen Patriarchen, von dem alle Geschlechtsmaenner abstammen oder abzustammen behaupten, von den lebenden Geschlechtsgenossen kein einzelner vorzugsweise berufen, so dass selbst Erbschaft und Vormundschaft, wenn sie dem Geschlecht ansterben, von den Geschlechtsgenossen insgesamt geltend gemacht werden. Aber nichtsdestoweniger sind von dem urspruenglichen Wesen des Rates der Aeltesten auch auf den roemischen Senat noch viele und wichtige Rechtsfolgen uebergegangen; um es mit einem Worte zu sagen, die Stellung des Senats, wonach er etwas anderes und mehr ist als ein blosser Staatsrat, als die Versammlung einer Anzahl vertrauter Maenner, deren Ratschlaege der Koenig einzuholen zweckmaessig findet, beruht lediglich darauf, dass er einst eine Versammlung gewesen war gleich jener, die Homer schildert, der um den Koenig im Kreise herum zu Rate sitzenden Fuersten und Herren des Volkes. Solange der Senat durch die Gesamtheit der Geschlechtshaeupter gebildet ward, kann die Zahl der Mitglieder eine feste nicht gewesen sein, da die der Geschlechter es auch nicht war; aber in fruehester, vielleicht schon in vorroemischer Zeit ist die Zahl der Mitglieder des Rats der Aeltesten fuer die Gemeinde ohne Ruecksicht auf die Zahl der zur Zeit vorhandenen Geschlechter auf hundert festgestellt worden, sodass von der Verschmelzung der drei Urgemeinden die Vermehrung der Senatssitze auf die seitdem feststehende Normalzahl von dreihundert die staatsrechtlich notwendige Folge war. Auf Lebenszeit ferner sind die Ratsherren zu allen Zeiten berufen worden; und wenn in spaeterer Zeit dies lebenslaengliche Verbleiben mehr tatsaechlich als von Rechts wegen eintrat und die von Zeit zu Zeit stattfindenden Revisionen der Senatsliste eine Gelegenheit darboten, den unwuerdigen oder auch nur missliebigen Ratsherrn zu beseitigen, so hat diese Einrichtung sich nachweislich erst im Laufe der Zeit entwickelt. Die Wahl der Senatoren hat allerdings, seit es Geschlechtshaeupter nicht mehr gab, bei dem Koenig gestanden; wohl aber mag bei dieser Wahl in aelterer Zeit, solange noch die Individualitaet der Geschlechter im Volke lebendig war, als Regel, wenn ein Senator starb, der Koenig einen anderen erfahrenen und bejahrten Mann derselben Geschlechtsgenossenschaft an seine Stelle berufen haben. Vermutlich ist erst mit der steigenden Verschmelzung und inneren Einigung der Volksgemeinde hiervon abgegangen worden und die Auswahl der Ratsherren ganz in das freie Ermessen des Koenigs uebergegangen, so dass nur das noch als Missbrauch erschien, wenn er erledigte Stellen unbesetzt liess.
Die Befugnis dieses Rates der Aeltesten beruht auf der Anschauung, dass die Herrschaft ueber die aus den Geschlechtern gebildete Gemeinde von Rechts wegen den saemtlichen Geschlechtsaeltesten zusteht, wenn sie auch, nach der schon in dem Hause so scharf sich auspraegenden monarchischen Grundanschauung der Roemer, zur Zeit immer nur von einem dieser Aeltesten, das ist von dem Koenig, ausgeuebt werden kann. Ein jedes Mitglied des Senats ist also als solches, nicht der Ausuebung, aber der Befugnis nach, ebenfalls Koenig der Gemeinde; weshalb auch seine Abzeichen zwar geringer als die koeniglichen, aber denselben gleichartig sind: er traegt den roten Schuh gleich dem Koenig, nur dass der des Koenigs hoeher und ansehnlicher ist als der des Senators. Hierauf beruht es ferner, dass, wie bereits erwaehnt ward, die koenigliche Gewalt in der roemischen Gemeinde ueberhaupt nicht erledigt werden kann. Stirbt der Koenig, so treten ohne weiteres die Aeltesten an seine Stelle und ueben die Befugnisse der koeniglichen Gewalt. Jedoch nach dem unwandelbaren Grundsatz, dass nur einer zur Zeit Herr sein kann, herrscht auch jetzt immer nur einer von ihnen und es unterscheidet sich ein solcher “Zwischenkoenig” (interrex) von dem auf Lebenszeit ernannten zwar in der Dauer, nicht aber in der Fuelle der Gewalt. Die Dauer des Zwischenkoenigtums ist fuer die einzelnen Inhaber festgesetzt auf hoechstens fuenf Tage; es geht dasselbe demnach unter den Senatoren in der Art um, dass, bis das Koenigtum auf die Dauer wieder besetzt ist, der zeitige Inhaber bei Ablauf jener Frist gemaess der durch das Los festgesetzten Reihenfolge es dem Nachfolger ebenfalls auf fuenf Tage uebergibt. Ein Treuwort wird dem Zwischenkoenig begreiflicherweise von der Gemeinde nicht geleistet. Im uebrigen aber ist der Zwischenkoenig berechtigt und verpflichtet, nicht bloss alle dem Koenig sonst zustehenden Amtshandlungen vorzunehmen, sondern selbst einen Koenig auf Lebenszeit zu ernennen – nur dem erstbestellten von ihnen fehlt ausnahmsweise das letztere Recht, vermutlich weil dieser angesehen wird als mangelhaft eingesetzt, da er nicht von seinem Vorgaenger ernannt ist. Also ist diese Aeltestenversammlung am letzten Ende die Traegerin der Herrschermacht (imperium) und des Gottesschutzes (auspicia) des roemischen Gemeinwesens und in ihr die Buergschaft gegeben fuer die ununterbrochene Dauer desselben und seiner monarchischen, nicht aber erblich monarchischen Ordnung. Wenn also dieser Senat spaeter den Griechen eine Versammlung von Koenigen zu sein duenkte, so ist das nur in der Ordnung: urspruenglich ist er in der Tat eine solche gewesen. Aber nicht bloss insofern der Begriff des ewigen Koenigtums in dieser Versammlung seinen lebendigen Ausdruck fand, ist sie ein wesentliches Glied der roemischen Gemeindeverfassung. Zwar hat der Rat der Aeltesten sich nicht in die Amtstaetigkeit des Koenigs einzumischen. Seine Stellvertreter freilich hat dieser, falls er nicht imstande war, selbst das Heer zu fuehren oder den Rechtsstreit zu entscheiden, wohl von jeher aus dem Senat genommen – weshalb auch spaeter noch die hoechsten Befehlshaberstellen regelmaessig nur an Senatoren vergeben und ebenso als Geschworene vorzugsweise Senatoren verwendet werden. Aber weder bei der Heerleitung noch bei der Rechtsprechung ist der Senat in seiner Gesamtheit je zugezogen worden; weshalb es auch in dem spaeteren Rom nie ein militaerisches Befehlsrecht und keine Gerichtsbarkeit des Senats gegeben hat. Aber wohl galt der Rat der Alten als der berufene Wahrer der bestehenden Verfassung, selbst gegenueber dem Koenig und der Buergerschaft. Es lag deshalb ihm ob, jeden auf Antrag des Koenigs von dieser gefassten Beschluss zu pruefen und, wenn derselbe die bestehenden Rechte zu verletzen schien, demselben die Bestaetigung zu versagen; oder, was dasselbe ist, in allen Faellen, wo verfassungsmaessig ein Gemeindebeschluss erforderlich war, also bei jeder Verfassungsaenderung, bei der Aufnahme neuer Buerger, bei der Erklaerung eines Angriffskrieges, kam dem Rat der Alten ein Veto zu. Allerdings darf man dies wohl nicht so auffassen, als habe die Gesetzgebung der Buergerschaft und dem Rat gemeinschaftlich zugestanden, etwa wie den beiden Haeusern in dem heutigen konstitutionellen Staat: der Senat war nicht sowohl Gesetzgeber als Gesetzwaechter und konnte den Beschluss nur dann kassieren, wenn die Gemeinde ihre Befugnisse ueberschritten, also bestehende Verpflichtungen gegen die Goetter oder gegen auswaertige Staaten oder auch organische Einrichtungen der Gemeinde durch ihren Beschluss verletzt zu haben schien. Immer aber bleibt es vom groessten Gewichte, dass zum Beispiel, wenn der roemische Koenig die Kriegserklaerung beantragt und die Buergerschaft dieselbe zum Beschluss erhoben hatte, auch die Suehne, welche die auswaertige Gemeinde zu erlegen verpflichtet schien, von derselben umsonst gefordert worden war, der roemische Sendbote die Goetter zu Zeugen der Unbill anrief, und mit den Worten schloss: “darueber aber wollen wir Alten Rat pflegen daheim, wie wir zu unsrem Rechte kommen”; erst wenn der Rat der Alten sich einverstanden erklaert hatte, war der nun von der Buergerschaft beschlossene, vom Senat gebilligte Krieg foermlich erklaert. Gewiss war es weder die Absicht noch die Folge dieser Satzung, ein stetiges Eingreifen des Senats in die Beschluesse der Buergerschaft hervorzurufen und durch solche Bevormundung die Buergerschaft ihrer souveraenen Gewalt zu entkleiden; aber wie im Fall der Vakanz des hoechsten Amtes der Senat die Dauer der Gemeindeverfassung verbuergte, finden wir auch hier ihn als den Hort der gesetzlichen Ordnung gegenueber selbst der hoechsten Gewalt, der Gemeinde. Hieran wahrscheinlich knuepft endlich auch die allem Anschein nach uralte Uebung an, dass der Koenig die an die Volksgemeinde zu bringenden Antraege vorher dem Rat der Alten vorlegte und dessen saemtliche Mitglieder eines nach dem anderen darueber ihr Gutachten abgeben liess. Da dem Senat das Recht zustand, den gefassten Beschluss zu kassieren, so lag es dem Koenig nahe, sich vorher die Ueberzeugung zu verschaffen, dass Widerspruch hier nicht zu befuerchten sei; wie denn ueberhaupt einerseits die roemische Sitte es mit sich brachte, in wichtigen Faellen sich nicht zu entscheiden, ohne anderer Maenner Rat vernommen zu haben, anderseits der Senat seiner ganzen Zusammensetzung nach dazu berufen war, dem Herrscher der Gemeinde als Staatsrat zur Seite zu stehen. Aus diesem Raterteilen ist, weit mehr als aus der bisher bezeichneten Kompetenz, die spaetere Machtfuelle des Senats hervorgegangen; die Anfaenge indes sind unscheinbar und gehen eigentlich auf in die Befugnis der Senatoren, dann zu antworten, wenn sie gefragt werden. Es mag ueblich gewesen sein, bei Angelegenheiten von Wichtigkeit, die weder richterliche noch feldherrliche waren, also zum Beispiel, abgesehen von den an die Volksversammlung zu bringender Antraegen, auch bei der Auflage von Fronden und Steuern, bei der Einberufung der Buerger zum Wehrdienst und bei Verfuegungen ueber das eroberte Gebiet, den Senat vorher zu fragen; aber wenn auch ueblich, rechtlich notwendig war eine solche vorherige Befragung nicht. Der Koenig beruft den Rat, wenn es ihm beliebt und legt die Fragen ihm vor; ungefragt darf kein Ratsherr seine Meinung sagen, noch weniger der Rat sich ungeladen versammeln, abgesehen von dem einen Fall, wo er in der Vakanz zusammentritt, um die Reihenfolge der Zwischenkoenige festzustellen. Dass es ferner dem Koenig zusteht, neben den Senatoren und gleichzeitig mit ihnen auch andere Maenner seines Vertrauens zu berufen und zu befragen, ist in hohem Grade wahrscheinlich. Der Ratschlag sodann ist kein Befehl; der Koenig kann es unterlassen, ihm zu folgen, ohne dass dem Senat ein anderes Mittel zustaende, seiner Ansicht praktische Geltung zu schaffen als jenes frueher erwaehnte keineswegs allgemein anwendbare Kassationsrecht. “Ich habe euch gewaehlt, nicht dass ihr mich leitet, sondern um euch zu gebieten”: diese Worte, die ein spaeterer Schriftsteller dem Koenig Romulus in den Mund legt, bezeichnen nach dieser Seite hin die Stellung des Senats gewiss im wesentlichen richtig.
Fassen wir die Ergebnisse zusammen. Es war die roemische Buergergemeinde, an welcher der Begriff der Souveraenitaet haftete; aber allein zu handeln war sie nie, mitzuhandeln nur dann befugt, wenn von der bestehenden Ordnung abgegangen werden sollte. Neben ihr stand die Versammlung der lebenslaenglich bestellten Gemeindeaeltesten, gleichsam ein Beamtenkollegium mit koeniglicher Gewalt, berufen im Fall der Erledigung des Koenigsamtes, dasselbe bis zur definitiven Wiederbesetzung durch ihre Mitglieder zu verwalten, und befugt, den rechtswidrigen Beschluss der Gemeinde umzustossen. Die koenigliche Gewalt selber war, wie Sallust sagt, zugleich unbeschraenkt und durch die Gesetze gebunden (imperium legitimum); unbeschraenkt, insofern des Koenigs Gebot, gerecht oder nicht, zunaechst unbedingt vollzogen werden musste, gebunden, insofern ein dem Herkommen zuwiderlaufendes und nicht von dem wahren Souveraen, dem Volke, gutgeheissenes Gebot auf die Dauer keine rechtlichen Folgen erzeugte. Also war die aelteste roemische Verfassung gewissermassen die umgekehrte konstitutionelle Monarchie. Wie in dieser der Koenig als Inhaber und Traeger der Machtfuelle des Staates gilt und darum zum Beispiel die Gnadenakte lediglich von ihm ausgehen, den Vertretern des Volkes aber und den ihnen verantwortlichen Beamten die Staatsverwaltung zukommt, so war die roemische Volksgemeinde ungefaehr, was in England der Koenig ist und das Begnadigungsrecht, wie in England ein Reservatrecht der Krone, so in Rom ein Reservatrecht der Volksgemeinde, waehrend alles Regiment bei dem Vorsteher der Gemeinde stand. Fragen wir endlich nach dem Verhaeltnis des Staates selbst zu dessen einzelnen Gliedern, so finden wir den roemischen Staat gleich weit entfernt von der Lockerheit des blossen Schutzverbandes und von der modernen Idee einer unbedingten Staatsallmacht. Die Gemeinde verfuegte wohl ueber die Person des Buergers durch Auflegung von Gemeindelasten und Bestrafung der Vergehen und Verbrechen; aber ein Spezialgesetz, das einen einzelnen Mann wegen nicht allgemein verpoenter Handlungen mit Strafe belegte oder bedrohte, ist, selbst wenn in den Formen nicht gefehlt war, doch den Roemern stets als Willkuer und Unrecht erschienen. Bei weitem beschraenkter noch war die Gemeinde hinsichtlich der Eigentums- und, was damit mehr zusammenfiel als zusammenhing, der Familienrechte; in Rom wurde nicht, wie in dem lykurgischen Polizeistaat, das Haus geradezu vernichtet und die Gemeinde auf dessen Kosten gross gemacht. Es ist einer der unleugbarsten wie einer der merkwuerdigsten Saetze der aeltesten roemischen Verfassung, dass der Staat den Buerger wohl fesseln und hinrichten, aber nicht ihm seinen Sohn oder seinen Acker wegnehmen oder auch nur ihn mit bleibender Wirkung besteuern durfte. In diesen und aehnlichen Dingen war selbst die Gemeinde dem Buerger gegenueber beschraenkt, und diese Rechtsschranke bestand nicht bloss im Begriff, sondern fand ihren Ausdruck und ihre praktische Anwendung in dem verfassungsmaessigen Veto des Senats, der gewiss befugt und verpflichtet war, jeden einem solchen Grundrecht zuwiderlaufenden Gemeindebeschluss zu vernichten. Keine Gemeinde war innerhalb ihres Kreises so wie die roemische allmaechtig; aber in keiner Gemeinde auch lebte der unstraeflich sich fuehrende Buerger in gleich unbedingter Rechtssicherheit gegenueber seinen Mitbuergern wie gegenueber dem Staat selbst. So regierte sich die roemische Gemeinde, ein freies Volk, das zu gehorchen verstand, in klarer Absagung von allem mystischen Priesterschwindel, in unbedingter Gleichheit vor dem Gesetz und unter sich, in scharfer Auspraegung der eigenen Nationalitaet, waehrend zugleich – es wird dies nachher dargestellt werden – dem Verkehr mit dem Auslande so grossherzig wie verstaendig die Tore weit aufgetan wurden. Diese Verfassung ist weder gemacht noch erborgt, sondern erwachsen in und mit dem roemischen Volke. Es versteht sich, dass sie auf der aelteren italischen, graecoitalischen und indogermanischen Verfassung beruht; aber es liegt doch eine unuebersehbar lange Kette staatlicher Entwicklungsphasen zwischen den Verfassungen, wie die Homerischen Gedichte oder Tacitus’ Bericht ueber Deutschland sie schildern, und der aeltesten Ordnung der roemischen Gemeinde. In dem Zuruf des hellenischen, in dem Schildschlagen des deutschen Umstandes lag wohl auch eine Aeusserung der souveraenen Gewalt der Gemeinde; aber es war weit von da bis zu der geordneten Kompetenz und der geregelten Erklaerung der latinischen Kurienversammlung. Es mag ferner sein, dass, wie das roemische Koenigtum den Purpurmantel und den Elfenbeinstab sicher den Griechen – nicht den Etruskern – entlehnt hat, so auch die zwoelf Liktoren und andere Aeusserlichkeiten mehr vom Ausland heruebergenommen worden sind. Aber wie entschieden die Entwicklung des roemischen Staatsrechts nach Rom oder doch nach Latium gehoert, und wie wenig und wie unbedeutend das Geborgte darin ist, beweist die durchgaengige Bezeichnung aller seiner Begriffe mit Woertern latinischer Praegung.
Diese Verfassung ist es, die die Grundgedanken des roemischen Staats fuer alle Zeiten tatsaechlich festgestellt hat; denn trotz der wandelnden Formen steht es fest, solange es eine roemische Gemeinde gibt, dass der Beamte unbedingt befiehlt, dass der Rat der Alten die hoechste Autoritaet im Staate ist und dass jede Ausnahmebestimmung der Sanktionierung des Souveraens bedarf, das heisst der Volksgemeinde.
6. Kapitel
Die Nichtbuerger und die reformierte Verfassung Die Geschichte einer jeden Nation, der italischen aber vor allen, ist ein grosser Synoekismus: schon das aelteste Rom, von dem wir Kunde haben, ist ein dreieiniges, und erst mit der voelligen Erstarrung des Roemerrums endigen die aehnlichen Inkorporationen. Abgesehen von jenem aeltesten Verschmelzungsprozess der Ramner, Titier und Lucerer, von dem fast nur die nackte Tatsache bekannt ist, ist der frueheste derartige Inkorporationsakt derjenige, durch den die Huegelbuergerschaft aufging in dem palatinischen Rom. Die Ordnung der beiden Gemeinden wird, als sie verschmolzen werden sollten, im wesentlichen gleichartig und die durch die Vereinigung gestellte Aufgabe in der Art gedacht werden duerfen, dass man zu waehlen hatte zwischen dem Festhalten der Doppelinstitution oder, unter Aufhebung der einen, der Beziehung der uebrigbleibenden auf die ganze vereinigte Gemeinde. Hinsichtlich der Heiligtuemer und Priesterschaften hielt man im ganzen den ersten Weg ein. Die roemische Gemeinde besass fortan zwei Springer- und zwei Wolfsgilden und wie einen zwiefachen Mars, so auch einen zwiefachen Marspriester, von denen sich spaeterhin der palatinische den Priester des Mars, der collinische den des Quirinus zu nennen pflegte. Es ist glaublich, wenngleich nicht mehr nachzuweisen, dass die gesamten altlatinischen Priesterschaften Roms, der Augurn, Pontifices, Vestalen, Fetialen in gleichartiger Weise aus den kombinierten Priesterkollegien der beiden Gemeinden vom Palatin und vom Quirinal hervorgegangen sind. Ferner trat in der oertlichen Einteilung zu den drei Quartieren der palatinischen Stadt, Subura, Palatin und Vorstadt, die Huegelstadt auf dem Quirinal als viertes hinzu. Wenn dagegen bei dem urspruenglichen Synoekismus die beitretende Gemeinde auch nach der Vereinigung wenigstens als Teil der neuen Buergerschaft gegolten und somit gewissermassen politisch fortbestanden hatte, so ist dies weder in Beziehung auf die Huegelroemer noch ueberhaupt bei einem der spaeteren Annexionsprozesse wieder vorgekommen. Auch nach der Vereinigung zerfiel die roemische Gemeinde in die bisherigen drei Teile zu je zehn Pflegschaften, und die Huegelroemer, moegen sie nun ihrerseits mehrteilig gewesen sein oder nicht, muessen in die bestehenden Teile und Pflegschaften eingeordnet worden sein. Wahrscheinlich ist dies in der Art geschehen, dass jeder Teil und jede Pflegschaft eine Quote der Neubuerger zugewiesen erhielt, in diesen Abteilungen aber die Neu- mit den Altbuergern nicht vollstaendig verschmolzen; vielmehr treten fortan jene Teile doppelgliedrig auf und scheiden sich die Titier, ebenso die Ramner und die Lucerer in sich wieder in erste und zweite (priores, posteriores). Eben damit haengt wahrscheinlich die in den organischen Institutionen der Gemeinde ueberall hervortretende paarweise Anordnung zusammen. So werden die drei Paare der heiligen Jungfrauen ausdruecklich als die Vertreterinnen der drei Teile erster und zweiter Ordnung bezeichnet; auch das in jeder Gasse verehrte Larenpaar ist vermutlich aehnlich aufzufassen. Vor allem erscheint diese Anordnung im Heerwesen: nach der Vereinigung stellt jeder Halbteil der dreiteiligen Gemeinde hundert Berittene, und es steigt dadurch die roemische Buergerreiterei auf sechs Hundertschaften, die Zahl der Reiterfuehrer wahrscheinlich auch von drei auf sechs. Von einer entsprechenden Vermehrung des Fussvolks ist nichts ueberliefert; wohl aber wird man den nachherigen Gebrauch, dass die Legionen regelmaessig je zwei und zwei einberufen wurden, hierauf zurueckfuehren duerfen, und wahrscheinlich ruehrt von dieser Verdoppelung des Aufgebotes ebenfalls her, dass nicht, wie wohl urspruenglich, drei, sondern sechs Abteilungsfuehrer die Legion befehligen. Eine entsprechende Vermehrung der Senatsstellen hat entschieden nicht stattgefunden, sondern die uralte Zahl von dreihundert Ratsherren ist bis in das siebente Jahrhundert hinein die normale geblieben; womit sich sehr wohl vertraegt, dass eine Anzahl der angesehensten Maenner der neu hinzutretenden Gemeinde in den Senat der palatinischen Stadt aufgenommen sein mag. Ebenso verfuhr man mit den Magistraturen: auch der vereinigten Gemeinde stand nur ein Koenig vor, und von seinen hauptsaechlichsten Stellvertretern, namentlich dem Stadtvorsteher, gilt dasselbe. Man sieht, dass die sakralen Institutionen der Huegelstadt fortbestanden und in militaerischer Hinsicht man nicht unterliess, der verdoppelten Buergerschaft die doppelte Mannszahl abzufordern, im uebrigen aber die Einordnung der quirinalischen Stadt in die palatinische eine wahre Unterordnung der ersteren gewesen ist. Wenn wir mit Recht angenommen haben, dass der Gegensatz zwischen den palatinischen Alt- und den quirinalischen Neubuergern zusammenfiel mit dem zwischen den ersten und zweiten Titiern, Ramnern und Lucerern, so sind die Geschlechter der Quirinalstadt die “zweiten” oder die “minderen” gewesen. Indes war der Unterschied sicherlich mehr ein Ehren- als ein Rechtsvorzug. Bei den Abstimmungen im Rat wurden die aus den alten Geschlechtern genommenen Ratsherren vor denen der “minderen” gefragt. In gleicher Weise steht das collinische Quartier im Range zurueck selbst hinter dem vorstaedtischen der palatinischen Stadt, der Priester des quirinalischen Mars hinter dem des palatinischen, die quirinalischen Springer und Woelfe hinter denen vom Palatin. Sonach bezeichnet der Synoekismus, durch den die palatinische Gemeinde die quirinalische in sich aufnahm, eine Mittelstufe zwischen dem aeltesten, durch den die Titier, Ramner und Lucerer miteinander verwuchsen, und allen spaeteren: einen eigenen Teil zwar durfte die zutretende Gemeinde in dem neuen Ganzen nicht mehr bilden, wohl aber noch wenigstens einen Teil in jedem Teile, und ihre sakralen Institutionen liess man nicht bloss bestehen, was auch nachher noch, zum Beispiel nach der Einnahme von Alba, geschah, sondern erhob sie zu Institutionen der vereinigten Gemeinde, was spaeterhin in dieser Weise nicht wieder vorkam. Diese Verschmelzung zweier im wesentlichen gleichartiger Gemeinwesen war mehr eine quantitative Steigerung als eine innerliche Umgestaltung der bestehenden Gemeinde. Von einem zweiten Inkorporationsprozess, der weit allmaehlicher durchgefuehrt ward und weit tiefere Folgen gehabt hat, reichen die ersten Anfaenge gleichfalls bis in diese Epoche zurueck: es ist dies die Verschmelzung der Buergerschaft und der Insassen. Von jeher standen in der roemischen Gemeinde neben der Buergerschaft die Schutzleute, die “Hoerigen” (clientes), wie man sie nannte, als die Zugewandten der einzelnen Buergerhaeuser, oder die “Menge” (plebes, von pleo, plenus), wie sie negativ hiessen mit Hinblick auf die mangelnden politischen Rechte ^1. Die Elemente zu dieser Mittelstufe zwischen Freien und Unfreien waren, wie gezeigt ward, bereits in dem roemischen Hause vorhanden; aber in der Gemeinde musste diese Klasse aus einem zwiefachen Grunde tatsaechlich und rechtlich zu groesserer Bedeutung erwachsen. Einmal konnte die Gemeinde selbst wie Knechte, so auch halbfreie Hoerige besitzen; besonders mochte nach Ueberwindung einer Stadt und Aufloesung ihres Gemeinwesens es oft der siegenden Gemeinde zweckmaessig erscheinen, die Masse der Buergerschaft nicht foermlich als Sklaven zu verkaufen, sondern ihnen den faktischen Fortbesitz der Freiheit zu gestatten, so dass sie gleichsam als Freigelassene der Gemeinde, sei es zu den Geschlechtern, sei es zu dem Koenig in Klientelverhaeltnis traten. Zweitens aber war durch die Gemeinde und deren Macht ueber die einzelnen Buerger die Moeglichkeit gegeben, auch deren Klienten gegen missbraeuchliche Handhabung des rechtlich fortbestehenden Herrenrechts zu schuetzen. Bereits in unvordenklich frueher Zeit ist in das roemische Landrecht der Grundsatz eingefuehrt worden, von dem die gesamte Rechtsstellung der Insassenschaft ihren Ausgang genommen hat: dass, wenn der Herr bei Gelegenheit eines oeffentlichen Rechtsakts – Testament, Prozess, Schatzung – sein Herrenrecht ausdruecklich oder stillschweigend aufgegeben habe, weder er selbst noch seine Rechtsnachfolger diesen Verzicht gegen die Person des Freigelassenen selbst oder gar seiner Deszendenten jemals wieder sollten willkuerlich rueckgaengig machen koennen. Die Hoerigen und ihre Nachkommen besassen nun zwar weder Buerger- noch Gastrecht; denn zu jenem bedurfte es foermlicher Erteilung von seiten der Gemeinde, dieser aber setzte das Buergerrecht des Gastes in einer mit der roemischen in Vertrag stehenden Gemeinde voraus. Was ihnen zuteil ward, war ein gesetzlich geschuetzter Freiheitsbesitz bei rechtlich fortdauernder Unfreiheit; und darum scheinen laengere Zeit hindurch ihre vermoegensrechtlichen Beziehungen gleich denen der Sklaven als Rechtsverhaeltnisse des Patrons gegolten und dieser prozessualisch sie notwendig vertreten zu haben, womit denn auch zusammenhaengen wird, dass der Patron im Notfall Beisteuern von ihnen einheben und sie vor sich zu krimineller Verantwortung ziehen konnte. Aber allmaehlich entwuchs die Insassenschaft diesen Fesseln; sie fingen an, in eigenem Namen zu erwerben und zu veraeussern und ohne die formelle Vermittlung ihres Patrons von den roemischen Buergergerichten Recht anzusprechen und zu erhalten. In Ehe und Erbrecht ward die Rechtsgleichheit mit den Buergern zwar weit eher den Auslaendern gestattet als diesen keiner Gemeinde angehoerigen, eigentlich unfreien Leuten; aber es konnte denselben doch nicht wohl gewehrt werden, in ihrem eigenen Kreise Ehen einzugehen und die daran sich knuepfenden Rechtsverhaeltnisse der eheherrlichen und vaeterlichen Gewalt, der Agnation und des Geschlechts, der Erbschaft und der Vormundschaft, nach Art der buergerrechtlichen zu gestalten.
—————————————————- ^1 Habuit plebem in clientelas principum descriptam (Cic. rep. 2, 2). —————————————————- Teilweise zu aehnlichen Folgen fuehrte die Ausuebung des Gastrechts, insofern auf Grund desselben Auslaender sich auf die Dauer in Rom niederliessen und dort eine Haeuslichkeit begruendeten. In dieser Hinsicht muessen seit uralter Zeit die liberalsten Grundsaetze in Rom bestanden haben. Das roemische Recht weiss weder von Erbgutsqualitaet noch von Geschlossenheit der Liegenschaften und gestattet einesteils jedem dispositionsfaehigen Mann bei seinen Lebzeiten vollkommen unbeschraenkte Verfuegung ueber sein Vermoegen, anderseits, soviel wir wissen, jedem, der ueberhaupt zum Verkehr mit roemischen Buergern befugt war, selbst dem Fremden und dem Klienten, das unbeschraenkte Recht bewegliches und, seitdem Immobilien ueberhaupt im Privateigentum stehen konnten, in gewissen Schranken auch unbewegliches Gut in Rom zu erwerben. Es ist eben Rom eine Handelsstadt gewesen, die, wie sie den Anfang ihrer Bedeutung dem internationalen Verkehr verdankte, so auch das Niederlassungsrecht mit grossartiger Freisinnigkeit jedem Kinde ungleicher Ehe, jedem freigelassenen Knecht, jedem nach Rom unter Aufgebung seines Heimatrechts uebersiedelnden Fremden gewaehrt hat.
Anfaenglich waren also die Buerger in der Tat die Schutzherren, die Nichtbuerger die Geschuetzten; allein wie in allen Gemeinden, die die Ansiedlung freigeben und das Buergerrecht schliessen, ward es auch in Rom bald schwer und wurde immer schwerer, dieses rechtliche Verhaeltnis mit dem faktischen Zustand in Harmonie zu erhalten. Das Aufbluehen des Verkehrs, die durch das latinische Buendnis allen Latinern gewaehrleistete volle privatrechtliche Gleichstellung mit Einschluss selbst der Erwerbung von Grundbesitz, die mit dem Wohlstand steigende Haeufigkeit der Freilassungen mussten schon im Frieden die Zahl der Insassen unverhaeltnismaessig vermehren. Es kam dazu der groessere Teil der Bevoelkerung der mit den Waffen bezwungenen und Rom inkorporierten Nachbarstaedte, welcher, mochte er nun nach Rom uebersiedeln oder in seiner alten, zum Dorf herabgesetzten Heimat verbleiben, in der Regel wohl sein eigenes Buergerrecht mit roemischem Metoekenrecht vertauschte. Dazu lastete der Krieg ausschliesslich auf den Altbuergern und lichtete bestaendig die Reihen der patrizischen Nachkommenschaft, waehrend die Insassen an dem Erfolg der Siege Anteil hatten, ohne mit ihrem Blute dafuer zu bezahlen. Unter solchen Verhaeltnissen ist es nur befremdlich, dass das roemische Patriziat nicht noch viel schneller zusammenschwand, als es in der Tat der Fall war. Dass er noch laengere Zeit eine zahlreiche Gemeinde blieb, davon ist der Grund schwerlich zu suchen in der Verleihung des roemischen Buergerrechts an einzelne ansehnliche auswaertige Geschlechter, die nach dem Austritt aus ihrer Heimat oder nach der Ueberwindung ihrer Stadt das roemische Buergerrecht empfingen – denn diese Verleihungen scheinen von Anfang an sparsam erfolgt und immer seltener geworden zu sein, je mehr das roemische Buergerrecht im Preise stieg. Von groesserer Bedeutung war vermutlich die Einfuehrung der Zivilehe, wonach das von patrizischen, als Eheleute wenn auch ohne Konfarreation zusammenlebenden Eltern erzeugte Kind volles Buergerrecht erwarb, so gut wie das in konfarreierter Ehe erzeugte; es ist wenigstens wahrscheinlich, dass die schon vor den Zwoelf Tafeln in Rom bestehende, aber doch gewiss nicht urspruengliche Zivilehe eben eingefuehrt ward, um das Zusammenschwinden des Patriziats zu hemmen ^2. Auch die Massregeln, durch welche bereits in aeltester Zeit auf die Erhaltung einer zahlreichen Nachkommenschaft in den einzelnen Haeusern hingewirkt ward, gehoeren in diesen Zusammenhang. ——————————————————- ^2 Die Bestimmungen der Zwoelf Tafeln ueber den Usus zeigen deutlich, dass dieselben die Zivilehe bereits vorfanden. Ebenso klar geht das hohe Alter der Zivilehe daraus hervor, dass auch sie so gut wie die religioese Ehe die eheherrliche Gewalt notwendig in sich schloss und von der religioesen Ehe hinsichtlich der Gewalterwerbung nur darin abwich, dass die religioese Ehe selbst als eigentuemliche und rechtlich notwendige Erwerbsform der Frau galt, wogegen zu der Zivilehe eine der anderweitigen allgemeinen Formen des Eigentumserwerbs, Uebergabe von seiten der Berechtigten oder auch Verjaehrung, hinzutreten musste, um eine gueltige eheherrliche Gewalt zu begruenden. —————————————————— Nichtsdestoweniger war notwendigerweise die Zahl der Insassen in bestaendigem und keiner Minderung unterliegendem Wachsen begriffen, waehrend die der Buerger sich im besten Fall nicht vermindern mochte; und infolgedessen erhielten die Insassen unmerklich eine andere und freiere Stellung. Die Nichtbuerger waren nicht mehr bloss entlassene Knechte und schutzbeduerftige Fremde; es gehoerten dazu die ehemaligen Buergerschaften der im Krieg unterlegenen latinischen Gemeinden und vor allen Dingen die latinischen Ansiedler, die nicht durch Gunst des Koenigs oder eines anderen Buergers, sondern nach Bundesrecht in Rom lebten. Vermoegensrechtlich unbeschraenkt gewannen sie Geld und Gut in der neuen Heimat und vererbten gleich dem Buerger ihren Hof auf Kinder und Kindeskinder. Auch die drueckende Abhaengigkeit von den einzelnen Buergerhaeusern lockerte sich allmaehlich. Stand der befreite Knecht, der eingewanderte Fremde noch ganz isoliert im Staate, so galt dies schon nicht mehr von seinen Kindern, noch weniger von den Enkeln, und die Beziehungen zu dem Patron traten damit von selbst immer mehr zurueck. War in aelterer Zeit der Klient ausschliesslich fuer den Rechtsschutz angewiesen auf die Vermittlung des Patrons, so musste, je mehr der Staat sich konsolidierte und folgeweise die Bedeutung der Geschlechtsvereine und der Haeuser sank, desto haeufiger auch ohne Vermittlung des Patrons vom Koenig dem einzelnen Klienten Rechtsfolge und Abhilfe der Unbill gewaehrt werden. Eine grosse Zahl der Nichtbuerger, namentlich die Mitglieder der aufgeloesten latinischen Gemeinden, standen ueberhaupt, wie schon gesagt ward, wahrscheinlich von Haus aus nicht in der Klientel der koeniglichen und der sonstigen grossen Geschlechter und gehorchten dem Koenig ungefaehr in gleicher Art wie die Buerger. Dem Koenig, dessen Herrschaft ueber die Buerger denn doch am Ende abhing von dem guten Willen der Gehorchenden, musste es willkommen sein, in diesen wesentlich von ihm abhaengigen Schutzleuten sich eine ihm naeher verpflichtete Genossenschaft zu bilden.
So erwuchs neben der Buergerschaft eine zweite roemische Gemeinde; aus den Klienten ging die Plebs hervor. Dieser Namenwechsel ist charakteristisch; rechtlich ist kein Unterschied zwischen dem Klienten und dem Plebejer, dem Hoerigen und dem Manne aus dem Volk, faktisch aber ein sehr bedeutender, indem jene Bezeichnung das Schutzverhaeltnis zu einem der politisch berechtigten Gemeindeglieder, diese bloss den Mangel der politischen Rechte hervorhebt. Wie das Gefuehl der besonderen Abhaengigkeit zuruecktrat, draengte das der politischen Zuruecksetzung den freien Insassen sich auf; und nur die ueber allen gleichmaessig waltende Herrschaft des Koenigs verhinderte das Ausbrechen des politischen Kampfes zwischen der berechtigten und der rechtlosen Gemeinde. Der erste Schritt zur Verschmelzung der beiden Volksteile geschah indes schwerlich auf dem Wege der Revolution, den jener Gegensatz vorzuzeichnen schien. Die Verfassungsreform, die ihren Namen traegt vom Koenig Servius Tullius, liegt zwar ihrem geschichtlichen Ursprung nach in demselben Dunkel, wie alle Ereignisse einer Epoche, von der wir, was wir wissen, nicht durch historische Ueberlieferung, sondern nur durch Rueckschluesse aus den spaeteren Institutionen wissen; aber ihr Wesen zeugt dafuer, dass nicht die Plebejer sie gefordert haben koennen, denen die neue Verfassung nur Pflichten, nicht Rechte gab. Sie muss vielmehr entweder der Weisheit eines der roemischen Koenige ihren Ursprung verdanken oder auch dem Draengen der Buergerschaft auf Befreiung von der ausschliesslichen Belastung und auf Zuziehung der Nichtbuerger teils zu der Besteuerung, das heisst zu der Verpflichtung, dem Staat im Notfall vorzuschiessen (dem Tributum), und zu den Fronden, teils zu dem Aufgebot. Beides wird in der Servianischen Verfassung zusammengefasst, ist aber schwerlich gleichzeitig erfolgt. Ausgegangen ist die Heranziehung der Nichtbuerger vermutlich von den oekonomischen Lasten: es wurden diese frueh auch auf die “Begueterten” (locupletes) oder die “stetigen Leute” (adsidui) erstreckt, und nur die gaenzlich Vermoegenslosen, die “Kinderzeuger” (proletarii, capite censi) blieben davon frei. Weiter folgte die politisch wichtigere Heranziehung der Nichtbuerger zu der Wehrpflicht. Diese wurde fortan, statt auf die Buergerschaft als solche, gelegt auf die Grundbesitzer, die tribules, mochten sie Buerger oder bloss Insassen sein; die Heeresfolge wurde aus einer persoenlichen zu einer Reallast. Im einzelnen war die Ordnung folgende. Pflichtig zum Dienst war jeder ansaessige Mann vom achtzehnten bis zum sechzigsten Lebensjahr mit Einschluss der Hauskinder ansaessiger Vaeter, ohne Unterschied der Geburt; so dass selbst der entlassene Knecht zu dienen hatte, wenn er ausnahmsweise zu Grundbesitz gelangt war. Auch die grundbesitzenden Latiner – anderen Auslaendern war der Erwerb roemischen Bodens nicht gestattet – wurden zum Dienst herangezogen, sofern sie, was ohne Zweifel bei den meisten derselben der Fall war, auf roemischem Gebiet ihren Wohnsitz genommen hatten. Nach der Groesse der Grundstuecke wurde die kriegstuechtige Mannschaft eingeteilt in die Volldienstpflichtigen oder die Vollhufener, welche in vollstaendiger Ruestung erscheinen mussten und insofern vorzugsweise das Kriegsheer (classis) bildeten, waehrend von den vier folgenden Reihen der kleineren Grundbesitzer, den Besitzern von Dreivierteln, Haelften, Vierteln und Achteln einer ganzen Bauernstelle, zwar auch die Erfuellung der Dienstpflicht, nicht aber die volle Armierung verlangt ward, und sie also unterhalb des Vollsatzes (infra classem) standen. Nach der damaligen Verteilung des Bodens waren fast die Haelfte der Bauernstellen Vollhufen, waehrend die Dreiviertel-, Halb- und Viertelhufener jede knapp, die Achtelhufener reichlich ein Achtel der Ansaessigen ausmachten; weshalb festgesetzt ward, dass fuer das Fussvolk auf achtzig Vollhufener je zwanzig der drei folgenden und achtundzwanzig der letzten Reihe ausgehoben werden sollten. Aehnlich verfuhr man bei der Reiterei: die Zahl der Abteilungen wurde in dieser verdreifacht, und nur darin wich man hier ab, dass die bereits bestehenden sechs Abteilungen mit den alten Namen (Tities, Ramnes, Luceres primi und secundi) den Patriziern blieben, waehrend die zwoelf neuen hauptsaechlich aus den Nichtbuergern gebildet wurden. Der Grund dieser Abweichung ist wohl darin zu suchen, dass man damals die Fusstruppen fuer jeden Feldzug neu formierte und nach der Heimkehr entliess, dagegen die Reiter mit ihren Rossen aus militaerischen Ruecksichten auch im Frieden zusammengehalten wurden und regelmaessige Uebungen hielten, die als Festlichkeiten der roemischen Ritterschaft bis in die spaeteste Zeit fortbestanden ^3. So liess man denn auch bei dieser Reform den einmal bestehenden Schwadronen ihre hergebrachten Namen. Um auch die Reiterei jedem Buerger zugaenglich zu machen, wurden die unverheirateten Frauen und die unmuendigen Waisen, soweit sie Grundbesitz hatten, angehalten, anstatt des eigenen Dienstes einzelnen Reitern die Pferde – jeder Reiter hatte deren zwei – zu stellen und zu fuettern. Im ganzen kam auf neun Fusssoldaten ein Reiter; doch wurden beim effektiven Dienst die Reiter mehr geschont.
—————————————————- ^3 Aus demselben Grund wurde bei der Steigerung des Aufgebots nach dem Eintritt der Huegelroemer die Ritterschaft verdoppelt, bei der Fussmannschaft aber statt der einfachen Lese eine Doppellegion einberufen. —————————————————– Die nicht ansaessigen Leute (adcensi, neben dem Verzeichnis der Wehrpflichtigen stehende Leute) hatten zum Heere die Werk- und Spielleute zu stellen sowie eine Anzahl Ersatzmaenner, die unbewaffnet (velati) mit dem Heer zogen und, wenn im Felde Luecken entstanden, mit den Waffen der Kranken und Gefallenen ausgeruestet in die Reihe eingestellt wurden. Zum Behuf der Aushebung des Fussvolks wurde die Stadt eingeteilt in vier “Teile” (tribus) wodurch die alte Dreiteilung wenigstens in ihrer lokalen Bedeutung beseitigt ward: den palatinischen, der die Anhoehe gleiches Namens nebst der Velia in sich schloss; den der Subura, dem die Strasse dieses Namens, die Carinen und der Caelius angehoerten; den esquilinischen; und den collinischen, den der Quirinal und Viminal, die “Huegel” im Gegensatz der “Berge” des Kapitol und Palatin, bildeten. Von der Bildung dieser Distrikte ist bereits frueher die Rede gewesen und gezeigt, in welcher Weise dieselben aus der alten palatinischen und quirinalischen Doppelstadt hervorgegangen sind. In welcher Weise es herbeigefuehrt worden ist, dass jeder ansaessige Buerger einem dieser Stadtteile angehoerte, laesst sich nicht sagen; aber es war dies der Fall, und dass die vier Distrikte ungefaehr gleiche Mannzahl hatten, ergibt sich aus ihrer gleichmaessigen Anziehung bei der Aushebung. Ueberhaupt hat diese Einteilung, die zunaechst auf den Boden allein und nur folgeweise auf die Besitzer sich bezog, einen ganz aeusserlichen Charakter und namentlich ist ihr niemals eine religioese Bedeutung zugekommen; denn dass in jedem Stadtdistrikt eine gewisse Zahl der raetselhaften Argeerkapellen sich befanden, macht dieselben ebensowenig zu sakralen Bezirken, als es die Gassen dadurch wurden, dass in jeder ein Larenaltar errichtet ward. Jeder dieser vier Aushebungsdistrikte hatte annaehernd den vierten Teil wie der ganzen Mannschaft, so jeder einzelnen militaerischen Abteilung zu stellen, sodass jede Legion und jede Zenturie gleich viel Konskribierte aus jedem Bezirk zaehlte, um alle Gegensaetze gentilizischer und lokaler Natur in dem einen und gemeinsamen Gemeindeaufgebot aufzuheben und vor allem durch den maechtigen Hebel des nivellierenden Soldatengeistes Insassen und Buerger zu einem Volke zu verschmelzen.
Militaerisch wurde die waffenfaehige Mannschaft geschieden in ein erstes und zweites Aufgebot, von denen jene, die “Juengeren”, vom laufenden achtzehnten bis zum vollendeten sechsundvierzigsten Jahre, vorwiegend zum Felddienst verwandt wurden, waehrend die “Aelteren” die Mauern daheim schirmten. Die militaerische Einheit ward in der Infanterie die jetzt verdoppelte Legion, eine vollstaendig nach alter dorischer Art gereihte und geruestete Phalanx von sechstausend Mann, die sechs Glieder hoch eine Front von tausend Schwergeruesteten bildete; wozu dann noch 2400 “Ungeruestete” (velites, s. 1, 84, A.) kamen. Die vier ersten Glieder der Phalanx, die classis, bildeten die vollgeruesteten Hopliten der Vollhufener, im fuenften und sechsten standen die minder geruesteten Bauern der zweiten und dritten Abteilung; die beiden letzten traten als letzte Glieder zu der Phalanx hinzu oder kaempften daneben als Leichtbewaffnete. Fuer die leichte Ausfuellung zufaelliger Luecken, die der Phalanx so verderblich sind, war gesorgt. Es standen also in derselben 84 Zenturien oder 8400 Mann, davon 6000 Hopliten, 4000 der ersten, je 1000 der beiden folgenden Abteilungen, ferner 2400 Leichte, davon 1000 der vierten, 1200 der fuenften Abteilung; ungefaehr stellte jeder Aushebungsbezirk zu der Phalanx 2100, zu jeder Zenturie 25 Mann. Diese Phalanx war das zum Ausruecken bestimmte Heer, waehrend die gleiche Truppenmacht auf die fuer die Stadtverteidigung zurueckbleibenden Aelteren gerechnet wurde; wodurch also der Normalbestand des Fussvolks auf 16800 Mann kam, 80 Zenturien der ersten, je 20 der drei folgenden, 28 der letzten Abteilung; ungerechnet die beiden Zenturien Ersatzmannschaft sowie die der Werk- und die der Spielleute. Zu allen diesen kam die Reiterei, welche aus 1800 Pferden bestand; dem ausrueckenden Heer ward indes oft nur der dritte Teil der Gesamtzahl beigegeben. Der Normalbestand des roemischen Heeres ersten und zweiten Aufgebots stieg sonach auf nahe an 20000 Mann; welche Zahl dem Effektivbestand der roemischen Waffenfaehigen, wie er war zur Zeit der Einfuehrung dieser neuen Organisation, unzweifelhaft im allgemeinen entsprochen haben wird. Bei steigender Bevoelkerung wurde nicht die Zahl der Zenturien vermehrt, sondern man verstaerkte durch zugegebene Leute die einzelnen Abteilungen, ohne doch die Grundzahl ganz fallen zu lassen; wie denn die roemischen der Zahl nach geschlossenen Korporationen ueberhaupt haeufig durch Aufnahme ueberzaehliger Mitglieder die ihnen gesetzte Schranke umgingen. Mit dieser neuen Heeresordnung Hand in Hand ging die sorgfaeltigere Beaufsichtigung des Grundbesitzes von seiten des Staats. Es wurde entweder jetzt eingefuehrt oder doch sorgfaeltiger bestimmt, dass ein Erdbuch angelegt werde, in welchem die einzelnen Grundbesitzer ihre Aecker mit dem Zubehoer, den Gerechtigkeiten, den Knechten, den Zug- und Lasttieren verzeichnen lassen sollten. Jede Veraeusserung, die nicht offenkundig und vor Zeugen geschah, wurde fuer nichtig erklaert und eine Revision des Grundbesitzregisters, das zugleich Aushebungsrolle war, in jedem vierten Jahre vorgeschrieben. So sind aus der servianischen Kriegsordnung die Manzipation und der Zensus hervorgegangen. Augenscheinlich ist diese ganze Institution von Haus aus militaerischer Natur. In dem ganzen weitlaeufigen Schema begegnet auch nicht ein einziger Zug, der auf eine andere als die rein kriegerische Bestimmung der Zenturien hinwiese; und dies allein muss fuer jeden, der in solchen Dingen zu denken gewohnt ist, genuegen, um ihre Verwendung zu politischen Zwecken fuer spaetere Neuerung zu erklaeren. Wenn, wie wahrscheinlich, in aeltester Zeit, wer das sechzigste Jahr ueberschritten hat, von den Zenturien ausgeschlossen ist, so hat dies keinen Sinn, sofern dieselben von Anfang an bestimmt waren, gleich und neben den Kurien die Buergergemeinde zu repraesentieren. Indes wenn auch die Zenturienordnung lediglich eingefuehrt ward, um die Schlagfertigkeit der Buergschaft durch die Beziehung der Insassen zu steigern, und insofern nichts verkehrter ist, als die Servianische Ordnung fuer die Einfuehrung der Timokratie in Rom auszugeben, so wirkte doch folgeweise die neue Wehrpflichtigkeit der Einwohnerschaft auch auf ihre politische Stellung wesentlich zurueck. Wer Soldat werden muss, muss auch Offizier werden koennen, solange der Staat nicht faul ist; ohne Frage konnten in Rom jetzt auch Plebejer zu Centurionen und Kriegstribunen ernannt werden. Wenn ferner auch der bisherigen in den Kurien vertretenen Buergerschaft durch die Zenturieninstitution der Sonderbesitz der politischen Rechte nicht geschmaelert werden sollte, so mussten doch unvermeidlich diejenigen Rechte, welche die bisherige Buergerschaft nicht als Kurienversammlung, sondern als Buergeraufgebot geuebt hatte, uebergehen auf die neuen Buerger- und Insassenzenturien. Die Zenturien also sind es fortan, die der Koenig vor dem Beginn eines Angriffskrieges um ihre Einwilligung zu befragen hat. Es ist wichtig der spaeteren Entwicklung wegen, diese ersten Ansaetze zu einer Beteiligung der Zenturien an den oeffentlichen Angelegenheiten zu bezeichnen; allein zunaechst trat der Erwerb dieser Rechte durch die Zenturien mehr folgeweise ein, als dass er geradezu beabsichtigt worden waere, und nach wie vor der Servianischen Reform galt die Kurienversammlung als die eigentliche Buergergemeinde, deren Huldigung das ganze Volk dem Koenig verpflichtete. Neben diesen neuen grundsaessigen Vollbuergern standen die angesessenen Auslaender aus dem verbuendeten Latium als teilnehmend an den oeffentlichen Lasten, der Steuer und den Fronden (daher municipes); waehrend die ausser den Tribus stehenden, nicht ansaessigen und des Wehr- und Stimmrechts entbehrenden Buerger nur als steuerpflichtig (aerarii) in Betracht kommen.
Hatte man somit bisher nur zwei Klassen der Gemeindeglieder: Buerger und Schutzverwandte unterschieden, so stellten jetzt sich diese drei politischen Klassen fest, die viele Jahrhunderte hindurch das roemische Staatsrecht beherrscht haben.
Wann und wie diese neue militaerische Organisation der roemischen Gemeinde ins Leben trat, darueber sind nur Vermutungen moeglich. Sie setzt die vier Quartiere voraus, das heisst, die Servianische Mauer musste gezogen sein, bevor die Reform stattfand. Aber auch das Stadtgebiet musste schon seine urspruengliche Grenze betraechtlich ueberschritten haben, wenn es 8000 volle ebensoviel Teilhufener oder Hufenersoehne stellen konnte. Wir kennen zwar den Flaechenraum der vollen roemischen Bauernstelle nicht, allein es wird nicht moeglich sein, sie unter 20 Morgen anzusetzen ^4; rechnen wir als Minimum 10000 Vollhufen, so wuerden diese einen Flaechenraum von 9 deutschen Quadratmeilen Ackerland voraussetzen, wonach, wenn man Weide, Haeuserraum und nicht kulturfaehigen Boden noch so maessig in Ansatz bringt, das Gebiet zu der Zeit, wo diese Reform durchgefuehrt ward, mindestens eine Ausdehnung von 20 Quadratmeilen, wahrscheinlich aber eine noch betraechtlichere, gehabt haben muss. Folgt man der Ueberlieferung, so muesste man gar eine Zahl von 84000 ansaessigen und waffenfaehigen Buergern annehmen; denn so viel soll Servius bei dem ersten Zensus gezaehlt haben. Indes dass diese Zahl fabelhaft ist, zeigt ein Blick auf die Karte; auch ist sie nicht wahrhaft ueberliefert, sondern vermutungsweise berechnet, indem die 16800 Waffenfaehigen des Normalstandes der Infanterie nach einem durchschnittlichen die Familie zu fuenf Koepfen ansetzenden Ueberschlag eine Zahl von 84000 Buergern zu ergeben schienen und diese Zahl mit der der Waffenfaehigen verwechselt ward. Aber auch nach jenen maessigeren Saetzen ist bei einem Gebiet von etwa 16000 Hufen mit einer Bevoelkerung von nahe an 20000 Waffenfaehigen und mindestens der dreifachen Zahl von Frauen, Kindern und Greisen, nicht grundsaessigen Leuten und Knechten notwendig anzunehmen, dass nicht bloss die Gegend zwischen Tiber und Anio gewonnen, sondern auch die albanische Mark erobert war, bevor die Servianische Verfassung festgestellt wurde; womit denn auch die Sage uebereinstimmt. Wie das Verhaeltnis der Patrizier und Plebejer im Heere sich der Zahl nach urspruenglich gestellt hat, ist nicht zu ermitteln.
———————————————————- ^4 Schon um 480 erschienen Landlose von sieben Morgen (Val. Max. 3, 3, 5; Colum. 1 praef. 14, 1, 3, 11; Plin. nat. 18,3,18; vierzehn Morgen: Ps. Aur. Vict. 33; Plut. apophth. reg. et imp. p. 235 Duebner, wonach Plut. Crass. 2 zu berichtigen ist) den Empfaengern klein.
Die Vergleichung der deutschen Verhaeltnisse ergibt dasselbe. Jugerum und Morgen, beide urspruenglich mehr Arbeits- als Flaechenmasse, koennen angesehen werden als urspruenglich identisch. Wenn die deutsche Hufe regelmaessig aus 30, nicht selten auch aus 20 oder 40 Morgen bestand, und die Hofstaette haeufig, wenigstens bei den Angelsachsen, ein Zehntel der Hufe betrug, so wird bei Beruecksichtigung der klimatischen Verschiedenheit und des roemischen Heredium von zwei Morgen die Annahme einer roemischen Hufe von 20 Morgen den Verhaeltnissen angemessen erscheinen. Freilich bleibt es zu bedauern, dass die Ueberlieferung uns eben hier im Stich laesst. ——————————————————- Im allgemeinen aber ist es einleuchtend einerseits, dass diese Servianische Institution nicht hervorgegangen ist aus dem Staendekampf, sondern dass sie den Stempel eines reformierenden Gesetzgebers an sich traegt gleich der Verfassung des Lykurgos, des Solon, des Zaleukos, anderseits, dass sie entstanden ist unter griechischem Einfluss. Einzelne Analogien koennen truegen, wie zum Beispiel die schon von den Alten hervorgehobene, dass auch in Korinth die Ritterpferde auf die Witwen und Waisen angewiesen wurden; aber die Entlehnung der Ruestung wie der Gliederstellung von dem griechischen Hoplitensystem ist sicher kein zufaelliges Zusammentreffen. Erwaegen wir nun, dass eben im zweiten Jahrhundert der Stadt die griechischen Staaten in Unteritalien von der reinen Geschlechterverfassung fortschritten zu einer modifizierten, die das Schwergewicht in die Haende der Besitzenden legte ^5, so werden wir hierin den Anstoss erkennen, der in Rom die Servianische Reform hervorrief, eine im wesentlichen auf demselben Grundgedanken beruhende und nur durch die streng monarchische Form des roemischen Staats in etwas abweichende Bahnen gelenkte Verfassungsaenderung.
——————————————— ^5 Auch die Analogie zwischen der sogenannten Servianischen Verfassung und der Behandlung der attischen Metoeken verdient hervorgehoben zu werden. Athen hat eben wie Rom verhaeltnismaessig frueh den Insassen die Tore geoeffnet und dann auch dieselben zu den Lasten des Staates mit herangezogen. Je weniger hier ein unmittelbarer Zusammenhang angenommen werden kann, desto bestimmter zeigt es sich, wie dieselben Ursachen – staedtische Zentralisierung und staedtische Entwicklung – ueberall und notwendig die gleichen Folgen herbeifuehren. ——————————————— 7. Kapitel
Roms Hegemonie in Latium
An Fehden unter sich und mit den Nachbarn wird es der tapfere und leidenschaftliche Stamm der Italiker niemals haben fehlen lassen; mit dem Aufbluehen des Landes und der steigenden Kultur muss die Fehde allmaehlich in den Krieg, der Raub in die Eroberung uebergegangen sein und politische Maechte angefangen haben, sich zu gestalten. Indes von jenen fruehesten Raufhaendeln und Beutezuegen, in denen der Charakter der Voelker sich bildet und sich aeusserst wie in den Spielen und Fahrten des Knaben der Sinn des Mannes, hat kein italischer Homer uns ein Abbild aufbewahrt; und ebensowenig gestattet uns die geschichtliche Ueberlieferung, die aeussere Entwicklung der Machtverhaeltnisse der einzelnen latinischen Gaue auch nur mit annaehernder Genauigkeit zu erkennen. Hoechstens von Rom laesst die Ausdehnung seiner Macht und seines Gebietes sich einigermassen verfolgen. Die nachweislich aeltesten Grenzen der vereinigten roemischen Gemeinde sind bereits angegeben worden; sie waren landeinwaerts durchschnittlich nur etwa eine deutsche Meile von dem Hauptort des Gaus entfernt und erstreckten sich einzig gegen die Kueste zu bis an die etwas ueber drei deutsche Meilen von Rom entfernte Tibermuendung (Ostia). “Groessere und kleinere Voelkerschaften”, sagt Strabon in der Schilderung des aeltesten Rom, “umschlossen die neue Stadt, von denen einige in unabhaengigen Ortschaften wohnten und keinem Stammverband botmaessig waren”. Auf Kosten zunaechst dieser stammverwandten Nachbarn scheinen die aeltesten Erweiterungen des roemischen Gebietes erfolgt zu sein.
Die am oberen Tiber und zwischen Tiber und Anio gelegenen latinischen Gemeinden Antemnae, Crustumerium, Ficulnea, Medullia, Caenina, Corniculum, Cameria, Collatia drueckten am naechsten und empfindlichsten auf Rom und scheinen schon in fruehester Zeit durch die Waffen der Roemer ihre Selbstaendigkeit eingebuesst zu haben. Als selbstaendige Gemeinde erscheint in diesem Bezirk spaeter nur Nomentum, das vielleicht durch Buendnis mit Rom seine Freiheit rettete; um den Besitz von Fidenae, dem Brueckenkopf der Etrusker am linken Ufer des Tiber, kaempften Latiner und Etrusker, das heisst Roemer und Veienter mit wechselndem Erfolg. Gegen Gabii, das die Ebene zwischen dem Anio und den Albaner Bergen innehatte, stand der Kampf lange Zeit im Gleichgewicht; bis in die spaete Zeit hinab galt das gabinische Gewand als gleichbedeutend mit dem Kriegskleid und der gabinische Boden als Prototyp des feindlichen Landes ^1. Durch diese Eroberungen mochte das roemische Gebiet sich auf etwa 9 Quadratmeilen erweitert haben. Aber lebendiger als diese verschollenen Kaempfe ist, wenn auch in sagenhaftem Gewande, der Folgezeit eine andere uralte Waffentat der Roemer im Andenken geblieben: Alba, die alte heilige Metropole Latiums, ward von roemischen Scharen erobert und zerstoert. Wie der Zusammenstoss entstand und wie er entschieden ward, ist nicht ueberliefert; der Kampf der drei roemischen gegen die drei albanischen Drillingsbrueder ist nichts als eine personifizierte Bezeichnung des Kampfes zweier maechtiger und eng verwandter Gaue, von denen wenigstens der roemische ein dreieiniger war. Wir wissen eben nichts weiter als die nackte Tatsache der Unterwerfung und Zerstoerung Albas durch Rom ^2.
—————————————————- ^1 Ebenso charakteristisch sind die Verwuenschungsformeln fuer Gabii und Fidenae (Macr. Sat. 3, 9), waehrend doch eine wirkliche geschichtliche Verfluchung des Stadtbodens, wie sie bei Veii, Karthago, Fregellae in der Tat stattgefunden hat, fuer diese Staedte nirgends nachweisbar und hoechst unwahrscheinlich ist. Vermutlich waren alte Bannfluchformulare auf diese beiden verhassten Staedte gestellt und wurden von spaeteren Antiquaren fuer geschichtliche Urkunden gehalten.
^2 Aber zu bezweifeln, dass die Zerstoerung Albas in der Tat von Rom ausgegangen sei wie es neulich von achtbarer Seite geschehen ist, scheint kein Grund vorhanden. Es ist wohl richtig, dass der Bericht ueber Albas Zerstoerung in seinen Einzelheiten eine Kette von Unwahrscheinlichkeiten und Unmoeglichkeiten ist; aber das gilt eben von jeder in Sagen eingesponnenen historischen Tatsache. Auf die Frage, wie sich das uebrige Latium zu dem Kampfe zwischen Alba und Rom verhielt, haben wir freilich keine Antwort; aber die Frage selbst ist falsch gestellt, denn es ist unerwiesen, dass die latinische Bundesverfassung einen Sonderkrieg zweier latinischer Gemeinden schlechterdings untersagte. Noch weniger widerspricht die Aufnahme einer Anzahl albischer Familien in den roemischen Buergerverband der Zerstoerung Albas durch die Roemer; warum soll es nicht in Alba eben wie in Capua eine roemische Partei gegeben haben? Entscheidend duerfte aber der Umstand sein, dass Rom in religioeser wie in politischer Hinsicht als Rechtsnachfolgerin von Alba auftritt; welcher Anspruch nicht auf die Uebersiedelung einzelner Geschlechter, sondern nur auf die Eroberung der Stadt sich gruenden konnte und gegruendet ward.
—————————————- Dass in der gleichen Zeit, wo Rom sich am Anio und auf dem Albaner Gebirge festsetzte, auch Praeneste, welches spaeterhin als Herrin von acht benachbarten Ortschaften erscheint, ferner Tibur und andere latinische Gemeinden in gleicher Weise ihr Gebiet erweitert und ihre spaetere verhaeltnismaessig ansehnliche Macht begruendet haben moegen, laesst sich vollends nur vermuten. Mehr als die Kriegsgeschichten vermissen wir genaue Berichte ueber den rechtlichen Charakter und die rechtlichen Folgen dieser aeltesten latinischen Eroberungen. Im ganzen ist es nicht zu bezweifeln, dass sie nach demselben Inkorporationssystem behandelt wurden, woraus die dreiteilige roemische Gemeinde hervorgegangen war; nur dass die durch die Waffen zum Eintritt gezwungenen Gaue nicht einmal, wie jene aeltesten drei, als Quartiere der neuen vereinigten Gemeinde eine gewisse relative Selbstaendigkeit bewahrten, sondern voellig und spurlos in dem Ganzen verschwanden (I, 99). Soweit die Macht des latinischen Gaues reichte, duldete er in aeltester Zeit keinen politischen Mittelpunkt ausser dem eigenen Hauptort, und noch weniger legte er selbstaendige Ansiedlungen an, wie die Phoeniker und die Griechen es taten und damit in ihren Kolonien vorlaeufig Klienten und kuenftige Rivalen der Mutterstadt erschufen. Am merkwuerdigsten in dieser Hinsicht ist die Behandlung, die Ostia durch Rom erfuhr: Die faktische Entstehung einer Stadt an dieser Stelle konnte und wollte man nicht hindern, gestattete aber dem Orte keine politische Selbstaendigkeit und gab darum den dort Angesiedelten kein Ortsbuerger-, sondern liess ihnen bloss, wenn sie es bereits besassen, das allgemeine roemische Buergerrecht ^3. Nach diesem Grundsatz bestimmte sich auch das Schicksal der schwaecheren Gaue, die durch Waffengewalt oder auch durch freiwillige Unterwerfung einem staerkeren untertaenig wurden. Die Festung des Gaues wurde geschleift, seine Mark zu der Mark der Ueberwinder geschlagen, den Gaugenossen selbst wie ihren Goettern in dem Hauptort des siegenden Gaues eine neue Heimat gegruendet. Eine foermliche Uebersiedelung der Besiegten in die neue Hauptstadt, wie sie bei den Staedtegruendungen im Orient Regel ist, wird man hierunter freilich nicht unbedingt zu verstehen haben. Die Staedte Latiums konnten in dieser Zeit wenig mehr sein als die Festungen und Wochenmaerkte der Bauern; im ganzen genuegte die Verlegung des Markt- und Dingverkehrs an den neuen Hauptort. Dass selbst die Tempel oft am alten Platze blieben, laesst sich an dem Beispiel von Alba und Caenina dartun, welchen Staedten noch nach der Zerstoerung eine Art religioeser Scheinexistenz geblieben sein muss. Selbst wo die Festigkeit des geschleiften Ortes eine wirkliche Verpflanzung der Insassen erforderlich machte, wird man mit Ruecksicht auf die Ackerbestellung dieselben haeufig in offenen Weilern ihrer alten Mark angesiedelt haben. Dass indes nicht selten auch die ueberwundenen alle oder zum Teil genoetigt wurden, sich in ihrem neuen Hauptort niederzulassen, beweist besser als alle einzelnen Erzaehlungen aus der Sagenzeit Latiums der Satz des roemischen Staatsrechts, dass nur, wer die Grenzen des Gebietes erweitert habe, die Stadtmauer (das Pomerium) vorzuschieben befugt sei. Natuerlich wurde den ueberwundenen, uebergesiedelt oder nicht, in der Regel das Schutzverwandtenrecht aufgezwungen ^4; einzelne Geschlechter wurden aber auch wohl mit dem Buergerrecht, das heisst dem Patriziat, beschenkt. Noch in der Kaiserzeit kannte man die nach dem Fall ihrer Heimat in die roemische Buergerschaft eingereihten albischen Geschlechter, darunter die Iulier, Servilier, Quinctilier, Cloelier, Geganier, Curiatier, Metilier; das Andenken ihrer Herkunft bewahrten ihre albischen Familienheiligtuemer, unter denen das Geschlechterheiligtum der Iulier in Bovillae sich in der Kaiserzeit wieder zu grossem Ansehen erhob.
———————————————— ^3 Hieraus entwickelte sich der staatsrechtliche Begriff der See- oder Buergerkolonie (colonia civium Romanorum), das heisst einer faktisch gesonderten, aber rechtlich unselbstaendigen und willenlosen Gemeinde, die in der Hauptstadt aufgeht wie im Vermoegen des Vaters das Peculium des Sohnes und als stehende Besatzung vom Dienst in der Legion befreit ist. ^4 Darauf geht ohne Zweifel die Bestimmung der Zwoelf Tafeln: Nex[i mancipiique] forti sanatique idem ius esto, d. h. es soll im privatrechtlichen Verkehr dem Guten und dem Gebesserten gleiches Recht zustehen. An die latinischen Bundesgenossen kann hier nicht gedacht sein, da deren rechtliche Stellung durch die Bundesvertraege bestimmt wird und das Zwoelftafelgesetz ueberhaupt nur vom Landrecht handelt; sondern die sanates sind die Latini prisci cives Romani, das heisst die von den Roemern in das Plebejat genoetigten Gemeinden Latiums.
—————————————— Diese Zentralisierung mehrerer kleiner Gemeinden in einer groesseren war natuerlich nichts weniger als eine spezifisch roemische Idee. Nicht bloss die Entwicklung Latiums und der sabellischen Staemme bewegt sich um die Gegensaetze der nationalen Zentralisation und der kantonalen Selbstaendigkeit, sondern es gilt das gleiche auch von der Entwicklung der Hellenen. Es war dieselbe Verschmelzung vieler Gaue zu einem Staat, aus der in Latium Rom und in Attika Athen hervorging; und eben dieselbe Fusion war es, welche der weise Thales dem bedraengten Bunde der ionischen Staedte als den einzigen Weg zur Rettung ihrer Nationalitaet bezeichnete. Wohl aber ist es Rom gewesen, das diesen Einheitsgedanken folgerichtiger, ernstlicher und gluecklicher festhielt als irgendein anderer italischer Gau; und eben wie Athens hervorragende Stellung in Hellas die Folge seiner fruehen Zentralisierung ist, so hat auch Rom seine Groesse lediglich demselben hier noch weit energischer durchgefuehrten System zu danken.
Wenn also die Eroberungen Roms in Latium im wesentlichen als gleichartige, unmittelbare Gebiets- und Gemeindeerweiterungen betrachtet werden duerfen, so kommt doch derjenigen von Alba noch eine besondere Bedeutung zu. Es sind nicht bloss die problematische Groesse und der etwaige Reichtum der Stadt, welche die Sage bestimmt haben, die Entnahme Albas in so besonderer Weise hervorzuheben. Alba galt als die Metropole der latinischen Eidgenossenschaft und hatte die Vorstandschaft unter den dreissig berechtigten Gemeinden. Die Zerstoerung Albas hob natuerlich den Bund selbst so wenig auf wie die Zerstoerung Thebens die boeotische Genossenschaft ^5; vielmehr nahm, dem streng privatrechtlichen Charakter des latinischen Kriegsrechts vollkommen entsprechend, Rom jetzt als Rechtsnachfolgerin von Alba dessen Bundesvorstandschaft in Anspruch. Ob und welche Krisen der Anerkennung dieses Anspruchs vorhergingen oder nachfolgten, vermoegen wir nicht anzugeben; im ganzen scheint man die roemische Hegemonie ueber Latium bald und durchgaengig anerkannt zu haben, wenn auch einzelne Gemeinden, wie zum Beispiel Labici und vor allem Gabii, zeitweilig sich ihr entzogen haben moegen. Schon damals mochte Rom als seegewaltig der Landschaft, als Stadt den Dorfschaften, als Einheitsstaat der Eidgenossenschaft gegenueberstehen, schon damals nur mit und durch Rom die Latiner ihre Kuesten gegen Karthager, Hellenen und Etrusker schirmen und ihre Landgrenze gegen die unruhigen Nachbarn sabellischen Stammes behaupten und erweitern koennen. Ob der materielle Zuwachs, den Rom durch die Ueberwaeltigung von Alba erhielt, groesser war als die durch die Einnahme von Antemnae oder Collatia erlangte Machtvermehrung, laesst sich nicht ausmachen; es ist sehr moeglich, dass Rom nicht erst durch die Eroberung Albas die maechtigste latinische Gemeinde ward, sondern schon lange vorher es war; aber was dadurch gewonnen ward, war die Vorstandschaft bei dem latinischen Feste und damit die Grundlage der kuenftigen Hegemonie der roemischen Gemeinde ueber die gesamte latinische Eidgenossenschaft. Es ist wichtig, diese entscheidenden Verhaeltnisse so bestimmt wie moeglich zu bezeichnen.
—————————————————- ^5 Es scheint sogar aus einem Teile der albischen Mark die Gemeinde Bovillae gebildet und diese an Albas Platz unter die autonomen latinischen Staedte eingetreten zu sein. Ihren albischen Ursprung bezeugt der Iulierkult und der Name Albani Longani Bovillenses (Orelli-Henzen 119, 2252, 6019); ihre Autonomie Dionysios (5, 61) und Cicero (Planc. 9, 23). ————————————————————— Die Form der roemischen Hegemonie ueber Latium war im ganzen die eines gleichen Buendnisses zwischen der roemischen Gemeinde einer- und der latinischen Eidgenossenschaft anderseits, wodurch ein ewiger Landfriede in der ganzen Mark und ein ewiges Buendnis fuer den Angriff wie fuer die Verteidigung festgestellt ward. “Friede soll sein zwischen den Roemern und allen Gemeinden der Latiner, solange Himmel und Erde bestehen; sie sollen nicht Krieg fuehren untereinander noch Feinde ins Land rufen noch Feinden den Durchzug gestatten; dem Angegriffenen soll Hilfe geleistet werden mit gesamter Hand und gleichmaessig verteilt werden, was gewonnen ist im gemeinschaftlichen Krieg.” Die verbriefte Rechtsgleichheit im Handel und Wandel, im Kreditverkehr wie im Erbrecht, verflocht die Interessen der schon durch die gleiche Sprache und Sitte verbundenen Gemeinden noch durch die tausendfachen Beziehungen des Geschaeftsverkehrs, und es ward damit etwas aehnliches erreicht wie in unserer Zeit durch die Beseitigung der Zollschranken. Allerdings blieb jeder Gemeinde formell ihr eigenes Recht; bis auf den Bundesgenossenkrieg war das latinische Recht mit dem roemischen nicht notwendig identisch, und wir finden zum Beispiel, dass die Klagbarkeit der Verloebnisse, die in Rom frueh abgeschafft ward, in den latinischen Gemeinden bestehen blieb. Allein die einfache und rein volkstuemliche Entwicklung des latinischen Rechtes und das Bestreben, die Rechtsgleichheit moeglichst festzuhalten, fuehrten denn doch dahin, dass das Privatrecht in Inhalt und Form wesentlich dasselbe war in ganz Latium. Am schaerfsten tritt diese Rechtsgleichheit hervor in den Bestimmungen ueber den Verlust und den Wiedergewinn der Freiheit des einzelnen Buergers. Nach einem alten ehrwuerdigen Rechtssatz des latinischen Stammes konnte kein Buerger in dem Staat, wo er frei gewesen war, Knecht werden oder innerhalb dessen das Buergerrecht einbuessen; sollte er zur Strafe die Freiheit und, was dasselbe war, das Buergerrecht verlieren, so musste er ausgeschieden werden aus dem Staat und bei Fremden in die Knechtschaft eintreten. Diesen Rechtssatz erstreckte man auf das gesamte Bundesgebiet; kein Glied eines der Bundesstaaten sollte als Knecht leben koennen innerhalb der gesamten Eidgenossenschaft. Anwendungen davon sind die in die Zwoelf Tafeln aufgenommene Bestimmung, dass der zahlungsunfaehige Schuldner, wenn der Glaeubiger ihn verkaufen wolle, verkauft werden muesse jenseits der Tibergrenze, das heisst ausserhalb des Bundesgebietes, und die Klausel des zweiten Vertrags zwischen Rom und Karthago, dass der von den Karthagern gefangene roemische Bundesgenosse frei sein solle, so wie er einen roemischen Hafen betrete. Wenngleich allgemeine Ehegemeinschaft innerhalb des Bundes wahrscheinlich nicht bestand, so sind dennoch Zwischenehen zwischen den verschiedenen Gemeinden, wie dies schon frueher bemerkt worden ist, haeufig vorgekommen. Die politischen Rechte konnte zunaechst jeder Latiner nur da ausueben, wo er eingebuergert war; dagegen lag es im Wesen der privatrechtlichen Gleichheit, dass jeder Latiner an jedem latinischen Orte sich niederlassen konnte, oder, nach heutiger Terminologie, es bestand neben den besonderen Buergerrechten der einzelnen Gemeinden ein allgemeines eidgenoessisches Niederlassungsrecht; und seitdem der Plebejer in Rom als Buerger anerkannt war, wandelte sich dieses Recht Rom gegenueber um in volle Freizuegigkeit. Dass dies wesentlich zum Vorteil der Hauptstadt ausschlug, die allein in Latium staedtischen Verkehr, staedtischen Erwerb, staedtische Genuesse darzubieten hatte, und dass die Zahl der Insassen in Rom sich reissend schnell vermehrte, seit die latinische Landschaft im ewigen Frieden mit Rom lebte, ist begreiflich.
In Verfassung und Verwaltung blieb nicht bloss die einzelne Gemeinde selbstaendig und souveraen, soweit nicht die Bundespflichten eingriffen, sondern, was mehr bedeutet, es blieb dem Bunde der dreissig Gemeinden als solchem Rom gegenueber die Autonomie. Wenn versichert wird, dass Albas Stellung zu den Bundesgemeinden eine ueberlegenere gewesen sei als die Roms, und dass die letzteren durch Albas Sturz die Autonomie erlangt haetten, so ist dies insofern wohl moeglich, als Alba wesentlich Bundesglied war, Rom von Haus aus mehr als Sonderstaat dem Bunde gegenueber als innerhalb desselben stand; aber es mag, eben wie die Rheinbundstaaten formell souveraen waren, waehrend die deutschen Reichsstaaten einen Herrn hatten, der Sache nach vielmehr Albas Vorstandschaft gleich der des deutschen Kaisers ein Ehrenrecht, Roms Protektorat von Haus aus wie das napoleonische eine Oberherrlichkeit gewesen sein. In der Tat scheint Alba im Bundesrat den Vorsitz gefuehrt zu haben, waehrend Rom die latinischen Abgeordneten selbstaendig, unter Leitung, wie es scheint, eines aus ihrer Mitte gewaehlten Vorsitzenden, ihre Beratungen abhalten liess und sich begnuegte mit der Ehrenvorstandschaft bei dem Bundesopferfest fuer Rom und Latium und mit der Errichtung eines zweiten Bundesheiligtums in Rom, des Dianatempels auf dem Aventin, so dass von nun an teils auf roemischem Boden fuer Rom und Latium, teils auf latinischem fuer Latium und Rom geopfert ward. Nicht minder im Interesse des Bundes war es, dass die Roemer in dem Vertrag mit Latium sich verpflichteten, mit keiner latinischen Gemeinde ein Sonderbuendnis einzugehen – eine Bestimmung, aus der die ohne Zweifel wohlbegruendete Besorgnis der Eidgenossenschaft gegenueber der maechtigen leitenden Gemeinde sehr klar heraussieht. Am deutlichsten zeigt sich die Stellung Roms nicht innerhalb, sondern neben Latium in dem Kriegswesen. Die Bundesstreitmacht ward, wie die spaetere Weise des Aufgebots unwidersprechlich zeigt, gebildet aus zwei gleich starken Massen, einer roemischen und einer latinischen. Das Oberkommando stand ein fuer allemal bei den roemischen Feldherren; Jahr fuer Jahr hatte der latinische Zuzug vor den Toren Roms sich einzufinden und begruesste hier den erwaehlten Befehlshaber durch Zuruf als seinen Feldherrn, nachdem die vom latinischen Bundesrat dazu beauftragten Roemer sich aus der Beobachtung des Voegelflugs der Zufriedenheit der Goetter mit der getroffenen Wahl versichert hatten. Was im Bundeskrieg an Land und Gut gewonnen war, wurde nach dem Ermessen der Roemer unter die Bundesglieder verteilt. Dass dem Ausland gegenueber die roemisch-latinische Foederation nur durch Rom vertreten worden ist, laesst sich nicht mit Sicherheit behaupten. Der Bundesvertrag untersagte weder Rom noch Latium, auf eigene Hand einen Angriffskrieg zu beginnen; und wenn, sei es nach Bundesschluss, sei es infolge eines feindlichen Ueberfalls, ein Bundeskrieg gefuehrt ward, so mag bei der Fuehrung wie bei der Beendigung desselben auch der latinische Bundesrat rechtlich beteiligt gewesen sein. Tatsaechlich freilich wird Rom damals schon die Hegemonie besessen haben, wie denn, wo immer ein einheitlicher Staat und ein Staatenbund in eine dauernde Verbindung zueinander treten, das Uebergewicht auf die Seite von jenem zu fallen pflegt. Wie nach Albas Fall Rom, jetzt sowohl die Herrin eines verhaeltnismaessig bedeutenden Gebietes als auch vermutlich die fuehrende Macht innerhalb der latinischen Eidgenossenschaft, sein unmittelbares und mittelbares Gebiet weiter ausgedehnt hat, koennen wir nicht mehr verfolgen. Mit den Etruskern, zunaechst den Veientern, hoerten die Fehden namentlich um den Besitz von Fidenae nicht auf; es scheint aber nicht, dass es den Roemern gelang, diesen auf dem latinischen Ufer des Flusses nur eine starke Meile von Rom gelegenen etruskischen Vorposten dauernd in ihre Gewalt zu bringen und die Veienter aus dieser gefaehrlichen Offensivbasis zu verdraengen. Dagegen behaupten sie sich, wie es scheint, unangefochten im Besitz des Ianiculum und der beiden Ufer der Tibermuendung. Den Sabinern und Aequern gegenueber erscheint Rom in einer mehr ueberlegenen Stellung; von der spaeterhin so engen Verbindung mit den entfernteren Hernikern werden wenigstens die Anfaenge schon in der Koenigszeit bestanden und die vereinigten Latiner und Herniker ihre oestlichen Nachbarn von zwei Seiten umfasst und niedergehalten haben. Der bestaendige Kriegsschauplatz aber war die Suedgrenze, das Gebiet der Rutuler und mehr noch das der Volsker. Nach dieser Richtung hat die latinische Landschaft sich am fruehesten erweitert, und hier begegnen wir zuerst den von Rom und Latium in dem feindlichen Lande begruendeten und als autonome Glieder der latinischen Eidgenossenschaft konstituierten Gemeinden, den sogenannten latinischen Kolonien, von denen die aeltesten noch in die Koenigszeit hineinzureichen scheinen. Wie weit indes das roemische Machtgebiet um das Ende der Koenigszeit sich erstreckte, laesst sich in keiner Weise bestimmen. Von Fehden mit den benachbarten latinischen und volskischen Gemeinden ist in den roemischen Jahrbuechern der Koenigszeit genug und nur zuviel die Rede; aber kaum duerften wenige einzelne Meldungen, wie etwa die der Einnahme von Suessa in der pomptinischen Ebene, einen geschichtlichen Kern enthalten. Dass die Koenigszeit nicht bloss die staatlichen Grundlagen Roms gelegt, sondern auch nach aussen hin Roms Macht begruendet hat, laesst sich nicht bezweifeln; die Stellung der Stadt Rom mehr gegenueber als in dem latinischen Staatenbund ist bereits im Beginn der Republik entschieden gegeben und laesst erkennen, dass in Rom schon in der Koenigszeit eine energische Machtentfaltung nach aussen hin stattgefunden haben muss. Gewiss sind grosse Taten, ungemeine Erfolge hier verschollen; aber der Glanz derselben ruht auf der Koenigszeit Roms, vor allem auf dem koeniglichen Hause der Tarquinier, wie ein fernes Abendrot, in dem die Umrisse verschwimmen. So war der latinische Stamm im Zuge, sich unter der Fuehrung Roms zu einigen und zugleich sein Gebiet nach Osten und Sueden hin zu erweitern; Rom selbst aber war durch die Gunst der Geschicke und die Kraft der Buerger aus einer regsamen Handels- und Landstadt der maechtige Mittelpunkt einer bluehenden Landschaft geworden. Die Umgestaltung der roemischen Kriegsverfassung und die darin im Keim enthaltene politische Reform, welche uns unter dem Namen der Servianischen Verfassung bekannt ist, steht im engsten Zusammenhang mit dieser innerlichen Umwandlung des roemischen Gemeindewesens. Aber auch aeusserlich musste mit den reicher stroemenden Mitteln, mit den steigenden Anforderungen, mit dem erweiterten politischen Horizont der Charakter der Stadt sich aendern. Die Verschmelzung der quirinalischen Nebengemeinde mit der palatinischen muss bereits vollzogen gewesen sein, als die sogenannte Servianische Reform stattfand; seit in dieser die Buergerwehr sich in festen und einheitlichen Formen zusammengenommen hatte, konnte die Buergerschaft nicht dabei beharren, die einzelnen Huegel, wie sie nacheinander mit Gebaeuden sich gefuellt hatten, zu verschanzen und etwa noch zur Beherrschung des Tiberlaufes die Flussinsel und die Hoehe am entgegengesetzten Ufer besetzt zu halten. Die Hauptstadt von Latium verlangte ein anderes und abgeschlossenes Verteidigungssystem: man schritt zu dem Bau der Servianischen Mauer. Der neue, zusammenhaengende Stadtwall begann am Fluss unterhalb des Aventin und umschloss diesen Huegel, an dem neuerdings (1855) an zwei Stellen, teils am westlichen Abhang gegen den Fluss zu, teils an dem entgegengesetzten oestlichen, die kolossalen Ueberreste dieser uralten Befestigungen zum Vorschein gekommen sind, Mauerstuecke von der Hoehe derjenigen von Alatri und Ferentino, aus maechtigen, viereckig behauenen Tuffbloecken unregelmaessig geschichtet, die wiedererstandenen Zeugen einer gewaltigen Epoche, deren Bauten in diesen Felswaenden unvergaenglich dastehen und deren geistige Taten unvergaenglicher als diese in Ewigkeit fortwirken werden. Weiter umfasste der Mauerring den Caelius und den ganzen Raum des Esquilin, Viminal und Quirinal, wo ein ebenfalls erst vor kurzem (1862) wieder in groesseren Resten zu Tage gekommener Bau, nach aussen von Peperinbloecken aufgesetzt und durch einen vorgezogenen Graben geschuetzt, nach innen in einen maechtigen, gegen die Stadt zu abgeboeschten und noch heute imponierenden Erddamm auslaufend, den Mangel der natuerlichen Verteidigungsmittel ersetzte, lief von da zum Kapitol, dessen steile Senkung gegen das Marsfeld zu einen Teil des Stadtwalls ausmachte, und stiess oberhalb der Tiberinsel zum zweitenmal an den Fluss. Die Tiberinsel nebst der Pfahlbruecke und das Ianiculum gehoerten nicht zur eigentlichen Stadt, wohl aber war die letztere Hoehe ein befestigtes Vorwerk. Wenn ferner bisher der Palatin die Burg gewesen war, so wurde dieser Huegel jetzt dem freien staedtischen Anbau ueberlassen und dagegen auf dem nach allen Seiten hin freistehenden und bei seinem maessigen Umfang leicht zu verteidigenden tarpeischen Huegel die neue “Burg” (arx, capitolium) ^6 angelegt mit dem Burgbrunnen, dem sorgfaeltig gefassten “Quellhaus” (tullianum), der Schatzkammer (aerarium), dem Gefaengnis und dem aeltesten Versammlungsplatz der Buergerschaft (area Capitolina), auf dem auch spaeter immer noch die regelmaessigen Abkuendigungen der Mondzeiten stattgefunden haben. Privatwohnungen dauernder Art sind dagegen in frueherer Zeit nicht auf dem Burghuegel geduldet worden ^7; und der Raum zwischen den beiden Spitzen des Huegels, das Heiligtum des argen Gottes (Ve-diovis) oder, wie die spaetere hellenisierende Epoche es nannte, das Asyl war mit Wald bedeckt und vermutlich bestimmt, die Bauern mit ihren Herden aufzunehmen, wenn Ueberschwemmung oder Krieg sie von der Ebene vertrieb. Das Kapitol war dem Namen wie der Sache nach die Akropole Roms, ein selbstaendiges, auch noch nach dem Fall der Stadt verteidigungsfaehiges Kastell, dessen Tor wahrscheinlich nach dem spaeteren Markt zu gelegen hat ^8. In aehnlicher Weise, wenn auch schwaecher, scheint der Aventin befestigt und der festen Ansiedelung entzogen worden zu sein. Es haengt damit zusammen, dass fuer eigentlich staedtische Zwecke, zum Beispiel fuer die Verteilung des zugeleiteten Wassers, die roemische Stadtbewohnerschaft sich teilte in die eigentlichen Stadtbewohner (montani) und in die innerhalb der allgemeinen Ringmauer gelegenen, aber doch nicht zu der eigentlichen Stadt gerechneten Bezirke (pagani Aventinenses, Ianiculenses, collegia Capitolinorum et Mercurialium) ^9. Der von der neuen Stadtmauer umschlossene Raum umfasste also ausser der bisherigen palatinischen und quirinalischen Stadt noch die beiden Bundesfestungen des Kapitol und des Aventin, ferner das Ianiculum ^10; der Palatin als die eigentliche und aelteste Stadt ward von den uebrigen Anhoehen, an denen die Mauer entlang gefuehrt war, wie im Kranz umschlossen und von den beiden Kastellen in die Mitte genommen. Aber das Werk war nicht vollstaendig, solange der mit schwerer Muehe vor dem auswaertigen Feinde geschirmte Boden nicht auch dem Wasser abgewonnen war, welches das Tal zwischen dem Palatin und dem Kapitol dauernd fuellte, sodass hier vielleicht sogar eine Faehre bestand, und das Tal zwischen dem Kapitol und der Velia sowie das zwischen Palatin und Aventin versumpfte. Die heute noch stehenden, aus prachtvollen Quadern zusammengefuegten unterirdischen Abzugsgraeben, welche die Spaeteren als ein Wunderwerk des koeniglichen Rom anstaunten, duerften eher der folgenden Epoche angehoeren, da Travertin dabei verwendet ist und vielfach von Neubauten daran in der republikanischen Zeit erzaehlt wird; allein die Anlage selbst gehoert ohne Zweifel in die Koenigszeit, wenngleich vermutlich in eine spaetere Epoche als die Anlage des Mauerrings und der kapitolinischen Burg. Durch sie wurden an den entsumpften oder trockengelegten Stellen oeffentliche Plaetze gewonnen, wie die neue Grossstadt sie bedurfte. Der Versammlungsplatz der Gemeinde, bis dahin der kapitolinische Platz auf der Burg selbst, ward verlegt auf die Flaeche, die von der Burg gegen die Stadt sich senkte (comitium), und dehnte von dort zwischen dem Palatin und den Carinen in der Richtung nach der Velia hin sich aus. An der der Burg zugekehrten Seite der Dingstaette erhielten auf der nach Art eines Altanes ueber die Dingstaette sich erhebenden Burgmauer die Ratsmitglieder und die Gaeste der Stadt bei Festlichkeiten und Volksversammlungen den Ehrenplatz; und auf dem Versammlungsplatz selbst wurde das Rathaus errichtet, das spaeter den Namen der hostilischen Kurie fuehrte. Die Estrade fuer den Richterstuhl (tribunal) und die Buehne, von wo aus zur Buergerschaft gesprochen ward (die spaeteren rostra), wurden ebenfalls auf der Dingstaette selbst errichtet. Ihre Verlaengerung gegen die Velia ward der neue Markt (forum Romanum). Am Ende desselben, unter dem Palatin, erhob sich das Gemeindehaus, das die Amtswohnung des Koenigs (regia) und den gemeinsamen Herd der Stadt, die Rotunde des Vestatempels, einschloss; nicht weit davon, an der Suedseite des Marktes, ward ein dazu gehoeriges zweites Rundgebaeude errichtet, die Kammer der Gemeinde oder der Tempel der Penaten, der heute noch steht als Vorhalle der Kirche Santi Cosma e Damiano. Es ist bezeichnend fuer die neu und in ganz anderer Art, als die Ansiedelung der “sieben Berge” es gewesen war, geeinigte Stadt, dass neben und ueber die dreissig Kurienherde, mit deren Vereinigung in einem Gebaeude das palatinische Rom sich begnuegt hatte, in dem Servianischen dieser allgemeine und einheitliche Stadtherd trat ^11. Laengs der beiden Langseiten des Marktes reihten sich die Fleischbuden und andere Kauflaeden. In dem Tal zwischen Aventin und Palatin ward fuer die Rennspiele der “Ring” abgesteckt; das ward der Circus. Unmittelbar am Flusse ward der Rindermarkt angelegt und bald entstand hier eines der am dichtesten bevoelkerten Quartiere. Auf allen Spitzen erhoben sich Tempel und Heiligtuemer, vor allem auf dem Aventin das Bundesheiligtum der Diana und auf der Hoehe der Burg der weithin sichtbare Tempel des Vater Diovis, der seinem Volk all diese Herrlichkeit gewaehrt hatte und nun, wie die Roemer ueber die umliegenden Nationen, so mit ihnen ueber die unterworfenen Goetter der Besiegten triumphierte.
—————————————- ^6 Beide Namen, obwohl spaeter auch als Lokalnamen und zwar capitolium von der nach dem Fluss, arx von der nach dem Quirinal zu liegenden Spitze des Burghuegels gebraucht, sind urspruenglich, genau den griechischen akra und koryph/e/ entsprechend, appellativ, wie denn jede latinische Stadt ihr capitolium ebenfalls hat. Der Lokalname des roemischen Burghuegels ist mons Tarpeius.
^7 Die Bestimmung, ne quis patricius in arce aut capitolio habitaret, untersagte wohl nur die Umwandlung des Bodens in Privateigentum, nicht die Anlegung der Wohnhaeuser. Vgl. W. A. Becker Topographie der Stadt Rom (Becker, Handbuch, 1). Leipzig 1843, S. 386.
^8 Denn von hier fuehrte der Hauptweg, die “Heilige Strasse”, auf die Burg hinauf und in der Wendung, die diese bei dem Severusbogen nach links macht, ist noch deutlich die Einbiegung auf das Tor zu erkennen. Dieses selbst wird in den grossen Bauten, die spaeter am Clivus stattfanden, untergegangen sein. Das sogenannte Tor an der steilsten Stelle des kapitolinischen Berges, das unter dem Namen des janualischen oder saturnischen oder auch des offenen vorkommt und in Kriegszeiten stets offenstehen musste, hatte augenscheinlich nur religioese Bedeutung und ist nie ein wirkliches Tor gewesen. ^9 Es kommen vier solcher Gilden vor: 1. die Capitolini (Cic. ad Q. fr. 2, 5, 2) mit eigenen magistri (Henzen 6010, 6011) und jaehrlichen Spielen (Liv. 5, 50); vgl. zu CIL I, 805; 2. die Mercuriales (Liv. 2, 27; Cic. a.a.O.; Preller, Roemische Mythologie. Berlin 1858. Bd. 1, S. 597) ebenfalls mit magistri (Henzen 6010), die Gilde aus dem Circustal, wo der Mercurtempel sich befand; 3. die pagani Aventinenses ebenfalls mit magistri (Henzen 6010); 4. die pagani pagi Ianiculensis ebenfalls mit magistri (CIL I, 801, 802). Es ist gewiss nicht zufaellig, dass diese vier Gilden, die einzigen derartigen, die in Rom vorkommen, eben den von den vier oertlichen Tribus aus-, aber von der Servianischen Mauer eingeschlossenen beiden Huegeln, dem Kapitol und dem Aventin, und dem zu derselben Befestigung gehoerigen Ianiculum angehoeren; und damit steht weiter im Zusammenhang, dass als Bezeichnung der gesamten staedtischen Eingesessenen Roms montani paganive gebraucht wird – vgl. ausser der bekannten Stelle Cic. dom. 28; 74 besonders das Gesetz ueber die staedtischen Wasserleitungen bei Festus unter sifus p. 340: [mon]tani paganive si[fis aquam dividunto]. Die montani, eigentlich die Bewohner der palatinischen drei Bezirke, scheinen hier a potiori fuer die ganze eigentliche Stadtbuergerschaft der vier Quartiere gesetzt zu sein; die pagani sind sicher die ausserhalb der Tribus stehenden Genossenschaften von Aventin und Ianiculum und die analogen Kollegien vom Kapitol und dem Circustal. ^10 Die “Siebenhuegelstadt” im eigentlichen und religioesen Sinn ist und bleibt das engere palatinische Altrom. Allerdings hat auch das Servianische Rom sich wenigstens schon in der ciceronischen Zeit (vgl. z. B. Cic. Att. 6, 5, 2; Plut. q. Rom. 69) als Siebenhuegelstadt betrachtet, wahrscheinlich weil das auch in der Kaiserzeit eifrig gefeierte Fest des Septimontium anfing, als allgemeines Stadtfest zu gelten; aber schwerlich ist man je darueber zu fester Einigung gelangt, welche von den durch den Servianischen Mauerring umfassten Anhoehen zu den sieben zaehlen. Die uns gelaeufigen sieben Berge Palatinus, Aventinus, Caelius, Esquilinus, Viminalis, Quirinalis, Capitolinus zaehlt kein alter Schriftsteller auf. Sie sind zusammengestellt aus der traditionellen Erzaehlung von der allmaehlichen Entstehung der Stadt (Jordan, Topographie der Stadt Rom im Altertum. Bd. 2. Berlin 1885, S. 206f.), aber das Ianiculum ist dabei nur uebergangen, weil sonst acht herauskommen wuerden. Die aelteste Quelle, welche die sieben Berge (montes) Roms aufzaehlt, die Stadtbeschreibung aus der Zeit Konstantins des Grossen, nennt als solche Palatin, Aventin, Caelius, Esquilin, Tarpeius, Vaticanus und Ianiculum – wo also der Quirinal und Viminal, offenbar als colles, fehlen und dafuer zwei “montes” vom rechten Tiberufer, darunter sogar der ausserhalb der Servianischen Mauer liegende Vaticanus mit hineingezogen sind. Andere, noch spaetere Listen geben Servius (Aen. 6, 783), die Berner Scholien zu Vergils Georgiken (2, 535) und Lydus (mens. p. 118 Bekker).
^11 Sowohl die Lage der beiden Tempel als das ausdrueckliche Zeugnis des Dionysios (2, 25), dass der Vestatempel ausserhalb der Roma quadrata lag, bezeugen es, dass diese Anlagen nicht mit der palatinischen, sondern mit der zweiten (Servianischen) Stadtgruendung im Zusammenhang stehen; und wenn den Spaeteren dieses Koenigshaus mit dem Vestatempel als Anlage Numas gilt, so ist die Ursache dieser Annahme zu offenbar, um darauf Gewicht zu legen. —————————————— Die Namen der Maenner, auf deren Geheiss diese staedtischen Grossbauten sich erhoben, sind nicht viel weniger verschollen, als die der Fuehrer in den aeltesten roemischen Schlachten und Siegen. Die Sage freilich knuepft die verschiedenen Werke an verschiedene Koenige an, das Rathaus an Tullus Hostilius, das Ianiculum und die Holzbruecke an Ancus Marcius, die grosse Kloake, den Circus, den Jupitertempel, an Tarquinius den Aelteren, den Dianatempel und den Mauerring an Servius Tullius. Manche dieser Angaben moegen richtig sein, und es scheint nicht zufaellig, dass der Bau des neuen Mauerrings mit der neuen Heeresordnung, die ja auf die stetige Verteidigung der Stadtwaelle wesentliche Ruecksicht nahm, auch der Zeit und dem Urheber nach zusammengestellt wird. Im ganzen aber wird man sich begnuegen muessen, aus dieser Ueberlieferung zu entnehmen, was schon an sich einleuchtet, dass diese zweite Schoepfung Roms mit der Anbahnung der Hegemonie ueber Latium und mit der Umschaffung des Buergerheeres im engsten Zusammenhange stand; und dass sie zwar aus einem und demselben grossen Gedanken hervorgegangen, uebrigens aber weder eines Mannes noch eines Menschenalters Werk ist. Dass auch in diese Umgestaltung des roemischen Gemeindewesens die hellenische Anregung maechtig eingegriffen hat, ist ebenso unzweifelhaft, als es unmoeglich ist, die Art und den Grad dieser Einwirkung darzutun. Es wurde schon bemerkt, dass die Servianische Militaerverfassung wesentlich hellenischer Art ist, und dass die Circusspiele nach hellenischem Muster geordnet wurden, wird spaeter gezeigt werden. Auch das neue Koenigshaus mit dem Stadtherd ist vollstaendig ein griechisches Prytaneion und der runde, nach Osten schauende und nicht einmal von den Auguren eingeweihte Vestatempel in keinem Stueck nach italischem, sondern durchaus nach hellenischem Ritus erbaut. Es scheint danach durchaus nicht unglaublich, was die Ueberlieferung meldet, dass der roemisch-latinischen Eidgenossenschaft die ionische in Kleinasien gewissermassen als Muster diente und darum auch das neue Bundesheiligtum auf dem Aventin dem ephesischen Artemision nachgebildet ward. 8. Kapitel
Die umbrisch-sabellischen Staemme
Anfaenge der Samniten
Spaeter als die der Latiner scheint die Wanderung der umbrischen Staemme begonnen zu haben, die gleich der latinischen sich suedwaerts bewegte, jedoch mehr in der Mitte der Halbinsel und gegen die oestliche Kueste zu sich hielt. Es ist peinlich, davon zu reden, denn die Kunde davon kommt zu uns wie der Klang der Glocken aus der im Meer versunkenen Stadt. Das Volk der Umbrer dehnt noch Herodotos bis an die Alpen aus, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie in aeltester Zeit ganz Norditalien innehatten, bis wo im Osten die illyrischen Staemme begannen, im Westen die Ligurer, von deren Kaempfen mit den Umbrern es Sagen gibt, und auf deren Ausdehnung in aeltester Zeit gegen Sueden zu einzelne Namen, zum Beispiel der der Insel Ilva (Elba), verglichen mit den ligurischen Ilvates, vielleicht einen Schluss gestatten. Dieser Epoche der umbrischen Groesse moegen die offenbar italischen Namen der aeltesten Ansiedlungen im Potal, Atria (Schwarzstadt) und Spina (Dornstadt), sowie die zahlreichen umbrischen Spuren in Suedetrurien (Fluss Umbro, Camars alter Name von Clusium, Castrum Amerinum) ihren Ursprung verdanken. Ganz besonders begegnen dergleichen Anzeichen einer der etruskischen voraufgegangenen italischen Bevoelkerung in dem suedlichen Strich Etruriens zwischen dem Ciminischen Wald (unterhalb Viterbo) und dem Tiber. In Falerii, der Grenzstadt Etruriens gegen Umbrien und das Sabinerland, ward nach Strabons Zeugnis eine andere Sprache geredet als die etruskische, und neuerdings sind daselbst derartige Inschriften zum Vorschein gekommen, deren Alphabet und Sprache zwar auch mit dem Etruskischen Beruehrungspunkte hat, aber doch im allgemeinen dem Latinischen analog ist ^1. Auch der Lokalkult zeigt sabellische Spuren; in denselben Kreis gehoeren die uralten, auch sakralen Beziehungen zwischen Caere und Rom. Wahrscheinlich haben die Etrusker diese suedlichen Striche bedeutend spaeter als die Landschaft nordwaerts vom Ciminischen Wald den Umbrern entrissen und hat sogar noch nach der tuskischen Eroberung umbrische Bevoelkerung sich hier gehalten. Die spaeter nach der roemischen Eroberung im Vergleich mit dem zaehen Festhalten etruskischer Sprache und Sitte im noerdlichen Etrurien so auffallend schnell erfolgende Latinisierung der suedlichen Landschaft findet vermutlich eben hierin ihren letzten Grund. Dass von Norden und Westen her die Umbrer nach harten Kaempfen zurueckgedraengt wurden in das enge Bergland zwischen den beiden Armen des Apennin, das sie spaeter innehaben, bezeichnet schon ihre geographische Lage ebenso deutlich, wie heutzutage die der Bewohner Graubuendens und die der Basken ihre aehnlichen Schicksale andeutet; auch die Sage weiss zu berichten, dass die Tusker den Umbrern dreihundert Staedte entrissen haben, und, was mehr ist, in den Nationalgebeten der umbrischen Iguviner, die wir noch besitzen, werden nebst anderen Staemmen vor allem die Tusker als Landesfeinde verwuenscht. —————————————- ^1 In dem Alphabet ist besonders bemerkenswert, das r von der lateinischen (R), nicht von der etruskischen Form (D) und das z ( ); es kann nur aus dem primitiven lateinischen abgeleitet sein und wird dies sehr getreu darstellen. Die Sprache steht ebenfalls dem aeltesten Latein nah; Marci Acarcelini he cupa, das ist Marcius Acarcelinius heic cubat; Menerva A. Cotena La. f. …. zenatuo sentem …. dedet cuando … cuncaptum, das ist Minervae A(ulus?) Cotena La(rtis) f(ilius) . . de senatus sententia dedit quando (wohl = olim) conceptum. Zugleich mit diesen und aehnlichen haben sich einige andere Inschriften gefunden von abweichender und unzweifelhaft etruskischer Sprache und Schrift. —————————————
Vermutlich infolge dieses von Norden her auf sie geuebten Druckes dringen die Umbrer vor gegen Sueden, im allgemeinen sich haltend auf dem Gebirgszug, da sie die Ebenen schon von den latinischen Staemmen besetzt fanden, jedoch ohne Zweifel das Gebiet ihrer Stammverwandten oft betretend und beschraenkend und mit ihnen sich um so leichter vermischend, als der Gegensatz in Sprache und Weise damals noch bei weitem nicht so scharf ausgepraegt sein konnten, wie wir spaeter ihn finden. In diesen Kreis gehoert, was die Sage zu erzaehlen weiss von dem Eindringen der Reatiner und Sabiner in Latium und ihren Kaempfen mit den Roemern; aehnliche Erscheinungen moegen sich laengs der ganzen Westkueste wiederholt haben. Im ganzen behaupten die Sabiner sich in den Bergen, so in der von ihnen seitdem benannten Landschaft neben Latium und ebenso in dem Volskerland, vermutlich, weil die latinische Bevoelkerung hier fehlte oder doch minder dicht war; waehrend anderseits die wohlbevoelkerten Ebenen besser Widerstand zu leisten vermochten, ohne indes das Eindringen einzelner Genossenschaften, wie der Titier und spaeter der Claudier in Rom, ganz abwehren zu koennen oder zu wollen. So mischten sich hier die Staemme hueben und drueben, woraus sich auch erklaert, weshalb die Volsker mit den Latinern in zahlreichen Beziehungen stehen und nachher dieser Strich sowie die Sabina so frueh und so schnell sich latinisieren konnten.
Der Hauptstock des umbrischen Stammes aber warf sich aus der Sabina oestlich in die Gebirge der Abruzzen und das suedlich an diese sich anschliessende Huegelland: sie besetzten auch hier wie an der Westkueste die bergigen Striche, deren duenne Bevoelkerung den Einwanderern wich oder sich unterwarf, waehrend dagegen in dem ebenen apulischen Kuestenland die alte einheimische Bevoelkerung der Iapyger, zwar unter steten Fehden, namentlich an der Nordgrenze um Luceria und Arpi, doch im ganzen sich behauptete. Wann diese Wanderungen stattfanden, laesst sich natuerlich nicht bestimmen; vermutlich aber doch um die Zeit, wo in Rom die Koenige herrschten. Die Sage erzaehlt, dass die Sabiner, gedraengt von den Umbrern, einen Lenz gelobten, das heisst schwuren, die in dem Kriegsjahre geborenen Soehne und Toechter, nachdem sie erwachsen waeren, preiszugeben und ueber die Landesgrenze zu schaffen, damit die Goetter sie nach ihrem Gefallen verderben oder auswaerts ihnen neue Sitze bescheren moechten. Den einen Schwarm fuehrte der Stier des Mars: das wurden die Safiner oder Samniten, die zuerst sich festsetzten auf den Bergen am Sagrusfluss und in spaeterer Zeit von da aus die schoene Ebene oestlich vom Matesegebirg an den Quellen des Tifernus besetzten und im alten wie im neuen Gebiet ihre Dingstaette, dort bei Agnone, hier bei Bojano gelegen, von dem Stier, der sie leitete, Bovianum nannten. Einen zweiten Haufen fuehrte der Specht des Mars: das wurden die Picenter, das Spechtvolk, das die heutige anconitanische Mark gewann; einen dritten der Wolf (hirpus) in die Gegend von Benevent: das wurden die Hirpiner. In aehnlicher Weise zweigten von dem gemeinschaftlichen Stamm sich die uebrigen kleinen Voelkerschaften ab: die Praetuttier bei Teramo, die Vestiner am Gran Sasso, die Marruciner bei Chieti, die Frentaner an der apulischen Grenze, die Paeligner am Majellagebirg, die Marser endlich am Fuciner See, diese mit den Volskern und den Latinern sich beruehrend. In ihnen allen blieb das Gefuehl der Verwandtschaft und der Herkunft aus dem Sabinerlande lebendig, wie es denn in jenen Sagen deutlich sich ausspricht. Waehrend die Umbrer im ungleichen Kampf erlagen und die westlichen Auslaeufer des gleichen Stammes mit der latinischen oder hellenischen Bevoelkerung verschmolzen, gediehen die sabellischen Staemme in der Abgeschlossenheit des fernen Gebirgslandes, gleich entrueckt dem Anstoss der Etrusker, der Latiner und der Griechen. Staedtisches Leben entwickelte bei ihnen sich nicht oder nur in geringem Grad; von dem Grossverkehr schloss ihre geographische Lage sie beinahe voellig aus und dem Beduerfnis der Verteidigung genuegten die Bergspitzen und die Schutzburgen, waehrend die Bauern wohnen blieben in den offenen Weilern oder auch, wo Quell und Wald oder Wiese einem jeden gefiel. So blieb denn auch die Verfassung, wie sie war; aehnlich wie bei den aehnlich gelegenen Arkadern in Hellas kam es hier nicht zur Inkorporation der Gemeinden, und es bildeten hoechstens mehr oder minder lockere Eidgenossenschaften sich aus. Vor allem in den Abruzzen scheint die scharfe Sonderung der Bergtaeler eine strenge Abgeschlossenheit der einzelnen Kantone hervorgerufen zu haben, sowohl unter sich wie gegen das Ausland; woher es kommt, dass diese Bergkantone in geringem Zusammenhang unter sich und in voelliger Isolierung gegen das uebrige Italien verharrt und trotz der Tapferkeit ihrer Bewohner weniger als irgendein anderer Teil der italischen Nation in die Entwicklung der Geschichte der Halbinsel eingegriffen haben. Dagegen ist das Volk der Samniten in dem oestlichen Stamm der Italiker ebenso entschieden der Hoehepunkt der politischen Entwicklung wie in dem westlichen das latinische. Seit frueherer Zeit, vielleicht von der ersten Einwanderung an, umschloss ein vergleichungsweise festes politisches Band die samnitische Nation und gab ihr die Kraft, spaeter mit Rom um den ersten Platz in Italien in ebenbuertigem Kampf zu ringen. Wann und wie das Band geknuepft ward, wissen wir ebensowenig als wir die Bundesverfassung kennen; das aber ist klar, dass in Samnium keine einzelne Gemeinde ueberwog und noch weniger ein staedtischer Mittelpunkt den samnitischen Stamm zusammenhielt wie Rom den latinischen, sondern dass die Kraft des Landes in den einzelnen Bauernschaften, die Gewalt in der aus ihren Vertretern gebildeten Versammlung lag; sie war es, die erforderlichenfalls den Bundesfeldherrn ernannte. Damit haengt es zusammen, dass die Politik dieser Eidgenossenschaft nicht wie die roemische aggressiv ist, sondern sich beschraenkt auf die Verteidigung der Grenzen; nur im Einheitsstaat ist die Kraft so konzentriert, die Leidenschaft so maechtig, dass die Erweiterung des Gebiets planmaessig verfolgt wird. Darum ist denn auch die ganze Geschichte der beiden Voelker vorgezeichnet in ihrem diametral auseinandergehenden Kolonisationssystem. Was die Roemer gewannen, erwarb der Staat; was die Samniten besetzten, das eroberten freiwillige Scharen, die auf Landraub ausgingen und von der Heimat im Glueck wie im Unglueck preisgegeben waren. Doch gehoeren die Eroberungen, welche die Samniten an den Kuesten des Tyrrhenischen und des Ionischen Meeres machten, erst einer spaeteren Periode an; waehrend die Koenige in Rom herrschten, scheinen sie selbst erst die Sitze sich gewonnen zu haben, in denen wir spaeter sie finden. Als ein einzelnes Ereignis aus dem Kreise der durch diese samnitische Ansiedelung veranlassten Voelkerbewegungen ist der Ueberfall von Kyme durch Tyrrhener vom oberen Meer, Umbrer und Daunier im Jahre der Stadt 230 (524) zu erwaehnen; es moegen sich, wenn man den allerdings sehr romantisch gefaerbten Nachrichten trauen darf, hier, wie das bei solchen Zuegen zu geschehen pflegt, die Draengenden und die Gedraengten zu einem Heer vereinigt haben, die Etrusker mit ihren umbrischen Feinden, mit diesen die von den umbrischen Ansiedlern suedwaerts gedraengten Iapyger. Indes das Unternehmen scheiterte; fuer diesmal gelang es noch der ueberlegenen hellenischen Kriegskunst und der Tapferkeit des Tyrannen Aristodemos, den Sturm der Barbaren von der schoenen Seestadt abzuschlagen.
9. Kapitel
Die Etrusker
Im schaerfsten Gegensatz zu den latinischen und den sabellischen Italikern wie zu den Griechen steht das Volk der Etrusker oder, wie sie sich selber nannten, der Rasen ^1. Schon der Koerperbau unterschied die beiden Nationen; statt des schlanken Ebenmasses der Griechen und Italiker zeigen die Bildwerke der Etrusker nur kurze staemmige Figuren mit grossem Kopf und dicken Armen. Was wir wissen von den Sitten und Gebraeuchen dieser Nation, laesst gleichfalls auf eine tiefe und urspruengliche Verschiedenheit von den griechisch-italischen Staemmen schliessen, so namentlich die Religion, die bei den Tuskern einen trueben phantastischen Charakter traegt und im geheimnisvollen Zahlenspiel und wuesten und grausamen Anschauungen und Gebraeuchen sich gefaellt, gleich weit entfernt von dem klaren Rationalismus der Roemer und dem menschlich heiteren hellenischen Bilderdienst. Was hierdurch angedeutet wird, das bestaetigt das wichtigste Dokument der Nationalitaet, die Sprache, deren auf uns gekommene Reste, so zahlreich sie sind, und so manchen Anhalt sie fuer die Entzifferung darbieten, dennoch so vollkommen isoliert stehen, dass es bis jetzt nicht einmal gelungen ist, den Platz des Etruskischen in der Klassifizierung der Sprachen mit Sicherheit zu bestimmen, geschweige denn die Ueberreste zu deuten. Deutlich unterscheiden wir zwei Sprachperioden. In der aelteren ist die Vokalisierung vollstaendig durchgefuehrt und das Zusammenstossen zweier Konsonanten fast ohne Ausnahme vermieden ^2. Durch Abwerfen der vokalischen konsonantischen Endungen und durch Abschwaechen oder Ausstossen der Vokale ward dies weiche und klangvolle Idiom allmaehlich in eine unertraeglich harte und rauhe Sprache verwandelt ^3; so machte man zum Beispiel ramtha aus ramuthaf, Tarchnaf aus Tarquinius, Menrva aus Minerva, Menle, Pultuke, Elchsentre aus Menelaos,