Der Gwissenswurm by Ludwig Anzengruber

This Etext prepared by. . . . Michael Pullen globaltraveler5565@yahoo.com Der Gwissenswurm Ludwig Anzengruber Bauernkomˆdie mit Gesang in drei Akten Personen: Grillhofer, ein reicher Bauer Nikodemi Dusterer, sein Schwager Wastl, Michl, Rosl und Annemirl, Dienstleute bei Grillhofer Die Horlacher-Lies Leonhardt, Fuhrknecht Poltner, der Bauer an der “Kahlen Lehnten” Sein Weib Natzl und Hans, deren Sˆhne
This page contains affiliate links. As Amazon Associates we earn from qualifying purchases.
Language:
Form:
Genre:
Published:
  • 1874
Edition:
Collection:
Buy it on Amazon FREE Audible 30 days

Bauernkomˆdie mit Gesang in drei Akten

Personen:

Grillhofer, ein reicher Bauer

Nikodemi Dusterer, sein Schwager

Wastl, Michl, Rosl und Annemirl, Dienstleute bei Grillhofer

Die Horlacher-Lies

Leonhardt, Fuhrknecht

Poltner, der Bauer an der “Kahlen Lehnten”

Sein Weib

Natzl und Hans, deren Sˆhne

Knechte und M‰gde im Grillhoferschen Hause

Urauff¸hrung am 19. September 1874 im Theater an der Wien

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 1. Szene

Erster Akt

Wohlh‰bige Bauernstube. Hintergrund links ein Doppelfenster, rechts der Haupteingang. Rechte Seite Fenster, links eine Seitent¸r. Vorne gegen links ein Tisch mit mehreren St¸hlen, gegen die Wand ein mit Leder ¸berzogener Sorgenstuhl, an dessen R¸ckenlehne ein Bettpolster. Wie der Vorhang aufgeht, ist die B¸hne leer. Auf dem Tische steht eine dampfende Sch¸ssel. Vor dem Fenster sieht man Knechte und M‰gde mit Rechen und Heugabeln vorbeiziehen.

Erste Szene

Knechte und M‰gde.

Chor. Knechte.

Glei is die Sunn am Platz,
Muflt dich halt schlaun,
Sunsten, mein lieber Schatz,
Brennt’s dich ganz braun.

M‰gde.

Mei Bub, geh, sag ma no,
Was k¸mmert’s dich?
Die Sunn, die brennt dich do
Schw‰rzer als mich!

Beide (Jodler).

Jujujuheh! (Ausklingend.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 2. Szene

Zweite Szene

Von links: Rosl (‰ltere Magd) f¸hrt Grillhofer, der sich leicht auf sie st¸tzt, herein.

Grillhofer. Au weh! Au weh! Hebt schon wieder so a sakrischer Tag an.

Rosl. No, kimm nur, Bauer. Da steht schon dein Suppen; lafl s’nit kalt werdn.

Grillhofer. Ah was–meintswegn. Mir schlagt eh nix mehr an. (Hat sich mit Beschwer niedergelassen, schneidet bebend sich Brot in die Sch¸ssel und lˆffelt es mit Gier aus.)

Rosl. Wer weifl, Bauer. Wann dich der liebe Gott wieder gsund machen will. ..

Grillhofer. Er will aber net!

Rosl. Ah freilich! Er wird schon wolln.

Grillhofer (schreit). Er will aber net, ich weifl’s!

Rosl (erschrocken). No ja, nachher is’s was anders.

Grillhofer. Weiflt, Rosl, du muflt’s nit so aufnehmen, wonn ich dich anschrei! Es is nit so bˆs gemeint. Aber weiflt, wonn man in Erkenntnus der S¸ndhaftigkeit schon so weit k‰mma is, dafl man sich frei in alles schicket, wenn ein’m glei in Gottesnam der Teufel holet, so laflt man sich selbn Zustand der Gnad von neamad mehr gern abreden.

Rosl. No jo, freilich, freilich, wohl, wohl, Bauer, wann’s a so is, so bleib holt in dein Zustand.

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 3. Szene

Dritte Szene

Vorige. Wastl (durch den Haupteingang).

Wastl. Gutn Morgn, Bauer.

Grillhofer. Gutn Morgn Wastl. Na, na, lafl nur dein Pfeif in Maul, geht dir sunst aus.

Wastl. Kann’s wohl derwarten. Es is f¸r dich net zutraglich, kunnt dich reizen, hust ehnder z’viel.–No werdn wir heunt schaun, dafl wir’s Heu hereinkriegn, ‘s Wetter wird neama lang so sauber aushalten. Gestern schon um Mittag hot’s in der Luft so g’flirretst, als w‰r die a in der Hitz verbrˆselt und tat durcheinanderwoiseln, wann die Sunn durchscheint. ‘s is hˆchste Zeit zum Dazuschaun! Und a Heu is dˆs, Bauer, so schˆn und viel, und es riecht frei, dafl eins umfalln kˆnnt vor Gutheit.

Grillhofer. Noja,noia.

Wastl (schupft die Achsel). “No ja–no ja.” Aber, Bauer, wann ich dir sag, a Heu–‘s ‰lteste Rindvieh da herum kann sich auf so oans nit besinna. Gfreut dich denn gar nix mehr? Nachhert gfreut ein’m a nix. Wem gang’s denn was an, wann dich net?

Rosl. Hast recht, Wastl, hast recht, sag ihm’s nur h’nein!

Grillhofer. Laflts es gut sein. Wann ich so bin, is’s doch eng nit abtraglich. Ich vergunn schon mein Nebenmenschen ‘s gute Heu. Jo, jo, gwifl. Aber ich taug halt nix mehr auf derer Welt–na–na–mich bek¸mmert nimmer ‘s irdische, mich bek¸mmert nur ‘s himmlische Heu, wovon gschriebn steht: “Der Mensch welkt dahin wie Heu!”, und da is mir nur um die Einfuhr in den himmlischen Heuschober!

Wastl. Jesses und Joseph, Bauer, mir kennt sich frei neama mit dir aus. Wann ich dir fr¸her gredt h‰tt von so ein Heu, wie dˆs a Heu is…! Aber seit dich nur allweil bek¸mmerst, was gschrieben steht, gibst auf kein vern¸nftig Reden mehr was.

Rosl. Hast recht, Wastl, hast schon recht, sag ihm’s nur h’nein.

Wastl. Seit dich vor ein halbn Jahrl der Schlag gstreift hat, bist neama der alte.

Grillhofer. Selb tat sich a net schicken! Dˆs war a Deuter vom lieben Gott, sider der Zeit halt ich still und wart auf’n zweiten. Mei lieber Wastl, du bist a guter Bub–a du, Rosl, ja, ja, du bist a a ehrlichs Mensch–m¸flts halt a Einsehn mit mir habn, noch dˆs kleine Neichtel Zeit, so mir bschiedn is; leicht moch ich noch fruher a End und zieh mich zruck von alln weltlichen Wesen. Ja, ja, konn leicht mˆglich sein, ich bin no lang net so, wie ich sein mˆcht, hat sich doch vorhin, wie du k‰mma bist, Wastl, der Gwinst- und Spekalierteufl in mir a weng noch gr¸hrt. Na, na, dˆs d‰rf net sein, dafl sich ‘s Heu zwischen mich und mein Schˆpfer dr‰ngt. Na, na, ich hab eh gnug auf mir, dazuk‰mma derf nix mehr, abwendig derf mich nix mehr machen von die gottseligen Gedanken.

Rosl. Tust doch, als w‰rst der s¸ndhaftigste Mon. Hast leicht eins umbracht?

Grillhofer. Dˆs net, Gott sei Dank, Rosl, dˆs net; aber ‘s Gegenteil auf unerlaubte Art kunnt leicht mˆglich sein.–Geh, lang mir das dicke Buch dort her. (Rosl holt die Postille von einem Schrank und legt sie vor Grillhofer hin.)

Grillhofer. So, und hiazt gehts all zwei in Gottsnam an enger Tagwerk und ich geh an meins. Is der Schwager noch net da?

Rosl. Na.

Grillhofer. Wann er kimmt, Rosl, so bring ein Wein und a weng a Rauchfleisch eine. Hizt gehts. (Schl‰gt das Buch auf und beginnt zu lesen.)

Rosl. Bh¸t Gott! (Ab durch den Haupteingang.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 4. Szene

Vierte Szene

Grillhofer und Wastl.

Grillhofer. Bh¸t dich Gott, Rosl! (Kleine Pause, ohne aufzusehen.) Bh¸t dich Gott, Wastl!

Wastl. Ich hob jo no nix gsagt.

Grillhofer (aufblickend). Willst no was?

Wastl. Es liegt mir schon lang auf. ¸ber dein Schwagern, ¸bern Dusterer, mˆcht ich mich amal ausreden.

Grillhofer. No, nur kein unbschaffens Wort!

Wastl. Bewahr w‰r mir a z’ gring dazu, dafl ich a unbschaffens Wort ¸ber eahm verlier–der elendige Kerl.

Grillhofer. Wastl!–Er is mein einziger Verwandter, der einzige Mensch, der ein trostreichen Zuspruch f¸r mich hat, dem was glegn is an mir in Zeit und Ewigkeit.

Wastl. Ich weifl’s eh, er is, der dich zu dem buflfertigen Wesen hinzerrt, wie ‘s Kalbl zur Kuh, wenn’s es Saufen derlernen soll.

Grillhofer. Hehe! Sixt, Wastl, wie d’ trotz deiner Boshaftigkeit nix dagegen f¸rbringa kannst! ‘s Kalbl mufl ja saufen, sunst wurd’s hin!

Wastl. Schon recht, Bauer, aber f¸r a Kalbl warst mer doch schon z’viel ausgwachsen.–Sag do selber, Bauer, wie d’ no riegelsam warst, hat der Dusterer kein Fufl ¸ber dein Staffel gsetzt–was findt er’s denn hizt vonnˆten, dafl er dir alle Tag ¸bern Hals rennt? Zwegn der Zeit und Ewigkeit leicht? Ka Red, meinst net selber, dafl er sich zutatig macht, weil er glaubt, es kˆnnt die ganz Hinterlassenschaft an ihm falln? Und hat er dich erst da, nachher kunnst freili–von ihm aus–Gott verh¸t’s–nit fr¸h gnug selig werdn.

Grillhofer. So mein ich ja eh selber!

Wastl. Na alsdann, na sixt, is doch amal a gscheite Red von dir! Oder wie d’ fr¸her hast a Wartl davon falln lassen, dafl d’ dich mˆchtst in die Ruh setzen, meinst nit a selber, er wurd dir einredn, dafl dein ganz Buflfertigkeit um a gut Tr¸mmerl z’ kurz war, wann du nit ihm ‘n Hof verschreibst und nˆt bei seiner Sippschaft als Ausnehmer bliebst? Han?

Grillhofer. Na jo, so mein ich ja ehnder selber!

Wastl. No, so sag ich, scheinheilig is er.

Grillhofer, Und ich sag, er is’s net.

Wastl. Wohl is er’s!

Grillhofer. Na, sog i! Wastl, du bist a dummer Bua, du verstehst dˆs net, der Dusterer, der is so, der is so, wie er is. Und zwegn dem, was mer gredt habn, so tut das der Buflhaftigkeit kein Eintrag und werd i ihm’s doch net in ¸bel aufnehma, dafl er auf sich schaut, wo sein Vorteil und der meine Hand in Hand gehn.

Wastl. Na, hˆrst, da mˆcht eins doch glei narrisch werdn! Wann sein Vorteil is, meinst nit, es kunnt wohl a a kleine Spitzb¸berei mit unterlaufen?

Grillhofer. Na, Wastl, dˆs net, dˆs net! Alls, was er f¸rbringt, dˆs is nur zu wahr–nur zu wahr is’s!

Wastl. No, ich konn da nix sagn, ich weifl nit, wie er dich h’rumkriegt hat, so hilft a kein Redn.

Grillhofer. Host a recht, Wastl. Redn is do von unnˆtn! Der Dusterer ist ¸ber ein Feldpater! Alles kurz und eindringlich und hizt: glaub’s oder glaub’s nit! A Teuxelskerl sag ich dir, mit sein gottgf‰lligen Wesen. Dran glauben mufl man. Dˆs hat er heraust, ja, ja, dˆs hat er heraust! Zwegn, dafl er sein Vorteil sucht, selb is richtig, aber dˆs tut nix, mag’s selber gern sehn, wann einer was treibt, er treibt’s recht, aber ehrlich mufl’s dabei zugehn! Wann ich ihm dahinter kam, dafl dˆs kein Schickung is, dˆ ihn in mein Haus f¸hrt, dafl net so sein m¸flt, wie er sagt, dafl er auf ‘n Herrgottn sein Rechnung lugt–Kreuzsakra, Wastl, da kriegest a Arbeit.

Wastl. Jesses, Bauer, schaff an, schaff nur glei an!

Grillhofer (l‰flt den Kopf h‰ngen). Lafl gut sein, Wastl, lafl’s gut sein. ‘s kimmt nˆt a so.–Er hat mich schon bei der richtigen Faltn. Er hat mich an oans erinnert, hon’s schon lang vergessen ghabt–hizt aber hat sa sich aufgriegelt, hizt sitzt’s da und gibt kein Ruh mehr, der Gwissenswurm is’s–und da hilft kein Aufdammen. Schˆn, schˆn unterdrucken heiflt’s und reuig sein.

Wastl. Grillhofer, wann’s wahr is, dafl eins, das sein Art auf einmal ‰ndert, bald verstirbt, so machst es neama lang, der Dusterer braucht net lang mehr ernste Gsichter z’schneiden, der konn bald lachen. Kreuzteufl! Fr¸her habn mer g’arbeit und sein dann lustig gwest all Tag und du warst der Fleifligst und Lustigste, und wann ich denk, dafl der alte Halunk dran Schuld tragt, dafl mir hizt dasitzen wie auf einer Kartausen–Sikra h’nein, ich wollt, er kam hizt h’rein, dafl i ihm’s h’neinsagn kunnt: Dusterer, du bist a Haderlump!

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 5. Szene

F¸nfte Szene

Vorige. Dusterer.

Dusterer (kleine, hagere, schw‰chliche Gestalt, von der Zipfelm¸tze bis zu den Stiefeln hinunter ganz schwarz gekleidet. Spricht alles auf trockene, gewichtige Bauernmanier, stoflweise). Gelobt sei Jesus Christus!

Wastl (schreit, wie in seiner Rede fortfahrend). In Ewigkeit!

Grillhofer. In Ewigkeit!

Dusterer (beh‰lt seine Pfeife im Munde und geht rasch auf Grillhofer zu). Gr¸fl Gott, Schwager, gr¸fl Gott, no, wie is dir denn wordn aufs letzte Beten?

Grillhofer. Hm, besser, ja, ich mein schon a bissel besser!

Dusterer (setzt sich). Verlaubst schon. Na, sollt mich freun. Ja, ja. (Beobachtet Grillhofer scharf.) Sollt mich rechtschaffen gfreun! Tats nur wieder weisen, dafl ma die Krankheiten abbeten kann, is a alte Gschicht! Freilich ghˆrt die rechte Frummheit und Buflfertigkeit dazu! Wer nur unserm Herrgott ‘s Maul machen mˆcht, der richt nix. Nur an die Leut und an der eingriflnen Gottlosigkeit liegt’s–an sonst nix–an sonst nix! (Pafft Rauchwolken von sich.) Ja, ja.

Wastl (tritt zu ihm). Muflt nit rauchen, Dusterer! Ich bin vom Haus und rauch a nˆt! (Nimmt ihm die Pfeife aus dem Mund.)

Grillhofer. Wastl–du Sikra h’nein!

Wastl (klopft die Pfeife auf dem Fensterbrett aus und setzt den Fufl auf die glimmende Asche). Verlaubst schon. Um die Gselchtigkeit is ‘m Bauern ja do net z’ tun!

Grillhofer. Na, aber der ‰rger, den d’ ein’m machst, schlagt mir leicht an?

Wastl. Is dir gwifl gs¸nder! (Gibt dem Dusterer die Pfeife zur¸ck.) Da, Dusterer.

Grillhofer. Wastl, du Sakra, du nimmst dir viel heraus. (Erhebt sich m¸hsam.) Mach mich nit schichti, am End kunnt ich dich doch no meistern.

Wastl. Recht is’s, dˆs steht dir an–kimm nur her, Bauer, ich wehr mich nicht viel–und dir is’s leicht gsund!

Grillhofer (setzt sich erschˆpft). Du narrischer Hˆllteufl, du!–Geh zu, sag ich, geh zu!-Dusterer (beg¸tigend). Lafl gut sein, Schwager, lafl’s gut sein–ja–ja! (Mit Emphase.) I verzeih ihm–ich verzeih ihm–dˆs tu ich.

Wastl (mit uns‰glicher Verachtung). Er verzeigt mir! (Ist bis zur T¸re gegangen.) Der! Verzeigt mir! Bh¸t dich Gott, Bauer! (Ab.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 6. Szene

Sechste Szene

Grillhofer. Dusterer, dann Rosl.

Dusterer. Is a kecker Ding, der Wastl! Ja, ja! Mein allweil, Hochmut kommt vorm Fall. Kunnt doch gschehn, wer weifl, wie bald, dafl er entbehrli wurd.–Ja.

Grillhofer. No, no, nur vertraglich! Was sagst, du verzeigst ihm, wann d’ ihm was nachtragn willst?

Dusterer. Hat er s’ angnommen, dˆ Verzeihung–hat er s’angnommen? Han?

Grillhofer. Ah was, auf ‘m Stubenbodn wird er s’ nit liegen lassen habn! –Solang ich die Augen offen hab, will ich net sehn, wie mein Anwesen zruckgeht, der Wastl is wie a Pfleger drauf. Tat keiner gut, der ihn weggab. Du verstehst dich a mehr aufs Himmelreich als auf d’ Wirtschaft!

Dusterer. Wohl, wohl. Z’ wirtschaften hat’s wenig gebn, da mufl oans auf ‘n himmlischen Vater vertraun. Dafl ich sag, ja, dafl ich sag, es war mir vorhin nur um die Pfeifen, weil a Anfeuchtung is beim Reden–weiflt, mir redt sich trocken so schwer.

Grillhofer. D’Rosl mufl eh glei ein Wein bringen.

Dusterer. No nochert is schon recht, nochert is schon recht. Dann wˆlln mer weiterredn. Mein Seel, ich bin so austr¸ckert da h’rum als h‰tt mich die gl¸tende Hˆlluft anblasen.

Grillhofer. Warst leicht unt auf ein klein Bsuch?

Dusterer. Dˆs net, Schwager, dˆs net, aber glesen hab ich davon.

Grillhofer. In ein Buch stund’s aufzeichnet?

Dusterer. In ein groflen, dicken Buch–wie dˆs, so dick–sein auch Bilder dabei, alles, wie’s zugeht; es ist grausam anzschaun, sag ich dir.

Grillhofer. So, so, ja freilich wann’s bschriebn is, ja freilich nachher! –Muflt mir’s lesen lassen!

Dusterer. Gwifl Schwoger, gwifl! Sobald so weit bist, dafl dir einwendig denken kannst: “Dich trifft’s neama, du bist draust!”, dann is aber a rechte Herzfreud, wann ma so davon lest und denkt sich all seine Feind und Unfriedmacher in die Qual hinein. Dˆs is dir a so a Vergn¸glichkeit, wie beispielm‰flig, wann’s dir dein Anrainer die ganze Feldfrucht vernagelt, dir biegt’s kein Halmerl um.

Grillhofer. Jo, aber wo bleibt denn da die christlich N‰chstenlieb?

Dusterer. Richtig, richtig, die hon ich beispielm‰flig ganz vergessen. Aber wo bleibt denn der Wein?

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 7. Szene

Siebente Szene

Vorige. Rosl.

Rosl (bringt eine Flasche mit Wein, dazu ein Glas und einen Teller, worauf ein St¸ck Rauchfleisch und ein Brot, und stellt es vor Dusterer auf den Tisch). Gsegn’s Gott!

Dusterer. Vergelt’s Gott! Schau, die Rosl–die Rosel no, du bist ja no allweil so sauber beinander, wie’s j¸ngste Dirndl! (Schenkt rasch ein.) Verlaubst schon, Schwoger, dafl sie mir Bescheid tut! (Nˆtigt ihr das Glas auf, indem er sie um die H¸fte faflt.)

Rosl. Wann’s erlaubt ist? Dein Wohlsein!

Dusterer (t‰tschelt sie im R¸cken). No, bleibst wohl h¸bsch ledig–h¸bsch ledig–und brav?

Rosl (macht sich los und schl‰gt ihn auf die Hand). Was is denn dˆs? (Ab.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 8. Szene

Achte Szene

Vorige, ohne Rosl.

Dusterer. No, no–is a dalkets Ding, die Rosl.–Grillhofer, am Sch¸rzenbandl bin ich ihr h‰ngenbliebn, ja, ja, am Sch¸rzenbandl, sunst nix! (Trinkt.) Ah, das is a Tropfen! (Stellt das Glas vor sich hin.) Ja, dafl ich also sag, Schwoger, weil ich mich hizt leichter mit dir red und weil wir allein sind.–Grillhofer (erhebt sich feierlich), Grillhofer, mir machst nix weis! (Schenkt im Stehen wieder ein.)

Grillhofer. Wie meinst dˆ Red?

Dusterer (setzt sich, indem er den Wein austrinkt). Schwoger, ich weifl, warum ich dir gsagt hab, dafl ich dir das Hˆllb¸chl erst spater bring.–Ich hab dich fruher betracht–du hast gsagt, besser w‰r dir.–Laugn’s net–wir sein hizt unter vier Augen–dir is ¸bler als gestern.

Grillhofer. No, werd ich’s leicht laugnen unter uns? Nur vorm Wastl, dafl er sein vorlauten Wesen Einhalt tut, hab ich’s gsagt. Aber ich mufl’s wissen, dafl mir einwendig wohler ist, die Seel is mir gs¸nder wie jemal.

Dusterer. Dˆs gab der liebe Herrgott, aber leicht is dˆs Ganze nur a hoffartig Einbildung von dir. (Erhebt sich wie oben.) Grillhofer, weiflt, warum dir net besser is? (Schenkt ein.)

Grillhofer. Wuflt’s net.

Dusterer. Weil dir die Buflhaftigkeit fehlt. (Setzt sich und trinkt aus.) Weil dir die Buflhaftigkeit fehlt.

Grillhofer. Dˆs wuflt ich a net.

Dusterer. Grillhofer, glaub mir, wann i dir was sag! Dir fehlt die Buflhaftigkeit!

Grillhofer. Mˆcht wissen, warum!

Dusterer. So, so–beispielm‰flig lafl dir sagn, es is a Unterschied zwischen Frummheit und Frummheit und Reuhaftigkeit und Reuhaftigkeit, wie zwischen ‘m Rosolie und ‘m Wacholder, der eine is zur Hochfahrt, der andere warmt ein’m ‘s Einwendige. (Erhebt sich wie oben.) Grillhofer, es steht geschrieben: “Wer mir nachfolgen will -”

Grillhofer. “Der nehme sein Kreuz auf sich!”

Dusterer. Nein.

Grillhofer. Was na? Nachher nˆt.

Dusterer. Das heiflt, so steht wohl a gschriebn, aber so mein ich net, ‘s Kreuz hast schon auf dir. Aber es steht ferner geschrieben: “Wenn du mir willst nachfolgen, so wirf dein Gut ins Meer!”

Grillhofer. Tragst du mein Hof auf ‘m Buckel hin bis zum Meer?

Dusterer. “Ins Meer und teile es mit den Armen.” (Setzt sich und trinkt aus.)

Grillhofer. So kann net gschrieben stehn!

Dusterer. Warum?

Grillhofer. Wann ich’s ins Meer wirf, kriegn’s ja die Fisch und net dˆ Armen.

Dusterer (erhebt sich wieder). Aber es steht doch so geschrieben.

Grillhofer. Wird doch kein Unsinn gschriebn stehn?!

Dusterer. Und warum net, Grillhofer? Glaub mir, wann ich dir was sag. Es steht geschrieben!

Grillhofer. Na, da mach du a Nutzanwendung drauf, ich bin mir z’ dumm dazu.

Dusterer (setzt sich und trinkt aus). Is kein Kunst, denn es is beispielm‰flig zu verstehn. Wann du willst mit’m Himmel auf gleich k‰mma, dann muflt du alles Weltwesen, um was dich noch sorgen und bek¸mmern kˆnntst, von dir tun, du muflt das Deine verschenken, muflt es an die Armen verteilen.

Grillhofer. Da sein eahner doch z’viel, kam ja auf kein was, w‰r schad um das schˆne Anwesen!

Dusterer. Kannst es ja beinandlassen; wann d’ ein einzigen Armen a Guttat derweist, gilt’s f¸r alle! Schau dich halt um, vielleicht findst unter der Hand in einer einzigen Familie a ganz Tr‰uperl Arme beinander, die leicht noch z’ neben der christlich N‰chstenlieb no a verwandtsch‰ftliche Zuneigung f¸r dich h‰tten–ja -ja–brauchst etwa gar net weit herumzsuchen, Schwoger–ja–hm–ja, dafl ich sag, beispielm‰flig, ich und mein Weib und meine f¸nf Kinder, wir mˆchten dich schon rechtschaffen pflegen, mˆchten dir’s im Gebet gedenken, a nach dein’n seligen End–ja–ja beispielm‰flig!

Grillhofer. Schneid net so h’rum, ‘s hat ja alls a christlich Absehn und hab ich schon selber dran denkt. Aber in d’ Ausnahm gehn, wo andere mit ihnere leiblich Kinder aften nix Guts derlebn, zu Fremde auf Gnoden und Ungnoden!? Net beklagn kˆnnt i mich, heiflet’s doch gleich: der Narr, was hat er ‘s unnˆtig tan? Und von fruher her hot’s mir nie taugt, dein Sippschaft zwegn engerer Duckmauserei–na, es is nur, dafl ma sich ausdischkariert–ja–ja–d‰rf dich net beleidingen! Jetzt steht’s mer ja an, verwahrt war ich schon, wie in ein Kloster, selb weifl ich. Wohl, wohl. Aber ich denk nur so, koan andrer da h’rum tat a so.

Dusterer. Grillhofer–Schwoger–lafl dir sagn, tu’s oder tu’s net. Mir is net um mich. Aber nach die andern muflt net fragn, na, na, nach dˆ muflt net fragn. Muflt es der Sippschaft net antun, dafl ma’s derlebt, wir fahreten am j¸ngsten Tag allzsamm in Himmel und muflten dich zrucklassen und f¸r alle Ewigkeit voneinander. Sorg di um di, lafl du nur dˆ andern in d’ Hˆll abipurzeln. Hihi, lafl nur dˆ abipurzeln!

Grillhofer. Na jo–selb war schon recht, wann’s nur net ein oder der andere etwa doch billiger richtet und rumpelt a da obn eine und hernzet mich d’ halb Ewigkeit: dafl mei Himmel z’ teuer war. I mˆcht nur fragn, ob sich’s a auszahlt? Wann no die andern br‰ver warn -! Bin ich denn so s¸ndig?

Dusterer (f‰hrt empor). Fragst no–fragst no, Grillhofer, ob d’ s¸ndig bist?! Solltst nit fragn, Grillhofer, du net, du vor alle andern net–sollst darnach fragn; du bist’s–Grillhofer, und schon wie! Beispielm‰flig lafl dir sagn, auf der Alm im Fruhjahr, wann sich der Schnee ballt, fliegt so a Malefizvogel–meint selber nix Args–vom Astl oba und nimmt sich a Maul voll Schnee–und denkt blofl, er tut sein Schnabel a Guttat, paar Brˆckeln rutschen weiter, es wird a K¸gerl draus, aus der Kugel a Knˆdel, aus’m Knˆdel a B¸nkel wie a Fuder Heu, dˆs torkelt allweil Tal obi, immer grˆfler und grˆfler und raumt ‘n Wald mit, haut abi ins Tal und die Lawin is fertig. So a Ungl¸cksvogel bist a du, Grillhofer! (Schenkt ein.) Bist auch du! Frag net, ob d’ s¸ndig bist! Denk an die Riesler-Magdalen, was vor f¸nfundzwanzg Jahr in dein Dienst war, wie mein Schwester, dein Weib, Gott hab s’ selig, noch glebt hat, denk an die Riesler-Magdalen, sag ich, dˆ hast du a ins Kugeln bracht, dafl ins Rollen k‰mma und in die siedige Hˆll h’neingfalln is und, wer weifl, wieviel Seeln mitgrissen hat! Neamand hat mehr was von ihr derfahrn, die fufzgimal ist s’ vom Gricht zwegn einer Erbschaft aufgfordert wordn, verschollen is s’ bliebn! Grillhofer, aber am Tag des Gerichts, da wird alles ans Licht zogn, da wird sich herausstellen, was du alles angstellt hast in s¸ndhafter Begehrlichkeit! Grillhofer, wann da Sachen ans ewige Licht kommen, was uns gar net tr‰umt?! Wann’s gfragt wird: wer is schuld an deiner armen Seelverderbnus? Grillhofer, Schwoger, nˆt um a Million mˆcht ich da an deiner Stell unbuflfertiger vor Gottes Thron stehn, nˆt um a Million!

Grillhofer. H‰tt ihr doch nachfragn solln!

Dusterer. No wohl–no wohl! Aber hizt is’s z’ spat, gschehn is gschehn. Ich wollt dir’s ehnder net sagn, aber heunt nacht hat mir wieder von ihr traumt, wie s’ da gsessen is in ewign Feuer, rundum es hˆllische Glast! O Jesses, es war schreckbar! Heunt fruh hab ich glei zu meiner Alten gsagt: f¸r dˆ zwei armen Seelen mufl was gschehn.

Grillhofer. Hast recht, dumm is schon, aber hast recht. No hilft nix als fleiflig f¸rbitten. Am End hast doch schlecht gsehn–na ja–na ja–im Feuer und Rauchen verlassen ein’m ja leider die Augen, wird am End gar net dˆ Hˆll gwesen sein, sundren nur ‘s Fegfeuer, wo die Magdalen hast sitzen gsehn?

Dusterer. Beschwˆrn kunnt ich’s net, dafl’s die Hˆll war!

Grillhofer. No, so gehn wir’s halt an, w‰r mir lieb, wann’s derer armen Seel a z’guten kam! Wann mer wieder a bissel besser is, fahrn mer nach der Kreisstadt, und da mach mir’s halt richtig–ja–ja–du ziehst auf’n Hof samt deine Leut, a kleine Probzeit, und ich verschreib dir’n, aber, dafl nichts verabsaumt wird!

Dusterer. No nix, gar nix, kannst dich verlassen. No schau, selb gfreut mich, deintwegn, Schwoger, deintwegn! Meiner Seel! Abgsehn, dafl ‘s gute Werk a a Staffel in Himmel is. Aber deintwegn schon gar. Hizt wirst schon Herr werdn ¸ber den sakrischen Gwissenswurm, verlafl dich drauf, es is net der erste, den ich aus’m Nest nimm!–Ja–ja, kannst dich verlassen! Was ich sagen wollt: wann geht’s nach der Kreisstadt–wann dir leichter is? Sixt, Grillhofer, sixt, schau, Schwoger, hizt lass’ ich dir a ‘n Bader holn, ja, ja, man derf nix aufler acht lassen und die Kr‰uter habn ja ihnere Heilsamkeit a vom lieben Gott. ja, ja, weiflt, hizt is was anderscht, fr¸her w‰r der Bader zu nix net nutz gwesen, aber hizten habn wir zum Anfang ‘n Wurm ‘s Zappeln glegt, dˆs is ‘s erste. Wann dˆs vorbei is, kann a der Bader wieder was richten. Mein Seel, heunt gfreut mich mein Lebn! (Ist aufgestanden und t‰tschelt den Grillhofer z‰rtlich in den R¸cken.) Weil ich so ein Schwagern hab! Ja ja. Na, die Freud, so a buflfertige Seel z’ finden bei derer schlechten Zeit! Beispielm‰flig war der Saul im Alten Testament a schlechter Sucher gegen meiner, hat ein Esel gsucht und a Kron gfunden, mir aber war kein Kron so lieb, als dafl ich ‘s Gsuchte a find–(umarmt Grillhofer) mein lieben Schwagern!

Grillhofer. No, no, lafl’s nur gut sein, und wann d’ meinst, so schick halt nach’m Bader! Wann amal was sein soll, so hab ich’s gern bald in Richtigkeit.

Dusterer (sitzt wieder auf seinem fr¸heren Platz). Ich weifl, ich weifl, mer kennt dich daf¸r, du haltst auf die Ordnung: Ja, ja, und no war’s ja recht! (Hat das Gesangbuch aus der Rocktasche gezogen und vor sich aufgeschlagen.) Und dafl wir net draus k‰mman, so lafl uns unser Bufllied singen! (Dusterer setzt ein, Grillhofer singt mit.)

Lied

Erlˆs uns von des Lebens Pein,
O Herr, in deinen Gnaden
Und f¸hr uns in den Himmel ein,
Das kann uns gar nicht schaden!

(Wie beide einsetzen, um die zwei letzten Zeilen zu wiederholen, f‰llt rasch der Vorhang.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 9. Szene

Verwandlung

Freie Gegend. Im Hintergrund ein Teil des Grillhoferschen Hauses, ein Fenster nach der B¸hne zu steht offen, dessen bunte, kurze Vorh‰nge verwehren den Einblick in die Stube. Ein Zaun mit Einlafl in der Mitte schlieflt den Hintergrund ab. Vorne rechts ¸ber einen niederen Graben f‰hrt ein Steg. Links im Vordergrunde ein Heuschober.

Neunte Szene

Liesel kommt ¸ber den Steg, sie tr‰gt einen Anzug, der von dem der andern Dirnen abweicht und zeigt, dafl sie aus einer andern Gegend daheim.

Lied

Mit ¸ble Vors‰tz geh
Fort aus’m Haus,
Glei schaut die ganze Welt
Anderschter aus!
Bin zeitlich fruh noch fort
Im Morgendunst,
Kenn alle Hund im Ort,
Freundlich warn s’sunst!
Nenn jeden bei sein Nam,
Kenn jeden gnau,
Hizt bellen s’hinter oam:
“Schau, schau, schau, schau!
Da geht d’ Horlacher-Lies,
Mit der’s net richtig is!
Schau, schau, schau, schau!”
(Jodler ad libitum.)
D’ Vˆgerln, die in der Fruh
Singen so lieb,
Die schrein jetzt ein’m zu:
“Dieb, Dieb, Dieb, Dieb!
Ui, dˆ Horlacher-Lies,
Mit der’s net richtig is!
Dieb, Dieb, Dieb, Dieb!”

(Jodler. Mit einer Geb‰rde, mit der man Vˆgel verscheucht, in die H‰nde klatschend.) Gscht! Nixnutzigs Gfliederwerk, nit wahr is’s, so is die Horlacher-Lies net! Freilich hot die Mahm gsagt: hingehst und einschmeichelst dich! Als ob ich a Katz w‰r! Aber kein Red, dˆs tu ich net. Aber furt von hoam bin i gern, u mein, wie gern! Jahraus, jahrein kein andern Kirchturm sehn als den von Ellersbrunn, d’ schˆn Zeit ¸ber vor harter Arbeit ‘s Kreuz kaum gsp¸rn und ‘n Winter ¸ber beim Spinnradl sitzen… oh, du mein Gott, und auf einmal frei h’nausrennen d¸rfen in die schˆn gr¸ne, lichte Gotteswelt h’nein–haha, bleibet a Narr hoam! –Jesses und Joseph! Frei kugeln mˆcht i mich im Heu!

Zehnte Szene

Vorige. Wastl.

Wastl (schon etwas freier sichtbar, ist bei den letzten Worten durch den Zaun aufgetreten, noch r¸ckw‰rts), Tu’s, Dirndel, ich schau dir gern zu!

Liesel (halb nach ihm gewendet). Wuflt ich, du denkst was Unrechts, kriegest mir eine!

Wastl (kommt vor). No wuflt i gern, was d’ dir denkst, dafl i mir denkt h‰tt, han, Dirndl? (Erkennt sie.) Oh, heilig Mutter Anna, dˆ is’s?!

Liesel. Jegerl, der Wastl!

Wastl. Ja, der Wastl und du bist dˆ Horlacher-Lies, eh schon wissen. H‰tt mir’s net denkt, ich komm no z’samm … Was suchst du denn da h’rum?

Liesel. ‘n Grillhofer.

Wastl. ‘n Grillhofer?

Liesel. Ja ‘n Grillhofer!

Wastl. So, ‘n Grillhofer?–No, dem sein Groflknecht bin ich. Willst leicht in Dienst bei ihm? Da h‰tt ich a a Wartl dreinzureden. Mir zwei taugen net unter ein Dach, und wann dich gleich der Bauer nahm, so rennet ich heunt no auf und davon.

Liesel. Zwegn meiner brauchst kein Schuh z’ zreiflen. Ich bin nur auf Bsuch!

Wastl. Auf Bsuch?

Liesel. Jo, auf Bsuch.

Wastl. So, auf Bsuch? Was willst eahm denn?

Liesel. Dˆs geht di nix an.–Sag amal, was is denn der Grillhofer f¸r a Mon?

Wastl. A trauriger.

Liesel. Ui je, dˆs taugt mer net, da geh ich lieber glei wieder.

Wastl. Is a gscheiter.

Liesel. Aber geh, Wastl, was hast denn gegn mi? Tut’s dich denn net a wengerl gfreun, dafl mir uns wieder zsammfinden?

Wastl. M¸flt’s l¸gn!–Solltst dich eigentlich schamen, dafl d’mich derkennst.

Liesel. Wuflt net, warum! Kimmt’s mer doch vˆllig f¸r, als schamest du dich.

Wastl. I mi? Zwegn we, ich frag no, zwegn we?

Liesel. No schau, Wastl, wann ich dir als alte Bek‰nnte gut daf¸r bin, bleib ich dir derweil die Antwort schuldig, aber mˆchst mer net sagn, zwegn we ich mich schamen sollt?

Wastl. No, dˆs ist doch klar.

Liesel. So sag’s!

Wastl. “Sag’s!”–O du… “Sag’s!” sagt s’! Hat’s dir denn no nie leid tan, wie d’ mir mitgspielt hast, wie ich no in Ellersbrunn Knecht war?

Liesel. Wie ‘s du Knecht warst in Ellersbrunn?

Wastl. Jo, wie i Knecht war in Ellersbrunn.

Liesel (nachdenkend), So, wie d’ Knecht warst in Ellersbrunn?

Wastl. Tu no, als wuflt von all’m nix.

Liesel. Kann’s doch schon die Zeit ¸ber vergessen habn!

Wastl. Dˆs sieht dir schon gleich! Ja, dir schon.

Liesel. No, geh, so sag’s, wie’s war!

Wastl. Wenn i mag!

Liesel. Magst schon, wann i dich bitt.

Wastl. Meinst? Bist a weng sicher.

Liesel. Aber, Wastl, was tust denn so harb? Ich wuflt rein nix!

Wastl. Da schlag doch ‘s Wetter’drein. Bin ich dir net in Ellersbrunn nachgrennt wie narrisch?

Liesel (sieht ihn von der Seite an). Freilich, wohl, wohl! Selb laugn ich net!

Wastl. Stund dir a schlecht an!

Liesel. Is ja alles zwischen uns zwei in Ehrn verbliebn.

Wastl (grimmig). Ebens drum!

Liesel. Aber, Wastl, wird dich doch nit harbn, dafl sich keins von uns vers¸ndigt hat?

Wastl. Dˆs net! Dˆs freili nˆt! In Ehrn is alls verbliebn, is a dumme Gschicht, aber es mufl ein recht sein; mit einer Dirn, was net auf sich halt, laflt sich a kein rechter Bub gern ein. War schon recht dˆs Dich-in-Ehren-Halten, aber mich f¸rn Narren halten war von unnˆten!

Liesel. Geh! Und wie is denn dˆs zugangen?

Wastl (eifrig). Dˆs fragst du no? Du fragst dˆs no? Na, ich dank! Han, wie ich gmeint hab, ich mˆcht dir taugn, hab ich dich net gfragt, wo mir zsammkomma kinnten?

Liesel. Ja, dˆs hast gfragt.

Wastl. Und weil dir’s auf der Heid z’ einschichtig war

Liesel. Freili Wastl. Und mir auf der Landstraflen z’ leutselig, hon i gsagt, ich kimm in Wald.

Liesel. Bist jo a kumma!

Wastl. Jo, aber du bist wegbliebn! Sikra h’nein, von wie es Mondschein raufk‰mma is, bis’s wieder abigangen is, bin ich dort am Fleck gwest und a K‰lten hat’s ghabt, dafl’s ein schier d’ Seel aus ‘m Leib h‰tt rausbeuteln mˆgn!

Liesel. No, hon ich dir’s drauf net gut gmeint, hon ich net gsagt: wann dir die K‰lten zwider war, sollst af d’ steile Wand gehn, wann hoch um Mittag is?

Wastl. No, war ich net durt? War a a Hitz zum Verschmachten. Wer aber wieder net k‰mma is, warst du.

Liesel (ironisch). Du hast dich aber neamer beklagt.

Wastl. Ah freili, noch ja, dafl d’ mi leicht no zum Auffrischen in M¸hlbach schickest! Dank schˆn. Teufi h’nein! (Stampft mit dem Fufle auf. ) Frotzel ein’m net! (Wendet sich ab, sieht aber zuletzt widerwillig nach der Liesel, die laut auflacht, lacht mit.)

Liesel (lustig). Aber schau, Wastl, was kann a Dirn auf a Lieb gehn, dˆ net amal bissel Kaltstelln und Aufwarmen vertragt! Da is ja mehr Verlafl afs sauere Kraut!

Wastl. Du bist a eine, dˆ ‘m Teufel aus der Butten gsprunga is! Geh zu!

Liesel. No, lafl dir a was sagn, Wastl!

Wastl. Red, wann’s dir a Freud macht, auf sitz ich dir neamer!

Liesel. Sag mir amal, Wastl: wie dir im Wald und af der Wand langweilig wordn is, warum bist denn nit hoamgangen?

Wastl. Warum ich net hoamgangen bin?

Liesel. Jo, warum d’net hoamgangen bist?

Wastl. No, a so–weil–a so halt, weil i net hoamgangen bin!

Liesel. Werd ich dir’s halt sagen, Wastl, warum d’ net hoamgangen bist!

Wastl. No, wann d’ es besser weiflt als i selber, so sag’s.

Liesel (stellt sich ganz nahe zu Wastl). Weil d’ es hast vor die andern Bubn net merken lassen wollen, dafl d’umsonst warst (stˆflt ihn mit dem Ellbogen in die Seite), weil’s h‰tt ausschaun solln, als w‰r ich durt gwest, und wie lang a noch! Han (stˆflt ihn wieder), war dˆs rechtschaffen gegn a ehrliche Dirn? So red was! (Holt wieder zu einem Stofl aus.)

Wastl. Na, net–net–(f‰ngt ihren Arm auf) meint mer doch nit, du warst da h’rum so spitzig!

Liesel. Auslafl, sag ich!–Aber ich hab mich schon auskennt und allmal zur Zeit, wo ich mit dir h‰tt gehn solln, hab ich mich mit meine Kameradinnen h¸bsch im Ort sehn lassen.

Wastl. Jo, jo, und drauf is dˆs Frotzeln und Feanzeln angangen–und furt muflt ich aus Ellersbrunn, weil ich doch net dˆs ganze Bauerngsindel ein um’n andern niederschlagn mag.

Liesel. Hast aber a ein Unterschied gmerkt zwischen ehrliche Dirndeln und der leichten War.

Wastl. A ja, dˆs schon, und wie! Hab’s a allzsamm in die Hˆll abigwunschen.

Liesel. Selb macht nix, rennen mehr do no af der Welt h’rum!–Aber dir war schon recht gschehn f¸r dein unehrlichs Gspiel!

Wastl. No, wer sagt, es h‰tt net do no ehrlich ausgehn mˆgn?

Liesel. Du hast es net gsagt.

Wastl. No ja, damal war ich dumm und hon gmeint, leicht kunntst du no d¸mmer sein. Aber sider der Zeit bin ich schon gscheit wordn.

Liesel. Dˆs sahet mer dir doch net an.

Wastl. Hm, liegt mer net auf, wann du’s net bemerkst! Meinst, weil ich mich mit eng Weibsleut net einlass’? Bei eng gilt a jeder f¸r dumm, der sich net anstellt wie a Kater im Marzi. Der Gscheiter halt sich grad af die Seiten.–Wie ich damal furt bin, von Ellersbrunn, hon ich mir denkt: no hast abgwirtschaft in der Lieb f¸r dein Lebzeit. D’ Horlacher-Lies w‰r die einzige, die dir taugt h‰tt, und dˆ spielt dir so mit!–Und schad is, wann d’ weitersuchst, a zweite wie die Horlacher-Lies gibt’s neamer af der Welt!–Gleichwohl taugt a dˆ nix. Aus is und gar is, schaust dich gar neamer weiter um unter dem Kittelwerk. So hon ich’s a ghalten.

Liesel (schelmisch). Geh zu, du kannst ein ja vˆllig stolz machen, Wastl.

Wastl. Ahan, dˆs gang dir grad no ab zu dˆ ¸brigen Sachen, dˆ d’ an dir hast!

Liesel. Na geh, mach ein’m net schlechter. Kannst es denn wissen, ob mir net hart gschehn is um dich?

Wastl. Wird dir a hart gschehn sein?! Aufler es is mittlerweil einer k‰mma, der dir’s abgwonnen hat.

Liesel. Na, dˆs is net! Ich bin mir grad so gscheit wie du.

Wastl. Was? Du warst noch, wie mir damal voneinand gangen sein.

Liesel. Akrat!

Wastl. Kannst mer in d’Augn schaun, Dirndl?

Liesel. Kerzengrad a noch!

Wastl. Schwˆr!

Liesel. Meiner Seel und Gott!–No, sag mir aber, Wastl, wann’s nur dˆ eine Horlacher-Lies af der Welt gibt, warum stund dir denn die a neamer an?

Wastl. Ja weiflt, Liesel, dˆs is a so! Du bist freilich a so a recht, wie d’ bist, aber a so bist net, wie ich mir dich einbildt hab.

Liesel. No, so sei halt kein so einbilderischer Ding!

Wastl. Ja, mein Gott, dˆs verstehst net. Dˆs is halt wieder a so: Wann ma di a so anschaut, da kriegt ma erst vorm Herrgottn Respekt, der a so was af d’ F¸fl stellt, so frisch und lebig und sauber und kreuzbrav, dˆs war schon dˆ Horlacher-Lies, wie’s kein zweite net gibt. Aber wann ma denkt, wie du ein’m mitspieln magst, wo du deine Krampeln versteckt hast, da meint mer doch, selb taugt a wieder net; wann d’ nur a bissel a Dem¸tigkeit no h‰ttst!

Liesel. Jegerl, geh zu, weil du so dem¸tig bist, glangst glei keck nach der Dirn, wie’s kein zweite mehr gibt, und verwunderst dich, dafl dˆ net gleich a bemerkt, dafl du der Wastl bist, wie’s kein zweiten mehr gibt!

Wastl (lachend). Ah na, so hon i nie gredt.

Liesel. Aber tan hast darnach!

Wastl. Na, na, aber so tu ich neamermehr und no sein mir allzwei gscheiter und no kˆnnt mer’s rechtschaffen und ehrlich von vorn wieder anheben, wann dir nur taugen mˆcht.

Liesel. Wer weifl, ob’s mir net taugt!

Wastl. Aber, Liesel, neamer f¸rn Narren halten.

Liesel. Aber, Wastl, wie wurd denn dˆs sein kinna, du bist ja hizt so viel gscheit.

Wastl. Na, dir is mer’s leicht net gnug. Aber reden lafl no mit dir dr¸ber nach’m Feierabend!

Liesel. Wohl, wohl.

Wastl. Wo bstellst mich denn hin?

Liesel. Weiflt’s ja eh–in M¸hlbach!

(Die in der kommenden Szene Auftretenden werden hier sichtbar.)

Wastl. O du Unend, dˆs zahlst mer! (Will sie an sich ziehen und k¸ssen.)

Liesel (wehrt ihn ab). A Ruh gibst! Eine hob ich dir schon versprochen–d’ zweite verdienst hizt! (Hat ihn gegen den Heuschober und in die Enge getrieben.) Zahltag ist!

Wastl (wehrt sich). Aber nˆt vor dˆ Leut, Liesel!

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 11. Szene

Elfte Szene

Vorige. Knechte und M‰gde, darunter Michl und Annemirl, Rosl. Alle durch den Zaun auftretend.

Michl. Ho, Groflknecht, wehr dich! Wehr dich, sunst geht’s dir schlecht.

Wastl. Halt’s Maul!

Annemirl. Je, schau, schau! Weifl mer’s doch jetzt, warum ‘n Wastl kein hiesige Dirn net ansteht! Dˆs is sein Schatz, und der kimmt von ausw‰rts!

Wastl (sieht sie von der Seite an). Besser a Dirn kimmt von ausw‰rts, als sie geht nach einw‰rts, dˆs steht net schˆn.

Rosl. No no, Wastl, richtig is net mit dir. Hast vergessen, dafl Mittag is? Wir sein alle schon abgfuttert, hab dir dein Essen af d’ Seit gstellt.

Wastl. Ich frag nach kein’m Essen. Han, Liesel, magst du’s leicht habn? Hast ein weiten Weg hinter deiner; wirst hungrig sein.

Liesel. No, wann viel is, gib’s her.

Wastl. Wird net wenig sein. Kumm nur. Und dann schau, dafl d’ mit unsern Bauer auf gleich kimmst!

Michl. Liesel heiflt s’?

Annemirl. Soll s’ in Dienst?

Rosl. Dˆs war recht. Wastl, dˆ bring nur auf ‘n Hof. Bist so lustig, wie’s d’ ausschaust, Dirndl?

Liesel. Bin mein Lebtag net trauriger gwest wie hizt.

Rosl. Nachher is’s schon recht. Brachst ‘n Bauer wieder zrecht, dˆs war a verdienstlich Werk; mˆcht mer doch wieder lachen und lustig singen hˆrn auf’n Hof, wie ma alt wordn is dabei.

Liesel. No, soll dˆs net sein?

Rosl. U mein, na! Hˆrst nix als von Bufl und von Reu und vom Versterbn!

Liesel. Na, da tu ich net mit!

Rosl. Und koans soll sich r¸hrn!

Liesel. ˆs armen Hascher, ˆs! No, ich ghˆr net zu dˆ Engern und justament sing ich hizt oans!

Wastl. Nˆt, Liesel, na; war no z’ fruh! Eh schau, dafl dich der Bauer leiden mag!

Liesel. Weiflt ja net, was ich ihm will und ob mir drum is, dafl ich ihm ansteh! Kr‰nkt mich ja gar net, wann er mich gleich davonjagt, und dann geh ich wieder und bring der Mahm ein schˆn Grufl.

Wastl. Du gangst–glei -?

Liesel. Wonn a i geh, kannst ja du doch kimma!

Wastl. No is’s eh recht!

Liesel. No, und hizt laflts mich aus! Wann ich mir ‘s Einwendige von so einer traurigen Wirtschaft betrachte wird mir eh die Luft zwenig in der Stubn und ich bin mir nimmer gleich, bis ich wieder drauflt bin. Mufl ich schon eini, solang ich noch auflerhalb bin, bin ich d’ Horlacher-Lies und zum Trutz noch einmal so lustig!

Lied

1.
A Bub kimmt zun Himmel,
Fragt beim Petern sich an:
“Gibt’s da Zithern und Dirndeln?
So bist du mein Mon!”
Und drauf sagt der Peter:
“Dˆs gibt’s bei uns net!”
Und da kratzt sich der Bub
Hinterm Waschl und geht.
(Jodler.)

2.
Der Bub kimmt zur Hˆll drauf,
Fragt beim Teuxel sich an:
“Gibt’s da Zithern und Dirndeln?
So bist du mein Mon!”
Und drauf sagt der Teuxel:
“Dˆs gibt’s bei uns net!”
Und da kratzt sich der Bub
Hinterm Waschl und geht.
(Jodler.)

3.
Und Zithern und Derndeln,
Na, dˆ kann i net lon,
Und so steht mer der Himmel
Und ‘s Hˆllreich net an.
O schˆn gr¸ne Welt,
Lafl sagn, wie d’mer gfallst,
Solang Zithern klingen
Und mei Dirndl mich halst!

Chor
O schˆn gr¸ne Welt
Lafl sagn, wie d’mer gfallst,
Solang Zithern klingen
Und mei Dirndl mich halst!
(Jodler.)

(Zugleich hˆrt man hinter der Szene Grillhofer und Dusterer das Bufllied singen.)

Erlˆs uns von des Lebens Pein,
O Herr, in deinen Gnaden
Und f¸hr uns in den Himmel ein,
Das kann uns gar nicht schaden!

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 1. Szene

Zweiter Akt

Garten des Grillhoferschen Gehˆftes. Rechts, mehr vorne, pr‰sentiert sich eine andere Ansicht des Hauses wie im ersten Akte. Verwandlung. Eine T¸re, unmittelbar neben derselben, jedoch schon ganz in den Vordergrund ger¸ckt, eine Laube, in welcher ein Tisch und B‰nke stehen. Im Hintergrunde, in Mannshˆhe ¸ber dem Boden, schlieflt ein lebender Zaun die B¸hne ab, zu dessen aus Pr¸gelholz genagelten Einlaflschranken ein Anstieg hinanf¸hrt. Ein Gebirgspanorama vervollst‰ndigt die Dekoration.

Erste Szene

Dusterer. Grillhofer. Rosl. Durch die Haust¸re.

Dusterer (¸bereifrig, noch unsichtbar, hinter der Szene). So–so–nur a weng ins Freie–und die Stuben derweil l¸ften–und a bissel Waldrauch einemachen! (St¸rzt heraus, einen Kopfpolster unterm Arm, den er sogleich in der Laube an einer Banklehne zurechtlegt. Grillhofer, von Rosl gef¸hrt, folgt langsam.) Nur langsam–geht schon, geht schon–halt dich nur an d’ Rosl.–Schau, selb tun dir dann alles meine Kinder.–Na siehst, so sein wir da!–Ja, ja so ein Schwagern habn, dˆs is schon die neunte Seligkeit! No, sitz nur nieder!

Grillhofer (setzt sich). No, niedersetzen–is eh recht! (Rosl richtet den Polster und geht dann ab.)

Dusterer. So!–Und nachhert, dafl ich sag, ja, dafl ich sag, der Bader meint, wann dich ‘s Ausgehn gfreun mˆcht, kunntst es schon wagn!

Grillhofer. Der Bader… der Bader, dˆs is a Esel, kunnt ebensogut sagn, wann mich ‘s Tanzen und Springen gfreut, sˆllt ich mich net abhalten lassen.

Dusterer. No, no, wer weifl, wann’s die Buflhaftigkeit verlanget, wie beispielsm‰flig der Kˆnig David zu Gottes Ehr tanzt hat–brachst es leicht a zwegn. Und wann dir recht war–schaden tat’s net, meinet der Bader–na–ja–so kunnt mer morgn schon nach der Kreisstadt fahrn hin–hin–beispielm‰flig, weil d’ selber gmeint hast, es mˆcht dir recht sein–wegn der Ordnung–no–beispielm‰flig nur.

Grillhofer. Hast du’s aber eilig!

Dusterer. I? Ah na–nˆt dran denken–aber weil du selbn schon–beispielm‰flig-Grillhofer. Is schon gut.

Dusterer. No weiflt, ich mein halt nur, dˆ arme Seel da nur kˆnnt’s vˆllig net derpassen und tat ihr schon ‘s erste Ruckerl wohl, was af unser eindringlich F¸rbitten gschahet. Beispielm‰flig halt ‘s der Teuxel an oaner langen Ketten, wie a Bub ein Maik‰fer an ein Bindfaden; wie mir aber anhebn, mufl er ‘s scho a Brˆserl auffilassen, nˆt hˆher leicht wie die Laubn da, aber doch, und wie mir nˆt nachlassen, is’s mitm zweiten Schub scho durt aufm Nuflbaum und so hˆher und allerweil hˆher, und wann du dich dann noch einsetzt mit dein guten Werk und wirfst dein Gut ins Meer, dann reiflt die Ketten mitten wurz voneinander und–heidi!–fliegt dˆ Seel auffi in Himmel, hast es net gsehn!–holt ‘s kein Teuxel mehr ein! Hehe–ja–ja-Grillhofer. Hehe–war eh recht.

Dusterer. Und dein Gwissenswurm, was defltwegen in deiner Brust war, findt nix mehr z’ nagn und z’ beiflen und verstirbt dir elendig–aber schon elendig–der Sakra! Und allzwei seids derlˆst.

Grillhofer. War scho recht, war eh recht!

Dusterer. No, magst dich drauf verlassen–hm, ja!–(Blickt angelegentlich gegen den Himmel, spricht aber so wie nebenher fort zu Grillhofer.) Glaub mir, wann ich dir was sag: der Wurm fliegt in Himmel und die Magdalen verstirbt dir elendig…

Grillhofer. Ah na–no ‘s selb war ja verkehrt!

Dusterer. Was?–Ah ja–ahan–hon ich’s gfahlt gebn?

Grillhofer. No, wie! Nach was hast denn ausguckt?

Dusterer (etwas kleinlaut). Ob moring–ob moring wohl a schˆn Wetter sein mˆcht, beispielm‰flig, dafl mir a weng furtfahrn kunnten.

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 2. Szene

Zweite Szene

Vorige ohne Rosl. Wastl mit Liesel. Durch die Haust¸re.

Wastl. No, da hastn ja, ‘n Grillhofer! Siehst, der mit ‘m Polster auf’m Rucken.

Grillhofer. O du Lalli, “der mit ‘m Polster auf’m Rucken”, sagt er, wie wann der angwachsen war! Was gibt’s denn?

Wastl. Dˆs Dirndl will z’ dir af Bsuch.

Grillhofer. So, so, na, kimm nur naheter–wer bist denn–woher kimmst denn–was willst mer denn, han?

Liesel. U mein Jegerl, dˆs dermerk ich mir ja gar net der Reih nach, dein Fragn nach bist lang nˆt so alt, als d’ ausschaust; aber, Bauer, dˆs mufl ja schˆn langsam gehn und Tipferl… f¸r Tipferl!

Grillhofer. So, so, han, und nach jedem Tipferl schadet a gut Trˆpferl a net? Na, Wastl, schau halt nach der Rosl, sˆ soll dir a Flaschen S¸flen gehn und a weng Schleckwerk findt sich wohl a noch in der Speis. (Wastl ab).

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 3. Szene

Dritte Szene

Vorige, ohne Wastl.

Grillhofer. No, sitz nieder, Dirndl!

Liesel. Mit Verlaub! (Setzt sich Grillhofer gegen¸ber.)

Grillhofer. Werdn mer halt schˆn langsam Tipferl f¸r Tipferl f¸rgehn. So sag amal, wer d’bist?

Liesel. D’ Horlacher-Lies hoaflen s’ mich.

Grillhofer. Horlacher? Schau! Und woher kimmst denn?

Liesel. Von Ellersbrunn.

Grillhofer. Von Ellersbrunn. No, is schon richtig, no bsinn ich mich schon. I hon a alte Horlacherin aus Ellersbrunn kennt.

Liesel. Dˆs is mei Mahm.

Grillhofer. Ja, ja, a kloans dicks Weiberl, i weifl schon. Is a paarmal in mein Haus k‰mma, wie noch mein Alte–Gott hab s’ selig–bein Leben war. Sider der Zeit hon ich s’neamer gsehn.

Liesel. Mir sein a mit dir in Verw‰ndtschaft.

Grillhofer. So? Dˆs is ‘s erste Mal, dafl i davon hˆr! Wie denn wohl?

Liesel. Aus ihrer Mutter ihrer ersten Eh hat dein Weib ein Halbbrudern ghabt und dem sein Gschwistertkinderssohn hat meiner Mahm ihr Gschwistertkinderstochter gheirat.

Grillhofer. So? So?–Mein Weib ihr halbeter Bruder… na, wie war dˆs nachert gwesen?

Liesel. Dein Weib ihrn Halbbruder sein Gschwistertkinderssohn hat meiner Mahm ihr Gschwistertkinderstochter gheirat.

Grillhofer. Da tut ein’m der Kopf weh dabei!

Liesel. I hab mern net dr¸ber zbrochen, ich hon dˆs Gsetzel einglernt wie a Starl, wie die Schulkinder ‘n Katechisimus!

Grillhofer. Bist doch aufrichtig.

Liesel. Na, wohl, und schon wie!

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 4. Szene

Vierte Szene

Vorige. Wastl (kommt zur¸ck).

Wastl (stellt eine Tasse mit einer Flasche Rotwein und Gl‰sern darauf und einen Teller mit Kuchen auf den Tisch).

Grillhofer. Bleib nur da, Wastl, muflt ‘n Hausvatern machen, muflt einschenken und nachf¸lln! Ich glang net so weit und soll ich was haltn, zittern mer d’ H‰nd, versch¸ttet leicht was, war schad drum!

Wastl (f¸llt ein Glas und setzt es der Liesel hin).

Liesel. Auf dein Wohlsein! (Kostet.)

Wastl (die Flasche in der Rechten, deutet mit der Linken, in der er das Glas h‰lt, auf Dusterer). Kriegt der a was?

Grillhofer. No, wohl, wohl!–Fangst scho wieder an?

Dusterer (streckt die Hand abwehrend nach dem Glas aus). Na, na–wann ma net vergunnt is… wann ma net vergunnt is…

Grillhofer. Einschenk, sag ich! Du Sakra, du!

Wastl (schenkt ein und stellt das Glas ungest¸m vor Dusterer auf den Tisch).

Grillhofer. Na, verkostn nur. Verkost. Freilich mehr f¸r d’Weibsleut, aber a guter Tropfen!

Dusterer (hat getrunken). Jo, hehe, mˆcht mer do selber gleich, wann dˆs a Trunk f¸r d’Weiberleut is, a Weib werdn.

Wastl. Bist eh schon oans und a alts dazu.

Grillhofer. Wastl!

Wastl (stellt auch ein Glas vor Grillhofer hin). Hob a oans f¸r dich mitbracht!

Grillhofer. Weiflt, ich trink net! No, weil schon dasteht, lafl’s halt! –Wolln mer wieder von was Gscheiten reden! Dirndl, a Antwort bist no schuldig. Was d’ da willst?!

Liesel (lustig). Bissel erbschleichen sollt ich!

Grillhofer. Sollst? Teufl h’nein, wer kann dich denn dazu verhalten?

Liesel. Neamand! Meiner Mahm war dˆs af einmal eingfalln und ich taug a scho gar net dazu. Allweil um oans herumscherwenzeln wie a Hund, derweil mer ihm d’ Sch¸ssel blast!–und passen und warten afs Versterbn, ah, na, wurd mer ganz entrisch dabei, leb ich doch selber so viel gern! (Steht auf.) Na, Bauer, meiner Seel, mˆcht dich unser Herrgott no hundert Jahr leben lassen, ich neid dir kein Tag, nˆt ein oanzigen neid ich dir!

Grillhofer. Bist a herzguts Dirndl!

Liesel. Ich w‰r eh net her, aber um ‘s Hoambleibn war mer grad a net z’ tun, aufli wollt ich gern;–doch a so herumvagiern und dann lugn: ich war da gwest, dˆs wollt ich wieder nˆt! No tust mer halt den Gfalln und sagst, es w‰r da nix z’holn, und jagst mich wieder hoam.

Grillhofer. Hehe–kimmt dir wohl net unglegn, wann i mir mit ‘n Hoamjagn a weng Zeit lass’, han? Mˆcht aber doch wissen, wie dein Mahm af dˆ Gedanken k‰mma is!

Liesel. Ah, dˆ Mahm hat’s recht ernsthaftig gmeint! (Kopiert mit Laune die wohlwollende Redeweise einer alten, resoluten Frauensperson.) “Liesel”, hat s’ gsagt–“Schau, Liesel, du bist a einsam, verwaists Dirndl, muflt dich umtun, muflt dazuschaun! Verw‰ndt bist amal mit ‘m alten Grillhofer, dˆs kˆnnen mer schriftlich aufweisen. Geh hin, schau eahm nach, soll ihm schlecht gehn, leicht gar macht er’s neamer lang–verzeihst schon, Bauer–tu dich a weng einschmeicheln, er hat sunst dˆ lustigen Leut nˆt ungern mˆgn… ”

Grillhofer. Mˆcht s’wohl a hizt no…

Dusterer (hat Grillhofer mit dem Ellbogen angestoflen). Grillhofer. Wonn net…

Wastl (indem er sich ¸ber den Tisch beugt und das Glas vor Dusterer nachf¸llt). Wann d’ mer noch amal ‘n Bauern stupfst, kriegst a ein Deuter!

Liesel. “Und no geh zu”, hat s’ gsagt, “dafl dir neamd f¸rkimmt, mach dein Sach gscheit, leicht kost’s no a Wartl, und dˆs Sein is dein!”–No was, Bauer, mei Mahm kennt sich aus, h‰ttst wohl ein schweren Stand, tat ich nach ihrn Reden, aber so bin ich doch a bissel z’viel aufrichtig zun Erbschleichen.

Dusterer. Daf¸r bin i a no da.

Liesel. Zum Erbschleichen?!

Dusterer (verbl¸fft). Was?–Ah na–na, dˆs net, muflt mi recht verstehn, Dirndl, i mein daf¸r, dafl der Schwoger nˆt sein Sach zwegn ein Wartl weggibt.

Wastl. Wo du schon so viel Warteln drum gredt hast!

Liesel. So? Der Schwager bist du? Schau, von dir hat mei Mahm a gredt; sagt s’: “Nimm’s net z’ leicht, soll neuzeit a Duckmauser bei ihm aus und ein rennen.”

Dusterer (immer mehr verlegen). Mufl a recht a zwiders Weibsleut sein, dein Mahm–a recht a zwiders Weibsleut.

Liesel. Kunnt’s net sagn! Weifl zwar net, was ihr eingfalln is, dafl s’ mich hergschickt hat, leicht hat sie sich gar denkt, es war net ‘n Bauern sein Schaden, wann ich dich beim Furtgehn a mitnahm.

Grillhofer. Hehe, hizt habn s’n all zwei in der Arbeit!

Dusterer. No, lachst du a no dazu!

Wastl. Na, weinen wird er, m¸flt ja a Kuh lachen, wann s’ dich hizt anschaut!

Dusterer. Beispielm‰flig lacht a Kuh gar net

Wastl. Na, aber a Ochs wird gleich flehnen.

Grillhofer. Dich hobn s’ orndli.

Wastl. Lachst a wieder amal, Bauer? Lustig warn mer schon lang net.

Grillhofer. Ja, lustig–schaut’s mich an–so alt und …

Liesel. I kenn ein ‰ltern. Hahn mer ein Bauern in Ellersbrunn, der hat seine achtzig auf’m Buckel und am Kirtag schreit er no um sein Musi und singt:

Lied

No will ich amal lustig sein,
Bin glei a alter Mon,
Doch will ich so, no Sikra h’nein,
Wem gang denn dˆs was an!
(Jodler. Grillhofer singt den Jodler mit.)

Wastl. Jesses, jesses, Bauer, geh, tu mir Bscheid!

Grillhofer. Du hast ja koan Glasl!

Liesel. Mir trinken aus oan!

Wastl. U, mein Jegerl, ja, Liesel, mir trinken aus oan! (Nimmt das Glas.)

Grillhofer. Schau ‘n Wastl–du Hoamlicher–is dˆs die Rechte amal? Hehe!

Wastl. A wohl–dˆ war’s schon! (Stoflen an.)

Liesel (singt).

Warum soll i nˆt lustig sein? Gott is a guter Mon, Mir gfallt es Lebn, mir schmeckt der Wein, Und neamad geht’s was an! (Jodler.)

Grillhofer (klopft dem Dusterer auf den R¸cken). No, brumm a mit, alts Eisen! (Alle singen mit.)

Liesel (singt).

Hon i doch all dˆ Lebtag mein Koan Schlechtigkeit net ton, Und will i amal lustig sein, Wem gang denn dˆs was an?! (Setzt zu dem Jodler ein.)

Dusterer (stˆflt sein Glas hart auf den Tisch). Do singst nˆt mit, Schwager! Mˆcht wissen, wie d’ da mitsingst, ohne dafl dir der Stimmstock umfallt! Sing mit, wann d’ kannst! Hast all dein Lebtag koan Schlechtigkeit nˆt tan? Hast nˆt? Han?

Grillhofer (der schon beim Jodler der ersten Strophe mit aufgestanden war, sinkt jetzt zur¸ck auf die Bank; finster). I sing eh net mit!

Dusterer (leise und angelegentlich). Und lafl der sagen: So is die Weis net, wie mer d’ armen Seeln derlˆst, und so verstirbt a der Wurm net! Wann d’n a jetzt mit Wein einschlaferst, moanst, er wird neamer munter? Oh, er wird schon.

Liesel (ganz verwundert, tritt hinzu). Ja, was is’s denn? Was hast denn auf einmal, Bauer?

Grillhofer. Lafl’s gut sein, lafl’s gut sein, Dirndl! Ich dank dir schˆn, hast es recht gut gmeint, aber ich und du sein a gar z’ ungleich Gspann, tauget mir schon, kunnt ich no Schritt halten mit dir, aber so bin halt ich der St¸tzige. Jo, jo, d’ Lustbarkeit findt da in mein’m Einwendigen ein gar strengen Herrn, der s’ austreibt! Es leidt sich amal koan Frˆhlichkeit auf mein Hof, no, wirst selber kaum verbleibn wolln und ich darf dich a net verhaltn, ‘s wird vˆllig Ernst mit ‘m Furtschicken–na, na, dafl d’ mer net ganz harb bist, soll der Wastl, wann Feierabend is, a Stuck Weg mit dir gehn.

Liesel. No sollt ich fort und is dir ‘s Lustigsein doch so gut angstanden; geh ich, fangst mer wieder zun Duckmausern an.

Grillhofer. Mein lieb Dirndl, anders schickt sa sich neamer f¸r mich.

Liesel. Mˆcht doch wissen, warum?

Grillhofer. Jo siehst, Dirndl, du bist f¸r Leut, was nˆt schwer tragn unterm Brustfleck, f¸r solchene aber (auf Dusterer) is er der rechte. Vor ein halbn Jahrl hob ich mein Deuter kriegt. Sunst allwal gsund, streift mich af amal der Schlag. Elendig bin ich daglegn, hon aber no net gwuflt, wo dˆs h’naus soll; aber der hat sich gleich auskennt, is gleich zu mir ins Haus grennt und hat gsagt: “Schwoger”, hat er gsagt, “du hast a S¸nd af dir, was d’ nie noch recht bereut hast, hast’s alleweil af d’ leichte Achsel gnummen und unter der Zeit is der Wurm in dir foast wordn, so foast, dafl d’r hizt, wo er sich aufdammt hat, bald Seel und Leib vonandgangen w‰rn! No schau halt hizt dazu. Besser spot wie gar nˆt!” No, redet bot er ghabt, recht hot er ghabt! War wohl schon a verschlafene Gschicht, aber recht hot er doch ghabt, wie er mir’s vorgstellt hat! Jo, jo!

Liesel. H‰ttst es net aufwecken lassen, dˆ verschlafene Gschicht. W‰r gscheiter. Soll hizt der Floh, den dir der ins Ohr gsetzt hat, ‘n Wurm fressen?

Grillhofer. Muflt nˆt gspassen mit sˆlchene Sachen, mein lieb Derndl! Du weiflt halt no von wenig. Aber ich will dich net ohne Einsehn lassen; s¸ndig, wie ich war, und reuig, wie ich bin, sollst mich kennenlernen; ich will der dˆ Gschicht am Weg mitgebn, so Vers¸ndigungssachen sein allmal lehrreich f¸r dˆ Weibsleut! Mag wohl schon a f¸nfundzwanzg Jahrl her sein, hat damal mei Weib noch glebt, da is a Dirn zu mir in Dienst k‰mma, war a klein mollets Ding, bifll hoffartig, hat sich mit koan Bubn nˆt abgebn, nur af mi hat s’ freundlich gschaut; dafl ich sag, mei Weib hot koan oanzigs Kind af d’ Welt bracht, allweil is’s krank gwest und um dˆ Zeit is’s gar elendig dahinglegn, ich aber war allzeit a kerngsunder Mon, und so schickt sich’s halt amal, ich triff die Dirn allein und so is’s halt k‰mma, wie’s oft kimmt und zugeht af derer Welt. Bin mir nˆt ganz klar, dˆ Dirn war nie so recht offen, war dˆs Wahrheit oder hat s’ nur dˆ schwere Arbeit loswerdn wolln, sie hat a so tan, als war s’ af dˆ Vers¸ndigung neamer recht richtig mit ihr. Aber lang, vor sich’s h‰tt weisen kˆnnen, is mein Weib ihr Vertraulichkeit zu mir aufgfallen, dˆ hat s’ zu sich rufen lassen, hat s’ beicht oder net, weifl net, aber sie hat af amal fortbegehrt und ich hab s’ a net ungern fortlassen.

Liesel (an der Sch¸rze spielend) Was d’ da verz‰hlst, Bauer, dˆs is freilich wohl nˆt recht, kann aber doch nˆt allein af dein Rechnung k‰mma, sein ja doch zwei dabei gwest.

Grillhofer. Wohl, wohl, zu solchene Dummheiten sein f¸r gwˆhnlich zwei vonnˆten. Aber ich h‰tt solln ‘n Gscheitern machen. Wie s’ amal furt war, war s’ wie vom Erdboden wegblasen, weit und breit da h’rum hat s’ neamand mit kein Augn mehr gsehn. Was wohl mit ihr gschehn is? Hizt liegt’s mer halt schwer auf, weil ich s’ aufn S¸ndenweg gbracht hab, wie weit s’ wohl drauf fortgrennt sein mag, immer naheter und naheter der Hˆll zuhi! Und hizt leicht gar net weit davon einloschiert! Jo, jo!

Wastl. Und dˆs ist dˆ ganze Gschicht? Zwegn dem tust so verzagt, zwegn dem willst Haus und Hof in fremde H‰nd gehn, nur damitst mehr freie Zeit und a Gsellschaft zur Bufl¸bung kriegst?!

Grillhofer. Wohl–wohl.

Wastl. Na hˆrst, Bauer, meinst, wann mer amal dumm war, ma macht’s besser, wann ma dann no d¸mmer is?

Grillhofer. Red nur du nix drein, Wastl, dˆs verstehst du net; sei froh, dafl d’ nix af dir hast, und schau dazu, dafl d’ a nix h’naufkriegst, wo d’ dˆs mˆchst verstehn lernen!

Dusterer. Is a rechte Lehr–is a wahre Christenlehr, Wastl; nimm dir’s z’ Herzen! Beispielm‰flig mˆcht einem ‘s Leben anlachen wie a schˆner Obstgarten, aber zulangen is net verlaubt, dˆs verwihrt ein’m der liebe Gott.

Liesel. Geh zu, Schwarzer, muflt unsern Herrgottn nˆt zum Vogelschrecker machen! Hat er doch selber die Kirschen so rotbacket und d’ Weinbeer so glanzend gmacht, no, und ¸bernimmt sich eins, is dˆs sein eigene Sach, wie er wieder mit sein Magn auf gleich kimmt, und beispielm‰flig gibt’s koan bessere Lehr als so ein ¸beressenen Spatzen, was marod auf ‘m Astel sitzt und ‘n andern zuschreit: Zviel is ungsund!

Dusterer. Mein liebe Dirn, beispielm‰flig kennst du dich lang no net aus, is a gar koan Red vom lieben Gott, der ein’m alls Gute vergunna mˆcht, sundern vom hˆllischen Erbfeind, was ein’m zum ¸bermafl verlockt, wo ‘n ein’m drauf net gut wird und ma nachhert in der Hˆll sein Kamillentee kriegt, was aber kein net schmeckt! Ja, ja, unter dˆ Kirschen liegent eben ‘n Hˆllischen seine Fallstrick, und wo sich hizt der Schwoger alser Buflfertiger davon loslˆst, hat er scho recht, wann er a a jedes Faderl von sich tat, wo do nochmal der Hˆllische amal ankn¸pfen kunnt.

Grillhofer. No, sehts es–sehts es. Dˆs is a Red. Der versteht sich halt drauf–ja dadrauf versteht er sich!

Wastl. No, is a a schˆne Profession!

Grillhofer. Und hizt lafl mer dˆ unnˆtig Wartlerei sein. Mei lieb Dirndl, magst d’r, vor d’ gehst, noch a weng mein Hof anschaun! Tu’s ohne Neidigkeit, ist dir vielleicht zum Bessern und bleibt d’r manche Versuchung derspart, wann nˆt wird, wie deiner Mahm ihr Absehn war. Wann d’ zu ihr hoamkimmst, magst ihr sagn, ich lass’ s’ schˆn gr¸flen, und sag nur, wie’s wahr is, du w‰rst wirklich schon z’ spat k‰mma. Morgn, wann a schˆner Tag is, fahr ich vielleicht schon nach der Kreisstadt und tu a jed Faderl von mir, wo no der Teuxel mich anfassen kunnt; ich tu’s ‘m Schwager verschreibn, der is scho mehr auf seiner Hut. Und no bh¸t dich Gott, Dirn! Dafl d’ da warst, war mer doch a klein Aufheiterung, wann’s a bei mir net recht verfangen will, und no vergelt dir’s Gott! Und wonn amal alls in Ordnung is und ich bei mein’m Schwogern in der Ausnahm bin, dann such mich hoam, vielleicht bin ich dann scho a weng lustiger wordn.

Dusterer (t‰tschelt die Hand Grillhofers). Ja, ja, freilich, mein lieben Ausnehmer magst nachhert schon bsuchen.

Liesel. No, bh¸t dich Gott, Bauer.

Grillhofer. Bh¸t Gott und spater vergifl net auf mich und kumm fein.

Liesel (kehrt zur¸ck). Oh, ich schau dir schon nach! Ich weifl net, mir gschieht so viel hart um dich–es is mir, als w‰r dir dˆs traurige Wesen naufzwungen und stund drum a net ‘n lieben Gott noch ‘n Menschen an, is mir, als sollt ich dir noch a ganz a Menge sagn, aber ich wuflt wahrhaftig selber net, wie ich’s vorbringa sollt. Bh¸t dich recht Gott! (L‰uft ab.)

Wastl. Schickst es richtig furt? (Grillhofer schupft die Achsel.) Bauer, mir is, als solltst es dahalten–dahalten.

Grillhofer (lachend). War wohl neamd lieber als dir! Bist a Feiner du!

Wastl (wendet sich ab und geht der Liesel nach, unter dem Abgehen r‰sonierend). Is a recht! Setz morgn den Duckmauser auf’m Hof, so renn ich ¸bermorgn schon nach Ellersbrunn, und m¸flt ich ins Taglohn! Mˆcht nachher so a Wirtschaft mit ansehn, so a Wirtschaft–heilig Kreuzdonnerwetter! (Beide durch die Haust¸r ab.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 5. Szene

F¸nfte Szene

Dusterer und Grillhofer.

Dusterer. Ob ich mir’s net denkt hab, Grillhofer! Ich hab mer’s aber denkt! Wie s’ vermeinen, es gibt bei dir was z’ holen, so kommen dir Leut ins Haus grennt, mit denen dein Lebtag nix hast z’ tun habn wˆlln!

Grillhofer. No, sucht halt jeds af der Welt sein Vorteil. Kummen s’, sein s’ da, gibt’s nix, gehen s’ wieder! Beirrt mich net und kann dir wohl a gleich sein.

Dusterer. Wann d’ a so denkst, freilich wohl.–Dein Weib, mein Schwester, hat eh amal gsagt–wart a weng wie war denn dˆs? Dafl ich’s net nur beispielm‰flig, sundern Wartl f¸r Wartl f¸rbring, wie’s gwesen is! Ja, ja, fallt mer schon ein. Dein Weib hat eh a amal gsagt: Nikodemi hat s’ gsagt, auf’n Mathis schau mir und weis mer’n fein nachi in Himmel. Bringt dir wohl a ein Lohn, denn nach dem, wie der Mathis sich an mir vers¸ndigt hat–jo wie er mir weh tan hat, war’s net schˆn, wann er net das Seine bei unserer Famili lasset!

Grillhofer (hatte den Kopf in beide H‰nde gest¸tzt, blickt jetzt auf). Dˆs h‰tt mei Weib zu dir gsagt? Hat dich do nie gut leiden mˆgn. Schau, Dusterer, du bist ja hizt eh am Ziel, was bringst denn solchene Sachen f¸r? Kam ich dir af a Lug, mˆcht’s dich reun.

Dusterer. No, wirst doch net meinen–Schwoger–wirst doch net meinen?…

Grillhofer. So hat mein Weib nie gredt.

Dusterer. Aber, Schwoger, glaub mir…–no, soll sie’s nˆt gsagt habn–du bist krank, ich will net streiten mit dir.

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 6. Szene

Sechste Szene

Vorige. Leonhardt.

Leonhardt (Fuhrknecht, hat ein breites, rotes Gesicht mit pfiffigem Ausdruck, tr‰gt breitkrempigen Hut, blaue Bluse, hohe Stiefel, kommt durch das Zaungatter den Anstieg herunter; ist etwas angeheitert). ˆha! Gr¸fl Gott miteinander! Dusterer, dich such ich! Hat mer dein Alte gsagt, ich traf dich do, is mer recht, mufl gleich wieder furt mit meine Rofl–geht eahner wie mir–kinnen nˆt lang stehn.

Dusterer. Was gibt’s?

Leonhardt. Vorerst liegt a klein Fassel Essig f¸r dich in der Kreisstadt, mˆchst ‘n bald abholn–ja–da hast vom Spediteur ‘n Frachtbrief. (Gibt ihm einen roten Zettel.)

Dusterer. Was hast ‘n nˆt glei mitbracht?

Leonhardt. Weil er no nˆt zahlt is!

Dusterer (steckt den Frachtbrief zu sich). Noch was?

Leonhardt. A Seitel Wacholder hon i mir verdient, mein ich.

Dusterer. Dˆs war dˆs Fassel nˆt wert.

Leonhardt. Ah, wer redt hizt vom Essig. Hast a schlechts Angedenken! Vor ein halben Jahrl host mer’s versprochen, wonn ich dir was auskundschaft.

Dusterer (f‰hrt vom Sitz empor). Was sagst? So, so, no, da kimm nur glei mit hoam.

Leonhardt. Kumm eh grad her! Wonn i so viel umanandrenn, wird mer schwindli, no jo, bin nur ‘s Fahren gwohnt. Bleibn mer da–is jo nur der Grillhofer, dein Schwager!

Dusterer (ungeduldig). Sakra h’nein: Mitkimmst, sog ich!

Leonhardt (sieht ihn starr an). Wos?!

Dusterer. Sunst verspielst’n Wacholder!

Leonhardt. So redst?–Wer–wer bist denn du? Bist leicht mei Herr, dafl d’ mit mir so h’rumschreist? Han, schau dich an, notiger Ding! Mˆchst es jetzt gern ablaugnen? Wann d’ mer a so kimmst, brauch ich ‘n gar net, dein Wacholder, brauch ‘n net! Ein andermal such der anderne aus zu sˆlchene Gsch‰ften, mich net! (Zu Grillhofer.) Schau der ‘n an–a Seitel Wacholder hat’s golten, um d’ RieslerMagdalen is gangen, was vor f¸nfundzwanzg Jahr in dein Dienst war…

Grillhofer (f‰hrt empor). Was sagst, um d’ Magdalen?

Leonhardt. Jo, wo s’ verbliebn is, ob s’ no lebt oder schon verstorbn is. Jo. Seit oan halben Jahr, zeit- und randweis hon ich nachgfragt. Und hizt reut’s ihm, hizt reut ihm dˆs Seitel Branntwein…

Grillhofer (aufgeregt). No red, red, Lenhardt!

Leonhardt. No, verdient hab ich mer’n!

Dusterer (schreit). Kriegst ‘n net!

Leonhardt (schreit gleichfalls). Brauch ‘n net, hab ich gsagt, solltst dich schamen gegn ein Fuhrknecht! Bauer willst hoaflen? Nix bist!

Grillhofer. Lafl ‘n, Lenhardt, lafl ‘n! Was is mit der Magdalen?

Leonhardt. Auskundschaft hon ich’s!

Grillhofer (aufschreiend). Sie lebt?!

Leonhardt (schreit gleichfalls). Jawohl!–Ah so, du bist’s gwest, Grillhofer–ah ja, du, ich hon gmeint (auf Dusterer), der schreit wieder gegn meiner.

Grillhofer. Um Gottes willn, Lenhardt, bsinn dich af d’Wahrheit, hast a recht gsehn?

Leonhardt. No, wohl recht gsehn und recht gfragt.

Grillhofer. Du wˆllt s’ hizt ausgfunden habn, wo es Gericht sie die lang Zeit her scho sucht!

Leonhardt. Ausgschriebn war a Erbschaft, aber gmeldt hat sa sˆ net, weil ihr dˆs Gspiel z’viel verschuldt war.

Grillhofer. Und wo, wo hast es denn aufgfunden?

Leonhardt. A drei Stund von da, wann d’ ins Gebirg einfahrst, an der Kahlen Lehnten hat s’ ihr Wirtschaft.

Grillhofer. Ich mufl hin–wird mich net umbringen, dˆs bissel Fahrn, wird mich nˆt umbringen; mit meine eigenen Augen mufl ich mich ¸berzeugen, wie’s mit ihr steht, in was f¸r oan Elend als s’ lebt! (Ist bis zur Haust¸r gegangen.) Rosl–he, Rosl, hˆrst! (Kommt, in der Westentasche nachsuchend, wieder vor.) Lenhardt, dank der schˆn, hast mer a rechte Wohltat derwiesen. Dank der schˆn, da hast. (Gibt ihm Geld.)

Leonhardt. Is gern gschehn, Bauer (betrachtet den Betrag sehr befriedigt), no, vergelt dir’s Gott!

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 7. Szene

Siebente Szene

Vorige. Rosl (erscheint unter der Haust¸r).

Rosl. Was willst, Bauer?

Grillhofer. Eil dich, Rosl, der Michl soll hurtig einspanna, er mufl mich f¸hren, er weifl sich aus, nach der Kahlen Lehnten fahrn mer.

Rosl. Aber, Bauer!

Grillhofer. Sei stad, Rosl, es mufl sein, h‰tt sonst kein Ruh und kein Rast. ‘m Wastl sag, t‰t mer leid, aber er konn sei Derndl hizt neamer begleiten, mufl hoam bleiben, weil ma net wissen kann, was leicht no wird oder gschiecht. Und hizt tu dich um, richt mer mein Rock und mein Hut und ‘n Schofpelz konnst mer a af’n Wagen werfen, f¸r dˆ Nacht etwa.

Rosl. Aber…

Grillhofer. Geh zu und tu, wie ich sag! (Rosl ab.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 8. Szene

Achte Szene

Vorige ohne Rosl.

Grillhofer (kehrt zur¸ck und will den Kopfpolster von der Bank nehmen).

Dusterer (st¸rzt herzu und faflt an dem andern Ende an). I trag ‘n schon!

Grillhofer (zerrt ihn an sich). Lafl los!

Dusterer. Aber, Schwoger! (Zerrt den Polster an sich.)

Grillhofer. R¸hr mir an nix Meinigs mehr! (Zerrt ihn zur¸ck.)

Dusterer (l‰flt den Polster fahren und will den Arm Grillhofers fassen). Schwoger–lafl reden…

Grillhofer (deckt sich mit dem Polster gegen jede Ber¸hrung des zudringlich werdenden Dusterer). Mir habn ausgredt! Alsdann dˆ Magdalen lebt, lebt s’ nˆt? Erzlugner!! Is die Hˆll a drei Stund von da an der Kahlen Lehnten? Is dort die Hˆll? Erzlugner!

Dusterer (ist ihm bis zur Haust¸re gefolgt). Grillhofer! (Faflt ihn am Rockzipfel.)

Grillhofer (zornig). Erzlugner!! (St¸lpt ihm den Polster auf den Kopf, wird dadurch frei und verschwindet unter der Haust¸re.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 9. Szene

Neunte Szene

Vorige ohne Grillhofer.

Leonhardt (gutm¸tig). Teufi, is der Grillhofer schichti wordn! No’ mach der nix draus, kimm mit, zahl ich dir a Glasl! (Zeigt das erhaltene Geld. ) Schau, wie der Wacholder bl¸ht!

Dusterer (w¸tend zu Leonhardt). Vergreifa kunnt ich mich an dir–vˆllig vergreifa!

Leonhardt (indem er sich zum Gehen wendet). No, aber nachhert gute Nacht! ‘n Polster hast schon, und ich tat dich schon a orndlich zudecken.

Dusterer. Der leidig Hˆllteufl hat dich herbracht.

Leonhardt (schon beim Anstieg). Nˆt wahr is, dein Weib hat mich hergwiesen! (Ab.)

Dusterer (allein). Sikra h’nein, is eh so, mein Weib h‰ttn hoam halten solln, den versoffenen Lump, h‰tt doch selbn herrennen kˆnnen, h‰tt ihr d’ F¸fl net kost’t!–No, gfreu dich, wonn ich hoam kimm!–Sand an all’m Elend schuld, scho von Paradeis her, dˆ Weibsleut!–A holb Jahr plag i mich obi, dank ‘n Himmel f¸r jeden guten Einfall, den er mir schickt, womit ich den alten S¸nder ins Gwissen reden konn! Und hizt soll alls umasunst gwest sein, zwegn so oaner Dummheit! Aber no gib ich’s net auf, ich mufl a dabei sein, ich mufl mit hin nach der Kahlen Lehnten, ob er mich mit habn will oder net–ich weifl schon–ich schleich mich in Hof, und wonn dˆ Rosl ‘n Schofpelz auf’m Wagn wirft, so kriech ich drunter. Was will er denn mocha, wann ich a so mitkimm? Was will er denn macha? Geht schon, geht schon, weil net anderscht is, kimm ich halt in Schofpelz hin. (Will durch die Haust¸re schleichen, prallt aber zur¸ck und schleicht um das Haus; Kulisse vorne rechts ab.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 10. Szene

Zehnte Szene

Wastl und Liesel (durch die Haust¸re).

Wastl. No, gehst wirkli scho, Liesel?

Liesel. Freilich wohl, wo d’ mich hizt net begleiten darfst, mˆcht ich doch schon vor Einbruch der Nacht wieder in Ellersbrunn sein. Haha, dˆ Mahm wird Augen machen, wonn ich sag, mit der Erbschaft is nix, aber ein Schatz hon ich gfunden. Leicht jagt sie mich dann davon!

Wastl. No rennerst halt glei zu mir!

Liesel. Jo, aber, wo wirst du nachher sein, wann d’ bei dein Bauern net verbleibn willst?

Wastl. Is a net zum Verbleibn, seit der sein’m Schwogern sein Norr is! No schau, is doch gut, dafl mir uns wieder z’sammgfunden habn, ganz mutterseelenallanig fraget ich ein Teufel darnach, was aus mir wurd, und rennet nur so ins Blaue h’nein davon; aber da a f¸r dich gilt, werd ich mich schon um oan rechten Platz umschaun.

Liesel. No, recht is’s, nur a weng wart noch zu und mach’s fein manierli, dafl ‘m Bauern net hart gschieht. ˆs mˆgts ja doch selber einander leiden!

Wastl. Awohl–wohl…

Liesel. Mir derbarmt der alte Mon. Mˆcht ihm gern helfen, laflt ein’m aber kein Zeit dazu. I traf’s schon, meinst net? Is heunt doch lustig wordn, gelt?

Wastl. Oh, du brachst alls z’wegn!

Liesel. Und no bh¸t dich Gott, Wastl.

Wastl. Bh¸t Gott, mein Dirn, ich denk dir gwifl an dich bei Tag und Nacht!

Liesel. No, bei Tag mag i dir’s a versprechen, aber bei der Nacht, da schlaf ich.

Wastl (lacht). Du bist halt d’ Horlacher-Lies, wie von ehnder, und so sollst a sein, weil nur hizt mein bist! Mein ich doch, ich halt’s gar net aus, so weit von dir z’ sein, mˆcht all Stund wissen, was tust und treibst, ob d’ mein a a bissel denkst, und mˆcht dich wohl tags z’ tausendmal gr¸flen lassen, fand ich ein Boten, kunnt alls zwischen Himmel und Erd drum angehn, was sich drauf verstund! Mei Dirndl!

Duett

Wastl.

Du kleins Bacherl, wunderklar,
Rinnst so flink daher,
Gr¸fl mer schˆn mein lieben Schatz, Na, du weiflt schon wer!

Liesel.

Und da sagt ‘s Bacherl drauf:
Ich bin net so schnell,
Dorten halt mich ‘s M¸hlrad auf,
Kimm net von der Stell.

Wastl.

Schneeweifl T‰uberl ¸berm Haus,
Gr¸fl mer du mein Schatz,
Flieg in alle Weiten aus,
Findst’n schon am Platz!

Liesel.

Schneeweifl T‰uberl putzt sich fein, Sagt: I richt’s net aus,
Heut spricht ja mein Tauber ein
Und ich bleib schˆn z’ Haus.

Wastl.

Du kloan Herz in meiner Brust,
Schlag voll Freudigkeit,
Denn mein Schatz ist mein bewuflt
Hizt und allezeit!

Beide.

Und wie gestern so a heut
Denkt er an mich schon,
Zwischen brave, treue Leut
Braucht’s koan Botenlohn.
(Jodler.)
Du nur hast, {der | dˆ} Einzigi,
In mein Herzen Platz,
Denk an mich, i denk an di!
Bh¸t dich Gott, mein Schatz!
(Liesel geht den Anstieg hinan.)
Denk an mich, i denk an di!
Bh¸t dich Gott, mein Schatz!

(Jodler, unter welchem Liesel, nachdem sie das Zaungatter passiert, sich auf demselben aufst¸tzt, zum Schlufl wirft sie einen Kufl dem Wastl zu, der mit einem Juchzer ihr nachl‰uft.–Der Vorhang f‰llt.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 11. Szene

Verwandlung

Wirtschaft an der “Kahlen Lehnten”. Die B¸hne zeigt den Hofraum. Links vorne ein Teil des Hauses mit der Eingangst¸re, rechts ein Teil einer Scheuer. Beide sind in einem stumpfen Winkel gegeneinander gebaut und durch eine sogenannte offene Einfahrt (leeren Torbogen, etwa durch einen Balken, “Schranne”, verschlieflbar) verbunden. Hinter dem Hause steigen gewaltige Felsmassen hinan, welche weit in den Hintergrund verlaufen, wo dieselben an den aufrecht stehenden, bewaldeten Bergkronen als nacktes Get‰fel schief angelehnt erscheinen (Kahle Lehnten). Ab und zu hˆrt man das Grollen eines fernen Gewitters.

Elfte Szene

Der Bauer, Natzl und Hans (mit Sensen und Rechen, kommen durch den offenen Torbogen zˆgernd nach vorne).

Natzl. Oba, Voda, was wˆllt’s denn hizt schon dahoam?

Hans. Z’wegn we h‰ttn mer denn fruher Feierabnd gmocht?

Bauer (alter Mann, schon an die Siebzig, geht gebeugt, hat graues Haar und dunkle, buschige Augenbrauen, die Lodenjoppe schlottert ihm um den Leib und auch im ¸brigen Anzuge zeigt sich eine arge Vernachl‰ssigung–erstaunt). No, z’wegn’m Wetter do!

Hans. Hehe, freilich, z’wegn ‘m Wetter! (Lehnen die Werkzeuge an die Scheuer.)

Natzl. Kunnt ja do der Voda a weng ins Dˆrfl schaun, af a Glasl Wein!

Bauer. Wiflts ja do, dafl mer d’Muada koan Geld loflt.

Natzl (gibt ihm Geld). Habn do mir oans f¸r’n Vodan!

Bauer. ˆs seid, s doch gute Buama. No, do gehn ich schon, hehe, freili gehn i! Wonn mi aber leicht es Wetter derwischt?

Natzl. Beileib!

Hans. Hehe, sogn mer do schon ‘n Vodern a fufzgimal, von derer Seiten kimmt’s jo nie ¸bri, bleibt ja allmal entern Berg!

Bauer. Hehe, ˆs seid’s Hallodri und alle fufzgimal hon ich’s richti vergessa! No, und wo gangt’s denn ˆs hin?

Natzl. In Wold!

Bauer. In Wold? Wonn eng aber ‘s Wetter derwischt?

Hans. Hehe–hehe -‘s kimmt ja net!

Bauer. Hehe–richti–jo-Natzl. Wonn’s a kam, mir fanden schon oan Unterstand.

Hans. A wohl–und was f ¸r oan.

Bauer. No, nachhert, wo denn?

Natzl. In der Kˆhlerh¸ttn.

Bauer. Ui, ui, ˆs Schlankeln, a wohl in der Kˆhlerh¸tten, no, no, ˆs seid’s mer Feine! Der Kohlnferdl is heunt mit oaner Fuhr nach der Stadt und ˆs fandets seine zwoa Dirndeln allanig.

Hans. Wohl–wohl–is eh a so.

Bauer. ˆs Lotter, schau–schau. ˆs treibts es nˆt schlecht, ich war scho a achtavierzgi, wie ich enger Muada gheirat hab.

Hans. Weil halt da Voda a Trauminˆt war!

Bauer (beleidigt). So, a so! So meinst es! A Trauminˆt war ich gwest. So? und dir fahlet Kuraschi nˆt–gelt na, fahlet eng nˆt, dˆ Kuraschi! Moants, ˆs kunnts zeitli dazuschaun, warts koane Trauminˆt! Stund eng dˆ Ehrbarigkeit von engern Vodern nˆt an, han, wˆllts es besser habn?–Was? Na! Hoam bleibt’s hizt! Hoam bleibt’s! Leni!

Natzl (zu Hans). Du bist a rechter Lapp, muflt allwal dein dumm Maul auftun, mˆcht der glei oans draufgebn!

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 12. Szene

Zwˆlfte Szene

Vorige. Die B‰uerin.

B‰uerin (erscheint unter der T¸re, sieht heraus). Ah, ˆs seids scho hoam? (Verschwindet wieder.)

Natzl. No, is dir leichter, hizt kannst wieder Str¸mpf stricken.

Hans. Hehe, du aber a und der Voda a. Hehe.

B‰uerin (kommt mit drei Gestricken, angefangene Str¸mpfe und grofle Wollkn‰uel daran, gibt jedem eines). Da schauts dazu–mir bleibt koan Zeit, und dˆ Kloan verreiflen so viel, dafl ich froh sein mufl, sie verrichten ihner Sach! (Ab.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 13. Szene

Dreizehnte Szene

Vorige, ohne die B‰uerin. Kleine Pause, w‰hrend welcher alle drei sich das Strickzeug zurechtrichten und zu stricken beginnen.

Natzl. Heiligkreuzdunnerwetter, dˆs is a Unterhaltlichkeit.

Bauer. Aber ehrbar–halt ehrbar!

Natzl. Dˆs schon.

Hans. Mir is nur, was sich dˆ Rosl wird denken.

Natzl. Du, Hiesl, dˆ halt dich eh nur zun Narren, unter der Wocha darfst ihr schˆntan und ‘n Sunntag geht s’ mit ‘m Jaga!

Hans. D’ Wocha hat sieben T‰g!

Natzl. Kimmt f¸rn Sunntag viel z’samm zun Lacha! Mir is nur um mei Kathrein!-Hans. Halt hizt es Maul–ich mufl z‰hln!

Natzl. Jo, Voda–sikra h’nein–‘s Arbeitszeug d‰rf net dort an der Scheun lehnen bleibn.

Hans. Kunnts es Wetter derwischen!

Natzl. Du, ich sag der’s! (Schiebt sein Strickzeug dem eifrig strickenden Bauer unter den einen Arm.) Halt no der Voda a kleins Wengl! (Eilt gegen den Hintergrund.)

Hans. Fafl nˆt alls af amal, greifst sunst in a Sensen. I hilf dir. Voda, a wengerl nur! (Schiebt ihm sein Strickzeug unter den andern Arm und rennt dem Natzl nach.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 14. Szene

Vierzehnte Szene

Der Bauer (allein), dann die B‰uerin.

Bauer (mit beiden Gestricken unter den beiden Armen, strickt emsig, aber behindert an dem dritten weiter–zieht eine Nadel aus). Jetzt weifl ich nˆt, ob’s gfahlt is! (Kratzt sich mit der Nadel am Kinn.) Kunnt doch sein, mufl mer halt nachschaun…

B‰uerin (unter der T¸re). Mˆgts essen … jo wo sein denn die Buama?

Bauer. ‘s Arbeitszeug tun s’ in d’ Scheun!

B‰uerin. ‘s Arbeitszeug lehnt ja no dort!

Bauer (wendet sich). Wos?!–Teufi, dˆ sein durchbrennt!

B‰uerin. No kannst es suchen! (Ab.)

Bauer. Ho, dˆ find ich mer scho aus! (Wendet sich, fortstrickend, zum Abgehen, es entf‰llt ihm ein Kn‰uel.) Eh, eh, halt dich, Sakra. (In der Bem¸hung, diesen aufzuheben, der zweite und dann der dritte.) Teufi h’nein! –Oha–no, krieg eng schon! (Schleift sie ein St¸ck an langen F‰den hinter sich.) No, wanns nˆt wˆllts, hol eng allz’samm der Teufel, braucht er neama bloflf¸aflet z’ gehn! (Stˆflt das ganze Strickzeug mit dem Fufl in einen Winkel.) No, gfreuts eng, Buama, alle miteinander kriegn mer’s, wann mer hoamkimmen. Wonn uns nur nˆt es Wetter derwischt! (Den Abgegangenen nach.–Kleine Pause. Erneuerte dumpfe Wetterschl‰ge.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 15. Szene

F¸nfzehnte Szene

Grillhofer, Dusterer (durch die offene Einfahrt), darauf die B‰uerin (aus dem Hause).

Dusterer. No, Schwoger, is doch recht, dafl ich mit bin, gelt ja? Dafl d’ net muflt so allanig herumsteign! Hon’s gleich gsehn, dafl mer mit ‘n Wagen net zukˆnnen. Dˆs is es oanzige Ghˆft an der Lehnten.

Grillhofer (auf einen Stock gest¸tzt, kommt langsam vor). Jo, jo, kimmt mer aber a weng z’ grofl f¸r, als dafl sich’s lieflt von oan oanschichtigen Weib bewirtsch‰ften.

Dusterer. No, no, werdn mer ja sehn, wer darauf sitzt! Wer weifl, was dem versoffenen Unfriedstifter, dem Lenhardt, f¸rk‰mma is?! Am End is er noch a verlogener Spitzbua dazu und hat uns nur hergnarrt.

B‰uerin (von innen). Wer is drauflt? (Tritt unter die T¸r.) Seids ˆs es schon?

Grillhofer. Gutn Abend!

B‰uerin. Gutn Abend–was wˆllts denn?

Grillhofer (tritt zitternd n‰her). Bist du die Riesler Magdalen?

B‰uerin (keifend, wobei sie aus der T¸re den Angesprochenen immer n‰her tritt). Wer fragt darnach? Ich frag, wer darnach z’ fragen hat?! D’ Poltner bin ich, die B‰urin an der Lehnten, hat neamand darnach z’ fragen, was ich sunst bin oder war! War allweil a Ruh, hizt af amal war es Fragens kein End! Vor paar T‰gn erst hat a Fuhrknecht da h’rumgfragt, dafl’s orndlich auff‰llig war, und hizt kamen wieder oan. Was habts der Riesler-Magdalen nachz’fragn? In mein ledigen Tagen is zwischen mir und oan Bauern a Dummheit gwest, is eh schon bald neamer wahr. Is er leicht verstorbn und seids ˆs vom Gricht und bringts mer a Erbteil?!

Grillhofer (tritt n‰her). Magdalen–(Donner, fernes Aufleuchten.) Kennst mich neamer?

B‰uerin. Neamd kenn ich! (Aufleuchten.)

Grillhofer. Bin ja der Grillhofer!

B‰uerin (auf schreiend). Jesses–der Grillhofer! (Donner, kleine Pause.)

B‰uerin (‰uflerst zungenfertig). Was willst denn da? Bringt dich der F¸rwitz her, nachschaun? Hon mer’s eh gwunschen, ich mˆcht dir amal all’s einesagn kinna! Hast wohl gmeint, es rn¸flt mehr so gehn, wie mir’s von dir aus h‰tt gehn kˆnnen? Von dir aus h‰tt ich amal elendig im Armenleuthaus versterbn mˆgn, aber der Herrgott hat a rechters Einsehn ghabt und drei Jahr darnach, wie ich von dir weg bin, hon ich’s besser troffa; der alte Poltner hat mich gheirat und hizt sitz ich als B‰uerin do am Hof, schau dir’n an, ob er dem dein’n viel nachgibt. Hast denn glaubt, ich h‰tt mich um was anderscht mit dir abgebn, als weil ich vermeint hab, dein B‰urin segnt bald es Zeitliche und ich kimm an ihrer Stell z’ sitzen?! Nˆt a so viel (schl‰gt ein Schnippchen), sixt, war mer sonst an dir glegn!

Grillhofer (ist erstaunt einen Schritt zur¸ckgetreten). Schwager, z’wegn der werd ich mich net z’viel am Todbett abi‰ngstigen!

B‰uerin. Dein B‰urin is aber net so bald versturbn, und wie s’ mer hinter mein Trachten k‰mma is, hat s’ all ihre Ersparnus drauf gwendt, dafl s’ mich loswordn is, denn mit leere H‰nd war ich net weg, a es Kind hat s’ mer verpflegn m¸ssen.

Grillhofer. ‘s Kind!? So war richtig oans af d’ Welt k‰mma?! Um Gottes wˆlln, Magdalen, sag mer nur oans: wo dˆs verbliebn is?!

B‰uerin (etwas bewegt). Kunnt der’s net sagen, Grillhofer, wonn i a mˆcht! A Dirndl is gwest, is mer ja gleich nach der Geburt furtgnummen wordn! (Wieder barsch.) Such dir’s hizt! Damal hon ich f¸r mich allanig gnug Sorg tragn m¸ssen und nachert im Ehstand sein nacheinander zwˆlf Kinder k‰mmen und alle–als h‰tt mich der leidige Hˆllteufel frotzeln wˆlln–han af der Linken dein ausdrehten klein Finger mitbracht! Alle rennen s’ no af der Welt herum, f¸nfe hon mer hizt no auf der Sch¸ssel; meinst, ich h‰tt noch Luft ghabt, mich ums dreizehnte aufler der Eh umz’schaun?

Grillhofer. H‰ttst nur oan Fingerzeig…

B‰uerin. Nix hon ich und jetzt han mer ausgredt! Gsehn hast es, dafl mer’s geht, wie mer’s gehn kann, ich mein, net schlecht, siehst, dafl ich da af mein’m Eignen bin, und no mach, dafl d’ weiterfindst samt dein Spieflgselln, bevor meine Leut k‰mmen–wann’s net schleunig gnug seids, so mach ich eng F¸fl und lass’ dˆ Hund von der Ketten-Dusterer. Hizt jagt s’ uns gar aus!

B‰uerin. Ratet’s a koan, er kam wieder! In meiner Ruhigkeit will ich verbleibn–wie mir hizt is, is’s mir recht–hon mir nie unnˆtig Gedanken gmacht–brauch koane alten Gsichter z’ sehn–brauch dˆs net! (Ab.)

Grillhofer. Gehn mer, gehn mer furt! Mir is so schlecht da h’rum (deutet auf das Herz), so viel schlecht! Ein Stein war mir h’runter, aber a schwererer druckt hizt drauf! (Ab.–Die Szene, welche nur wenig vom D¸ster der Gewitterwolken beeinfluflt war, ergl‰nzt jetzt im hellen Mondlichte.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 16. Szene

Sechzehnte Szene

Dusterer (allein), dann B‰uerin, Bauer, Natzl und Hans.

Dusterer. Glei kimm ich nach, Schwager!–Schau hizt her, no w‰r gar a Kind da! H‰tt ich dˆs nur fruher gwifl gw¸flt! Aber mein Schwester–Gott trˆst s’!–dˆ dumme Gredl, hat mi ja nie in ihr Haus zulassen; weil s’ krank war und keine Kinder ghabt hat, hat s’ ihm allweil durch d’ Finger gschaut und alles vertuscht! Ob der Bankert no lebt oder schon verstorbn is? No, dasselb wird die B‰urin do wissen–ich mufl’s a wissen–hat zwar ‘n Teufel im Leib, dˆ B‰urin–aber ich mufl’s wissen! (Geht in das Haus ab. –Im Hintergrunde treten Hans, Natzl und der Bauer, einer hinter dem andern langsam durch die offene Einfahrt auf.)

Hans (weinerlich). No sein mer wieder da!

Natzl. No hat der Voda sein Willn.

Bauer. Jo, no–oba wird glei d’ Muada ihrn habn! (Schaut gegen den Himmel.) Schau, hat uns doch net derwischt, dˆs Wetter!

Natzl. Dˆs freili net–oba leicht hizt a anders!

B‰uerin (innen). Wissen muflt der’s–han–wissen muflt der’s!

Dusterer (innen). Auweh!

Hans. Ui! D’ Muada rafft mit oan!

Dusterer (st¸rzt heraus, ein Besen fliegt ihm nach).

Bauer. Ho–faflts an, Buama, hauts zu! (Fallen ¸ber ihn her.)

Dusterer. Aushalten a weng, Mona! (Reiflt den Frachtbrief aus der Tasche.) Sehts dˆs rote Papier do?

Alle. Jo.

Dusterer. Kinnts lesen?

Alle. Na.

Dusterer (beiseite). Gott sei Dank!–Schauts dˆs Petschaftsiegel drauf an. Alles in Ordnung! Dˆs is a Dispens vom Konsisturi; Mona, ich derf net ghaut wern! (Indem sich Dusterer gravit‰tisch zum Abgehen wendet und die anderen verbl¸fft dareinstarren, f‰llt der Vorhang.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, III. Akt, 1. Szene

Dritter Akt

Dekoration: Bauernstube wie im ersten Akte.

Erste Szene

Rosl, dann Wastl. Wie der Vorhang aufgeht, ist die B¸hne leer, durch die Fenster rechts f‰llt helles Mondlicht in die Stube. Eine Schwarzw‰lder Uhr schl‰gt zehn.

Rosl (kommt mit einer ˆllampe, an der der Schirm herabgelassen ist, von links). So, war lang scho alls fertig zun Niederlegn! Wollt nur, ich wuflt ‘n Bauern scho in sein Bett. Wo er nur verbleibt? Zehni is’s, no r¸hrt sich nix. Es is frei schon zun F¸rchten! (Stellt die Lampe auf den Tisch.) Jesses, in der Kuchel geht oans! (Mit erstickter Stimme.) Wer is drauflt? Ah, is leicht nur unser Saunigel. (Geht n‰her zur T¸re, lauter.) Wer is drauflt?

Wastl (die T¸re im Hintergrunde rechts ein wenig ˆffnend.) A gut Gwissen!

Rosl. Ah, der Wastl is’s!

Wastl (kommt herein). Wohl, Rosl! Aber mit dir is’s net richtig, f¸rchtst dich in der Finstern. (Zeigt seine Pfeife.) A weng Feuer hon ich mer holn wolln, is aber koan F¸nkerl mehr am Herd.

Rosl. Is a schon spat! Wo nur der Bauer verbleibt?

Wastl. Wer weifl, mufl er heunt nˆt wo anderscht ¸bernachten! Kunnt ja noch gar net da sein! Rechne dir’s selber aus, zwischen a drei und vieri is er furt, drei Stund sein hin bis zur Kahlen Lehnten, drei Stund z’ruck, braucht er sich gar net viel aufzuhalten, mufl’s zehni vorbei werdn!

Rosl. Was er nur dort macht?

Wastl. Wann d’ es net besser weiflt wie ich, so ersparn mer einand’s Ausfragn.

Rosl. Horch! Es fahrt a Wagn!

Wastl. Richtig, hˆr’n a. Aber der kimmt von der andern Seiten, von der Ellersbrunner!

Rosl. Schau, haha, bei dir kimmt hizt alls von Ellersbrunn.

Wastl. No, ohne Frotzeln, horch doch nur, hizt poltern s’ ¸ber dˆ Brucken und hizt fahrn s’ beim Kreuzwirt ins Tor und stelln ein.

Rosl. Hast a recht, aber hizt is der still und ma hˆrt no oan Wagn, der kimmt von der andern Seiten und immer naheter!

Wastl. Hˆr ‘n schon.–Hizt w‰r er ganz nah–no?–Richtig fahrt er in’ Hof ein. No mˆcht ‘s doch wohl der Bauer sein. Schau ich halt nach. (Ab.)

Rosl. No, Gott sei Dank, dafl er nur da is! Is a Zeit–nach a zehni! Nur a Gl¸ck, dafl er sein Schofpelz mit hat, geht zwar a wacherlwarmi Luft, aber halt do, im Fahrn!

Anzengruber: Der Gwissenswurm, III. Akt, 2. Szene

Zweite Szene

Vorige. Grillhofer, auf Wastl gest¸tzt, zuletzt folgt Dusterer, der sich an der T¸re aufstellt, als wollte er gar nicht bemerkt werden.

Wastl (geleitet Grillhofer zu dem Sorgenstuhl). Mufl schˆn dreinteufelt habn, der Michl, dafl’s schon wieder da seids. Hizt derf ich nur gleich nach’m Stall schaun!

Rosl. Je, dˆ armen Rˆsser!

Grillhofer (sehr erschˆpft). Gilt mer gleich! Hon kein Erbarmnus mehr mit dˆ Viecher, habn’s do allmal besser af der Welt wie unsereins!

Rosl. Bist gscheit?

Grillhofer. Lebn do und kennen kein Vorschrift.–No, schau halt nach ‘m Stall, Wastl.

Wastl. Gute Nacht, Bauer. (Ab.)

Grillhofer. Gute Nacht!–Kannst a gehn, Rosl!

Rosl. No, willst allanig ins Bett kraln? Wird m¸hselig gehn.

Grillhofer. Sollt ich schlafen, werd ich mich schon ins Bett finden. Gute Nacht!

Rosl. No, gute Nacht, Bauer! (Ab.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, III. Akt, 3. Szene

Dritte Szene

Grillhofer und Dusterer. Kleine Pause.

Grillhofer (st¸tzt den Kopf in beide H‰nde).

Dusterer (kommt langsam aus dem Winkel nach vorne). Schwoger!

Grillhofer. Wer is’s? (Blickt auf.) Du? Was willst du noch da?–Hab ja ‘n Wagn vor dein Haus halten lassen, dafl d’ aussteign solltst.

Dusterer. Hat nˆt sein mˆgn, weil ich halt mit dir noch z’ reden h‰tt!

Grillhofer. Weiflt a neuere Lug?!

Dusterer (beleidigt). Schwoger!?–Glaub mir, wann ich dir was sag! Beispielm‰flig-Grillhofer. Ich brauch nix Beispielm‰fligs mehr, hob gnug an dem, was wirkli vorgeht und wo ma umsonst a Auslegung sucht.

Dusterer. Schau, Grillhofer, es is mir vergangen–na ja, weil du ja selber es Rechte angebn hast, dafl mein Traum doch a Vorbedeutung hat. Hast ja selbn gmeint, im Rauchen und Feuer sieht mer schlecht, dˆ Riesler-Magdalen konn dˆs im Fegfeuer net gwest sein, aber–Grillhofer–dein Kind is’s gwest, dˆs hon ich f¸r sˆ gnumma, no ja, weils ihr gleich schaut, weil ebn a der Magdalen ihr Kind is!

Grillhofer. Dummheiten!

Dusterer. Grillhofer! Hˆr mich aus, glaub mir, wann ich dir was sag! I mein, es verbleibt bei unsern Abk‰mmen–es geht halt hizt um dein Kind!

Grillhofer. Weil dir’s taugt, steckst dˆs hizt ins Fegfeuer.

Dusterer (eifrig). Na, na–weil die S¸nden der Eltern an den Kindern gstraft werden, steckt’s drein und wohl wegn der eignen S¸ndhaftigkeit a, meinst, so vater- und mutterlos war’s rechtschaffen wordn?!

Grillhofer. Wer aber sagt dir denn, dafl’s versturbn sein mufl?!

Dusterer. Grillhofer, lafl dir sagn, besser, es is versturbn, als es is lebig a so, dafl d’ der’s ¸berlegn rn¸flt, ob du’s a anerkenne kinna kannst!

Grillhofer (ausbrechend). Sixt, Dusterer, dˆs is! Lang net, mer wuflt oans in der Hˆll, is mer so gstraft, als ma weifl oans af der Welt, dem ma beispringa mˆcht, dˆs vielleicht nach ein’m ruft in Nˆten, Drangsal und ein’m zumˆcht–und mer kann net–weifl koans vom andern, wo’s is!

Dusterer (tritt n‰her). Armer Schwoger!

Grillhofer. Halt ‘s Maul! (Ruhiger.) Geh hizt! Hon kein Lust, mich no heunt mit dir h’rum z’ dischpatiern.

Dusterer. Na, lass’ mer’s halt af a ander Mal! Gute Nacht, Schwager! (An der T¸re.) Oan Frag h‰tt ich no?

Grillhofer. Was denn?

Dusterer. Bleibt’s dabei?

Grillhofer. Bei was?

Dusterer. Beispielm‰flig, fahrn mer morgn nach der Kreisstadt oder net?

Grillhofer. Heunt weifl ich nix, gar nix! Geh zu!

Dusterer (kommt wieder etwas vor). Nur eins no! Soll mal was sein, hon ich’s gern bald richtig!

Grillhofer (sieht ihn grofl an, spˆttisch). I weifl, mer kennt dich daf¸r, haltst af Ordnung!

Dusterer. So oder so! Lang h’rumschneiden konn i net leiden! Schau dein Einwendigs an! Brauchst ein Zuspruch, gut, so halt dein Wort, sunst bleib ich dir fern.

Grillhofer. Werdn ma ja sehn, ob ich ‘n Zuspruch nˆtiger brauch als du mein Hof!

Dusterer. Werdn mer sehn, gut is’s! Nur kimm mer net z’ spot, wann i eppa neamer f¸r dich z’ Haus bin. (Wendet sich.) War ¸bel f¸r uns allzwei, aber ich bin a so! (Tut einen Schritt nach r¸ckw‰rts.) Grillhofer, ich geh hizt–gute Nacht?

Grillhofer. Gute Nacht!

Dusterer. Hast mich grufen?

Grillhofer. Na.

Dusterer. I hon gmeint, es reut dich!–(An der T¸re.) Grillhofer, es steht geschrieben: Ich will nicht den Tod des S¸nders!–I schau d’r schon morgen nach!

Grillhofer (ungeduldig). No, moch nur heunt no furt–allan will ich sein! (Sinkt in seine fr¸here Stellung zur¸ck.)

Dusterer (hat die T¸re geˆffnet, bleibt aber an derselben stehen und blickt nach Grillhofer). Teufi, ‘s gute Ausk‰mma hat ein End und mit ihm selber steht’s wohl schlecht–mit mufl er mir morgn, sunst war alles versch¸tt. Furt schlepp i ‘n, und wann’s ihm glei ans Leben gang, ‘s andere wird scho der liebe Gott gebn!–Wie ich mir ‘n betracht, auf d’ Hinterf¸fl stellt er sich wohl net! Dazu no d’ heutig Nacht koan Augn zu. I hon’s schon gwunna. Selbn hon ich a kein Schlof, ich schleich lieber bis fruh da um sein… um mein Hof, um mein Hof. (Schl¸pft zur T¸re hinaus, die er leise hinter sich schlieflt.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, III. Akt, 4. Szene

Vierte Szene

Melodram

Leise beginnt die Musik das Bufllied aus dem ersten Akt aufzunehmen und begleitet damit variiert den folgenden Monolog.

Grillhofer (erhebt den Kopf). Viel tausend und tausend Meilen gehen rund um die Erd–kˆnnen viel hundert zwischen mir und mein Kind liegen–oder kann mer ganz nah sein und ich weifl’s net!–(Steht langsam auf, mit gefalteten H‰nden.) O himmlischer Voda! Wann’s neamer lebt–so lafl a mich net so allan herumkriechen af der Welt–und wann’s in Unehr auf gwachsen is, so bitt ich dich–lafl mich’s net derlebn!–Himmlischer Herr, ich ¸berheb mich net, aber wann d’ a End mit mir machen wolltst–es war wohl ‘s Gscheiteste!–Und wann’s vielleicht hizt in der n‰mlich Stund, wo ich zu dir bitt–aufschreit in S¸nd und Nˆten–so hˆr auf mi–verstopf dein Ohr–wann’s sein Dasein reut und sein Vatern verflucht!!

(Die Musik bricht mit einem starken Akkord ab.)

Grillhofer (ist zum Fenster gewankt, das er aufreiflt, und sinkt jetzt auf einen davor stehenden Stuhl). Luft!!! (Kleine Pause.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, III. Akt, 5. Szene

F¸nfte Szene

Voriger. Rosl. Liesel.

Rosl (an der T¸r, welche sie leise geˆffnet hat, zur Liesel, die hinter ihr eintritt, l‰sternd). Er is no auf!–(Lauter.) Bauer!

Grillhofer (nickt mit dem gesenkten Haupte). Jo.

Rosl. Schau doch auf! D’ Horlacher-Lies is wieder da!

Grillhofer (verloren). So.

Rosl. Sie m¸flt heunt no zu dir, hat s’ gsagt.

Grillhofer. Was will s’mer denn?

Rosl. Na, hˆr nur auf sie, ich weifl’s ja net. (Geht ab, indem sie der Liesel, die an der T¸re stehengeblieben war, vorzutreten winkt.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, III. Akt, 6. Szene

Sechste Szene

Grillhofer und Liesel.

Liesel (kommt vor, frisch). Jo, wir habn schon a Kreuz miteinander… (Da sie Grillhofer n‰her ins Auge faflt.) Um Gotteswilln, Bauer, was is der denn?

Grillhofer. Nix, nix, Dirndl, triffst mich grad, wie ich nach meiner neuchen Wohnung ausschau.

Liesel. Gfreut dich dein alte nimmer? (Sieht hinaus.) Wo zu willst denn hinbaun?

Grillhofer (hinausdeutend). Siehst! Siehst! Durt, wo die Kreuzeln herschimmern.

Liesel. Am Freithof? Geh zu, was k¸mmert dich der Freithof? Dˆ er angeht, dˆ wissen nix davon, und dˆ davon wissen, dˆ geht er nix an! Schau lieber, wie heunt dˆ Stern funkeln und ‘s Mondschein leucht. Bin hizt durch’n Wald hergfahrn, im Gezweig habn dˆ Johannesk‰ferln ihr Gspiel triebn und ¸ber der stillen Nacht is der ganze Himmel voll Lichter glegn. Und wann ma so hinaufschaut, wie’s leucht und funkelt ¸ber der weiten Welt, da is ein, als ziehet’s ein d’ Seel aus der Brust und reichet dˆ weit ¸ber d’ Erd in sternlichten Himmel h’nein.

Grillhofer. O jo–wohl–wohl–wonn mer holt no a freie Seel hat!

Liesel (ermutigter). No geh, Bauer, tu net so verzagt, dˆ deine wird a no keiner am Strickl f¸hrn; lafl dir hizt von meiner Mahm verz‰hln, dafl d’ auf andere Gedanken kimmst!–Denk dir, dˆ Mahm leidt’s net, dafl d’ dein Hof weggibst!

Grillhofer (erstaunt). Dein Mahm, dˆ alte Horlacherin, leidt’s net? Dˆs is bsunders! (Steht auf.)

Liesel. Gelt ja!

Grillhofer. Dˆ leidt’s net! No mˆcht ich doch wissen…

Liesel. Na siehst, wann d’ es wissen mˆchst, muflt d’ mich schon anhˆrn. –Geh, ich f¸hr dich.

Grillhofer. A na–na–konn schon no selber gehn. (Geht, von Liesel geleitet, zum Sorgenstuhl, setzt sich.) No, so verz‰hl halt! H‰tt net denkt, es verinteressieret mich noch was, aber dˆs is doch bsunders–ja, ganz bsunders!

Liesel. Nˆt wahr? Dˆs find ich a! Is a gscheits Weib sunst, die Mahm–mirk a nix, sie war af amal irr wordn, aber da kenn ich mich a neamer mit ihr aus!–Also ich kimm z’ Haus, sag ihr, du h‰ttst mich ausgjagt, hoaflt s’ mich a ungschickte Gretl; wie ich aber sag, du wˆlltst wohl morgn mit ‘n Dusterer nach der Kreisstadt fahrn, ihm ‘n Hof ¸bergebn, da war’s aus, no gleich hat der M¸ller einspannen m¸ssen, gegen Geld und gute Wort, herfahren hab ich m¸ssen, dafl ich.ja vor der Fruh da bin–umarmt und buflt hat mich die Mahm beim Wegfahrn, als wann a Abschied auf ewige Zeiten war! Und gar no ein Brief hat s’ mir gschriebn.

Grillhofer. Dir?

Liesel. Jo, an dich!

Grillhofer. Ah so, no, so gib. Dˆs kimmt allweil verwunderiger!

Liesel. (zieht den Brief aus ihrer Joppe). Und ich sollt machen, dafl d’n heunt no les’st, und f¸r dich solltst ‘n vorerst lesen, hat s’ gsagt. (Gibt ihm den Brief.)

Grillhofer. No, so lesn mer ‘n halt. (Schiebt den Schirm der Lampe in die Hˆhe.)

Liesel (geht zum Fenster und blickt hinaus).

Grillhofer (entfaltet den Brief und liest). “Lieber Grillhofer! Mit schweren Herzen schick ich Dir a Anvertrauts zruck, doch steht Dir frei, wann D’ den Brief glesen hast, ob Du’s als das Deine anerkenne willst, sunst nimm ich’s mit Freuden wieder an mich! Ich mein, ich brauch mich net z’ sch‰men, wie ich Dir’s zuschicke. Dˆ Dirn, was heunt zun zweitenmal bei Dir einspricht, is im Deckerl in mein Haus bracht wordn, weil s’ Dein Weib net hat auf’n Hof vor Augen haben wolln, aber es war ihr Meinung, wann a rechtschaffen Gschˆpf aus ihr wordn w‰r, sollt ich Dir’s zuschicken. Lang hab ich mir dˆs verspart, aber ohne Schaden f¸r sie kˆnnt ich’s hizt nimmer bei mir verhalten. Dˆ Dirn heiflt nach ihrn Rufnamen Horlacher-Lies, weil s’ von klein auf bei mir war, hat bis heunt f¸r vaterund mutterlos golten und weifl’s selber net anders; nach’m Kirchbuch heiflt s’ Elisabeth Riesler und is, wie dˆ Magdalen ausgsagt hat, Dein Kind!! Es gr¸flt Dich und laflt Dir Dein’n freien Willn dˆ alte Horlacherin.” (Legt den Brief vor sich auf den Tisch und h‰lt sich den Kopf mit beiden H‰nden.) Oh, du mein Gott, is mer denn recht? Steht’s wohl a a so da?

Liesel (hat diese Bewegung bemerkt und wendet sich). Was is dir? Was schreibt denn die Mahm?!

Grillhofer. Ich weifl net recht–ich mufl’s nomal lesen, kimm zu mir–kimm zu mir, mein Dirndl, und halt mer es Licht.

Liesel (eilt hinzu und steht neben Grillhofer und h‰lt die Lampe).

Grillhofer (liest). “Mit schweren Herzen schick ich Dir a Anvertrauts zruck, doch steht Dir frei, wann D’ den Brief glesen hast, ob Du’s als das Deine anerkenne willst, sunst nimm ich’s mit Freuden wieder an mich. I mein, ich brauch mich net z’ schamen, wie ich Dir’s zuschick. Dˆ Dirn, was heunt zun zweitenmal bei dir einspricht, is im Deckerl in mein Haus bracht wordn, weil s’ Dein Weib net hat auf’n Hof vor Augen habn wolln, aber es war ihr Meinung, wann a rechtschaffen Gschˆpf aus ihr wordn w‰r, sollt ich Dir’s zuschicken… ” Vergelt dir’s Gott, Mirzl, in sein’n Himmel obn, vergelt dir’s Gott. Vergelt er’s a der Horlacherin und alln braven Weibsleuten, wie s’ an uns tun!…

Liesel (ahnungsvoll). Aber ich kenn mi no net aus!

Grillhofer (liest). “Dˆ Dirn hoaflt mit ihrn Rufnamen Horlacher-Lies, weil s’ von klein auf bei mir war, hat bis heunt f¸r vater- und mutterlos golten und weifl’s selber net anders; nach’m Kirchbuch heiflt s’ Elisabeth Riesler und is, wie die Magdalen ausgsagt hat, Dein Kind” Dirndl, was zitterst denn a so? (Faflt ihre Hand, in der sie die Lampe tr‰gt, und f¸hrt sie nach dem Tische.)

Liesel (l‰flt die Lampe fahren). Jesses, is aber dˆ Mahm a falschs Ding gwest! (Sinkt vor Aufregung in die Knie auf den Schemel zu Grillhofers F¸flen.) Also du, du hast mer’s Lebn gehn, no, vergelt dir’s Gott, es gfallt mer recht gut af der Welt!

Grillhofer. Es reut mich a neamer–es reut mich a neamer. (Sucht mit der zitternden Hand herum und legt sie der Liesel auf den Kopf.) O du mein lieber Herrgott! (Weinerlich.) ‘s Kind is im Vaterhaus!–Haha, weil nur ‘s Kind im Vaterhaus is!–(Preflt Liesel an sich.)

(Kleine Pause.–Von auflen vor dem Fenster pr‰ludiert eine Zither und nimmt dann die Melodie des Liedes aus dem ersten Akt auf.)

Grillhofer (steht auf). Horch–no wird’s gar lustig no derf’s scho wieder lusti werdn.

Liesel (erhebt sich, deutet nach dem Fenster, und wie auf das Lied aufmerksam zu machen, singt sie piano).

Und Zithern und Derndeln,
Na, dˆ kenn ich net lon…

Grillhofer. Wer is’s denn?

Liesel. Der Wastl! (Umarmt Grillhofer und verbirgt ihr Gesicht an seiner Schulter.) Weiflt es ja eh–Voda!

Grillhofer. Haha! (Das Orchester nimmt den zweiten Teil der Melodie voll auf. Er singt.)

O schˆn gr¸ne Welt,
Lafl sagn, wie d’mer gfallst,
Solang Zithern klingen
(Liesel an sich ziehend.)
Und mei Derndl mich halst!
(Den Jodler bringt die Musik allein.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, III. Akt, 7. Szene

Siebente Szene

Vorige. Dusterer, Wastl, Rosl st¸rzen zur T¸re herein.

Dusterer. Schau, da schau–wie er Bufl tut–und wie dein Schatz treu is!

Grillhofer. No–no–is a bissel viel, drei Narren af einmal!

Wastl. Alsdann doch wieder gfoppt! (Greift nach der T¸rschnalle.)

Liesel. Aber Wastl…

Grillhofer. ‘s is ja mein Kind!

Rosl. Jesses, der Bauer hat a Kind kriegt!

Wastl. No, is’s halt a reich Bauerstochter–und ich kann mer’s Maul abwischen.

Grillhofer. Du bist a Trottel! Kannst ja net wissen, ob ich mir net lang scho ein solchen, wie du bist, zum Schwiegersuhn w¸nsch.

Wastl. Aber Bauer–Jesses und Joseph–dˆs is doch alles z’viel–aber i nimm’s schon!

Grillhofer. Und no weifl ich mir schon mei Ausnehmerei und no fahrn mer morgn doch nach der Kreisstadt.

Dusterer (ganz vergessen, schreit auf). Mir fahrn doch nach der Kreisstadt!

Grillhofer. Mir!!! (Deutet auf sich und Wastl und Liesel.) Aber net mir! Hast mer viel eingredt und viel vorglogn, damit ich mein, ich war der Schw‰rzeste, aber unser Herrgott kennt a ein gfarbten Schimmel, hat mich wieder fein sauber gstriegelt und hat mer dˆ ins Haus gschickt und gsagt: da hast z’gleich dein Bufl und dein Sorg und dein Freudigkeit. Du aber, du trauriger Wurmdoktor, du bleibst mer aus mein Haus, deine Kinder magst mer schicken, was net f¸r ihrn Vater kˆnnen, dafl mer an ihnen was tut.

Liesel. Aber f¸r dich weifl ich a Lehr, is a wahre Christenlehr, Dusterer, nimm dir’s z’Herzen! (Singt.)

Schlufllied

Der Herrgott hat ‘s Lebn
Zum Freudigsein gebn,
Und was wir oft schlecht,
Er macht’s do no recht!
Drum sorg f¸r das Deine,
Mach niemanden irr–

Grillhofer.

Und misch dich net eini,
Du kriegst nix daf¸r!

Alle.

Und misch dich net eini,
Du kriegst nix daf¸r!