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Die machen Gold und lehren
Mir das Geheimnis gern.

Die Mutter wirft ihm die Bibel
Ins magere Gesicht hinein:
So willst du, Gottverfluchter,
Ein Straßenräuber sein!

Sie hören pochen ans Fenster,
Und sehn eine winkende Hand;
Der tote Vater steht draußen
Im schwarzen Predgergewand.

XXIX

Das ist ein schlechtes Wetter,
Es regnet und stürmt und schneit;
Ich sitze am Fenster und schaue
Hinaus in die Dunkelheit.

Da schimmert ein einsames Lichtchen,
Das wandelt langsam fort;
Ein Mütterchen mit dem Laternchen
Wankt über die Straße dort.

Ich glaube, Mehl und Eier
Und Butter kaufte sie ein;
Sie will einen Kuchen backen
Fürs große Töchterlein.

Die liegt zu Haus im Lehnstuhl,
Und blinzelt schläfrig ins Licht;
Die goldenen Locken wallen
Über das süße Gesicht.

XXX

Man glaubt, daß ich mich gräme
In bitterm Liebesleid,
Und endlich glaub ich es selber,
So gut wie andre Leut.

Du Kleine mit großen Augen,
Ich hab es dir immer gesagt,
Daß ich dich unsäglich liebe,
Daß Liebe mein Herz zernagt.

Doch nur in einsamer Kammer
Sprach ich auf solche Art,
Und ach! ich hab immer geschwiegen
In deiner Gegenwart.

Da gab es böse Engel,
Die hielten mir zu den Mund;
Und ach! durch böse Engel
Bin ich so elend jetzund.

XXXI

Deine weißen Lilienfinger,
Könnt ich sie noch einmal küssen,
Und sie drücken an mein Herz,
Und vergehn in stillem Weinen!

Deine klaren Veilchenaugen
Schweben vor mir Tag und Nacht,
Und mich quält es: Was bedeuten
Diese süßen, blauen Rätsel?

XXXII

“Hat sie sich denn nie geäußert
Über dein verliebtes Wesen?
Konntest du in ihren Augen
Niemals Gegenliebe lesen?

“Konntest du in ihren Augen
Niemals bis zur Seele dringen?
Und du bist ja sonst kein Esel,
Teurer Freund, in solchen Dingen.”

XXXIII

Sie liebten sich beide, doch keiner
Wollt es dem andern gestehn;
Sie sahen sich an so feindlich,
Und wollten vor Liebe vergehn.

Sie trennten sich endlich und sahn sich Nur noch zuweilen im Traum;
Sie waren längst gestorben,
Und wußten es selber kaum.

XXXIV

Und als ich euch meine Schmerzen geklagt, Da habt ihr gegähnt und nichts gesagt;
Doch als ich sie zierlich in Verse gebracht, Da habt ihr mir große Elogen gemacht.

XXXV

Ich rief den Teufel und er kam,
Und ich sah ihn mit Verwundrung an. Er ist nicht häßlich und ist nicht lahm, Er ist ein lieber, scharmanter Mann,
Ein Mann in seinen besten Jahren,
Verbindlich und höflich und welterfahren. Er ist ein gescheuter Diplomat,
Und spricht recht schön über Kirch und Staat. Blaß ist er etwas, doch ist es kein Wunder, Sanskrit und Hegel studiert er jetzunder. Sein Lieblingspoet ist noch immer Fouque’. Doch will er nicht mehr mit Kritik sich befassen, Die hat er jetzt gänzlich überlassen
Der teuren Großmutter Hekate.
Er lobte mein juristisches Streben, Hat früher sich auch damit abgegeben.
Er sagte, meine Freundschaft sei
Ihm nicht zu teuer, und nickte dabei, Und frug: ob wir uns früher nicht
Schon einmal gesehn beim spanschen Gesandten? Und als ich recht besah sein Gesicht,
Fand ich in ihm einen alten Bekannten.

XXXVI

Mensch, verspotte nicht den Teufel,
Kurz ist ja die Lebensbahn,
Und die ewige Verdammnis
Ist kein bloßer Pöbelwahn.

Mensch, bezahle deine Schulden,
Lang ist ja die Lebensbahn,
Und du mußt noch manchmal borgen,
Wie du es so oft getan.

XXXVII

Die heilgen drei Könige aus Morgenland, Sie frugen in jedem Städtchen:
Wo geht der Weg nach Bethlehem,
Ihr lieben Buben und Mädchen?

Die Jungen und Alten, sie wußten es nicht. Die Könige zogen weiter;
Sie folgten einem goldenen Stern,
Der leuchtete lieblich und heiter.

Der Stern blieb stehn über Josephs Haus, Da sind sie hineingegangen;
Das Öchslein brüllte, das Kindlein schrie, Die heilgen drei Könige sangen.

XXXVIII

Mein Kind, wir waren Kinder,
Zwei Kinder, klein und froh;
Wir krochen ins Hühnerhäuschen,
Versteckten uns unter das Stroh.

Wir krähten wie die Hähne,
Und kamen Leute vorbei —
Kikereküh! sie glaubten,
Es wäre Hahnengeschrei.

Die Kisten auf unserem Hofe
Die tapezierten wir aus,
Und wohnten drin beisammen,
Und machten ein vornehmes Haus.

Des Nachbars alte Katze
Kam öfters zum Besuch;
Wir machten ihr Bückling und Knickse Und Komplimente genug.

Wir haben nach ihrem Befinden
Besorglich und freundlich gefragt;
Wir haben seitdem dasselbe
Mancher alten Katze gesagt.

Wir saßen auch oft und sprachen
Vernünftig, wie alte Leut,
Und klagten, wie alles besser
Gewesen zu unserer Zeit;

Wie Lieb und Treu und Glauben
Verschwunden aus der Welt,
Und wie so teuer der Kaffee,
Und wie so rar das Geld! —

Vorbei sind die Kinderspiele,
Und alles rollt vorbei —
Das Geld und die Welt und die Zeiten, Und Glauben und Lieb und Treu.

XXXIX

Das Herz ist mir bedrückt, und sehnlich Gedenke ich der alten Zeit;
Die Welt war damals noch so wöhnlich, Und ruhig lebten hin die Leut.

Doch jetzt ist alles wie verschoben,
Das ist ein Drängen! eine Not!
Gestorben ist der Herrgott oben,
Und unten ist der Teufel tot.

Und alles schaut so grämlich trübe,
So krausverwirrt und morsch und kalt, Und wäre nicht das bißchen Liebe,
So gäb es nirgends einen Halt.

XL

Wie der Mond sich leuchtend dränge
Durch den dunklen Wolkenflor,
Also taucht aus dunkeln Zeiten
Mir ein lichtes Bild hervor.

Saßen all auf dem Verdecke,
Fuhren stolz hinab den Rhein.
Und die sommergrünen Ufer
Glühn im Abendsonnenschein.

Sinnend saß ich zu den Füßen
Einer Dame, schön und hold;
In ihr liebes, bleiches Antlitz
Spielt’ das rote Sonnengold.

Lauten klangen, Buben sangen,
Wunderbare Fröhlichkeit!
Und der Himmel wurde blauer,
Und die Seele wurde weit.

Märchenhaft vorüberzogen
Berg und Burgen, Wald und Au; —
Und das alles sah ich glänzen
In dem Aug der schönen Frau.

XLI

Im Traum sah ich die Geliebte,
Ein banges, bekümmertes Weib,
Verwelkt und abgefallen
Der sonst so blühende Leib.

Ein Kind trug sie auf dem Arme,
Ein andres führt sie an der Hand,
Und sichtbar ist Armut und Trübsal
Am Gang und Blick und Gewand.

Sie schwankte über den Marktplatz,
Und da begegnet sie mir,
Und sieht mich an, und ruhig
Und schmerzlich sag ich zu ihr:

Komm mit nach meinem Hause,
Denn du bist blaß und krank;
Ich will durch Fleiß und Arbeit
Dir schaffen Speis und Trank.

Ich will auch pflegen und warten
Die Kinder, die bei dir sind,
Vor allem aber dich selber,
Du armes, unglückliches Kind.

Ich will dir nie erzählen,
Daß ich dich geliebet hab,
Und wenn du stirbst, so will ich
Weinen auf deinem Grab.

XLII

“Teurer Freund! Was soll es nützen,
Stets das alte Lied zu leiern?
Willst du ewig brütend sitzen
Auf den alten Liebes-Eiern?

“Ach! das ist ein ewig Gattern,
Aus den Schalen kriechen Küchlein,
Und sie piepsen und sie flattern,
Und du sperrst sie in ein Büchlein.”

XLIII

Werdet nur nicht ungeduldig,
Wenn von alten Leidensklängen
Manche noch vernehmlich tönen
In den neuesten Gesängen.

Wartet nur, es wird verhallen
Dieses Echo meiner Schmerzen,
Und ein neuer Liederfrühling
Sprießt aus dem geheilten Herzen.

XLIV

Nun ist es Zeit, daß ich mit Verstand Mich aller Torheit entledge;
Ich hab so lang als ein Komödiant
Mit dir gespielt die Komödie.

Die prächtgen Kulissen, sie waren bemalt Im hochromantischen Stile,
Mein Rittermantel hat goldig gestrahlt, Ich fühlte die feinsten Gefühle.

Und nun ich mich gar säuberlich
Des tollen Tands entledge,
Noch immer elend fühl ich mich,
Als spielt ich noch immer Komödie.

Ach Gott! Im Scherz und unbewußt
Sprach ich, was ich gefühlet;
Ich hab mit dem Tod in der eignen Brust Den sterbenden Fechter gespielet.

XLV

Den König Wiswamitra,
Den treibts ohne Rast und Ruh,
Er will durch Kampf und Büßung
Erwerben Wasischtas Kuh.

O, König Wiswamitra,
O, welch ein Ochs bist du,
Daß du so viel kämpfest und büßest, Und alles für eine Kuh!

XLVI

Herz, mein Herz, sei nicht beklommen, Und ertrage dein Geschick,
Neuer Frühling gibt zurück,
Was der Winter dir genommen.

Und wieviel ist dir geblieben!
Und wie schön ist noch die Welt!
Und, mein Herz, was dir gefällt,
Alles, alles darfst du lieben!

XLVII

Du bist wie eine Blume,
So hold und schön und rein;
Ich schau dich an, und Wehmut
Schleicht mir ins Herz hinein.

Mir ist, als ob ich die Hände
Aufs Haupt dir legen sollt,
Betend, daß Gott dich erhalte
So rein und schön und hold.

XLVIII

Kind! Es wäre dein Verderben,
Und ich geb mir selber Mühe,
Daß dein liebes Herz in Liebe
Nimmermehr für mich erglühe.

Nur daß mirs so leicht gelinget,
Will mich dennoch fast betrüben,
Und ich denke manchmal dennoch:
Möchtest du mich dennoch lieben!

XLIX

Wenn ich auf dem Lager liege,
In Nacht und Kissen gehüllt,
So schwebt mir vor ein süßes,
Anmutig liebes Bild.

Wenn mir der stille Schlummer
Geschlossen die Augen kaum,
So schleicht das Bild sich leise
Hinein in meinen Traum.

Doch mit dem Traum des Morgens
Zerrinnt es nimmermehr;
Dann trag ich es im Herzen
Den ganzen Tag umher.

L

Mädchen mit dem roten Mündchen,
Mit den Äuglein süß und klar,
Du mein liebes, kleines Mädchen,
Deiner denk ich immerdar.

Lang ist heut der Winterabend,
Und ich möchte bei dir sein,
Bei dir sitzen, mit dir schwatzen
Im vertrauten Kämmerlein.

An die Lippen wollt ich pressen
Deine kleine, weiße Hand,
Und mit Tränen sie benetzen,
Deine kleine, weiße Hand.

LI

Mag da draußen Schnee sich türmen,
Mag es hageln, mag es stürmen,
Klirrend mir ans Fenster schlagen,
Nimmer will ich mich beklagen,
Denn ich trage in der Brust
Liebchens Bild und Frühlingslust.

LII

Andre beten zur Madonne,
Andre auch zu Paul und Peter;
Ich jedoch, ich will nur beten,
Nur zu dir, du schöne Sonne.

Gib mir Küsse, gib mir Wonne,
Sei mir gütig, sei mir gnädig,
Schönste Sonne unter den Mädchen,
Schönstes Mädchen unter der Sonne!

LIII

Verriet mein blasses Angesicht
Dir nicht mein Liebeswehe?
Und willst du, daß der stolze Mund
Das Bettelwort gestehe?

O, dieser Mund ist viel zu stolz,
Und kann nur küssen und scherzen;
Er spräche vielleicht ein höhnisches Wort. Während ich sterbe vor Schmerzen.

LIV

Teurer Freund, du bist verliebt,
Und dich quälen neue Schmerzen;
Dunkler wird es dir im Kopf,
Heller wird es dir im Herzen.

Teurer Freund, du bist verliebt,
Und du willst es nicht bekennen,
Und ich seh des Herzens Glut
Schon durch deine Weste brennen.

LV

Ich wollte bei dir weilen
Und an deiner Seite ruhn;
Du mußtest von mir eilen;
Du hattest viel zu tun.

Ich sagte, daß meine Seele
Dir gänzlich ergeben sei;
Du lachtest aus voller Kehle,
Und machtest ‘nen Knicks dabei.

Du hast noch mehr gesteigert
Mir meinen Liebesverdruß,
Und hast mir sogar verweigert
Am Ende den Abschiedskuß.

Glaub nicht, daß ich mich erschieße,
Wie schlimm auch die Sachen stehn!
Das alles, meine Süße,
Ist mir schon einmal geschehn.

LVI

Saphire sind die Augen dein,
Die lieblichen, die süßen.
O, dreimal glücklich ist der Mann,
Den sie mit Liebe grüßen.

Dein Herz, es ist ein Diamant,
Der edle Lichter sprühet.
O, dreimal glücklich ist der Mann,
Für den es liebend glühet.

Rubinen sind die Lippen dein,
Man kann nicht schönre sehen.
O, dreimal glücklich ist der Mann,
Dem sie die Liebe gestehen.

O, kennt ich nur den glücklichen Mann, O, daß ich ihn nur fände,
So recht allein im grünen Wald,
Sein Glück hätt bald ein Ende.

LVII

Habe mich mit Liebesreden
Festgelogen an dein Herz,
Und, verstrickt in eignen Fäden,
Wird zum Ernste mir mein Scherz.

Wenn du dich, mit vollem Rechte,
Scherzend nun von mir entfernst,
Nahn sich mir die Höllenmächte,
Und ich schieß mich tot im Ernst.

LVIII

Zu fragmentarisch ist Welt und Leben! Ich will mich zum deutschen Professor begeben. Der weiß das Leben zusammenzusetzen,
Und er macht ein verständlich System daraus; Mit seinen Nachtmützen und Schlafrockfetzen Stopft er die Lücken des Weltenbaus.

LIX

Ich hab mir lang den Kopf zerbrochen, Mit Denken und Sinnen, Tag und Nacht,
Doch deine liebenswürdigen Augen,
Sie haben mich zum Entschluß gebracht.

Jetzt bleib ich, wo deine Augen leuchten, In ihrer süßen, klugen Pracht —
Daß ich noch einmal würde lieben,
Ich hätt es nimmermehr gedacht.

LX

Sie haben heut abend Gesellschaft,
Und das Haus ist lichterfüllt.
Dort oben am hellen Fenster
Bewegt sich ein Schattenbild.

Du schaust mich nicht, im Dunkeln
Steh ich hier unten allein;
Noch wen’ger kannst du schauen
In mein dunkles Herz hinein.

Mein dunkles Herze liebt dich,
Es liebt dich und es bricht,
Und bricht und zuckt und verblutet, Aber du siehst es nicht.

LXI

Ich wollt, meine Schmerzen ergössen
Sich all in ein einziges Wort,
Das gäb ich den lustigen Winden,
Die trügen es lustig fort.

Sie tragen zu dir, Geliebte,
Das schmerzerfüllte Wort;
Du hörst es zu jeder Stunde,
Du hörst es an jedem Ort.

Und hast du zum nächtlichen Schlummer Geschlossen die Augen kaum,
So wird dich mein Wort verfolgen
Bis in den tiefsten Traum.

LXII

Du hast Diamanten und Perlen,
Hast alles, was Menschenbegehr,
Und hast die schönsten Augen —
Mein Liebchen, was willst du mehr?

Auf deine schönen Augen
Hab ich ein ganzes Heer
Von ewigen Liedern gedichtet —
Mein Liebchen, was willst du mehr?

Mit deinen schönen Augen
Hast du mich gequält so sehr,
Und hast mich zugrunde gerichtet — Mein Liebchen, was willst du mehr?

LXIII

Wer zum ersten Male liebt,
Seis auch glücklos, ist ein Gott;
Aber wer zum zweiten Male
Glücklos liebt, der ist ein Narr.

Ich, ein solcher Narr, ich liebe
Wieder ohne Gegenliebe!
Sonne, Mond und Sterne lachen,
Und ich lache mit — und sterbe.

LXIV

Gaben mir Rat und gute Lehren,
Überschütteten mich mit Ehren,
Sagten, daß ich nur warten sollt,
Haben mich protegieren gewollt.

Aber bei all ihrem Protegieren
Hätte ich können vor Hunger krepieren, Wär nicht gekommen ein braver Mann,
Wacker nahm er sich meiner an.

Braver Mann! Er schafft mir zu essen! Will es ihm nie und nimmer vergessen!
Schade, daß ich ihn nicht küssen kann! Denn ich bin selbst dieser brave Mann.

LXV

Diesen liebenswürdgen Jüngling
Kann man nicht genug verehren;
Oft traktiert er mich mit Austern,
Und mit Rheinwein und Likören.

Zierlich sitzt ihm Rock und Höschen,
Doch noch zierlicher die Binde,
Und so kommt er jeden Morgen,
Fragt, ob ich mich wohlbefinde;

Spricht von meinem weiten Ruhme,
Meiner Anmut, meinen Witzen;
Eifrig und geschäftig ist er
Mir zu dienen, mir zu nützen.

Und des Abends, in Gesellschaft,
Mit begeistertem Gesichte,
Deklamiert er vor den Damen
Meine göttlichen Gedichte.

O, wie ist es hoch erfreulich,
Solchen Jüngling noch zu finden,
Jetzt in unsrer Zeit, wo täglich
Mehr und mehr die Bessern schwinden.

LXVI

Mir träumt’: ich bin der liebe Gott
Und sitz im Himmel droben,
Und Englein sitzen um mich her,
Die meine Verse loben.

Und Kuchen eß ich und Konfekt
Für manchen lieben Gulden,
Und Kardinal trink ich dabei,
Und habe keine Schulden.

Doch Langeweile plagt mich sehr,
Ich wollt, ich wär auf Erden,
Und wär ich nicht der liebe Gott,
Ich könnt des Teufels werden.

Du langer Engel Gabriel,
Geh, mach dich auf die Sohlen,
Und meinen teuren Freund Eugen
Sollst du herauf mir holen.

Such ihn nicht im Kollegium,
Such ihn beim Glas Tokaier;
Such ihn nicht in der Hedwigskirch, Such ihn bei Mamsell Meyer.

Da breitet aus sein Flügelpaar
Und fliegt herab der Engel,
Und packt ihn auf, und bringt herauf Den Freund, den lieben Bengel.

Ja, Jung, ich bin der liebe Gott,
Und ich regier die Erde!
Ich habs ja immer dir gesagt,
Daß ich was Rechts noch werde.

Und Wunder tu ich alle Tag,
Die sollen dich entzücken,
Und dir zum Spaße will ich heut
Die Stadt Berlin beglücken.

Die Pflastersteine auf der Straß,
Die sollen jetzt sich spalten,
Und eine Auster, frisch und klar,
Soll jeder Stein enthalten.

Ein Regen von Zitronensaft
Soll tauig sie begießen,
Und in den Straßengössen soll
Der beste Rheinwein fließen.

Wie freuen die Berliner sich,
Sie gehen schon ans Fressen;
Die Herren von dem Landgericht,
Die saufen aus den Gössen.

Wie freuen die Poeten sich
Bei solchem Götterfraße!
Die Leutnants und die Fähnderichs,
Die lecken ab die Straße.

Die Leutnants und die Fähnderichs,
Das sind die klügsten Leute,
Sie denken, alle Tag geschieht
Kein Wunder so wie heute.

LXVII

Ich hab euch im besten Juli verlassen, Und find euch wieder im Januar;
Ihr saßet damals so recht in der Hitze, Jetzt seid ihr gekühlt und kalt sogar.

Bald scheid ich nochmals, und komm ich einst wieder, Dann seid ihr weder warm noch kalt,
Und über eure Gräber schreit ich,
Und das eigne Herz ist arm und alt.

LXVIII

Von schönen Lippen fortgedrängt, getrieben Aus schönen Armen, die uns fest umschlossen! Ich wäre gern noch einen Tag geblieben,
Da kam der Schwager schon mit seinen Rossen.

Das ist das Leben, Kind! Ein ewig Jammern, Ein ewig Abschiednehmen, ewges Trennen!
Konnt denn dein Herz das mein’ge nicht umklammern? Hat selbst dein Auge mich nicht halten können?

LXIX

Wir fuhren allein im dunkeln
Postwagen die ganze Nacht;
Wir ruhten einander am Herzen,
Wir haben gescherzt und gelacht.

Doch als es morgens tagte,
Mein Kind, wie staunten wir!
Denn zwischen uns saß Amor,
Der blinde Passagier,

LXX

Das weiß Gott, wo sich die tolle
Dirne einquartieret hat;
Fluchend, in dem Regenwetter,
Lauf ich durch die ganze Stadt.

Bin ich doch von einem Gasthof
Nach dem andern hingerannt,
Und an jeden groben Kellner
Hab ich mich umsonst gewandt.

Da erblick ich sie am Fenster,
Und sie winkt und kichert hell.
Könnt ich wissen, du bewohntest,
Mädchen, solches Prachthotel!

LXXI

Wie dunkle Träume stehen
Die Häuser in langer Reih;
Tief eingehüllt im Mantel,
Schreite ich schweigend vorbei.

Der Turm der Kathedrale
Verkündet die zwölfte Stund;
Mit ihren Reizen und Küssen
Erwartet mich Liebchen jetzund.

Der Mond ist mein Begleiter,
Er leuchtet mir freundlich vor;
Da bin ich an ihrem Hause,
Und freudig ruf ich empor:

Ich danke dir, alter Vertrauter,
Daß du meinen Weg erhellt;
Jetzt will ich dich entlassen,
Jetzt leuchte der übrigen Welt!

Und findest du einen Verliebten,
Der einsam klagt sein Leid,
So tröst ihn, wie du mich selber
Getröstet in alter Zeit.

LXXII

Und bist du erst mein ehlich Weib,
Dann bist du zu beneiden,
Dann lebst du in lauter Zeitvertreib, In lauter Pläsier und Freuden.

Und wenn du schiltst und wenn du tobst, Ich werd es geduldig leiden;
Doch wenn du meine Verse nicht lobst, Laß ich mich von dir scheiden.

LXXIII

An deine schneeweiße Schulter
Hab ich mein Haupt gelehnt,
Und heimlich kann ich behorchen,
Wonach dein Herz sich sehnt.

Es blasen die blauen Husaren,
Und reiten zum Tor herein,
Und morgen will mich verlassen
Die Herzallerliebste mein.

Und willst du mich morgen verlassen,
So bist du doch heute noch mein,
Und in deinen schönen Armen
Will ich doppelt selig sein.

LXXIV

Es blasen die blauen Husaren,
Und reiten zum Tor hinaus;
Da komm ich, Geliebte, und bringe
Dir einen Rosenstrauß.

Das war eine wilde Wirtschaft!
Kriegsvolk und Landesplag!
Sogar in deinem Herzchen
Viel Einquartierung lag.

LXXV

Habe auch, in jungen Jahren,
Manches bittre Leid erfahren
Von der Liebe Glut.
Doch das Holz ist gar zu teuer,
Und erlöschen will das Feuer,
Ma foi! und das ist gut.

Das bedenke, junge Schöne,
Schicke fort die dumme Träne,
Und den dummen Liebesharm.
Ist das Leben dir geblieben,
So vergiß das alte Lieben,
Ma foi! in meinem Arm.

LXXVI

Bist du wirklich mir so feindlich,
Bist du wirklich ganz verwandelt?
Aller Welt will ich es klagen,
Daß du mich so schlecht behandelt.

O ihr undankbaren Lippen,
Sagt, wie könnt ihr Schlimmes sagen Von dem Manne, der so liebend
Euch geküßt, in schönen Tagen?

LXXVII

Ach, die Augen sind es wieder,
Die mich einst so lieblich grüßten, Und es sind die Lippen wieder,
Die das Leben mir versüßten!

Auch die Stimme ist es wieder,
Die ich einst so gern gehöret!
Nur ich selber bin’s nicht wieder,
Bin verändert heimgekehret.

Von den weißen, schönen Armen
Fest und liebevoll umschlossen,
Lieg ich jetzt an ihrem Herzen,
Dumpfen Sinnes und verdrossen.

LXXVIII

Selten habt ihr mich verstanden,
Selten auch verstand ich Euch,
Nur wenn wir im Kot uns fanden,
So verstanden wir uns gleich.

LXXIX

Doch die Kastraten klagten,
Als ich meine Stimm erhob;
Sie klagten und sie sagten:
Ich sänge viel zu grob.

Und lieblich erhoben sie alle
Die kleinen Stimmelein,
Die Trillerchen, wie Kristalle,
Sie klangen so fein und rein.

Sie sangen von Liebessehnen,
Von Liebe und Liebeserguß;
Die Damen schwammen in Tränen
Bei solchem Kunstgenuß.

LXXX

Auf den Wällen Salamankas
Sind die Lüfte lind und labend;
Dort, mit meiner holden Donna,
Wandle ich am Sommerabend.

Um den schlanken Leib der Schönen
Hab ich meinen Arm gebogen,
Und mit selgem Finger fühl ich
Ihres Busens stolzes Wogen.

Doch ein ängstliches Geflüster
Zieht sich durch die Lindenbäume,
Und der dunkle Mühlbach unten
Murmelt böse, bange Träume.

“Ach, Sennora, Ahnung sagt mir:
Einst wird man mich relegieren,
Und auf Salamankas Wällen
Gehn wir nimmermehr spazieren.”

LXXXI

Neben mir wohnt Don Henriques,
Den man auch den Schönen nennet;
Nachbarlich sind unsre Zimmer
Nur von dünner Wand getrennet.

Salamankas Damen glühen,
Wenn er durch die Straßen schreitet, Sporenklirrend, schnurrbartkräuselnd,
Und von Hunden stets begleitet.

Doch in stiller Abendstunde
Sitzt er ganz allein daheime,
In den Händen die Gitarre,
In der Seele süße Träume.

In die Saiten greift er bebend
Und beginnt zu phantasieren, —
Ach! wie Katzenjammer quält mich
Sein Geschnarr und Quinquilieren.

LXXXII

Kaum sahen wir uns, und an Augen und Stimme Merkt ich, daß du mir gewogen bist;
Stand nicht dabei die Mutter, die schlimme, Ich glaube, wir hätten uns gleich geküßt.

Und morgen verlasse ich wieder das Städtchen, Und eile fort im alten Lauf;
Dann lauert am Fenster mein blondes Mädchen, Und freundliche Grüße werf ich hinauf.

LXXXIII

Über die Berge steigt schon die Sonne, Die Lämmerherde läutet fern;
Mein Liebchen, mein Lamm, meine Sonne und Wonne, Noch einmal sah ich dich gar zu gern!

Ich schaue hinauf, mit spähender Miene — Leb wohl, mein Kind, ich wandre von hier! Vergebens! Es regt sich keine Gardine;
Sie liegt noch und schläft — und träumt von mir?

LXXXIV

Zu Halle auf dem Markt,
Da stehn zwei große Löwen.
Ei, du hallischer Löwentrotz,
Wie hat man dich gezähmet!

Zu Halle auf dem Markt,
Da steht ein großer Riese.
Er hat ein Schwert und regt sich nicht, Er ist vor Schreck versteinert.

Zu Halle auf dem Markt,
Da steht eine große Kirche.
Die Burschenschaft und die Landsmannschaft, Die haben dort Platz zum Beten.

LXXXV

Dämmernd liegt der Sommerabend
Über Wald und grünen Wiesen;
Goldner Mond, im blauen Himmel,
Strahlt herunter, duftig labend.

An dem Bache zirpt die Grille,
Und es regt sich in dem Wasser,
Und der Wandrer hört ein Plätschern Und ein Atmen in der Stille.

Dorten, an dem Bach alleine,
Badet sich die schöne Elfe;
Arm und Nacken, weiß und lieblich,
Schimmern in dem Mondenscheine.

LXXXVI

Nacht liegt auf den fremden Wegen,
Krankes Herz und müde Glieder; —
Ach, da fließt, wie stiller Segen,
Süßer Mond, dein Licht hernieder.

Süßer Mond, mit deinen Strahlen
Scheuchest du das nächtge Grauen;
Es zerrinnen meine Qualen,
Und die Augen übertauen.

LXXXVII

Der Tod, das ist die kühle Nacht,
Das Leben ist der schwüle Tag.
Es dunkelt schon, mich schläfert,
Der Tag hat mich müd gemacht.

Über mein Bett erhebt sich ein Baum,
Drin singt die junge Nachtigall;
Sie singt von lauter Liebe,
Ich hör es sogar im Traum.

LXXXVIII

“Sag, wo ist dein schönes Liebchen,
Das du einst so schön besungen,
Als die zaubermächtgen Flammen
Wunderbar dein Herz durchdrungen?”

Jene Flammen sind erloschen,
Und mein Herz ist kalt und trübe,
Und dies Büchlein ist die Urne
Mit der Asche meiner Liebe.

Götterdämmerung

Der Mai ist da mit seinen goldnen Lichtern Und seidnen Lüften und gewürzten Düften, Und freundlich lockt er mit den weißen Blüten, Und grüßt aus tausend blauen Veilchenaugen, Und breitet aus den blumreich grünen Teppich, Durchwebt mit Sonnenschein und Morgentau, Und ruft herbei die lieben Menschenkinder. Das blöde Volk gehorcht dem ersten Ruf.
Die Männer ziehn die Nankinhosen an Und Sonntagsröck mit goldnen Spiegelknöpfen; Die Frauen kleiden sich in Unschuldweiß; Jünglinge kräuseln sich den Frühlingsschnurrbart Jungfrauen lassen ihre Busen wallen;
Die Stadtpoeten stecken in die Tasche Papier und Bleistift und Lorgnett; — und jubelnd Zieht nach dem Tor die krausbewegte Schar, Und lagert draußen sich auf grünem Rasen, Bewundert, wie die Bäume fleißig wachsen, Spielt mit den bunten, zarten Blümelein, Horcht auf den Sang der lustgen Vögelein, Und jauchzt hinauf zum blauen Himmelszelt.

Zu mir kam auch der Mai. Er klopfte dreimal An meine Tür und rief: Ich bin der Mai,
Du bleicher Träumer, komm, ich will dich küssen! Ich hielt verriegelt meine Tür, und rief: Vergebens lockst du mich, du schlimmer Gast! Ich habe dich durchschaut, ich hab durchschaut Den Bau der Welt, und hab zu viel geschaut, Und viel zu tief, und hin ist alle Freude, Und ewge Qualen zogen in mein Herz.
Ich schaue durch die steinern harten Rinden Der Menschenhäuser und der Menschenherzen, Und schau in beiden Lug und Trug und Elend. Auf den Gesichtern les ich die Gedanken, Viel schlimme. In der Jungfrau Schamerröten Seh ich geheime Lust begehrlich zittern; Auf dem begeistert stolzen Jünglingshaupt Seh ich die lachend bunte Schellenkappe; Und Fratzenbilder nur und sieche Schatten Seh ich auf dieser Erde, und ich weiß nicht, Ist sie ein Tollhaus oder Krankenhaus.
Ich sehe durch den Grund der alten Erde, Als sei sie von Kristall, und seh das Grausen, Das mit dem freudgen Grüne zu bedecken
Der Mai vergeblich strebt. Ich seh die Toten; Sie liegen unten in den schmalen Särgen, Die Händ gefaltet und die Augen offen,
Weiß das Gewand und weiß das Angesicht, Und durch die Lippen kriechen gelbe Würmer. Ich seh, der Sohn setzt sich mit seiner Buhle Zur Kurzweil nieder auf des Vaters Grab; — Spottlieder singen rings die Nachtigallen; — Die sanften Wiesenblümchen lachen hämisch; — Der tote Vater regt sich in dem Grab; — Und schmerzhaft zuckt die alte Mutter Erde.

Du arme Erde, deine Schmerzen kenn ich! Ich seh die Glut in deinem Busen wühlen, Und deine tausend Adern seh ich bluten,
Und seh, wie deine Wunde klaffend aufreißt und wild hervorströmt Flamm und Rauch und Blut. Ich sehe deine trotzgen Riesensöhne,
Uralte Brut, aus dunkeln Schlünden steigend, Und rote Fackeln in den Händen schwingend; — Sie legen ihre Eisenleiter an,
Und stürmen wild hinauf zur Himmelsfeste; — Und schwarze Zwerge klettern nach; — und knisternd Zerstieben droben alle goldnen Sterne.
Mit frecher Hand reißt man den goldnen Vorhang Vom Zelte Gottes, heulend stürzen nieder, Aufs Angesicht, die frommen Engelscharen. Auf seinem Throne sitzt der bleiche Gott, Reißt sich vom Haupt die Krön, zerrauft sein Haar — Und näher drängt heran die wilde Rotte.
Die Riesen werfen ihre roten Fackeln Ins weite Himmelreich, die Zwerge schlagen Mit Flammengeißeln auf der Englein Rücken; — Die winden sich und krümmen sich vor Qualen, Und werden bei den Haaren fortgeschleudert; — Und meinen eignen Engel seh ich dort,
Mit seinen blonden Locken, süßen Zügen, Und mit der ewgen Liebe um den Mund,
Und mit der Seligkeit im blauen Auge — Und ein entsetzlich häßlich schwarzer Kobold Reißt ihn vom Boden, meinen bleichen Engel, Beäugelt grinsend seine edlen Glieder,
Umschlingt ihn fest mit zärtlicher Umschlingung — Und gellend dröhnt ein Schrei durchs ganze Weltall, Die Säulen brechen, Erd und Himmel stürzen Zusammen, und es herrscht die alte Nacht.

Ratcliff

Der Traumgott brachte mich in eine Landschaft, Wo Trauerweiden mir “Willkommen” winkten Mit ihren langen, grünen Armen, wo die Blumen Mit klugen Schwesteraugen still mich ansahn, Wo mir vertraulich klang der Vögel Zwitschern, Wo gar der Hunde Bellen mir bekannt schien, Und Stimmen und Gestalten mich begrüßten Wie einen alten Freund, und wo doch alles So fremd mir schien, so wunderseltsam fremd. Vor einem ländlich schmucken Hause stand ich, In meiner Brust bewegte sich’s, im Kopfe War’s ruhig, ruhig schüttelte ich ab
Den Staub von meinen Reisekleidern, Grell klang die Klingel, und die Tür ging auf.

Da waren Männer, Frauen, viel bekannte Gesichter. Stiller Kummer lag auf allen
Und heimlich scheue Angst. Seltsam verstört, Mit Beileidsmienen fast, sahn sie mich an, Daß es mir selber durch die Seele schauert’, Wie Ahnung eines unbekannten Unheils.
Die alte Margret hab ich gleich erkannt; Ich sah sie forschend an, jedoch sie sprach nicht. “Wo ist Maria?” fragt ich, doch sie sprach nicht. Griff leise meine Hand und führte mich
Durch viele lange, leuchtende Gemächer, Wo Prunk und Pracht und Totenstille herrschte, Und führt’ mich endlich in ein dämmernd Zimmer Und zeigt’, mit abgewandtem Angesicht,
Nach der Gestalt, die auf dem Sofa saß. “Sind Sie Maria?” fragt ich. Innerlich
Erstaunt ich selber ob der Festigkeit, Womit ich sprach. Und steinern und metallos Scholl eine Stimm: “So nennen mich die Leute.” Ein schneidend Weh durchfröstelte mich da, Denn jener hohle, kalte Ton war doch
Die einst so süße Stimme von Maria! Und jenes Weib im fahlen Lilakleid,
Nachlässig angezogen, Busen schlotternd, Die Augen gläsern starr, die Wangenmuskeln Des weißen Angesichtes lederschlaff —
Ach, jenes Weib war doch die einst so schöne, Die blühend holde liebliche Maria!
“Sie waren lang auf Reisen!” sprach sie laut, Mit kalt unheimlicher Vertraulichkeit,
“Sie schaun nicht mehr so schmachtend, liebster Freund, Sie sind gesund, und pralle Lend und Wade Bezeugt Solidität.” Ein süßlich Lächeln
Umzitterte den gelblich blassen Mund. In der Verwirrung sprachs aus mir hervor: “Man sagte mir. Sie haben sich vermählt?” “Ach ja!” sprach sie gleichgültig laut und lachend, “Hab einen Stock von Holz, der überzogen Mit Leder ist, Gemahl sich nennt; doch Holz Ist Holz!” Und klanglos widrig lachte sie, Daß kalte Angst durch meine Seele rann,
Und Zweifel mich ergriff: — sind das die keuschen, Die blumenkeuschen Lippen von Maria?
Sie aber hob sich in die Höh, nahm rasch Vom Stuhl den Kaschemir, warf ihn
Um ihren Hals, hing sich an meinen Arm, Zog mich von hinnen, durch die offne Haustür, Und zog mich fort durch Feld und Busch und Au.

Die glühend rote Sonnenscheibe schwebte Schon niedrig, und ihr Purpur überstrahlte Die Bäume und die Blumen und den Strom,
Der in der Ferne majestätisch floß. “Sehn Sie das große goldne Auge schwimmen Im blauen Wasser?” rief Maria hastig.
“Still, armes Wesen!” sprach ich, und ich schaute Im Dämmerlicht ein märchenhaftes Weben.
Es stiegen Nebelbilder aus den Feldern, Umschlangen sich mit weißen, weichen Armen; Die Veilchen sahn sich zärtlich an, sehnsüchtig Zusammenbeugten sich die Lilienkelche;
Aus allen Rosen glühten Wollustgluten; Die Nelken wollten sich im Hauch entzünden; In selgen Düften schwelgten alle Blumen, Und alle weinten stille Wonnetränen,
Und alle jauchzten: Liebe! Liebe! Liebe! Die Schmetterlinge flatterten, die hellen Goldkäfer summten feine Elfenliedchen,
Die Abendwinde flüsterten, es rauschten Die Eichen, schmelzend sang die Nachtigall — Und zwischen all dem Flüstern, Rauschen, Singen Schwatzte mit blechern klanglos kalter Stimme Das welke Weib, das mir am Arme hing:
“Ich kenn Ihr nächtlich Treiben auf dem Schloß; Der lange Schatten ist ein guter Tropf,
Er nickt und winkt zu allem, was man will; Der Blaurock ist ein Engel; doch der Rote, Mit blankem Schwert, ist Ihnen spinnefeind.” Und noch viel buntre, wunderliche Reden
Schwatzt’ sie in einem fort, und setzte sich, Ermüdet, mit mir nieder auf die Moosbank, Die unterm alten Eichenbaume steht.

Da saßen wir beisammen, still und traurig, Und sahn uns an, und wurden immer traurger. Die Eiche säuselte wie Sterbeseufzer,
Tiefschmerzlich sang die Nachtigall herab. Doch rote Lichter drangen durch die Blätter, Umflimmerten Marias weißes Antlitz
Und lockten Glut aus ihren starren Augen, Und mit der alten, süßen Stimme sprach sie: “Wie wußtest du, daß ich so elend bin?
Ich las es jüngst in deinen wilden Liedern.”

Eiskalt durchzogs mir da die Brust, mir grauste Ob meinem eignen Wahnsinn, der die Zukunft Geschaut, es zuckte dunkel durch mein Hirn, Und vor Entsetzen bin ich aufgewacht.

Donna Clara

In dem abendlichen Garten
Wandelt des Alkaden Tochter;
Pauken- und Trommetenjubel
Klingt herunter von dem Schlosse.

“Lästig werden mir die Tänze
Und die süßen Schmeichelworte,
Und die Ritter, die so zierlich
Mich vergleichen mit der Sonne.

“Überlästig wird mir alles,
Seit ich sah, beim Strahl des Mondes, Jenen Ritter, dessen Laute
Nächtens mich ans Fenster lockte.

“Wie er stand so schlank und mutig,
Und die Augen leuchtend schossen
Aus dem edelblassen Antlitz,
Glich er wahrlich Sankt Georgen.”

Also dachte Donna Clara,
Und sie schaute auf den Boden;
Wie sie aufblickt, steht der schöne, Unbekannte Ritter vor ihr.

Händedrückend, liebeflüsternd
Wandeln sie umher im Mondschein,
Und der Zephir schmeichelt freundlich, Märchenartig grüßen Rosen.

Märchenartig grüßen Rosen,
Und sie glühn wie Liebesboten. —
Aber sage mir, Geliebte,
Warum du so plötzlich rot wirst?

“Mücken stachen mich. Geliebter,
Und die Mücken sind, im Sommer,
Mir so tief verhaßt, als wärens
Langenasge Judenrotten.”

Laß die Mücken und die Juden,
Spricht der Ritter, freundlich kosend. Von den Mandelbäumen fallen
Tausend weiße Blütenflocken.

Tausend weiße Blütenflocken
Haben ihren Duft ergossen. —
Aber sage mir, Geliebte,
Ist dein Herz mir ganz gewogen?

“Ja, ich liebe dich, Geliebter,
Bei dem Heiland sei’s geschworen,
Den die gottverfluchten Juden
Boshaft tückisch einst ermordet.”

Laß den Heiland und die Juden,
Spricht der Ritter, freundlich kosend. In der Ferne schwanken traumhaft
Weiße Lilien, lichtumflossen.

Weiße Lilien, lichtumflossen,
Blicken nach den Sternen droben. — Aber sage mir. Geliebte,
Hast du auch nicht falsch geschworen?

“Falsch ist nicht in mir, Geliebter,
Wie in meiner Brust kein Tropfen
Blut ist von dem Blut der Mohren
Und des schmutzgen Judenvolkes.”

Laß die Mohren und die Juden,
Spricht der Ritter, freundlich kosend; Und nach einer Myrtenlaube
Führt er die Alkadentochter.

Mit den weichen Liebesnetzen
Hat er heimlich sie umflochten;
Kurze Worte, lange Küsse,
Und die Herzen überflössen.

Wie ein schmelzend süßes Brautlied
Singt die Nachtigall, die holde;
Wie zum Fackeltanze hüpfen
Feuerwürmchen auf dem Boden.

In der Laube wird es stiller,
Und man hört nur, wie verstohlen,
Das Geflüster kluger Myrten
Und der Blumen Atemholen.

Aber Pauken und Trommeten
Schallen plötzlich aus dem Schlosse, Und erwachend hat sich Clara
Aus des Ritters Arm gezogen.

“Horch! da ruft es mich. Geliebter;
Doch, bevor wir scheiden, sollst du Nennen deinen lieben Namen,
Den du mir so lang verborgen.”

Und der Ritter, heiter lächelnd,
Küßt die Finger seiner Donna,
Küßt die Lippen und die Stirne,
Und er spricht zuletzt die Worte:

Ich, Sennora, Eur Geliebter,
Bin der Sohn des vielbelobten,
Großen, schriftgelehrten Rabbi
Israel von Saragossa.

Almansor

I

In dem Dome zu Corduva
Stehen Säulen, dreizehnhundert,
Dreizehnhundert Riesensäulen
Tragen die gewaltge Kuppel.

Und auf Säulen, Kuppel, Wänden
Ziehn von oben sich bis unten
Des Korans arabsche Sprüche,
Klug und blumenhaft verschlungen.

Mohrenkön’ge bauten weiland
Dieses Haus zu Allahs Ruhme,
Doch hat vieles sich verwandelt
In der Zeiten dunkelm Strudel.

Auf dem Turme, wo der Türmer
Zum Gebete aufgerufen,
Tönet jetzt der Christenglocken
Melancholisches Gesumme.

Auf den Stufen, wo die Gläubgen
Das Prophetenwort gesungen,
Zeigen jetzt die Glatzenpfäfflein
Ihrer Messe fades Wunder.

Und das ist ein Drehn und Winden
Vor den buntbemalten Puppen,
Und das blökt und dampft und klingelt, Und die dummen Kerzen funkeln.

In dem Dome zu Corduva
Steht Almansor ben Abdullah,
All die Säulen still betrachtend,
Und die stillen Worte murmelnd:

“O, ihr Säulen, stark und riesig,
Einst geschmückt zu Allahs Ruhme,
Jetzo müßt ihr dienend huldgen
Dem verhaßten Christentume!

“Ihr bequemt euch in die Zeiten,
Und ihr tragt die Last geduldig; — Ei, da muß ja wohl der Schwächre
Noch viel leichter sich beruhgen!”

Und sein Haupt, mit heiterm Antlitz,
Beugt Almansor ben Abdullah
Über den gezierten Taufstein,
In dem Dome zu Corduva.

2

Hastig schritt er aus dem Dome,
Jagte fort auf wildem Rappen,
Daß im Wind die feuchten Locken
Und des Hutes Federn wallen.

Auf dem Weg nach Alkolea,
Dem Guadalquivir entlange,
Wo die weißen Mandeln blühen,
Und die duftgen Goldorangen;

Dorten jagt der lustge Ritter,
Pfeift und singt, und lacht behaglich, Und es stimmen ein die Vögel
Und des Stromes laute Wasser.

In dem Schloß zu Alkolea
Wohnet Clara de Alvares,
In Navarra kämpft ihr Vater,
Und sie freut sich mindern Zwanges.

Und Almansor hört schon ferne
Pauken und Trommeten schallen,
Und er sieht des Schlosses Lichter
Blitzen durch der Bäume Schatten.

In dem Schloß zu Alkolea
Tanzen zwölf geschmückte Damen,
Tanzen zwölf geschmückte Ritter,
Doch am schönsten tanzt Almansor.

Wie beschwingt von muntrer Laune,
Flattert er herum im Saale,
Und er weiß den Damen allen
Süße Schmeichelein zu sagen.

Isabellens schöne Hände
Küßt er rasch, und springt von dannen; Und er setzt sich vor Elviren,
Und er schaut ihr froh ins Antlitz.

Lachend fragt er Leonoren:
Ob er heute ihr gefalle?
Und er zeigt die goldnen Kreuze
Eingestickt in seinen Mantel.

Er versichert jeder Dame:
Daß er sie im Herzen trage;
Und “so wahr ich Christ bin!” schwört er Dreißigmal an jenem Abend.

3

In dem Schloß zu Alkolea
Ist verschollen Lust und Klingen,
Herrn und Damen sind verschwunden,
Und erloschen sind die Lichter.

Donna Clara und Almansor
Sind allein im Saal geblieben;
Einsam streut die letzte Lampe
Über beide ihren Schimmer.

Auf dem Sessel sitzt die Dame,
Auf dem Schemel sitzt der Ritter,
Und sein Haupt, das schlummermüde
Ruht auf den geliebten Knieen.

Rosenöl, aus goldnem Fläschchen,
Gießt die Dame, sorgsam sinnend,
Auf Almansors braune Locken —
Und er seufzt aus Herzenstiefe.

Süßen Kuß, mit sanftem Munde,
Drückt die Dame, sorgsam sinnend,
Auf Almansors braune Locken —
Und es wölkt sich seine Stirne.

Tränenflut, aus lichten Augen,
Weint die Dame, sorgsam sinnend,
Auf Almansors braune Locken —
Und es zuckt um seine Lippen.

Und er träumt: er stehe wieder,
Tief das Haupt gebeugt und triefend, In dem Dome zu Corduva,
Und er hört viel dunkle Stimmen.

All die hohen Riesensäulen
Hört er murmeln unmutgrimmig,
Länger wollen sie’s nicht tragen,
Und sie wanken und sie zittern; —

Und sie brechen wild zusammen,
Es erbleichen Volk und Priester,
Krachend stürzt herab die Kuppel,
Und die Christengötter wimmern.

Die Wallfahrt nach Kevlaar

1

Am Fenster stand die Mutter,
Im Bette lag der Sohn.
“Willst du nicht aufstehn, Wilhelm, Zu schaun die Prozession?”

“Ich bin so krank, o Mutter,
Daß ich nicht hör und seh;
Ich denk an das tote Gretchen,
Da tut das Herz mir weh.” —

“Steh auf, wir wollen nach Kevlaar,
Nimm Buch und Rosenkranz;
Die Mutter Gottes heilt dir
Dein krankes Herze ganz.”

Es flattern die Kirchenfahnen,
Es singt im Kirchenton;
Das ist zu Köllen am Rheine,
Da geht die Prozession.

Die Mutter folgt der Menge,
Den Sohn, den führet sie,
Sie singen beide im Chore:
Gelobt seist du, Marie!

2

Die Mutter Gottes zu Kevlaar
Trägt heut ihr bestes Kleid;
Heut hat sie viel zu schaffen,
Es kommen viel kranke Leut.

Die kranken Leute bringen
Ihr dar, als Opferspend,
Aus Wachs gebildete Glieder,
Viel wächserne Füß und Händ.

Und wer eine Wachshand opfert,
Dem heilt an der Hand die Wund;
Und wer einen Wachsfuß opfert,
Dem wird der Fuß gesund.

Nach Kevlaar ging mancher auf Krücken, Der jetzo tanzt auf dem Seil,
Gar mancher spielt jetzt die Bratsche, Dem dort kein Finger war heil.

Die Mutter nahm ein Wachslicht,
Und bildete draus ein Herz.
“Bring das der Mutter Gottes,
Dann heilt sie deinen Schmerz.”

Der Sohn nahm seufzend das Wachsherz, Ging seufzend zum Heiligenbild;
Die Träne quillt aus dem Auge,
Das Wort aus dem Herzen quillt:

“Du Hochgebenedeite,
Du reine Gottesmagd,
Du Königin des Himmels,
Dir sei mein Leid geklagt!

“Ich wohnte mit meiner Mutter
Zu Köllen in der Stadt,
Der Stadt, die viele hundert
Kapellen und Kirchen hat.

“Und neben uns wohnte Gretchen,
Doch die ist tot jetzund —
Marie, dir bring ich ein Wachsherz, Heil du meine Herzenswund.

“Heil du mein krankes Herze —
Ich will auch spät und früh
Inbrünstiglich beten und singen:
Gelobt seist du, Marie!”

3

Der kranke Sohn und die Mutter,
Die schliefen im Kämmerlein;
Da kam die Mutter Gottes
Ganz leise geschritten herein.

Sie beugte sich über den Kranken
Und legte ihre Hand
Ganz leise auf sein Herze,
Und lächelte mild und schwand.

Die Mutter schaut alles im Traume
Und hat noch mehr geschaut;
Sie erwachte aus dem Schlummer,
Die Hunde bellten so laut.

Da lag dahingestrecket
Ihr Sohn, und der war tot;
Es spielt auf den bleichen Wangen
Das lichte Morgenrot.

Die Mutter faltet die Hände,
Ihr war, sie wußte nicht wie;
Andächtig sang sie leise:
Gelobt seist du, Marie!

Aus der Harzreise
1824

Prolog

Schwarze Röcke, seidne Strümpfe,
Weiße, höfliche Manschetten,
Sanfte Reden, Embrassieren —
Ach, wenn sie nur Herzen hätten!

Herzen in der Brust, und Liebe,
Warme Liebe in dem Herzen —
Ach, mich tötet ihr Gesinge
Von erlognen Liebesschmerzen.

Auf die Berge will ich steigen,
Wo die frommen Hütten stehen,
Wo die Brust sich frei erschließet
Und die freien Lüfte wehen.

Auf die Berge will ich steigen,
Wo die dunkeln Tannen ragen,
Bäche rauschen, Vögel singen,
Und die stolzen Wolken jagen.

Lebet wohl, ihr glatten Säle!
Glatte Herren, glatte Frauen!
Auf die Berge will ich steigen,
Lachend auf euch niederschauen.

Bergidylle

l

Auf dem Berge steht die Hütte,
Wo der alte Bergmann wohnt;
Dorten rauscht die grüne Tanne,
Und erglänzt der goldne Mond.

In der Hütte steht ein Lehnstuhl,
Ausgeschnitzelt wunderlich,
Der darauf sitzt, der ist glücklich, Und der Glückliche bin ich!

Auf dem Schemel sitzt die Kleine
Stützt den Arm auf meinen Schoß;
Äuglein wie zwei blaue Sterne,
Mündlein wie die Purpurros.

Und die lieben, blauen Sterne
Schaun mich an so himmelgroß,
Und sie legt den Lilienfinger
Schalkhaft auf die Purpurros.

Nein, es sieht uns nicht die Mutter,
Denn sie spinnt mit großem Fleiß
Und der Vater spielt die Zither,
Und er singt die alte Weis.

Und die Kleine flüstert leise,
Leise, mit gedämpftem Laut;
Manches wichtige Geheimnis
Hat sie mir schon anvertraut.

“Aber seit die Muhme tot ist,
Können wir ja nicht mehr gehn
Nach dem Schützenhof zu Goslar,
Dorten ist es gar zu schön.

“Hier dagegen ist es einsam,
Auf der kalten Bergeshöh,
Und des Winters sind wir gänzlich
Wie begraben in dem Schnee.

“Und ich bin ein banges Mädchen,
Und ich furcht mich wie ein Kind
Vor den bösen Bergesgeistern,
Die des Nachts geschäftig sind.”

Plötzlich schweigt die liebe Kleine,
Wie vom eignen Wort erschreckt,
Und sie hat mit beiden Händchen
Ihre Äugelein bedeckt.

Lauter rauscht die Tanne draußen,
Und das Spinnrad schnurrt und brummt, Und die Zither klingt dazwischen,
Und die alte Weise summt:

“Fürcht dich nicht, du liebes Kindchen, Vor der bösen Geister Macht;
Tag und Nacht, du liebes Kindchen,
Halten Englein bei dir Wacht!”

2

Tannenbaum, mit grünen Fingern
Pocht ans niedre Fensterlein,
Und der Mond, der stille Lauscher,
Wirft sein goldnes Licht herein.

Vater, Mutter schnarchen leise
In dem nahen Schlafgemach,
Doch wir beide, selig schwatzend,
Halten uns einander wach.

“Daß du gar zu oft gebetet,
Das zu glauben wird mir schwer,
Jenes Zucken deiner Lippen
Kommt wohl nicht vom Beten her.

“Jenes böse, kalte Zucken,
Das erschreckt mich jedesmal,
Doch die dunkle Angst beschwichtigt Deiner Augen frommer Strahl.

“Auch bezweifl ich, daß du glaubest,
Was so rechter Glauben heißt —
Glaubst wohl nicht an Gott den Vater, An den Sohn und Heilgen Geist?”

Ach, mein Kindchen, schon als Knabe
Als ich saß auf Mutters Schoß,
Glaubte ich an Gott den Vater,
Der da waltet gut und groß;

Der die schöne Erd erschaffen,
Und die schönen Menschen drauf,
Der den Sonnen, Monden, Sternen
Vorgezeichnet ihren Lauf.

Als ich größer wurde, Kindchen,
Noch viel mehr begriff ich schon,
Ich begriff, und ward vernünftig,
Und ich glaub auch an den Sohn;

An den lieben Sohn, der liebend
Uns die Liebe offenbart
Und zum Lohne, wie gebräuchlich,
Von dem Volk gekreuzigt ward.

Jetzo, da ich ausgewachsen,
Viel gelesen, viel gereist,
Schwillt mein Herz, und ganz von Herzen Glaub ich an den Heilgen Geist.

Dieser tat die größten Wunder,
Und viel größre tut er noch:
Er zerbrach die Zwingherrnburgen,
Und zerbrach des Knechtes Joch.

Alte Todeswunden heilt er,
Und erneut das alte Recht:
Alle Menschen, gleichgeboren,
Sind ein adliges Geschlecht.

Er verscheucht die bösen Nebel
Und das dunkle Hirngespinst,
Das uns Lieb und Lust verleidet,
Tag und Nacht uns angegrinst.

Tausend Ritter, wohlgewappnet,
Hat der Heilge Geist erwählt,
Seinen Willen zu erfüllen,
Und er hat sie mutbeseelt.

Ihre teuern Schwerter blitzen,
Ihre guten Banner wehn!
Ei, du möchtest wohl, mein Kindchen, Solche stolze Ritter sehn?

Nun, so schau mich an, mein Kindchen, Küsse mich und schaue dreist;
Denn ich selber bin ein solcher
Ritter von dem Heilgen Geist.

3

Still versteckt der Mond sich draußen Hinterm grünen Tannenbaum,
Und im Zimmer unsre Lampe
Flackert matt und leuchtet kaum.

Aber meine blauen Sterne
Strahlen auf in hellerm Licht,
Und es glühn die Purpurröslein,
Und das liebe Mädchen spricht:

“Kleines Völkchen, Wichtelmännchen,
Stehlen unser Brot und Speck,
Abends liegt es noch im Kasten,
Und des Morgens ist es weg.

“Kleines Völkchen, unsre Sahne
Nascht es von der Milch, und läßt
unbedeckt die Schüssel stehen,
Und die Katze säuft den Rest.

“Und die Katz ist eine Hexe,
Denn sie schleicht, bei Nacht und Sturm, Drüben nach dem Geisterberge,
Nach dem altverfallnen Turm.

“Dort hat einst ein Schloß gestanden, Voller Lust und Waffenglanz;
Blanke Ritter, Fraun und Knappen
Schwangen sich im Fackeltanz.

“Da verwünschte Schloß und Leute
Eine böse Zauberin;
Nur die Trümmer blieben stehen,
Und die Eulen nisten drin.

“Doch die selge Muhme sagte:
Wenn man spricht das rechte Wort,
Nächtlich zu der rechten Stunde,
Drüben an dem rechten Ort:

“So verwandeln sich die Trümmer
Wieder in ein heiles Schloß,
Und es tanzen wieder lustig
Ritter, Fraun und Knappentroß;

“Und wer jenes Wort gesprochen,
Dem gehören Schloß und Leut,
Pauken und Trompeten huldgen
Seiner jungen Herrlichkeit.”

Also blühen Märchenbilder
Aus des Mundes Röselein,
Und die Augen gießen drüber
Ihren blauen Sternenschein.

Ihre goldnen Haare wickelt
Mir die Kleine um die Händ,
Gibt den Fingern hübsche Namen,
Lacht und küßt, und schweigt am End.

Und im stillen Zimmer alles
Blickt mich an so wohlvertraut;
Tisch und Schrank, mir ist, als hätt ich Sie schon früher mal geschaut.

Freundlich ernsthaft schwatzt die Wanduhr, Und die Zither, hörbar kaum,
Fängt von selber an zu klingen,
Und ich sitze wie im Traum.

Jetzo ist die rechte Stunde,
Und es ist der rechte Ort;
Ja, ich glaube, von den Lippen
Gleitet mir das rechte Wort.

Siehst du, Kindchen, wie schon dämmert Und erbebt die Mitternacht!
Bach und Tannen brausen lauter,
Und der alte Berg erwacht.

Zitherklang und Zwergenlieder
Tönen aus des Berges Spalt,
Und es sprießt, wie’n toller Frühling, Draus hervor ein Blumenwald: —

Blumen, kühne Wunderblumen,
Blätter, breit und fabelhaft,
Duftig bunt und hastig regsam,
Wie gedrängt von Leidenschaft.

Rosen, wild, wie rote Flammen,
Sprühn aus dem Gewühl hervor;
Lilien, wie kristallne Pfeiler,
Schießen himmelhoch empor.

Und die Sterne, groß wie Sonnen
Schaun herab mit Sehnsuchtglut;
In der Lilien Riesenkelche
Strömet ihre Strahlenflut.

Doch wir selber, süßes Kindchen,
Sind verwandelt noch viel mehr;
Fackelglanz und Gold und Seide
Schimmern lustig um uns her.

Du, du wurdest zur Prinzessin,
Diese Hütte ward zum Schloß,
Und da jubeln und da tanzen
Ritter, Fraun und Knappentroß.

Aber ich, ich hab erworben
Dich und alles, Schloß und Leut;
Pauken und Trompeten huldgen
Meiner jungen Herrlichkeit!

Der Hirtenknabe

König ist der Hirtenknabe,
Grüner Hügel ist sein Thron;
Über seinem Haupt die Sonne
Ist die große, goldne Krön.

Ihm zu Füßen liegen Schafe,
Weiche Schmeichler, rotbekreuzt
Kavaliere sind die Kälber,
Und sie wandeln stolzgespreizt.

Hofschauspieler sind die Böcklein;
Und die Vögel und die Küh,
Mit den Flöten, mit den Glöcklein,
Sind die Kammermusizi.

Und das klingt und singt so lieblich, Und so lieblich rauschen drein